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Siebzehnter Blitz

 

Er besteht aus »Fünfzehn Notizen«, die aus »Zühre« (Blumen) stammen.

 

 

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen.«

 

 

Vorwort Zwölf Jahre bevor dieser Blitz geschrieben wurde *, notierte ich mir in Arabisch in einigen Abhandlungen wie »Zühre« (Blume), »Schu’le« (Flamme), »Habbe« (Korn), »Schemme« (Schimmer), »Zerre« (Stäubchen) und »Katre« (Tropfen) eine Reihe von Blitzen über die Einheit Gottes (Tauhid) die mir durch die Gnade Gottes und in göttlichem Wissen wie in einem Aufbruch meiner Gedanken, einer Reise meines Herzens und einer Entfaltung meines Geistes deutlich wurden. Da sie nur geschrieben wurden, um ein Zipfelchen einer ausgedehnten Wahrheit aufzuzeigen und auf nur einen Funken aus dem Strahl eines schimmernden Lichtes hinzuweisen, und da (eine jede Abhandlung) die Form eines Merkblattes hatte und lediglich für mich selbst als Erinnerung diente, ist ihr Wert für andere nur begrenzt, besonders da der weitaus größere Teil meiner aufrichtigsten und mir am nächsten stehenden Brüder kein Arabisch gelernt hat. Auf ihre nachdrücklichen und dringenden Bitten war ich daher gezwungen, eine teils ausführliche, teils auch abgekürzte und manchmal sinngemäße Wiedergabe der Notizen und Blitze in türkischer Sprache abzufassen. Da diese Notizen und Abhandlungen in der arabischen Sprache die ersten Arbeiten des Neuen Said über die Wissenschaft von der Wahrheit darstellen, die er bis zu einem gewissen Grade in Form eines Zeugnisses gesehen hatte, wurde ihr Inhalt unverändert wiedergegeben. Deshalb wurden einige Sätze hier eingefügt, obwohl sie schon in anderen »Sözler (Worte)« angeführt worden sind. Und obwohl ein Teil von ihnen sehr kurz zusammengefasst worden ist, wurde er doch nicht weiter erläutert, damit er seinen ursprünglichen Reiz nicht verliert.

 

Erste Notiz Ich wandte mich an meine eigene Seele (nefs) und sagte zu ihr: Oh du gottvergessener Said! Wisse, dass es deiner nicht wert ist, dein Herz an etwas zu hängen, was dich nicht begleiten wird, nachdem diese Welt an ihr Ende gekommen ist, und dich verlassen wird, wenn diese Welt (dunya) zerstört werden wird. Es ist unverständig, dein Herz an vergängliche Dinge zu binden, die dir den Rücken kehren und dich verlassen werden, wenn das Zeitalter, indem du lebst, an sein Ende gekommen ist, sie wird dir auf deiner Reise durch die Zwischenwelt (Bersah) keine Gesellschaft leisten, ja dich noch nicht einmal bis an das Tor des Grabes begleiten und besonders diejenigen, die dich nach ein, zwei Jahren für immer verlassen, werden dir ihre Sünden um den Hals hängen, vor allem diejenigen, die dich im Augenblick ihrer Entstehung, dir zum trotz, auch schon wieder verlassen.

Wenn du Verstand im Kopf hast, wirst du die Dinge verlassen, die unter den Umwälzungen in der anderen Welt, unter den Umständen im Zwischenreich (bersah) und den Schlägen irdischer Revolutionen zerstört werden und dir auf deiner Reise durch die Ewigkeit keine Gesellschaft leisten können. Miss ihnen keine Bedeutung bei und betrübe dich nicht, wenn sie vergehen.

Betrachte deine eigene Natur! Unter deinen subtileren Eigenschaften findet sich tief in deinem Inneren ein verborgener Kern (latife), der sich niemals mit etwas anderem als dem Ewigen zufrieden geben wird, der für immer besteht. Er kann sich niemals einem anderen zuwenden und wird sich nie dazu erniedrigen, sich vor einem anderen zu beugen. Bötest du ihm auch die ganze Welt, könntest du dennoch nicht dieses Bedürfnis deines inneren Wesens (fitr) befriedigen. Was nun diesen verborgenen Kern betrifft, so ist er der König über all deine Sinne und Fähigkeiten. Also gehorche diesem deinem inneren Herrscher, der den Befehlen seines allweisen Schöpfers (Fatir-i Hakim) folgt und du wirst gerettet sein!

 

Zweite Notiz In einem wahrheitsgetreuen Traum sagte ich einmal zu den Leuten: »Oh ihr Menschen! Einer der Grundsätze des Qur’an ist folgender: Betrachte außer Gott dem Gerechten nie etwas anderes als so sehr größer als dich selbst, dass du es anbetetest. Und betrachte nie dich selbst als so sehr größer als irgendein Ding, dass du darüber stolz würdest. Denn so wie alle Geschöpfe untereinander gleich sind, betrachtet man sie einmal vom Standpunkt des einen einzig Anbetungswürdigen, so sind sie auch untereinander gleich vom Standpunkt ihrer Geschöpflichkeit.«

 

Dritte Notiz Oh du gottvergessener Said! Wisse, dass du in einer Art von Illusion diese Welt in ihrer außerordentlichen Zeitlichkeit als ewig und unsterblich betrachtest. Betrachtest du die Welt um dich herum, so erscheint sie dir als gewissermaßen fest und beständig. Und betrachtest du auch deine eigene vergängliche Seele (fani nefs) unter dieser Perspektive als beständig, so erscheint dir nur noch der Weltuntergang als furchterregend, so als könntest du bis zum Weltuntergang leben und bräuchtest nichts als nur diesen zu fürchten.

Komm zu Verstand! Du und deine ganz persönliche Welt sind ständig den Schlägen von Tod und Verfall ausgesetzt. Deine Illusionen und Sophistereien ähneln dem folgenden Gleichnis: Wenn ein Mann der einen Spiegel in seiner Hand hält und diesen einem Haus, einer Stadt oder einem Garten zuwendet, so wird das Abbild dieses Hauses, dieser Stadt, dieses Gartens in seinem Spiegel erscheinen. Wenn aber nun eine kleine Bewegung, auch nur die geringste Bewegung dem Spiegel zustößt, so werden die Abbilder in ihm, das Haus, die Stadt, der Garten durcheinander geschüttelt und stürzen in ein Chaos. Die Tatsache, dass das tatsächliche Haus, die Stadt, der Garten außerhalb des Spiegels auch weiterhin noch da sind und feststehen, ist für dich nicht von Belang, denn der Spiegel in deiner Hand und das zu ihm gehörige Haus, die Stadt, der Garten existieren für dich nur nach der Maßgabe und Ausgewogenheit, die der Spiegel dir gibt.

Zeit und Jahre deines Lebens gleichen diesem Spiegel. Deine Welt (dunya), ihr Mast, ihr Spiegel und ihr Zentrum sind Zeit und Jahre deines Lebens. In jeder Minute kann es geschehen, dass das Haus, die Stadt und der Garten sterben und zerfallen werden. Sie befinden sich in einem derartigen Zustand, dass sie dir jeden Augenblick auf den Kopf fallen können und die Welt für dich zusammenbricht. Da dies aber nun einmal so ist, bürde dir in deinem Leben und hier in deiner Welt (dunya) nicht Lasten auf, die du (dir nicht auf die Schultern) laden und wegtragen kannst!

 

Vierte Notiz Wisse, dass es im Allgemeinen die Praxis des allweisen Schöpfers ist, wichtige und wertvolle Dinge in ihrer identischen Erscheinungsweise zu erstatten. Das heißt, Er erneuert die meisten Dinge in ähnlicher Form im Wechsel der Jahreszeiten, im Ablauf der Jahrhunderte und gibt ihnen ein Gleiches wieder zurück. Dieser Grundsatz göttlichen Handelns zeigt sich kontinuierlich und regelmäßig in einer Art Auferstehung der Tage, der Jahre und der Jahrhunderte.

So sagen wir denn in der Konsequenz dieses feststehenden Gesetzes: Da nun einmal in Übereinstimmung und nach dem Zeugnis der Wissenschaften die vollkommenste Frucht am Baum der Schöpfung der Mensch ist, und unter den Geschöpfen das bedeutendste der Mensch ist, und unter den Lebewesen das bedeutendste der Mensch ist, und da nun einmal ein menschliches Individuum einer ganzen Tiergattung gleich ist, kann man mit absoluter Gewissheit schließen, dass jeder einzelne Mensch bei der Großen Wiederauferstehung seine vollständige Identität mit seinem Körper, seinem Namen und seinem Aussehen zurück erhält.

 

Fünfte Notiz In dieser Notiz sah sich der Neue Said, nachdem sich die Wissenschaft und die Zivilisation des Westens bereits bis zu einem gewissen Grade in den Gedanken des Alten Said eingenistet hatten und er nun begann, sich für eine Reise von Herz und Verstand einzuschiffen und sie sich nun in eine Krankheit des Herzens verwandelten und zu einer Ursache außerordentlicher Schwierigkeiten wurden und er nun den trügerischen Glanz dieser Philosophie und die Ausschweifungen ihrer Zivilisation von sich abschütteln und die Begehrlichkeit seiner Seele (nefs), die Zeugnis für ein solches Europa ablegte, zum Schweigen bringen wollte, sah er sich in seinem Inneren (ruh) dazu gezwungen, sich der nun folgenden, in gewisser Hinsicht sehr kurzen, in einer anderen Hinsicht aber doch recht langen Diskussion mit dessen geistiger Verkörperung zu unterziehen.

Das sollte aber nicht missverstanden werden: Europa ist zweierlei. Ersteres folgt den Segnungen jener Geisteswissenschaften, die aus seiner wahren christlichen Religion gespeist werden, welche dem Handwerk, das das menschliche Gemeinschaftsleben fördert und dem Recht und der Gerechtigkeit dienen. Es ist nicht dieses Europa, das hier zur Diskussion steht. Ich möchte vielmehr jenes zweite, verdorbene, Europa ansprechen, das den Menschen in der Finsternis seines naturalistischen Denkens, durch das es den Fluch der Zivilisation für deren Segen hält, zu Ausschweifungen verleitet und auf Irrwege geführt hat. Es ist dies wie folgt:

In jener Zeit sprach ich auf meiner inneren (ruh) Reise mit der geistigen Verkörperung Europas, die anstelle aller Vorzüge ihrer Kultur und den segensreichen Geisteswissenschaften eine nutzlose und destruktive Philosophie und eine ebenso destruktive wie ausschweifende Zivilisation in Händen hält, und sagte zu ihr:

Wisse nur, du anderes Europa! Du hältst in deiner rechten eine krankhafte und fehlgeleitete Philosophie und in deiner linken eine ausschweifende, destruktive Zivilisation und lädst den Menschen dazu ein, weil ja sein Glück in ihnen liegen soll. Mögen dir beide Hände gebrochen werden und mögen diese beiden schmutzigen Geschenke dich den Kopf kosten! Sie werden dich zu Grunde richten!

Und du unglückseliger Geist, der du Unglaube und Undankbarkeit um dich verbreitest! Ja, kann denn der, der in seiner Seele (ruh), mit Herz und Verstand fürchterliche Gewissenspein erduldet und schon krank ist von seinen Folterqualen, der dem Leibe nach in einem äußerlichen, oberflächlichen, trügerischen Glanz und Reichtum lebt, dabei noch glücklich sein? Kann man denn von ihm sagen, dass er (auf diese Weise) selig werden wird?

Ja merkst du denn nicht, dass ein Mensch, wenn er über einer Kleinigkeit verzweifelt, wenn er über einer geplatzten Illusion seine Hoffnung verliert, wenn er über einer unbedeutenden Angelegenheit einem Zustand tiefster Enttäuschung verfällt, dass ihm dann seine süßesten Träume bitter werden, der Wohlstand (in dem er lebt) ihn zu quälen beginnt, ihm die Welt (dunya) zu eng wird und er sich in ihr wie ein Gefangener fühlt? Welches Glück kannst du nun diesem armseligen Menschen, den der Schlag deines Irrglaubens im tiefsten Winkel seines Herzens getroffen hat, mit deinem Unglück, das im tiefsten Grunde seiner Seele (ruh) an ihm zehrt, diesem Irrglauben, der all seine Hoffnung ausgelöscht hat, von wo nun all sein Schmerz aufsteigt, noch garantieren? Ja, kann man denn von einem, der sich dem Leibe nach in einem kurzlebigen, falschen Paradies befindet, dessen Herz und Verstand aber alle Qualen der Hölle erleiden, noch behaupten, dass er glücklich sei? So hast du denn den bedauernswerten Menschen auf diese Weise vor den Kopf gestoßen und in die Irre geleitet! In einem falschen Paradies lässt du ihn höllische Qualen erleiden!

Oh du eigenwillige menschliche Seele (nefsu-l’emmare)! Betrachte das (folgende) Beispiel und siehe, wohin du den Menschen geführt hast. Da liegen z.B. zwei Wege vor uns. Wir wählen einen und bemerken Schritt für Schritt jedes Mal einen bedauernswerten Menschen. Räuber überfallen ihn, entreißen ihm sein Hab und Gut und zerstören ihm seine Hütte. Ja, manchmal verwunden sie ihn sogar. Alles geschieht auf eine solche Art, dass selbst der Himmel über seinen beklagenswerten Zustand weint. Wohin man auch blickt: die Dinge spielen sich stets auf die gleiche Weise ab. Die Geräusche, die man auf diesem Wege vernimmt, sind der Lärm, den die Räuber machen und das Stöhnen der geknechteten. Eine allgemeine Trauer hüllt den Weg ein. Da der Mensch auf Grund seiner Menschlichkeit unter dem Leiden eines anderen mitleidet, bleibt er unter einem nicht enden wollenden Schmerz befangen. Weil aber sein Herz soviel Schmerz nicht ertragen kann, muss einer, der diesen Weg einschlägt, eines von zwei Dingen tun: er sagt sich entweder von der Menschheit los, entscheidet sich, in seinem Herzen eine so grausame Einsamkeit zu tragen, dass, solange nur er selbst in Sicherheit bleibt, alle um ihn herum untergehen können, ohne dass es ihn betrübte, oder aber: er schaltet einfach aus, was Herz und Verstand von ihm verlangen.

