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Eine Anleitung, um in Deutschland Islamexperte zu werden

 

 

10. September 2010, ca. 15 Uhr.

 

[gekürzte Fassung]

 

Ein Anruf…

 

„Ja, hallo, Herr Sahinöz. Ich bin Herr XYZ von der Sendung ……… Kennen Sie die Sendung?“

 

„Aber sicher doch. Habe ich mich früher immer angeguckt.“

 

„Das ist ja wunderbar. Ich bin hier für die Gäste zuständig. Und wir würden Sie gerne zur Sendung einladen.“

 

„Aha, aus welchem Anlass?“

 

„Sie haben doch so ein Buch letztens veröffentlicht. Über Migrantenfamilien.“

 

„Genau, aber nicht über Migranten allgemein, sondern über Türken und Muslime.“

 

„Ja und wir würden Sie gerne genau zu diesem Thema einladen. Also zum Thema ´Muslime in Deutschland´.“

 

„Haben Sie mein Buch denn gelesen?“

 

„Nein, das mache ich generell nicht. Das macht dann der Herr YZX. Aber was halten Sie denn grundsätzlich davon? Könnten Sie kommen?“

 

„Ja, eigentlich habe ich nichts dagegen, aber ich bin ehrlich gesagt kein Fan von populistischen Sendungen?“

 

„…. Wie? Wie darf ich das jetzt verstehen? Wir sind eine seriöse Sendung.“

 

„Jaaaa, das mag sein. Aber ich passe dann doch nicht in ihr Konzept, würde ich sagen.“

 

„Das verstehe ich nicht.“

 

„Sehen Sie… ich schaue mir manchmal Ihre Sendung an. Die Themen finde ich ja auch wirklich sehr gut ausgewählt.. Nur… naja… wie soll ich sagen?.... Die Gäste…“

 

„Was ist mit den Gästen?“

 

„Ah, vergessen Sie es. Ich habe sowieso keine Zeit.“

 

„Nein, nein. Jetzt sagen Sie mal, wirklich. Ich bin auch nicht böse. Woran liegt es denn wirklich? Sind wir zu offen oder zu liberal für Sie?“

 

„Ähh? Was? Wie kommen Sie denn jetzt auf so etwas?“

 

„Na, ich weiß nicht. Dann sagen Sie doch, was Sie meinen?“

 

„Okay. Ganz banales Beispiel. Nehmen Sie es mir aber nicht übel, okay?“

 

„Nein, warum denn? Wir sind doch erwachsene Menschen.“

 

„Ja, eigentlich schon. Okay, also zum Beispiel das Gebot der Bedeckung im Islam. Ich bin der Meinung, dass es eine Bedeckungsform sowohl für den Mann als auch für die Frau gibt und die theologisch begründbar ist. In Ihrer Sendung treten eigentlich immer nur ´Islam-Experten´ auf, die das Gegenteil behaupten.“

 

„Sie meinen jetzt die Burka?“

 

„Nein, ich meine das Bedeckungsgebot im Koran. In Ihrer Sprache: das Kopftuch.“

 

„Ah, das Kopftuch. Da gibt es doch verschiedene Meinungen.“

 

„Sehen Sie, genau das meine ich.“

 

„Aber da gibt es doch im Islam verschiedene Auslegungen.“

 

„Ja, es gibt den Islam der Muslime - ca. 1,5 Milliarden Menschen - und es gibt den Islam der deutschen TV-Experten (ca. 10 Mediengeier).“

 

„Das war jetzt aber nicht schön.“

 

„Mag sein, dass das nicht schön war. Ich finde es aber auch nicht schön, dass diese 10 Mediengeier von Sendung zu Sendung wetteifern und meine Religion durch den Kakao ziehen.“

 

„Aber das sind doch die Experten. Die kennen sich aus im Koran und im Islam.“

 

„Ich bitte Sie, in Deutschland wird man doch zum Islam-Experten, wenn man schon die Shahada aussprechen kann. So etwas gibt es nur in Deutschland.“

 

„Ah die Beschneidung meinen Sie? Da machen wir noch eine Sendung dazu. Zur Beschneidung der Frau im Islam.“

 

„Äh, was?“

 

„Ja, das Thema wird wieder aktuell.“

 

Es gibt keine Themen, die aktuell werden. Die Medien machen Themen aktuell. Beispiel Zwangsheirat und Ehrenmord. Kommen Sie, Sie wissen ganz genau, dass diese beiden Phänomene nicht islamisch sind. Jede Religion verbietet diese. Diese Phänomene sind kulturbedingt. Auch buddhistische und christliche Ostasiaten führen diese aus… Aber darüber berichten Sie ja nicht.“

 

„Das können Sie doch nicht so runter spielen?“

 

„Und Sie dürfen das nicht auf den Islam übertragen… Genau deswegen passe ich nicht in ihr Konzept. Ich mache es mal noch deutlicher für Sie: Ich bin FÜR das Kopftuch und gegen jede Reformierung des Islams.

 

„Sie wollen wohl alle zwangsverschleiern… Gut, dass wir vorher geredet haben, bevor sie zur Sendung kommen.

 

„Verdrehen Sie mir nicht die Worte im Munde. Jede Frau darf selbst entscheiden, dass Kopftuch zu tragen oder nicht. Genauso kann jeder Mann selbst entscheiden, ob er sich vom Knie bis zum Bauchnabel bedeckt oder nicht. Ich habe nichts gegen Menschen, die dieses nicht tun. Aber ich habe etwas dagegen, wenn jemand behauptet, das gebe es im Koran nicht.

 

„Aha?“

 

„Nichts aha. Ich habe auch nichts dagegen, wenn jemand Alkohol trinkt. Ich habe aber etwas dagegen, wenn jemand meint, im Islam gebe es kein Alkoholverbot. Verstehen Sie, was ich meine?“

 

„Nicht wirklich. Ist jetzt aber nicht mehr so wichtig.“

 

„Moment, ich habe noch ein Tipp für Sie, für einen Gast. Da hätte ich jemanden für Sie. Also ich sehe in Ihren Gästen immer das gleiche Schema: türkisch, muslimisch, weiblich, kein Kopftuch, Kritik an der eigenen Kultur oder der Religion, behaupten unterdrückt zu werden, noch nie wissenschaftlich gearbeitet, keine Ahnung von der deutschen Grammatik, aber schon Bestseller geschrieben.

 

„So, dass geht jetzt aber zu weit.“

 

Zack…

 

Aufgelegt….

 

Aber nicht ich, sondern der Anrufer. Ich habe noch eins-zwei Sätze zu sagen:

„Ich verkaufe euch meine Seele nicht. Und meine Geschwister werde ich euch auch nicht verkaufen, nur damit meine Bücher zu Bestsellern werden. Ich bin nicht eins euer Mc-Donalds-Produkte, die ihr jede Saison rausbringt und nächste Saison wieder vergessen habt.“

 

 

 

Cemil Sahinöz, Islamische Zeitung, 21.09.2010

http://islamische-zeitung.de/?id=13767

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