Oh Europa, verdorben durch Ausschweifung und Irreleitung und weit entfernt von der Religion Jesu! Wie der Deddschal, der nur noch ein Auge trägt, hast du mit deiner blinden Intelligenz dem menschlichen Geist (ruh) eine Art Höllenzustand zum Geschenk gemacht! Dann aber ist dir klar geworden, dass diese unheilbare Krankheit den Menschen von den höchsten Höhen in die tiefsten Tiefen hinabstürzt und ihn auf die Stufe noch des armseligsten Tieres hinunterzieht. Das Heilmittel, das du gegen diese Krankheit gefunden hast, ist die Unterhaltungs- und Vergnügungsindustrie, die dir attraktives Spielzeug anbietet, mit dem du deine Sinne kurzzeitig ausschalten kannst und Gelüste, die dir eine Betäubung anbieten. Mögen diese Heilmittel dir den Kopf kosten! Sie werden dich zu Grunde richten! So gleicht denn der Weg, den du dem Menschen geöffnet hast und das Glück, das du ihm geschenkt hast, diesem Beispiel.

Der zweite Weg ist der, den der Weise Qur’an dem Menschen als Rechtleitung zum Geschenk gemacht hat. Und der ist folgender: wir sehen, dass auf diesem Weg in jedem Haus, auf jedem Platz und in jeder Stadt an allen Ecken die aufrechten Soldaten des gerechten Sultans zu finden sind und ihre Runde machen. Von Zeit zu Zeit wird ein Teil dieser Soldaten auf Geheiß des Sultans wieder entlassen. Ihre Waffen, ihre Pferde und die Munition, die ja dem Staat gehören, werden ihnen wieder abgenommen und sie erhalten ihre Entlassungspapiere. Die entlassenen Soldaten sind offensichtlich traurig, ihre Waffen und ihre Pferde wieder abgeben zu müssen, mit denen sie bisher vertraut gewesen sind. Doch in Wirklichkeit sind sie eigentlich froh über ihre Entlassung und sehr damit zufrieden, ihren Sultan besuchen und an seinen Hof zurückkehren zu dürfen. Manchmal begegnen die mit der Abrüstung betrauten Beamten einem noch unerfahrenen Rekruten. Dieser Soldat kennt sie nicht. »Gib deine Waffe zurück!« sagen sie zu ihm. Der Soldat entgegnet ihnen: »Ich bin ein Soldat des Sultans und stehe in seinen Diensten. Danach werde ich wieder zu ihm gehen. Wer aber seid ihr? Wenn ihr mit Erlaubnis und Einverständnis von ihm kommt, so stehe ich euch zu Diensten und ihr seid mir willkommen. Zeigt mir also eure Papiere. Andernfalls geht und bleibt mir vom Leib! Und selbst wenn ich allein bleiben sollte, ihr aber seid Tausende, werde ich dennoch gegen euch kämpfen. Ich tue dies nicht für mich selbst (nefs), denn ich gehöre nicht mir selbst (nefs); ich gehöre dem Sultan. Meine Seele (nefs) und die Waffe, die ich jetzt habe, sind mir ja von meinem König anvertraut worden. Ich werde mich, um das mir anvertraute Pfand und die Würde des Sultans zu verteidigen und seine Ehre zu schützen, nicht vor euch beugen!«

So ist denn diese Situation eine unter Tausenden solcher Situationen, die eine Quelle der Freude und des Glücks auf dem zweiten Wege ist. Du kannst nun die übrigen Situationen selbst vergleichen! Während der Reise auf diesem zweiten Weg gibt es eine Aushebung und einen Marschbefehl für die Soldaten, den man als Geburt bezeichnet, und eine frohe Entlassung der Soldaten unter Musikbegleitung, als die man den Tod betrachtet. So hat denn der Allweise Qur’an diesen Weg dem Menschen zum Geschenk gemacht. Wer immer mit ganzem Herzen dieses Geschenk annimmt, wird den zweiten Weg gehen, der zum Glück in beiden Welten führt. Er empfindet weder Trauer über die Dinge, die der Vergangenheit, noch Angst vor den Dingen, die der Zukunft zugehören.

Oh du verdorbenes zweites Europa! Mit einem Teil deiner verrotteten und bodenlos gewordenen Fundamente verhält es sich folgendermaßen: du sagst: »Jedes Lebewesen, vom größten Engel bis zum kleinsten Fisch, ist sein eigener König, arbeitet für seine eigene Person und plagt sich für sein eigenes Vergnügen. Es hat ein Recht auf das Leben. Ziel seiner Bemühungen und Zweck seiner Anstrengungen ist es, das Leben zu verlängern und seine Existenz zu sichern.« Indem du dir die Erscheinungsformen des Gesetzes der Barmherzigkeit und Freigiebigkeit, welche ein Prinzip der Freigiebigkeit des freigiebigen Schöpfers sind, dem all das folgt, was den Kosmos in vollkommenem Gehorsam trägt und zusammenhält und jene gegenseitige Hilfeleistung der Pflanzen für die Tiere und der Tiere für den Menschen als Kampf betrachtest, urteilst du törichterweise: »Das Leben ist ein Kampf.«

Wie kann man denn das als einen Kampf bezeichnen, wenn Teile der Nahrung, als eine Erscheinung dieses Prinzips gegenseitiger Hilfeleistung sich mit vollendetem Eifer beeilen, die Zellen des Körpers zu ernähren? Wieso ist das ein Interessenkonflikt? Ist dies doch vielmehr eine Unterstützung und ein Wettlauf, wenn sie einander auf den Befehl des Freigiebigen Herrn zu Hilfe eilen.

Und eine deiner verrotteten Fundamente ist es zu sagen: »Ein jedes Ding ist sein (nefs) eigener König.« Ein ganz klarer Beweis dafür, dass nichts und niemand sein eigener König sein kann, ist das folgende: Unter den Ursachen ist die edelste und hinsichtlich ihrer Entscheidungskraft (ihtiyar) diejenige mit dem umfangreichsten Willen (irade), der Mensch. Doch von Hundert offensichtlichen Auswirkungen dieser Entscheidungskraft (ihtiyar) des Menschen, wie Denken, Sprechen und Essen, ist nur eine einzige, recht zweifelhafte tatsächlich in die Hand dieser seiner Entscheidungskraft (ihtiyar) gelegt und gelangt in den Bereich seiner Macht (iktidar). Wie kann man also von einem, der von hundert seiner ganz offensichtlichen Taten nicht einmal eine einzige vollbringen kann, noch sagen, dass er sein eigener König sei?

Wenn also selbst noch die höchsten Wesen auch mit intensivstem Wollen so sehr in ihrer tatsächlichen Macht und Verfügungsgewalt behindert sind, dann beweist einer, der von den übrigen Dingen, lebenden und toten Gegenständen sagt: »Sie sind die Könige ihrer selbst.«, so beweist er damit, dass er noch tierischer als die Tiere, lebloser und bewusstloser als alle leblosen Dinge ist.

Was dich in einen solchen Fehler hineinstößt, in diesen Abgrund hinunter wirft, ist deine einäugige Genialität, das heißt, deine außergewöhnliche, unheilvolle Intelligenz. Auf Grund dieser deiner blinden Genialität hast du deinen Herrn vergessen und stellst dir nun an Seiner statt die Natur als den Schöpfer aller Dinge vor, schreibst Seine Werke den Ursachen zu und teilst das Eigentum deines Schöpfers dem Taghut (= einem Götzen) zu, den du vergeblich anbetest. Unter diesem Gesichtspunkt und hinsichtlich deiner genialen Betrachtungsweise muss jedes lebende Wesen und ein jeder Mensch für sich allein unzähligen Feinden die Stirn bieten und um die Befriedigung seiner unendlich vielen Bedürfnisse kämpfen. Und mit der Kraft eines Stäubchens und einem Willen, gleich einem seidenen Faden, einem Bewusstsein, gleich dem Blitz, der vorüber zuckt, einem Leben, das wie eine Flamme verlischt, einer Lebensspanne, die wie eine Minute vorüber huscht, müssen sie dennoch gegen zahllose Feinde und Nöte Widerstand leisten. Und dennoch genügt das Kapital dieser hilflosen Lebewesen nicht als Antwort auf nur ein Tausendstel ihrer Wünsche und Bedürfnisse. Überkommt sie ein Unglück, können sie gegen ihren Schmerz kein anderes Heilmittel erwarten als taube und blinde Ursachen. So wird an ihnen das Geheimnis deutlich:

 

 

»So ist denn das Gebet der Ungläubigen nichts anderes als im Irrtum.« (Sure 13, 14)

Dein finsterer Genius hat den Tag des Menschengeschlechtes in Nacht verwandelt. Um dir deine qualvolle, unruhevolle Nacht zu erwärmen, hast du sie vorübergehend mit lügnerischen Lampen erleuchtet. Diese Lampen lächeln die Gesichter der Menschen nicht freudig an, vielmehr grinsen sie spöttisch über den bedauerns- und beklagenswerten Zustand der Menschen. Solche Lichter treiben ihren Spaß mit ihnen und machen sich über sie lustig.

In den Augen deiner Schüler sind alle lebenden Wesen armselig, von Katastrophen bedroht, verfolgt und unterdrückt von diesen Räubern. Die Welt ist ein allgemeines Trauerhaus. Die Geräusche, die man in dieser Welt vernimmt, rühren von dem Wehgeschrei der Leidenden und der Sterbenden. Ein Schüler, nachdem er deine Unterweisungen sorgfältig in sich aufgenommen hat, wird einem Pharao gleich. Doch er ist nur ein würdeloser Pharao, der die niedersten Dinge anbetet und alle Dinge, von denen er sich einen Vorteil verspricht, als seinen Herrn ansieht. Zudem sind deine Schüler auch noch halsstarrig. Doch ist er noch armselig in seiner Halsstarrigkeit, wenn er um eines einzigen Vergnügens willen, auch noch die äußerste Erniedrigung auf sich nimmt. Um eines armseligen Vorteils willen zeigt er eine solche Niedrigkeit, dass er um eines nichtswürdigen Vorteils willen dem Teufel die Füße küsst. Zudem ist er auch ein Despot. Weil er aber innerlich haltlos ist, ist er seinem Wesen nach zwar ein ganz ohnmächtiger, jedoch prahlerischer Despot. Ziel und Zweck dieses Schülers ist es, die Gelüste seiner Seele (nefs) zu befriedigen, auf hinterhältige Weise hinter dem Schleier eines hingebungsvollen Patrioten seinen eigenen, persönlichen Vorteil zu suchen und (alles, was seine) Habsucht (von ihm fordert) und sein Stolz (von ihm verlangt). Er liebt nichts ernsthaft außer sich selbst (nefs) und opfert alles dafür (nefs) auf.

Was aber den aufrichtigen und tadellosen Schüler des Qur’an betrifft, so ist er ein Diener (Gottes). Aber er ist ein ehrenwerter Diener (Gottes), der sich nicht dazu erniedrigt, sich vor dem zu beugen (was Gott erschaffen hat), sei es auch noch so gewaltig (mahlukat) und macht auch nicht das größte und gewaltigste Verdienst, wie das Paradies zum Ziel seiner Anbetung. Zudem ist er sanftmütig und friedfertig. Doch weil er sich zugleich auch nicht dazu erniedrigt, sich ohne Erlaubnis und Befehl, außer vor dem Schöpfer in Seiner Majestät (Fatir-i Dhu-l’Celal), vor Geringeren zu beugen, ist er auch sanft- und edelmütig. Er ist zudem arm. Weil aber der Freigiebige König (Malik-i Kerim) seine Verdienste für die Zukunft aufbewahrt, ist er zugleich auch ein Armer, der niemals etwas entbehrt. Er ist zudem auch schwach. Doch ist er dennoch stark in seiner Schwäche, da er sich auf die Macht seines Herrn stützen kann, dessen Kraft unendlich ist. Würde also nun ein wahrhaftiger Schüler des Qur’an, der so stark ist selbst noch in seiner Schwäche, obwohl er ihm doch noch nicht einmal dieses ewige Paradies als Ziel setzt und zum Zweck macht, ihm diese flüchtige, vergängliche Welt (dunya) zum Ziel und Zweck machen? So kannst du denn nun verstehen, wie sehr voneinander verschieden die Ziele der beiden Schüler und ihre Anstrengungen sind!

Zudem könnt ihr nun auch den Eifer und die Hingabe der Schüler des weisen Qur’an mit den Schülern einer krankhaften Philosophie vergleichen. Es ist dies wie folgt:

Der Schüler der Philosophie flieht um seiner selbst (nefs) willen vor seinem eigenen Bruder und strengt einen Prozess gegen ihn an. Was aber einen Schüler des Qur’an betrifft, der alle aufrichtigen Diener Gottes im Himmel und auf Erden als seine Brüder betrachtet, so betet er in aller Aufrichtigkeit für sie. Er freut sich mit ihnen über ihr Glück und fühlt im Geiste (ruh) eine starke Verbundenheit mit ihnen. Ferner betrachtet er die größten Dinge wie die Sonne und den Thron jeweils als gehorsame Diener (me’mur), die wie er selbst Anbeter (abd) und Geschöpfe (mahluk) sind.

Vergleiche also nun im Folgenden die Erhabenheit und Weite des Geistes dieser beiden Schüler: der Qur’an verleiht dem Geist seiner Schüler einen solchen Frohsinn und eine solche Erhabenheit, dass er anstelle der neunundneunzig Perlen des Tesbihs, in ihre Hände die Atome der neunundneunzig Welten legt, welche die neunundneunzig göttlichen Namen aufscheinen lassen, und zu ihnen sagen: »Lest nun eure Tesbihat mit ihrer Hilfe!« Lauscht nun den Adepten des Qur’an, Schülern wie Scheych Geylani, Rufa’i und Schaseli (mit denen Gott zufrieden sein möge) und lasst uns nun einmal sehen, wie sie die Kette der Atome, die Anzahl der Tropfen und die Atemzüge der Geschöpfe halten und ihre Tesbihat gemeinsam mit ihnen lesen. Sie rühmen und preisen (dhikr ve tesbih) Gott den Gerechten gemeinsam mit ihnen.

So betrachte denn nun die wunderbare Unterweisung des Qur’an, der in seiner Verkündigung ein Wunder ist, und siehe, wie der Mensch durch ihn erhoben wird, dieser kleine Mensch, dem über seinen kleinen Kümmernissen und Sorgen schwindlig wird, der in Verwirrung gerät und schließlich besiegt wird von einigen winzig kleinen Mikroben. Siehe, in welchem Grade sich seine subtileren inneren Sinnesorgane weiten, sodass er schließlich erkennt, dass alles, was es in dieser großen, weiten Welt gibt, noch unzureichend ist, die Perlen für sein Tesbihat zu sein. Und obwohl er das Paradies noch für unzureichend hält, Ziel seiner Meditation und Kontemplation zu sein, hält er sich doch auch nicht für größer als das niedrigste unter allem, was Gott der Gerechte erschaffen hat. Er verbindet zugleich höchste Würde mit der höchsten Demut. Nun magst du erkennen, wie niedrig und minderwertig demgegenüber die Schüler der (modernen, westlichen) Philosophie sind!

So sagt denn also nun die Rechtleitung des Qur’an, was jene Wahrheiten betrifft, die der einäugige Genius, ausgehend von jener krankhaften Philosophie Europas so verkehrt sieht, während sie, vertraut mit dem Unsichtbaren, mit leuchtenden Augen in die zwei Welten blickt und beide Hände nach der Glückseligkeit für den Menschen ausstreckt:

Oh Mensch! Deine Seele (nefs) und das Hab und Gut in deinen Händen ist nicht dein Eigentum. Es ist ein Unterpfand des Königs, der Macht hat über alle Dinge (Qadir) und alle Dinge kennt, der freigiebige Allerbarmer (Rahim-i Kerim). Er möchte dir den Besitz, über den du verfügst, abkaufen, sodass er ihn für dich bewahren kann und er dir nicht verloren geht. Er wird dir in deiner Zukunft einmal einen bedeutenden Preis dafür geben. Du bist ein Soldat, der unter Pflicht und Befehl steht. Arbeite in Seinem Namen und handle in Seinem Auftrag! Er ist es, der dir alle notwendigen Dinge zu deinem Unterhalt sendet und dich vor all den Dingen bewahrt, die deine Kräfte übersteigen. Ziel und Zweck deines Lebens ist es, die Namen und Attribute deines Königs sichtbar werden zu lassen. Wenn dir ein Unglück begegnet, sage:

 

 

»Fürwahr, Gottes sind wir und fürwahr, zu Ihm kehren wir zurück.« (Sure 2, 156)

Das heißt: Ich stehe im Dienste meines Königs. Oh du mein Unglück! Wenn du mit Seiner Erlaubnis gekommen bist: »Merhaba, sei willkommen! Denn mit Sicherheit werden wir eines Tages zu ihm zurückkehren und in Seine Gegenwart eingehen. Denn wir verlangen sehnsüchtig nach Ihm. Da Er uns in jedem Fall einmal von den Verantwortlichkeiten unseres Lebens entbinden wird, so lass denn diese Entlassung und meinen Freispruch durch deine Hand geschehen; ich bin’s zufrieden! Wenn Er aber dein Kommen angeordnet und bestimmt (emir ve irade) hat, dass dies eine Probe auf mein Pflichtbewusstsein und meine Loyalität in der Bewahrung dieses Unterpfandes sein sollte, so werde ich es dir ohne Seine Erlaubnis und ohne Seine Zustimmung nicht übergeben. Solange ich noch die Kraft dazu habe, will ich das mir anvertraute Pfand meines Königs keinem übergeben, der nicht mit Sicherheit dazu beauftragt ist, es zu empfangen.«

So betrachte also dieses eine Beispiel unter Tausenden für die Abstufungen zwischen den Unterweisungen, gegeben durch den Genius der Philosophie und die Rechtleitung des Qur’an. In der Tat setzt sich auf beiden Seiten die Bestandsaufnahmen in der oben beschriebenen Weise noch fort. Doch die Abstufungen unter den Leuten der Rechtleitung und des Irrweges sind verschieden. Und die Abstufungen in der Gottvergessenheit sind verschieden. Nicht jeder kann diese Wahrheit auf jeder Stufe vollständig wahrnehmen. Denn die Gottvergessenheit betäubt die Sinne. Und in unserer gegenwärtigen Zeit hat sie die Sinne in einem solchen Ausmaß betäubt, dass die zivilisierten Völker diesen heftigen Schmerz und die tiefe Qual nicht mehr verspüren. Doch der Schleier der Gottvergessenheit wird dank einer zunehmenden Sensibilisierung durch die Entwicklung der Wissenschaften und die Warnung des Todes, der jeden Tag dreißigtausend Leichen aufweist, wieder zerrissen. Blankes Entsetzen und ein Tausendfaches Bedauern sollten diejenigen fühlen, die einem Ideal des Taghut (= eines Götzen) der Ausländer und ihrer naturalistischen Philosophie und Wissenschaft entsprechend in die Irre gehen, sowie alle, die ihnen blindlings folgen und sie nachahmen!

 

 

 

»Gott leitet uns und euch auf den rechten Weg«

 

 

Sechste Notiz Oh du unglückseliger Mensch, der du durch die große Zahl der Ungläubigen und ihre Übereinstimmung in der Leugnung einiger Glaubenswahrheiten in Aufregung versetzt und so in deiner Überzeugung erschüttert worden bist! Wisse, dass Wert und Bedeutung nicht in der Menge und Vielzahl liegen. Denn wenn der Mensch nicht zu einem (wahrhaftigen) Menschen wird, verwandelt er sich in ein Höllentier.

So liegt es denn in dieser Leugnung dieser Glaubenswahrheiten, dass die Ungläubigen und die Leute des Irrweges keine Kraft haben. Denn im Geheimnis ihrer Verneinung hat ihre Übereinkunft keine Kraft. Tausend, die etwas verneinen, gleichen einem einzigen. Wenn z.B. die gesamte Bevölkerung von Istanbul leugnet, am Beginn des Ramadan den neuen Mond gesehen zu haben, so macht der Beweis zweier Zeugen die Leugnung und Übereinstimmung dieser großen Menschenmenge ungültig. Da Unglaube und Irrglaube ihrem Wesen nach Verneinung und Verleugnung, Unwissenheit und ein Nicht-vorhanden-sein sind, hat auch die Übereinkunft einer großen Zahl von Ungläubigen keine Bedeutung. In Glaubensdingen, die wahrheitsgemäß sind und feststehen und deren Gültigkeit bewiesen ist, erhält das Urteil von zwei Gläubigen, das sich auf ein Zeugnis stützen kann, den Vorrang vor dem einer großen Anzahl von Leuten des Irrweges und ist ihm überlegen. Das Geheimnis hinter dieser Wahrheit ist das folgende:

Oberflächlich betrachtet sind sich die Leugner in ihren Behauptungen einig. Doch in Wirklichkeit unterscheiden sie sich voneinander und können sich nicht einigen, um an Kraft zu gewinnen, während die Behauptungen derer, die etwas bestätigen, sich miteinander vereinigen und einander Kraft verleihen. Denn wenn jemand zu Beginn des Ramadan den neuen Mond nicht sieht und dann sagt: »Nach meiner Ansicht ist dort kein Mond. Bei mir hier kann man ihn nicht sehen.« Und ein anderer sagt: »Vor meinem Auge ist er nicht.« Und wieder ein anderer sagt das gleiche. Ein jeder Einzelne sagt seinem eigenen Blickwinkel entsprechend, dass da kein (Mond) ist. Da aber der Blickwinkel jedes Einzelnen unterschiedlich ist und die Ursachen, die den Blick verschleiern, ebenfalls unterschiedlich sein können, kann keine Behauptung die eines anderen bekräftigen. Doch die, welche eine Bestätigung abgeben, sagen nicht: »Entsprechend meinem Blickwinkel und meiner Sichtweise entsprechend steht (dort droben) die Mondsichel.« sondern sagen: »Es ist eine tatsächliche Angelegenheit (nefsu-l’emir), dass im Antlitz des Himmels die Mondsichel erschienen ist.« Alle, die ihn gesehen haben, machen dieselbe Aussage: »nefsu-l’emir (fact ist)...« Das heißt, alle Aussagen sind dieselben, während die Aussagen derer, die das bestreiten, alle verschieden sind. Auch ihre Behauptungen sind unterschiedlich. Sie urteilen nicht entsprechend der »nefsu-l’emir (Tatsache)«. Weil sie aber die »nefsu-l’emir (Realität)« bestreiten, gibt es auch keinen Beweis. Dafür wäre ein allumfassender Überblick notwendig.

Es ist eine feststehende Regel

 

 

»Die absolute Nichtexistenz kann nur unter gewaltigen Schwierigkeiten bewiesen werden.«

Wenn du sagst, dass es in dieser Welt ein Ding tatsächlich gibt, genügt es völlig, dieses Ding vorzuzeigen. Wenn du es aber bestreitest, indem du sagst, dass es das nicht gibt, musst du die ganze Welt erst durchsieben und dann vorzeigen, um dessen Nichtexistenz unter Beweis zu stellen. So geschieht es denn auf Grund dieses Geheimnisses, dass (der Versuch) der Leute des Unglaubens, eine Tatsache abzustreiten, vergleichbar ist (dem Versuch), ein Problem zu lösen, durch ein Nadelöhr zu schlüpfen oder einen Graben zu überspringen. Ob es tausend sind, ob es einer ist, ist einerlei, denn sie können einander nicht helfen. Weil hingegen diejenigen, die einen Beweis bringen, die »nefsu-l’emir« (das Herz der Dinge) betrachten, vereinigen sie sich in ihren Aussagen und ihre gegenseitigen Kräfte eilen einander zu Hilfe. Es ist, als wollten sie einen schweren Stein heben: je mehr Hände dabei zupacken, desto leichter wird es, ihn hochzuheben und desto mehr Kraft empfangen sie voneinander.

 

Siebente Notiz Oh ihr elendiglichen Patrioten, die ihr mit Feuereifer die Muslime dazu aufstachelt, diese Welt (dunya) zu umarmen und sie einer ausländischen Industrialisierung mit ihrem Fortschritt zutreibt!

Oh du armseliger sündiger Mensch! Betrachte nicht die hohe Anzahl aller Sünder und lass dich nicht täuschen! Sage nicht: »Die Gedanken der Mehrheit sind auf meiner Seite.« Denn ein sündiger Mensch, ist nicht aus eigenem Wunsch und freiem Willen zum Sünder geworden. Aber nachdem er nun einmal (in die Sünde) gefallen ist, kann er sich nicht wieder herausziehen... Es gibt keinen Sünder, der nicht rechtschaffen sein möchte und der nicht seine Oberen und seine Anführer als gläubige Menschen sehen möchte, es sei denn – Gott bewahre! – dass sein Gewissen durch seine Apostasie schon so verdorben ist, dass er einer Schlange gleich Freude daran empfindet, andere zu vergiften.

Oh du verrückter Kopf (= Häuptling, Anführer) mit deinem verdorbenen Herzen! Ja glaubst du denn, dass »die Muslime nicht die Welt lieben... oder nicht darüber nachdenken, in was für einen Zustand der Armut sie hineingeraten sind... und eine Ermahnung nötig hätten, dass sie ihren Anteil an dieser Welt (dunya) nicht vergessen sollten?« Was du glaubst, ist falsch und was du dir vorstellst, ist irrig. Stattdessen aber hat sich ihre Gier noch verstärkt. Deswegen sind sie in diesen Zustand der Armut geraten. Denn für einen Gläubigen ist die Gier eine Ursache für Verlust und Elend.

 

 

»Der Gierige ist das Subjekt von Verlust und Enttäuschung.«

Dies ist zum Sprichwort geworden.

In der Tat gibt es viele Ursachen, vor allem seine Begierden (nefis), Launen und Gelüste, seine Bedürfnisse, seine Sinne und Gefühle, der Teufel und die oberflächliche Anziehungskraft dieser Welt, falsche Freunde, so wie du einer bist, und noch viele andere Gründe, die einen Menschen rufen und bewegen, in die Welt (dunya) zu gehen. Stattdessen gibt es nur wenige, die zu jener anderen, ewig bleibenden jenseitigen (achir) Welt und zu einem langen und ewigen Leben einladen. Hättest du auch nur ein Körnchen von einem Patriotismus für dieses armselige Volk und wäre der erhabene Eifer, den du so zur Schau stellst, nicht eine Lüge, würdest du doch notwendigerweise den wenigen helfen, die zu einem ewig bleibenden Leben rufen. Wenn du die wenigen, die da einladen, zum Schweigen bringst und stattdessen den vielen hilfst, wirst du zum Gefährten des Teufels!

Glaubst du etwa, der Zustand der Armut dieses Volkes sei das Ergebnis eines weltfremden Asketizismus oder die Folge einer Art Faulheit, die aus der selben Weltflucht resultiert? Wenn du das glaubst, begehst du einen Fehler! Siehst du etwa nicht, dass Völker wie die Chinesen, die Brahmanen und die Soroastrier Indiens und die Schwarzen in Afrika, die unter das Joch Europas geraten sind, noch ärmer sind als wir? Und siehst du zudem nicht, dass in der Hand der Muslime wenig mehr geblieben ist, als nur das Lebensnotwendige? Alles übrige wurde entweder von den ungläubigen Despoten Europas (im Westen) gestohlen oder von den Heuchlern (im Osten) geraubt.

Wenn du die Leute des Glaubens mit Gewalt zu dieser mehr ärgerlichen als bürgerlichen Zivilisation treiben willst, in der Absicht, das Land auf diese Weise zu Ruhe und Ordnung führen und leichter verwalten zu können, so wisse, dass du mit Sicherheit einen Fehler begehst und sie auf den falschen Weg führst. Denn es ist schwieriger, hundert Sünder zu regieren, deren Glaube erschüttert wurde und deren Charakter verdorben ist, und die öffentliche Ordnung unter ihnen aufrecht zu erhalten, als Tausende von Leuten der Rechtschaffenheit.

So haben es denn entsprechend diesen Grundsätzen die Leute des Islam nicht nötig, dass man sie in die Welt und ihre Gier hinein treibt oder (auch nur) dazu ermuntert. Fortschritt und öffentliche Ordnung können nicht auf diese Weise sichergestellt werden. Für sie ist es vielmehr notwendig, dass ihre Arbeitsbedingungen geregelt werden, dass die Sicherheit unter ihnen aufgerichtet wird und dass sie dazu ermuntert werden, miteinander zusammenzuarbeiten. Diese Bedürfnisse können mit Hilfe dieses heiligen Auftrags des Glaubens, der Gottesfurcht und eine feste Bindung an die Religion befriedigt werden.

 

Achte Notiz Oh du fauler Mensch, der du die Freude und das Glück in Fleiß und Arbeit nicht kennst! Wisse, dass Gott der Gerechte in Seiner vollkommenen Freigiebigkeit den Lohn der Arbeit in diese Arbeit hineingelegt hat. Er hat den Preis des Schaffens in sein Schaffen selbst hinein gelegt. Es geschieht aus diesem Grunde, dass alle Geschöpfe die Befehle (emir) ihres Herrn, ja dass von einem bestimmten Blickwinkel aus betrachtet selbst noch die unbelebte Natur ihre besonderen Aufgaben (vasifa), die man auch als Naturgesetze (evamir-i tekviniye) bezeichnet, mit vollkommener Begeisterung und einer Art Freude befolgt. Alle Wesen, von den Bienen, den Mücken und den Hühnern, und alle Dinge bis hin zu Sonne und Mond, erfüllen ihre Aufgaben in vollkommener Freude. Das heißt, es gibt eine Freude in allem Werk, sodass sie ihre Aufgaben vollkommen erfüllen, auch wenn sie, die keinen Verstand besitzen, dabei nicht an deren Ziel und Zweck denken können.

 

Wenn du nun aber sagst: »Lebende (und fühlende) Wesen sind fähig, Freude zu empfinden. Wie aber können nun leblose Dinge Begeisterung und Freude empfinden?«

 

Antwort: Die leblosen Dinge wünschen sich nicht hinsichtlich ihrer selbst einen besonderen Rang (makam) und Namen, suchen nach Vollkommenheit (kemal), Schönheit und Wohlordnung, sondern hinsichtlich der Namen Gottes, die sich durch sie manifestieren. Sie werden erleuchtet und erhöht in der Erfüllung ihrer naturgemäßen Aufgaben und werden so gleich einem Spiegel, einem Objekt, das die Namen der Lichter des Lichtes reflektiert. So wie ein Wassertropfen oder ein winzig kleines Stückchen Glas in sich selbst ohne Licht und ohne Bedeutung ist, so wird es doch zu einer Art Thron für die Sonne, wenn dieser bedeutungslose, lichtlose Tropfen, dieses Glasstückchen sein Gesicht reinen Herzens der Sonne zuwendet. Und dann lächelt es dir zu. In ähnlicher Weise steigen nun, wie in diesem Beispiel, Teilchen und Elemente des Seins – weil diese, angezogen von ihrer Aufgabe, Spiegel der Namen des Einen zu sein, der in Seiner Majestät (Celal), der absolute Schönheit (Cemal) und absolute Vollkommenheit (Kemal) besitzt – gleich diesen Tropfen und winzig kleinen Glasstückchen, von einer sehr niedrigen Stufe zu einer sehr hohen Stufe der Erscheinung und Erleuchtung empor. Da sie aber nun einmal hinsichtlich ihrer Aufgabe einen besonders lichtvollen und erhabenen Rang (makam) einnehmen, so kann man auch sagen, dass sie, insoweit dies möglich wäre und sie überhaupt die Fähigkeit haben, Freude zu empfinden, d.h. insoweit sie ganz allgemein Anteil am Leben haben, sie auch ihre Aufgabe in vollkommener Freude erfüllen.

Um einen klaren und eindeutigen Beweis dafür anführen zu können, dass sich Freude in der Pflichterfüllung findet, betrachte einmal, wie deine eigenen Glieder und Sinnesorgane ihre Aufgaben erfüllen. Jedes von ihnen empfängt eine andere Freude in der Erfüllung seiner Pflichten für deine eigene Fortdauer und den Fortbestand der menschlichen Gattung. Ihre Pflichterfüllung ist in sich selbst schon eine Art der Freude, während seine Pflichten zu vernachlässigen für unsere Glieder bereits eine Art Strafe ist.

Ein anderer offensichtlicher Beweis ist auch die Opferbereitschaft und der Heldenmut in der Erfüllung ihrer Pflichten, den Tiere wie Hähne und Hennen mit ihren Küken aufbringen, sodass der Hahn, auch wenn er selbst hungrig ist, den Hennen vor sich selbst den Vorzug gibt und sie zum Futter ruft und sie fressen lässt, während er selbst nicht frisst. Und es ist ganz klar, welche Freude, welchen Stolz, welche Begeisterung er dabei in der Erfüllung seiner Pflichten zeigt. Das aber heißt, dass er ein größeres Vergnügen in seiner Pflichterfüllung erlebt als nur beim Fressen.

Auch die Henne opfert ihr Leben für ihre Küken, wenn sie sich selbst einem Hund entgegen wirft. Und auch sie wird selbst hungrig bleiben, um ihnen zu fressen zu geben. Das heißt, sie empfängt eine solche Freude in der Erfüllung ihrer Pflicht, dass sie der Pein des Hungers und selbst dem Schmerz des Todes überlegen ist und ihn übertrifft.

Tiermütter beschützen ihre Jungen und empfinden Freude über ihrer Aufgabe, solange ihre Jungen noch klein sind. Sobald sie aber groß geworden sind, ist ihre Aufgabe zu Ende und ihre Freude schwindet. Die Mütter hacken nun ihre Jungen und nehmen ihnen die Körner weg. Nur bei den Müttern des Menschengeschlechts setzen sich die Pflichten noch eine Zeitlang fort, denn in Anbetracht ihrer Schwäche und Ohnmacht sind Menschen auf ihre Art immer Kinder und bedürfen zu allen Zeiten einer liebenden Zuwendung (schefkat).

So betrachte denn nun einmal, wie im Reich der Tiere die Männchen (wie die Hähne) sich als Hirten und die Hennen als Mütter gebärden und verstehe dabei, dass sie ihre Pflichten nicht um ihrer selbst willen und in eigenem Namen erfüllen. Denn wenn es notwendig wird, ihr Leben in Erfüllung ihrer Pflicht zu opfern, so tun sie das. Vielmehr erfüllen sie ihre Pflicht um des freigiebigen Gebers willen und im Namen des Majestätischen Schöpfers (Fatir-i Dhu-l’Celal), der sie in die Pflicht genommen hat und durch dessen Erbarmen sie in ihrer Pflichterfüllung Freude erlangen.

Und ein weiterer Beweis dafür, dass die Pflichterfüllung ihren Lohn in sich selbst enthält, ist der folgende: All die (kleinen) Pflanzen und (die hohen) Bäume befolgen die Weisungen des Schöpfers in Seiner Majestät auf eine Weise, die ihre Freude und ihre Begeisterung dabei verspüren lässt. Denn die Wohlgerüche, die sie um sich herum verbreiten und all die Zier, mit der sie sich schmücken und mit der sie die Blicke ihrer Kunden auf sich ziehen, die Ähren und die Früchte für die sie sich aufopfern bis sie schließlich selbst verwelken: all das zeigt aufmerksamen Leuten, dass sie bei der Befolgung des göttlichen Auftrags eine solche Freude empfinden, dass sie dabei verwelken und verrotten.

Betrachte einmal Bäume, die Früchte hervorbringen wie die Kokospalme, die auf ihrem Kopf viele Dosen Milch trägt, oder den Feigenbaum: sie alle verlangen aus der Schatzkammer der göttlichen Barmherzigkeit unausgesprochen die beste Nahrung, wie Milch, erhalten sie und nähren damit ihre Früchte, während sie sich selbst mit Schlamm begnügen. Der Granatapfelbaum empfängt aus der Schatzkammer der göttlichen Barmherzigkeit ein reines Getränk, nährt damit seine Früchte und gibt dabei sich selbst mit Schlamm und trübem Wasser zufrieden.

Auch unter den Saaten kann man durch ihre Aufgabe, Keime auszustrecken, ganz deutlich eine Sehnsucht erkennen. So wie sich ein Gefangener an einem abgesperrten Ort danach sehnt, in einen Garten und in einen offenen Raum hinauszutreten, so erkennt man auch die gleiche Sehnsucht, diesen Zustand des Glücks in den Saaten, in ihrer Aufgabe, zu keimen.

So geschieht es denn anhand dieses so umfassenden und geheimnisvollen Grundsatzes, der im Weltall in Kraft ist und als »Gottes Gewohnheit« bezeichnet wird, dass die Mehrzahl derer, die untätig, faul, bequem und behaglich in ihren Ruhekissen lagern, unter Ruhelosigkeit und Langeweile leiden. Denn die nichts zu tun haben, beklagen sich immer über ihr Leben und möchten es mit ihren Vergnügungen rasch vertreiben. Während die, welche arbeiten und sich Mühe geben, dankbar sind und Gott preisen. Sie möchten gar nicht, dass ihr Leben vergeht.

 

 

»Wer in Ruhe und Bequemlichkeit dahin lebt, beschwert sich über sein Leben, während der ernsthaft schaffende dankbar ist.«

Dies ist ein Grundsatz von allgemeiner Gültigkeit. Aus dem gleichen Geheimnis ist auch der Satz: »Ruhe findet sich in der Mühe und die Mühe in der Ruhe.« zu einem Sprichwort geworden. Studiert man die unbelebte Natur sorgfältig, so sieht man in der Tat, dass die ihr innewohnenden Kräfte und Fähigkeiten, insoweit sie noch in ihrer Entwicklung zurückgeblieben waren, sich noch nicht entfaltet hatten, sich nun aber mit sehr viel Mühe und Fleiß ausdehnen und ihre Möglichkeiten in die Tat umsetzen ,und erkennt nun, wie dem Grundsatz der oben erwähnten Gewohnheit Gottes entsprechend ein bestimmter Vorgang deutlich wird. Und dieser Vorgang weist uns darauf hin, dass in der Erfüllung dieser natürlichen Aufgabe eine Begeisterung und Freude liegt. Wenn also nun diese unbelebte Natur ihren Anteil am allgemeinen Leben hat, so ist auch diese Begeisterung entweder ihre eigene oder aber sie gehört einem anderen, der sie repräsentiert und beobachtet. Ja man könnte auf Grund dieses Geheimnisses sogar sagen: Sobald dieses so dünnflüssige, durchsichtige, anschmiegsame Wasser den Befehl erhält zu gefrieren, so gehorcht es diesem Befehl mit einem so heftigen Enthusiasmus, dass es sogar Eisen sprengt und zerspaltet. Das aber heißt, dass es, sobald das Wasser in der Sprache dieser Unter-Null-Temperatur den Befehl seines Herrn: »dehne dich aus!« in seinem fest verschlossenen eisernen Behälter vernimmt, es diesen Behälter in seiner großen Begeisterung zerspaltet. Es zersprengt das Eisen und wird selbst zu Eis usw...

Du magst nun damit alle Dinge vergleichen, von den Bewegungen (ferner) Sonnen (im All) bis hin zu den Atomen und Elektronen, die sich drehen und wenden und vibrieren wie die Mevlewi-Derwische. Alle Anstrengungen, Mühen und Bewegungen im Universum erfolgen nach Plan und Gesetz eines göttlichen Vorherwissens, setzen sich unter der Hand göttlicher Allmacht fort und werden sichtbar in einem Naturgesetz (emir-i tekvini), das einen göttlichen Willen (irade), Befehl (emir) und Sein Wissen (ilm) umfasst.

Jedes Atom, ja alles, was da ist und was da lebt, gleicht einem Soldaten, der in unterschiedlichen Beziehungen zu allen Abteilungen des Heeres steht und verschiedene Aufgaben in ihnen erfüllt. Genauso verhält es sich auch mit jedem Atom und allem, was da lebt. So hat z.B. eine Zelle in deinem Auge eine Beziehung zu diesem Auge als Ganzes mit seinen sensiblen Nerven, mit den Adern, die den Körper mit Blut versorgen und mit den Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Beziehungen und mit den Ergebnissen, die diese Aufgaben erbringen usw... Du magst nun alle Dinge damit vergleichen! So bezeugt denn ein jedes Ding den, der da notwendigerweise sein muss, den Allmächtigen (Qadir) von Ewigkeit her auf zweierlei Weise:

 

Erstens: Indem es Aufgaben erfüllt, die tausend Mal seine Fähigkeiten übersteigen, bezeugt es mit dem Ausdruck seiner eigenen Schwäche das Sein des Allmächtigen.

 

Zweitens: Jedes Ding bezeugt, indem es den Grundsätzen entsprechend handelt, denen jene Gesetze entspringen, auf denen die Ordnung der Welt ruht und die das Gleichgewicht allen Seins aufrecht erhalten, den Allweisen-Allmächtigen. Denn leblose Dinge wie die Atome und so kleine Tiere wie die Bienen wissen nichts von der Ordnung und Ausgewogenheit, welche diese bedeutenden, subtilen Elemente des Offenkundigen Buches (der Schöpfung) sind. Wie kann so ein lebloses Atom, so ein kleines Tier, wie eine Biene, diese bedeutenden, subtilen Dinge des Offenkundigen Buches lesen, das der Majestätische Eine in Seiner Hand hält? Wer öffnet und schließt das Buch all der Ebenen des Himmels und legt es wie ein Notizbuch (an seinen Platz)? Wenn du wahnsinnigerweise glaubst, dass ein Atom ein Auge hätte, dass die feinen, kleinen Buchstaben dieses Buches lesen kann, dann kannst du auch versuchen, das Zeugnis eines solchen Atoms zurückzuweisen.

Der Allweise Schöpfer fasst in der Tat die Prinzipien des Offenkundigen Buches auf eine wunderschöne Art in einer verkürzten Form zusammen, verbunden mit einer eigenen Freude und einem besonderen Bedürfnis und fügt sie (allen Lebewesen) bei. Wenn also nun ein jedes von ihnen mit dieser ihm eigenen Freude und einem besonderen Bedürfnis handelt, so tut es dies auch ohne es zu wissen in Übereinstimmung mit den Prinzipien des Offenkundigen Buches. Zum Beispiel: Im Augenblick, in dem eine Mücke mit ihrem Stechrüssel zur Welt kommt und ihr Haus verlässt, greift sie auch schon ohne Aufenthalt das Gesicht eines Menschen an und sticht ihn. Durch ihren Stechrüssel flößt sie dann dem Menschen von ihrem Speichel ein, verursacht dadurch das Blut zu strömen und trinkt es dann. Wenn sie danach die Flucht antritt, zeigt sie uns damit die Geschicklichkeit eines erfahrenen Kriegers. Wer hat dieses winzig kleine, noch unerfahrene Geschöpf die Kriegskunst und die Wissenschaft vom Kampf gelehrt und wie man das Blut zum Fließen bringt? Und wo hat sie es gelernt? Ich, also der armselige Said, bekenne: Wäre ich an Stelle dieser Mücke mit ihrem Stechrüssel, ich könnte diese Kunst, diese Guerillakriegsführung von Angriff und Rückzug und das Geschäft des Blutsaugens nur durch eine langwierige Instruktion und viel Erfahrung erlernen.

Und so vergleiche denn nun solche Tiere wie die Biene, die Inspiration empfängt, die Spinne oder die Nachtigall, die sich ein Nest baut wie einen Strumpf mit dieser Mücke. Ja du kannst sogar die Pflanzen auf genau die gleiche Weise mit den Tieren vergleichen. Ja der Vollkommene Freigiebige (erhaben ist Sein Ruhm) hat mit der Tinte der Freude und der Farbe der Not für jedes einzelne Lebewesen eine Urkunde geschrieben und ihm in die Hand gegeben und so in ihm das Programm und die Liste der Aufträge niedergelegt, die auf den Naturgesetzen fußen. Siehe nun, wie der Majestätische Allweise auf Grund der Prinzipien des Offensichtlichen Buches die Menge der Pflichten der Biene in diese Urkunde eingetragen und in das Kästchen gelegt hat, das sich im Kopf dieser Biene befindet. Und der Schlüssel zu diesem Kästchen ist die Freude, die einer diensteifrigen Biene zu Eigen ist. Mit diesem öffnet sie dieses Kästchen, liest ihr Programm, versteht ihre Dienstanweisung und handelt danach. Sie verkündet das Geheimnis der Ayah:

 

 

»...und dein Herr hat der Biene eingegeben.« (Sure 16, 68)

Wenn du nun dieser Achten Notiz bis zum Ende gefolgt bist und unter der Anleitung des Glaubens alles verstanden hast, so wirst du auch die Bedeutung von

 

 

»Die Weite Seines Erbarmens umfasst alle Dinge.«

und die Wahrheit der Ayah

 

 

»Und es gibt nichts, was Ihn nicht lobpreisend rühmt.« (Sure 17, 44)

und den Grundsatz von

 

 

»In der Tat ist Sein Befehl, wenn Er ein Ding will, dass Er ihm sagt. ›Sei!‹ und es ist.« (Sure 36, 82)

und den Hinweis von

 

 

»Gepriesen sei der, in dessen Händen die Herrschaft über alle Dinge liegt. Und zu ihm werdet ihr alle zurück gebracht.« (Sure 36, 83)

verstehen.

 

 

 

Neunte Notiz Wisse, dass das Prophetentum für das Menschengeschlecht die Summe und Grundlage alles Guten und Vollkommenen im Menschen ist. Die wahre Religion ist die Richtschnur zur Glückseligkeit. Glaube ist lautere Schönheit und in sich ruhende Güte. Da in dieser Welt nun einmal eine leuchtende Schönheit, weite und erhabene Fülle, augenscheinliche Wahrheit und vollendete Erlesenheit sichtbar sind, liegen Wahrheit und Gerechtigkeit im Prophetentum und in der Hand der Gesandten Gottes, wohingegen alle Irrwege, Bosheit und Verlust bei denen liegen, die sich dem widersetzen.

Betrachte nun unter Tausenden Verdiensten von Dienst und Anbetung nur dieses eine: Der Prophet, mit dem Friede und Segen sei, vereinigt die Herzen derer, die an den einen Gott glauben zu den Gebeten an den Festtagen und am Freitag und zu den übrigen gemeinschaftlichen Gebeten zusammenkommen und vereinigt ihrer aller Zungen zu einem einzigen Ruf (Allahu ekber!) Dies geschieht in der Weise: Der Mensch antwortet auf den gewaltigen Anruf des Einen, Urewigen Angebeteten mit den Stimmen, Gebeten und Anrufungen (dua ve dhikr) aus unendlich vielen Herzen und mit ebenso vielen Zungen. Diese Stimmen, Gebete und Rufe bestärken und helfen einander und indem sie ihre Stimmen, Gebete und Anrufungen miteinander vereinigen, bringen sie vor der Gottheit des Urewigen Angebeteten einen Gottesdienst in einem so umfangreichen Ausmaß dar, dass es scheint, als ob der gesamte Globus diese Anrufungen spricht, diese Gebete (dua ve namaz) darbringt und an allen Ecken verrichtet und den Befehl befolgt:

 

 

»Verrichtet das Gebet!« (Sure 2, 43)

der in Pracht und Würde von jenseits der Himmel herabgesandt worden war. In diesem Geheimnis der Vereinigung (ittihad) wird der Mensch, ein winzig kleines, schwaches Geschöpf wie ein Stäubchen im All in der machtvollen Gewalt seiner Anbetung zum geliebten Diener des Schöpfers der Himmel und der Erde, Kalif auf Erden, König auf Erden und Fürst der Tiere, Ziel und Zweck der Erschaffung des Universums.

Wenn nun in der Tat die Stimmen der vielen hundert Millionen Menschen (täglich) nach dem Gebet und besonders dem Festgebet gleichzeitig ausrufen: »Gott ist groß!«, so vereinigen sie sich dadurch mit der unsichtbaren Welt. Könnten sie auch in dieser bezeugten Welt auf diese Weise zusammenkommen und sich vereinigen, so würde der Globus in seiner Gesamtheit zu einem einzigen Menschenwesen, das sein »Gott ist groß!« mit einer Stimme verkündigt, die so mächtig ist, wie es seiner eigenen Größe entspricht. So wird denn dieses »Gott ist groß!« wenn die, welche sich in dem gemeinsamen Glauben an den Einen Gott vereinigt haben, es im gleichen Augenblick verkünden, zu einem einzigen gewaltigen »Gott ist groß!«, das dem der ganzen Erde gleicht. Es ist, als würde die Erde durch die Anrufungen und Verherrlichungen der islamischen Welt während der Festtagsgebete von einem großen Beben erschüttert, wenn sie an allen Ecken und Enden »Gott ist groß!« ausruft und mit jenem reinen Herzen, das die Qibla (Gebetsrichtung) zur Kaaba ist, die Absicht (niyah für das Gebet) fasst und sodann mit jener Zunge, die der Berg Arafat ist und in jenem Munde liegt, der Mekka heißt, »Gott ist groß!« ausruft, so hallt dieses von allen Gläubigen in aller Welt gemeinsam gesprochene Wort aus ihrem Munde (gleich jener ersten Offenbarung an den Propheten) wie aus einer Höhle wider. So wie durch das Echo dieses einen Wortes »Gott ist groß!« wieder zahllose andere »Gott ist groß!« ins Dasein kommen, so lassen diese (bei Gott) willkommene Rezitation (dhikr) und Anrufung der Größe Gottes (tekbir) die Himmel widerhallen und schallen wie Wellen in den Welten des Bersah wider.

So bringen wir denn dem Majestätischen Herrn Ruhm (tesbih) und Lobpreis (hamd) dar und verherrlichen Seine Größe (tekbir) nach der Anzahl aller Stäubchen der Erde, Ihn, der die Erde so gemacht hat, dass sie sich in Anbetung dienend vor Ihm niederwirft. Er hat sie zu einer Moschee für Seine Diener gemacht, zu einer Wiege für Seine Geschöpfe und für sich selbst zu Seinem Lobpreis (musebbih) und zu Seinem Ruhm (mukebbir). So danken wir Ihm auch nach der Anzahl Seiner Geschöpfe und alles Geschaffenen (maucudat), dass er uns zu einer Gemeinde des Ehrewerten Propheten (mit dem Friede und Segen sei) gemacht hat, der uns gelehrt hat, wie wir beten (namaz) sollen.

 

Zehnte Notiz So wisse denn nun, oh du zerstreuter und verwirrter Said! Das Licht der Erkenntnis Gottes des Gerechten zu erlangen, es zu schauen, sein Aufscheinen im Spiegel der Ayat und der Zeugnisse zu erblicken und dir einen Einblick in die Beweise zu verschaffen, erfordert es, dass du nicht jeden Lichtschein, der über dich hinwegzieht, oder dir ins Herz scheint oder in deinen Verstand hinein leuchtet, mit deinen Fingern zu berühren oder mit der Hand deines Zweifels zu analysieren versuchst! Strecke deine Hand nicht aus, um das Licht zu fangen, das dir erscheint! Ziehe dich von den Ursachen deiner Gottvergessenheit zurück! Bleibe vielmehr stehen und wende dich (dem Licht zu)! Denn ich habe erfahren, dass es (auf dem Weg zur) Erkenntnis Gottes drei verschiedene (Arten von) Zeugnissen und Beweisen gibt.

 

Die erste Art gleicht dem Wasser. Man kann es sehen und fühlen, aber nicht zwischen den Fingern halten. Bei dieser Art muss man sich von seinen Illusionen befreien und (stattdessen) ganz und gar in ihm untertauchen. Man kann es nicht mit kritischem Fingern durchforschen. Tut man es dennoch, fließt es davon und verflüchtigt sich. Das Wasser des Lebens kann nicht zwischen unseren Fingern Wohnung nehmen!

 

Die zweite Art gleicht der Luft (und dem Wind). Man kann sie zwar wahrnehmen, aber nicht sehen und nicht berühren. Wende ihm dein Gesicht, deinen Mund zu! Kehre deinen Geist (ruh) dem Lufthauch Seiner Barmherzigkeit zu und halte dich ihm entgegen! Strecke deine kritischen Hände nicht nach ihm aus! Du kannst ihn nicht festhalten. Atme innerlich (ruh) auf! Wenn du ihn mit den Händen deines Zweifels untersuchst, die Hände deiner Kritik nach ihm ausstreckst, verlässt er dich und eilt davon. Er wird nicht in deinen Händen Wohnung nehmen, mit ihnen nicht zufrieden sein.

 

Die dritte Art gleicht dem Licht. Man kann es sehen, aber weder fühlen noch berühren. Weil das aber so ist, solltest du deine Augen, den Blick deines Geistes (ruh) ihm entgegen kehren, deine Augen ihm zuwenden und abwarten. Vielleicht kommt es dann ganz von selbst. Denn das Licht kannst du nicht mit deinen Händen fangen, nicht mit deinen Fingern erjagen. Denn das Licht lässt sich nur im Lichte des inneren Auges (Bassier) erjagen. Wenn du deine gierige, materielle Hand (nach ihm) ausstreckst und es mit einer materiellen Waage wiegen willst, versteckt es sich (vor dir) auch wenn es nicht erlischt. Denn so wie das Licht nicht damit zufrieden ist, wenn du es in die Materie einzuschließen versuchst, so lässt es sich auch nicht beschränken und akzeptiert nicht opake (= lichtundurchlässige) Dinge als seinen Herrn und Meister.

 

Elfte Notiz Wisse, dass in der Ausdrucksweise des Qur’an, der in seiner Verkündigung ein Wunder ist, viel Liebe (schefkat) und Barmherzigkeit liegt, denn die meisten von denen, an die er sich wendet, sind einfache Leute. Ihre Denkweise ist einfach. Und da ihre Blicke die feineren Dinge nur schwer wahrnehmen können, wiederholt er Seine Ayat (= Wunderzeichen), wie sie in das Antlitz der Himmel und der Erde geschrieben stehen, immer und immer wieder, um so ihrem einfachen Auffassungsvermögen entgegen zu kommen. So macht er es ihnen leichter, diese großen Worte zu lesen. So unterrichtet Er z.B. die Ayat, die ganz offensichtlich sind und leicht zu lesen, wie die Erschaffung der Himmel und der Erden, der Herabkunft des Regens und die Wiederbelebung der Erde. Er lenkt nur selten die Aufmerksamkeit auf die Ayat, die mit kleineren Buchstaben in die größeren Buchstaben hineingeschrieben stehen, um keine größere Mühe zu verursachen.

Und es gibt im Stil des Qur’an eine solche Beredsamkeit, Flüssigkeit und Natürlichkeit, als ob der Qur’an selber ein Hafiz wäre, der die Ayat liest, die mit der Feder der göttlichen Allmacht auf den Seiten des Kosmos geschrieben stehen. Es ist, als wäre der Qur’an ein Lesebuch des Kosmos und der wortgemäße Ausdruck seiner Ordnung und würde die Werke lesen, die der Urewige gestaltet hat und Seine Handlungen niederschreiben. Wenn du diese Beredsamkeit in Seiner Ausdrucksweise erkennen möchtest, lausche mit einem wachen und aufmerksamen Herzen der Sure »Amma« (Sure 78) oder der Ayah

 

 

»Oh Gott, König und Herr.« (Sure 3, 26)

oder einem ähnlichen Ferman!...

 

Zwölfte Notiz Oh meine Freunde, die ihr diese Notizen hört! Ihr solltet wissen, dass der Grund dafür, dass ich manchmal meine Gebete, das Seufzen und Flehen meines Herzens zu meinem Herrn, das doch eigentlich im Verborgenen geschehen sollte, entgegen meiner Gewohnheit niederschreibe (der Grund dafür der ist), von der göttlichen Barmherzigkeit die Annahme der Worte dieses Buches anstelle (der Worte) meiner Zunge zu erbitten, wenn der Tod meine Zunge bereits zum Schweigen gebracht hat. In diesem so kurzen Leben sind die Reue und das Bedauern, das ich mit meiner Zunge vorübergehend (zum Ausdruck bringen kann), in der Tat ungenügend, um in dieser kurzen Zeit meines Lebens für meine unendlich vielen Sünden Vergebung erlangen zu können. Die Zunge dieses Buches ist dagegen bis zu einem gewissen Grade beständiger und daher besser geeignet. So schrieb ich denn vor dreizehn Jahren *, als sich infolge der Stürme und Wirbelwinde in meiner Seele (ruh) das Lachen des Alten Said in das Weinen des Neuen Said verwandelte und ich am Morgen des Alters aus dem Schlaf jugendlicher Gottvergessenheit erwachte, meine Seufzer und mein Flehen in Arabisch nieder. Dessen Bedeutung auf Türkisch ist kurz gefasst folgende:

Oh Du mein Barmherziger Herr! Mein Freigiebiger Schöpfer! Durch eine falsche Entscheidung meinerseits sind meine Lebenszeit und meine Jugendzeit nutzlos vergangen. Alles, was mir von diesem meinem Leben und meiner Jugend als Frucht in meiner Hand geblieben ist, sind Sünden, die mich schmerzen, Schmerzen, die mich demütigen und Einflüsterungen, die mich in die Irre führen wollen. Und mit diesem schweren Joch und meinem kranken Herzen nähere ich mich, die Schamröte im Gesicht, meinem Grabe. So wie alle meine Freunde, Verwandten und Altersgenossen, die bereits vor meinen Augen gestorben sind, werde auch ich, so wie sie, ohne allen Unterschied oder irgendeine Abweichung nach rechts oder links, mich dem Grabe nähern.

Dieses Grab ist die erste Wohnstatt auf dem Weg aus dieser flüchtigen Welt in die Welt eines ewig Abgeschieden-seins und die erste Tür, die sich zu ihr öffnet. Und ich habe mit absoluter Sicherheit verstanden, dass dieser Weltbereich (dunya), an den ich gefesselt und in dem ich gefangen bin, nur vergänglich ist. Er wird sterben, untergehen und verschwinden. Und wie man beobachten kann, ziehen alle Lebewesen in ihm, Karawane um Karawane durch ihn hindurch und gehen verloren. Und besonders für solche, die so wie ich in sich eine eigenwillige Seele tragen, ist diese Welt besonders grausam und trügerisch. Für eine Freude, die sie gibt, lässt sie (die Menschen) tausend Schmerzen erleiden. Für eine Traube, die sie gibt, teilt sie hundert Ohrfeigen aus.

Oh Du mein Barmherziger Herr und Freigiebiger Schöpfer! Entsprechend dem Geheimnis von

 

 

»Alles, was kommt, ist nahe.«

erkenne ich heute: Ich werde mich binnen kurzer Zeit in mein Leichentuch hüllen, in meinen Sarg steigen und mich von meinen Freunden verabschieden. Während ich mich dem Grabe zuwende und davon gehe, rufe ich weinend in der Sprache des Zustandes meiner Leiche und mit den Ausdrücken der Sprache meines Geistes (ruh) am Hofe (dergah) Deines Erbarmens: Gnade und Erbarmen (el aman), oh Erbarmer, oh Barmherziger, errette mich vor der Schande meiner Sünde!

So habe ich denn den Rand meines Grabes erreicht. Das Leichentuch um meinen Leib geschlungen stehe ich am Rande meines Grabes, oberhalb meines Leichnams, erhebe mein Haupt zum Dergah Deines Erbarmens und schreie klagend, mit ganzer Kraft: Gnade und Erbarmen (el aman), oh Erbarmer, oh Barmherziger, befreie mich von der schweren Bürde meiner Sünden!

So bin ich denn nun in das Grab hinabgestiegen. Ich bin eingehüllt in mein Leichentuch. Die mich bis hierher begleitet haben, haben mich hier zurückgelassen und sind davon gegangen. Ich aber warte auf Deine Verzeihung und Dein Erbarmen... Nun kann ich bezeugen, dass es keinen Ort der Zuflucht und keine Rettung gibt außer bei Dir. Und mit all meiner Kraft rufe ich zu Dir, mit dem hässlichen Gesicht meiner Sünden, der wilden Gestalt meiner Auflehnung und aus der Enge dieser Stätte heraus:

Gnade und Erbarmen (el aman), oh Erbarmer, oh Barmherziger, oh Du mein Richter (Deyyan), befreie mich aus dieser Gesellschaft meiner hässlichen Sünden, weite (meiner Seele) diesen Platz! Oh mein Gott, Dein Erbarmen ist meine Zufluchtsstätte und Dein Geliebter (Habieb), das Erbarmen aller Welt, ist das Fahrzeug, um Dein Erbarmen zu erlangen. Nicht Dich klage ich an, sondern meine Seele (nefs) und meinen eigenen Zustand (hal) beklage ich vor Dir!

Oh Du, mein Freigiebiger Schöpfer! Mein Barmherziger Herr! Dein Geschöpf, mit Namen Said, Dein Kunstwerk und Dein Diener, der doch aufständisch, schwach, unaufmerksam, unwissend, ungehorsam, blind, elend und nun alt geworden ist, einem Wegelagerer und einem Sklaven gleich, der seinem Herrn davon gelaufen ist, bereut nun nach vierzig Jahren und möchte zu Deinem Dergah wieder zurückkehren. Er nimmt nun Zuflucht zu Deinem Erbarmen. Er bekennt Dir seine zahllosen Sünden und Fehlleistungen... Von Zweifeln geplagt und den verschiedensten Krankheiten betroffen, seufzt er und fleht er zu Dir. Wenn Du in Deiner vollkommenen Barmherzigkeit ihn annimmst, ihm vergibst und Dich seiner erbarmst, so ist dies Deiner würdig, denn Du bist ja der Erbarmer, der Allbarmherzige. Wenn Du ihn aber nicht annimmst... an welcher Türe außer Deiner Türe soll ich dann anklopfen? Welch andere Tür gibt es noch? Außer Dir gibt es keinen Herrn, sodass man zu Seinem Hof (Dergah) gehen könnte. Es gibt keinen wahrhaft Anbetungswürdigen (Ma’bud) außer Dir, sodass man bei Ihm Zuflucht suchen könnte...«

 

 

»Es gibt keine Gottheit außer Dir. Du bist der Eine Allgegenwärtige. Keinen Teilhaber hast Du (an Deiner Gottheit). Mein letztes Wort in dieser Welt und mein erstes Wort im Grabe und in jener Welt ist: ›Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Gott, und ich bezeuge, dass Mohammed der Gesandte Gottes ist. Gott der Erhabene schenke ihm Friede und Segen!‹«

 

 

Dreizehnte Notiz Fünf Fragestellungen, die ein Anlass zu Verwechslungen gewesen sind.

 

Erstens: Obwohl doch die, welche auf ihrem Weg (tariq) schaffen und sich mühen, doch eigentlich an ihre eigene Aufgabe (vasifa) denken sollten, denken sie stattdessen an die Aufgabe, die Gott dem Gerechten gehört und bauen ihre Handlungen dementsprechend darauf auf und fallen so in einen Irrtum. In der Abhandlung: »Morallehre in religiösen und weltlichen Angelegenheiten« ist zu lesen, dass der Satan einmal Jesus, mit dem der Friede sei, versuchte und zu ihm sagte: »Da die Stunde des Todes und des Endes aller Dinge in Gottes Vorherwissen liegt, stürze dich von dieser Höhe hier hinab und sieh einmal zu, wie du stirbst!« Doch Hasret Isa, mit dem der Friede sei, entgegnete ihm:

 

 

»Fürwahr, es obliegt Gott, Seinen Diener zu prüfen und nicht dem Diener, seinen Herrn zu prüfen.« *

Das heißt: »Gott der Gerechte stellt Seinen Diener auf die Probe und sagt zu ihm: Wenn du dieses tust, so tue ich dir jenes. Wollen wir einmal sehen, ob du das tun kannst? – So sagt er zu ihm und stellt ihn so auf die Probe. Doch Sein Diener hat nicht das Recht und die Macht, Gott den Gerechten auf die Probe zu stellen und zu Ihm zu sagen: Wenn ich dieses täte, würdest Du dann jenes tun? – Sich auf diese Art als den Prüfer aufzuspielen, als wolle man auf diese Weise die Herrschaft Gottes des Gerechten einer Prüfung unterziehen, ist Zeichen eines schlechten Benehmens und widerspricht (dem Geist) des Dienstes und der Anbetung. Da dies aber nun einmal die Wahrheit ist, sollte der Mensch seine eigene Aufgabe erfüllen und sich nicht um die Aufgabe Gottes des Gerechten bekümmern.

Auch ist es ja bekannt, dass Jalaluddin Chwarasmschah, einer der Helden des Islam, der schon viele Male das Heer des Jingis Khan besiegt hatte, einmal ins Feld zog, als seine Minister und Gefolgsleute zu ihm sagten: »Du wirst siegreich sein. Gott der Gerechte wird dich zum Sieger machen.« Er aber antwortete: »Ich bin in Gottes Dienst dazu beauftragt, mich für Ihn einzusetzen (Dschihad). So kümmere ich mich nicht um die Aufgabe Gottes des Gerechten. Mich zum Sieger oder zum Besiegten zu machen ist Seine Aufgabe.« Indem er also seine Hingabe unter diesem Geheimnis verstand, war er bei vielen Gelegenheiten wunderbarerweise siegreich.

Der Mensch sollte in der Tat bei seinen freiwilligen Einsätzen nicht an die Ergebnisse denken, die Gottes des Gerechten sind. So feuern z.B. die jungen Leute, die der Risale-i Nur folgen mit ihrem Enthusiasmus eine Reihe unserer Brüder an und bewegen sie dazu, ihre Anstrengungen noch zu erhöhen. Wenn aber diese jungen Leute nicht zuhören, so wirkt das demoralisierend auf die schwachen unter uns und ihr Enthusiasmus schwindet ein wenig; während hingegen der Ehrenwerte Prophet, mit dem Friede und Segen sei, der absolute Meister, der universale Führer und vollkommene Leiter war, aber den Ferman Gottes

 

 

»Dem Propheten obliegt nur die Pflicht der Verkündigung.« (Sure 5, 99)

für sich selbst als seinen absoluten Führer nahm. Wenn die Leute noch zögerten oder sich zurückzogen und nicht auf ihn hörten, verstärkte er seinen Eifer, seine Mühe und seinen Ernst in der Verkündigung nur noch mehr. Denn nach dem Geheimnis von

 

 

»Fürwahr, du kannst nicht jeden rechtleiten, den du magst, denn Gott ist es, der rechtleitet, wen er will.« (Sure 28, 56)

verstand er, dass es die Aufgabe Gottes des Gerechten ist, die Menschen dazu zu bringen, hinzuhören und ihnen Rechtleitung zu geben. So mischte er sich nicht in die Aufgaben Gottes des Gerechten ein.

Weil dies aber nun so ist, oh ihr, meine Brüder, sollt auch ihr euch nicht in die Aufgaben (Gottes) einmischen, indem ihr in euren Handlungen auf dem aufbaut, was nicht eure Aufgabe ist, und sollt auch nicht eine solche Haltung einnehmen, als wolltet ihr euren Schöpfer damit testen!...

 

Zweite Fragestellung: Dienst und Anbetung beziehen sich auf die göttlichen Anweisungen und das Wohlwollen Gottes. Der Grund für unseren Dienst und unsere Anbetung ist die göttliche Anweisung und seine Folge die Zufriedenheit des Gerechten. Seine Früchte und der Nutzen aber liegen im Jenseits. Und solange sie nicht unser einziges Ziel sind und unsere Absicht nicht mit diesem Wunsch als Bedingung verbunden ist, ist auch der Nutzen dieser Welt (dunya) und stehen die Früchte, die sich ganz aus sich selbst einstellen und gegeben wurden, ohne gefordert zu werden nicht im Gegensatz zu Dienst und Anbetung. Sie dienen vielmehr dazu, die schwachen zu ermutigen und so (dem Dienst) den Vorzug zu geben. Wenn aber dieser Nutzen und Gewinn zum Ziel unseres Dienstes, unserer Rezitationen wird oder doch teilweise zu einem Grund dafür, so wird auch unser Dienst teilweise dadurch entwertet. Er macht vielmehr die Qualität unserer Anrufungen zunichte und führt zu keinem Ergebnis.

Und so lesen z.B. diejenigen, die dieses Geheimnis noch nicht verstanden haben die »Heiligen Rezitationen« von Schah Naqschibandi, die hundert Vorzüge und Verdienste erbringen, oder die »Große Rüstung (Causchanu-l’Kebir)«, die deren Tausend erbringt, und machen dabei einen Teil dieser Nutzanwendung zu ihrer eigentlichen Absicht. Auf diese Weise erlangen sie keine Verdienste und werden sie auch nicht erlangen und haben auch gar kein Recht dazu, sie zu erlangen. Denn diese Verdienste können nicht der Zweck dieser Anrufungen sein. Sie können nicht als die Hauptsache und nicht in dieser Absicht eingefordert werden. Denn sie werden in Form einer Gnade für eine lautere Rezitation erlangt, wenn man nicht nach ihnen verlangt. Wenn sie beabsichtigt (niyah) sind, wird die Aufrichtigkeit (ihlas) dadurch zerstört. Vielmehr sind sie dann kein Dienst mehr und haben ihren Wert verloren. Es bleibt nur insoweit (noch zu sagen), dass schwache Menschen etwas brauchen, was sie ermutigt, diese verdienstvollen Rezitationen zu lesen und in sich selbst zu bevorzugen. Wenn sie dabei an ihre Verdienste denken und sodann eifrig diese Rezitationen um der Zufriedenheit Gottes willen, um des Jenseits willen lesen, so schadet das nicht. Ja man kann es sogar akzeptieren. Es kommt daher, dass viele diese Weisheit nicht verstanden haben, wenn sie einem Zweifel verfallen, da sie die Vorzüge nicht sehen, von denen die Pole und die Gerechten früherer Generationen gesprochen haben und sie sie dann sogar bestreiten.

 

Dritte Fragestellung:

 

Das heißt: »Glücklich der Mensch, der sich selbst kennt und seine Grenzen nicht überschreitet.«

So findet z.B. die Sonne ihr Spiegelbild angefangen von einem Stückchen Glas, einem Tropfen Wasser, einem See, dem Ozean und dem Mond bis hin zu den Planeten. Ein jedes von ihnen trägt entsprechend seiner Fähigkeit ihren Widerschein und ihr Spiegelbild in sich und kennt seine Grenzen. Ein Tropfen Wasser sagt entsprechend seiner Fähigkeit: »In mir spiegelt sich die Sonne.« Er kann aber nicht sagen: »Ich bin genauso ein Spiegel wie der Ozean.« In genau der gleichen Weise gibt es Abstufungen auch unter den Rängen der Gottesfreunde in Übereinstimmung mit der Verschiedenheit der Manifestationen der Namen Gottes. Jeder einzelne dieser Namen Gottes hat seine Manifestationen so wie die Sonne, die vom Herzen bis hinauf zum Throne Gottes reichen. Auch das Herz ist ein Thron. Aber es kann nicht sagen: »Ich bin genauso wie der Thron.«

So halten denn die, welche in stolzer und koketter Weise einherschreiten, statt ihre Armut und Schwäche, ihre Fehler und Mängel zu kennen und sich in flehentlichem Gebet an der Schwelle (Dergah) der Gottheit niederzuwerfen, was doch die Grundlage des Dienstes und der Anbetung ist, ihr kleines Herzchen für den Thron. Sie verwechseln ihren eigenen, einem Tropfen gleichenden Zustand (makam) mit dem Zustand der Gottesfreunde, der einem Ozean gleicht. Um sich selbst diesem hohen Rang (makam) anzunähern und auf dieser Ebene (makam) zu halten, verfallen sie einem gekünstelten, vorgespielten, zwar bedeutungslosen aber doch selbstgefälligen (Verhalten) und bereiten sich damit eine ganze Reihe von Schwierigkeiten.

 

Zusammenfassung: Es gibt ein Hadith, das sagt:

 

 

»Es werden alle Menschen zu Grunde gehen, außer den Wissenden, und auch die Wissenden gehen zu Grunde, außer denen, die nach diesem Wissen handeln, und auch diese werden zu Grunde gehen, außer den Wahrhaftigen, und auch diese sind in großer Gefahr.«

Das aber heißt: Das einzige Mittel der Rettung und Erlösung ist die Aufrichtigkeit (ihlas). Aufrichtigkeit zu gewinnen ist also sehr wichtig. Ein Körnchen Aufrichtigkeit im Handeln ist vielen Batman (= einem Zentner) unaufrichtigen Verhaltens vorzuziehen. Ausgangspunkt zu einer Handlung, mit der man Aufrichtigkeit erwirkt, ist, stets an Gottes Weisungen zu denken und wie man die Zufriedenheit Gottes als ihr Ergebnis erzielt. Auch sollte man sich nicht einmischen in das, was Gottes Aufgabe ist.

Aufrichtigkeit findet sich in einem jeden Ding. Selbst die Liebe, mit einem Körnchen Aufrichtigkeit versehen, ist vielen Batman einer Liebe unter politischen Freunden oder Geschäftsfreunden vorzuziehen. So hat denn einmal jemand diese aufrichtige Liebe folgendermaßen beschrieben:

 

Das heißt: »Ich möchte kein Bestechungsgeld, keinen Lohn, keine Gegenleistung und kein Entgeld für meine Liebe.« Denn eine Liebe, die ein Entgeld als Gegenleistung verlangt, ist schwach und vergänglich. Ja eine reine Liebe ist in die menschliche Natur und die aller Mütter eingebettet. So offenbart sich denn diese lautere Liebe in ihrer wahren Bedeutung durch die Liebe der Eltern. Ein Beweis dafür, dass Mütter im Geheimnis dieser Liebe keinen Lohn und kein Bestechungsgeld suchen zum Ausgleich für die Liebe zu ihren Kindern, ist das Opfer ihres Lebens (ruh), ja für sie sogar (völlig auf jeglichen Gedanken an) die Glückseligkeit im Jenseits (zu verzichten). Weil das gesamte Vermögen einer Henne ihr Leben ist, opferte, wie Husrev bezeugte, einmal eine Henne ihren Kopf, um ihr Junges vor dem Maul eines Hundes zu retten.

 

Vierte Fragestellung: Man sollte Wohltaten (ni’met), die man aus gutem Grund in die Hände bekommt, nicht den Ursachen, die dazu geführt haben, in Rechnung stellen. Wenn eine solche Ursache keinen eigen Willen hat, wie z.B. ein Tier oder ein Baum, führt es die Gnadengaben Gottes unmittelbar auf Gott den Gerechten zurück. Da sie nun einmal unausgesprochen »im Namen Gottes« sagt, und sie dir dann gibt, solltest auch du »im Namen Gottes« sagen und sie in Gottes Namen annehmen. Wenn diese Ursache einen freien Willen hätte, müsste sie auch »im Namen Gottes« sagen können. Danach solltest du sie annehmen; so nicht, solltest du sie auch nicht annehmen. Denn neben der ausdrücklichen Bedeutung der Ayah:

 

 

»Esst nicht von dem, worüber der Name Gottes nicht ausgesprochen worden ist!« (Sure 6, 121)

gibt es noch eine indirekte Bedeutung, und diese ist folgende: »Esst nicht von solchen Gaben, die nicht den wahren Geber aller guten Gaben in Erinnerung rufen und nicht in Seinem Namen gegeben worden sind!« Weil dies aber so ist, sollte sowohl der, der etwas gibt »im Namen Gottes!«, als auch der, der etwas annimmt »im Namen Gottes!« sagen. Sagt er es nicht, du aber siehst dich gezwungen, es dennoch anzunehmen, sage: »im Namen Gottes!«, schaue auf die Hand der göttlichen Barmherzigkeit über ihm, küsse sie in Dankbarkeit, und nimm es an. Also lenke deine Blicke von der Gabe auf den Akt des Gebens und lenke dann deine Gedanken von diesem Akt des Gebens auf den wahren Geber aller Guten Gaben. Diese Art zu denken ist auch eine Art zu danken. Danach magst du noch, so du willst, für den offensichtlichen Mittler ein Gebet sprechen. Denn durch seine Hand wurde dir diese Gabe überbracht.

Was diejenigen, welche die offensichtlichen Ursachen anbeten, so täuscht, sind die beiden Dinge, die entweder zusammenkommen oder beieinander sind, was man als eine Übereinkunft bezeichnet; das heißt, sie stellen sich vor, dass sie einander bedingen. Wenn nun zudem das Fehlen eines Dinges die Ursache dafür ist, dass eine Spende nicht zu Stande kommt, denkt man, dass die Anwesenheit dieses Dinges auch der Grund für das zu Stande kommen der Spende ist. Wer aber nun seine Huldigung und seine Dankbarkeit diesem Dinge darbringt, begeht einen Fehler. Denn das zu Stande kommen einer Gnadengabe ist das Ergebnis aller Bedingungen und Umstände dieser Gnadengabe, während das Ausbleiben einer Spende dadurch zu Stande kommen kann, dass eine einzige Bedingung nicht erfüllt ist.

Zum Beispiel: Ein Mann, der den Bewässerungskanal einer Gartenanlage nicht öffnet, ist Grund und Ursache dafür, dass der Garten austrocknet und keine Früchte mehr bringt. Doch das Gedeihen von Früchten in diesem Garten ist von hunderterlei Bedingungen abhängig, neben den Pflichten dieses Mannes. Und die Früchte treten ins Dasein durch die Macht und den Willen ihres Herrn, der ihre wahre Ursache bestimmt. So verstehe denn nun, wie deutlich doch der Irrtum jener Spiegelfechter ist und wie verkehrt jene handeln, die die Ursachen anbeten!

So ist denn in der Tat die Übereinkunft das eine und die Ursache das andere. Du empfängst z.B. eine Gabe. Die Absicht einer Person, sie dir zukommen zu lassen, ermöglicht eine Übereinkunft, ist aber nicht die Ursache dieser Gabe. Ursache war die göttliche Barmherzigkeit. Hätte der Mann nicht die Absicht gehabt, dir die Gabe zukommen zu lassen, würdest du sie in der Tat nicht empfangen haben und er wäre dann der Grund, der das Fehlen dieser Gabe verursachte. Doch infolge der obigen Regel, kann der Wunsch, zu schenken nicht der Grund für das Geschenk sein. Er kann nur eine von Hunderten von Bedingungen dafür sein.

Zum Beispiel: Einige derer, die unter den Schülern der Risale-i Nur (wie Husrev und Re’fet), welche die Gnadengaben Gottes des Gerechten empfangen hatten, haben Übereinkunft und Ursache miteinander verwechselt und sind deshalb ihrem Meister überaus dankbar gewesen. Doch Gott der Gerechte hat Seine Gabe – aus dem Unterricht am Qur’an ihren Nutzen ziehen zu können – die er ihnen erwiesen hat und die Gabe der Unterweisung, die Er ihrem Meister erwiesen hat, miteinander vereinigt und verbunden. So sagen sie: »Wäre unser Meister nicht gekommen, hätten wir diese Unterweisung nicht von ihm empfangen. So ist also seine Unterweisung der Grund für den Nutzen (den wir daraus gezogen haben).«

Ich aber sage: »Oh meine Brüder! Die Gnadengaben Gottes des Gerechten, die Er mir und euch erwiesen hat, sind gemeinsam angekommen. Der Grund für beide Gnadengaben ist Gottes Barmherzigkeit. Auch ich habe so wie ihr manchmal die Übereinkunft mit der Ursache verwechselt und viel Dankbarkeit gegenüber den Hunderten Schülern der Risale-i Nur mit ihren diamantenen Schreibfedern empfunden. Ich wollte dann sagen: »Wäre ich nicht für euch da gewesen, wie hätte dann gleich mir ein armer, halbgebildeter Mensch, diesen Dienst erweisen können?« Dann aber begriff ich, dass Er mir den Erfolg in meinem Dienst schenkte, nachdem ich euch mit meiner Feder diesen heiligen Dienst erwiesen hatte. Er hat beides miteinander verbunden. Sie waren aber nicht eine des anderen Ursache. Ich danke euch nicht; ich gratuliere euch aber. Und auch ihr solltet für mich beten und mir gratulieren, anstatt mir dankbar zu sein.«

Aus dieser vierten Fragestellung lässt sich nun verstehen, wie viele verschiedene Abstufungen der Gottvergessenheit es gibt.

 

Fünfte Fragestellung: Wollte man z.B. das Eigentum der Gemeinschaft einem einzelnen Menschen geben, so wäre das unrecht. Wollte in ähnlicher Weise jemand Hand an eine karitative Einrichtung legen, die doch der Gemeinschaft gehört, so tut er damit ein Unrecht. Wenn jemand in ähnlicher Weise dem Leiter oder Meister einer Gemeinschaft die Ergebnisse der Arbeit dieser Gemeinschaft, oder die Ehre, oder die Verdienste ihrer guten Werke zuschreiben wollte, so wäre das ein Unrecht sowohl gegenüber der Gemeinschaft als auch gegenüber dem Leiter oder Meister, denn es schmeichelt seinem Stolz und stärkt noch seinen Egoismus. Während er doch nur der Pförtner ist, hält er sich selbst dann für einen König. Aber er tut auch sich selber Unrecht. Ja er öffnet sogar den Weg zu einer Art unbewussten Abgötterei. Der General, der eine Festung erobert, kann in der Tat nicht die Beute, den Sieg und die Ehre für sich beanspruchen, die seiner Armee zukommen. Der Meister (Ustadh) und geistliche Führer (Murschid) sollte nicht als die Quelle und der Ursprung, sondern vielmehr als ein Spiegelreflex, eine Art Verkörperung angesehen werden. Zum Beispiel: Licht und Hitze gelangen zu dir mit Hilfe eines Spiegels. Wenn du nun aber vergisst, dass die Sonne deren Ursprung ist und du dem Spiegel dankbar wärest statt der Sonne, so wäre das irrsinnig. Der Spiegel sollte in der Tat erwähnt werden, denn in ihm erscheint (mashar) ja die Sonne. So gleichen denn Herz und Verstand (ruh) des Lehrers (Murschid) einem solchen Spiegel. Er ist der Reflektor jenes Segens, der von Gott dem Gerechten ausgeht. Er ist das Werkzeug, mit dessen Hilfe er sich in seinen Schülern (Muried) widerspiegelt. Er sollte ihm im Hinblick auf diesen Segen keinen höheren Status einräumen als den eines Mittlers. Ja es geschieht manchmal sogar, dass ein Ustadh, den man für die Quelle hält, weder die Reflexion (mashar) noch der Reflektor (masdar) ist. Vielmehr glaubt einer seiner Schüler der Segen, den er empfängt, entsprechend der Reinheit seiner Aufrichtigkeit, der Stärke seiner Verbundenheit und der Begrenztheit seiner Sichtweise, käme aus dem Geist des Spiegels seines Ustadh, so wie einige Leute kraft ihrer magnetischen Ausstrahlung ein Fenster zur Welt der Gleichnisse öffnen, indem sie aufmerksam in einen Spiegel starren und dann wunderbare und seltsame Dinge darin erblicken. Doch sie sind nicht in dem Spiegel. Indem sie ihre Aufmerksamkeit auf den Spiegel richten, öffnet sich in ihrer Imagination außerhalb des Spiegels ein Fenster, worin sie dann derartige Dinge erblicken. Es ist aus diesem Grund, dass manchmal ein aufrichtiger Schüler weiter fortgeschritten ist als sein etwas beschränkter Scheich. Er kehrt dann zurück, leitet seinen Scheich und wird so der Scheich seines Scheichs.

 

Vierzehnte Notiz Besteht aus vier kurzen Hinweisen auf die Einheit Gottes (Tauhid)

 

Erster Hinweis: Oh du Anbeter der Ursachen! Du erblickst einen wunderbaren Palast, der aus einzigartigen Juwelen erbaut wurde und der sich noch im Bau befindet. Einige dieser Juwelen, die zum Bau verwendet werden, findet man nur in China, andere in Andalusien, wieder andere im Jemen, während man einige von ihnen ausschließlich in Sibirien findet. Wenn du nun siehst, wie es gebaut wird und wie dabei alle diese kostbaren Steine am selben Tag von Norden, Süden, Osten, Westen gesammelt und herbeigeschafft werden, würdest du dann etwa noch daran zweifeln, dass der Baumeister, der dieses Schloss erbaut, ein Wundertäter ist, der die ganze Welt regiert?

So gleicht denn auch ein jedes Tier einem solchen göttlichen Palast. Besonders der Mensch ist das schönste Exemplar in diesem Schloss und das wunderbarste Wesen in diesem Palast. Einige der Juwelen dieses Palastes, den man »Mensch« nennt, kommen aus der Welt der Geister, einige aus der Welt der Abbildungen und Beispiele und aus der Wohlverwahrten Tafel (Lauh-i Mahfudh), wieder andere aus der Welt der Lüfte und der Winde, aus der Welt des Lichtes oder aus einer der Welten anderer Elemente. Und so ist auch er ein solch wunderbarer Palast, dessen Bedürfnisse sich bis in die Ewigkeit hinein ausstrecken und dessen Hoffnungen sich über alle Regionen der Himmel und der Erde ausstrecken und der seine Verbindungen und Interessen mit allen Epochen in dieser und in jener Welt hat.

Wohlan denn, oh Mensch, der du dich selbst für einen Menschen hältst! Da deine wahre Natur nun einmal so beschaffen ist, kann Der, welcher dich erschaffen hat, nur einer sein, für Den diese und jene Welt eine Wohnstatt, Erde und Himmel eine Seite sind, Der über Zeit und Ewigkeit wie über Gestern und Morgen herrscht. Da dies aber nun einmal so ist, kann des Menschen wahrhaft Angebeteter, sein Zufluchtsort, sein Erlöser, nur Der sein, Der die Erde und die Himmel regiert und die Zügel über diese und die künftige Welt in Seinen Händen hält.

 

Zweiter Hinweis: Es gibt da noch einige Toren, die, weil sie die Sonne nicht wahrnehmen können, beginnen, wenn sie sie in einem Spiegel erblicken, sich in ihren Spiegel zu verlieben. Sie versuchen nun Ihn mit sehr viel innerer Bewegung zu bewahren und zu erhalten, damit die Sonne in ihm nicht verloren gehe. Wann immer ein solcher Tor sich realisiert, dass die Sonne mit dem Tode des Spiegels nicht stirbt und nicht verloren geht, wenn der Spiegel zerbricht, so wendet er all seine Liebe der Sonne im Himmel zu. Er versteht nun, dass die Sonne, die er im Spiegel erblickt hatte, von diesem Spiegel nicht abhängig ist. Es ist vielmehr die Sonne, die den Spiegel in seiner Funktion erhält und ihm zu seinem Glanz und seinem Licht verhilft. Der Fortbestand der Sonne ist nicht von dem Spiegel abhängig, vielmehr ist der Fortbestand des lebendigen Glanzes in dem Spiegel abhängig von der Erscheinung der Sonne.

Oh Mensch! Dein Herz, deine Identität und deine Natur sind dieser Spiegel. Diese intensive Liebe zur Beständigkeit, wie sie sich in deiner Natur (fitra) und in deinem Herzen finden, sollte nicht deinem Spiegel, nicht deinem Herzen und auch nicht deiner Natur gehören, sondern dem Aufscheinen des Beständigen in Seiner Majestät, dessen Manifestation der Widerschein in deinem Spiegel ist, entsprechend dessen Fähigkeit. Doch auf Grund deiner Torheit richtet sich das Antlitz deiner Liebe auf andere Orte. Weil dies aber so ist, sage: »Oh Beständiger! Du bist es, der beständig ist und bleibt.« Das heißt: »Da es nun einmal Dich gibt und Du der Beständige bist! Lass nun all das, was Flüchtigkeit und Vergänglichkeit und das Nicht-Sein fordern, an uns geschehen! Es ist nicht von Bedeutung!...«

 

Dritter Hinweis: Oh Mensch! Der seltsamste Charakterzug (hal), den der Allweise Schöpfer in deine Natur (mahiyet) hineingelegt hat, ist der: Du kannst manchmal deinen Platz in der Welt (dunya) nicht finden. Wie ein Mensch, der in seinem Gefängnis zu ersticken droht und stöhnt: »Ach! Ach!«, kriechst du, obwohl du dich doch nach einem weiträumigeren Platz als dieser Erde (dunya) sehnst, in ein winzig kleines Etwas, eine Erinnerung, einen Augenblick hinein und lässt dich darin nieder. Dein Herz und dein Verstand, die in dieser riesig großen Welt keinen Platz finden können, lassen sich in diesem winzig kleinen Etwas nieder. Mit deinen intensivsten Gefühlen wanderst du in diesem kurzen Augenblick, in diesem kleinen Stückchen einer Erinnerung umher.

Und er gab deiner Natur derartige Werkzeuge des Geistes und subtile innere Organe, dass einige von ihnen in der Lage wären, die ganze Welt (dunya) zu verschlingen ohne satt zu werden, während andere von ihnen noch nicht einmal ein winzig kleines Stäubchen in sich aufnehmen können. So wie wir es nicht aushalten können, wenn wir auch nur ein Haar im Auge haben, wo doch der Kopf einen Stein im Gewicht von einem Batman (= 7 kg) aushalten kann, so können auch diese feinen innerlichen Organe noch nicht einmal das Gewicht eines Haares vertragen, d.h. einen unbedeutenden Zustand (hal), der aus einer Gottvergessenheit, einem Irrglauben herrührt. Ja sie gehen manchmal sogar daran zu Grunde und verlöschen.

Weil dies aber nun einmal so ist, nimm dich in Acht, tritt aufmerksam auf und hüte dich, dass du nicht versinkst! Ertrinke nicht in einem Häppchen, einem Wort, einem Korn, einem Funken, einem Wink oder Kuss! Versenke nicht diese großartigen feinen innerlichen Organe, die die Welt verschlingen könnten, in ihnen! Denn es gibt ganz kleine Dinge die ganz große Dinge gewissermaßen verschlingen könnten. So wie der Himmel mit all seinen Sternen in ein kleines Stückchen Glas eingehen und darin ertrinken kann, die meisten Seiten deiner Handlungen und Blätter deines Lebens in dein Erinnerungsvermögen, klein wie ein Senfkorn, eingehen können, so gibt es auch ganz kleine Dinge, die solche großen Dinge gewissermaßen verschlingen, verschlucken können.

 

Vierter Hinweis: Oh du weltanbetender Mensch! Obwohl du dir deine Welt als die große, weite (Welt) vorstellst, gleicht sie doch nur einem engen Grab. Doch da die Wände dieser, einem engen Grab gleichenden Wohnstatt aus Glas sind, spiegeln sie sich ineinander und dehnen sich aus, soweit das Auge reicht. Und obwohl deine Welt so eng ist wie ein Grab, erscheint sie doch so groß wie eine ganze Stadt. Denn trotzdem doch die rechte Wand, welche (nach arabischer Schreibweise – A.d.Ü.) die Vergangenheit ist, und die linke Wand, welche die Zukunft ist, nicht existent, gar nicht da sind, so spiegeln sie sich doch ineinander und öffnen ihre Schwingen in eine gegenwärtige Zeit, die nur sehr kurz und eng ist. Wirklichkeit mischt sich mit Vorstellung und du stellst dir eine nicht vorhandene Welt als dein Dasein vor. So wie eine Linie (in einem Ventilator – A.d.Ü.) in rasche Drehung versetzt als eine breite Fläche erscheint, so ist auch deine Welt, obwohl sie doch nur eine dünne Linie ist, in Wirklichkeit eng. Doch in deiner Unachtsamkeit und nur illusionären Vorstellung dehnen sich ihre Wände in die Weite aus. Wenn du dich in dieser deiner engen Welt bewegst, stößt du dir deinen Kopf an den engen Wänden, die du doch so weit weg wähntest. Das wird dir deine Illusionen vertreiben und deinen Schlaf verbannen. Dann wirst du sehen, dass deine große weite Welt enger als das Grab und noch schmaler als die Brücke (ins Paradies) ist. So vergeht deine Lebensspanne schneller als der Blitz. Dein Leben fließt davon, schneller als ein Sturzbach.

Da nun einmal das weltliche Leben, unser leibliches Dasein und auch das Leben der Tiere so ist, tritt aus diesem animalischen Zustand heraus, lass das Leibliche hinter dir und tritt ein in ein Leben des Herzens und des Geistes (ruh)! Dort wirst du einen Lebensbereich und eine Welt des Lichtes vorfinden, die noch weiter ist als die weite Welt, die du dir bisher vorgestellt hattest. Der Schlüssel zu dieser Welt besteht darin, das Herz die heiligen Worte »Es gibt keine Gottheit außer Gott.« aussprechen zu lassen, die das Geheimnis der Erkenntnis (Marifet) Gottes und Seiner Gegenwart (Vahdaniyet) zum Ausdruck bringen, und den Geist damit zu beschäftigen.

 

Fünfzehnte Notiz Es handelt sich um die Ayat

 

 

»Und wer immer auch nur im Gewicht eines Stäubchens Gutes getan hat, wird es sehen. Und wer immer auch nur im Gewicht eines Stäubchens Böses getan hat, wird es sehen.« (Sure 99, 7-8)

welche auf die vollendete Erscheinung des Namens »Beschützer (Hafidh)« hinweist. Wenn du einen Beweis für die Wahrheit des Allweisen Qur’an suchst, betrachte die Seiten des Buches des Universums, das auf der Matrize des Offenkundigen Buches geschrieben wurde und du wirst jene gewaltige Manifestation des Namens »der Beschützer (Hafidh)« finden und andere Dinge, die in vielerlei Hinsicht der großen Wahrheit dieser ehrenwerten Ayat entsprechen.

So nimm z.B. eine Handvoll verschiedener Samenkörner verschiedener Bäume, Blumen und Gräser. Dann nimm diese Handvoll von all diesen unterschiedlichen, so gegensätzlich aussehenden Samenkörnern, von denen jedes anders (gestaltet ist) und einer anderen Sorte Blumen, Bäume oder Gräser (zugehört) und säe sie aus, vergrabe also diese kleinen Kästchen im Dunkeln in dunkler, einfacher, wie leblos erscheinender Erde. Dann bewässere sie mit einem einfachen Wasser, das weder Form, Farbe noch Gestalt kennt noch unterscheidet und geht, wohin du es wendest!

Nun komm zur Frühlingszeit, der Zeit der jährlich wiederkehrenden Auferstehung zurück! Und siehe da und beobachte genau, wie nun im Frühling, wenn der Israfil-gleiche Engel des Donners den Regen ruft, so als blase er die Posaune des Jüngsten Gerichts, und so in dieser Zeit mit einer Guten Nachricht den Geist (ruh) in die Samen bläst, die unter der Erde begraben liegen, und du wirst sehen, wie diese Saaten, so sehr sie doch einander gleichen, miteinander vermengt und vermischt sind, in vollkommener Hingabe und ohne einen Fehler dem Kommando dessen folgen, der ihnen unter dem Namen »der Bewahrer (Hafidh)« erscheint, (dem Kommando) das von dem Allweisen Schöpfer (Fatir-i Hakim) ausgeht und so dem Gesetz der Natur (evamir-i tekvini) gehorchen. Sie folgen ihm und wachsen mit einer solchen Präzision (taufiq), dass in ihrem Wachstum ein geradezu (erstaunliches) Bewusstsein, Einsicht und Absicht, Wille (irade), Wissen (ilm), Vollkommenheit (kemal) und Weisheit (hikmet) strahlend (wie die Sonne) sichtbar wird. Denn du siehst, wie auf einmal alle diese einander gleichenden sich voneinander trennen und voneinander unterscheiden.

So ist z.B. aus diesem kleinen Samenkörnchen inzwischen ein Feigenbaum geworden, der gerade damit begonnen hat, die Gnadengaben seines Allweisen Schöpfers über unseren Köpfen auszubreiten. Er teilt sie aus, streckt sie uns mit seinen Händen entgegen. Und siehe einmal diese beiden Samenkörner, die oberflächlich betrachtet genau gleich aussehen. Das eine von ihnen hat eine Pflanze hervorgebracht, die wir eine Sonnenblume nennen, das andere eine Hortensie, so wie wir sie überall antreffen. Sie haben sich für uns geschmückt. Sie lächeln uns an und möchten von uns geliebt werden. Und jene Sorte Kerne dort hat schöne Früchte hervorgebracht. Erst sprossten ihre Keime (aus der Erde), dann wurden sie zu Bäumen. Der köstliche Geschmack (ihrer Früchte), ihr Duft, ihre (schöne) Form lässt uns das Wasser im Mund zusammen laufen. Sie laden uns zu sich ein und opfern sich für ihre Gäste, um von ihrer vegetabilen Lebensstufe zur animalischen Lebensstufe aufzusteigen. Und so weiter... Finde noch weitere Beispiele!

Diese Saatkörner entwickelten sich in der Weise, dass eine einzige Handvoll von ihnen einem Garten voll von Bäumen und Blumen gleich wurden. Und in ihm fand sich kein Fehler und kein Irrtum. Dies zeigt das Geheimnis von

 

 

»Wende noch einmal deinen Blick! Erkennst du irgendeinen Fehler?« (Sure 67, 3)

Jedes Samenkorn bewahrt ohne jede Verwechslung und zeigt durch die Erscheinungsform des Namens »der Bewahrer (Hafidh)« und durch Seine Güte ohne irgendeinen Fehler das Erbgut, dass es von seinem Vater und durch seinen Ursprung empfangen hat.

So ist dies denn ein absolut sicherer Hinweis, dass der Bewahrer (Hafidh), der all diese zahllosen Werke verrichtet, damit die überwältigende Erscheinung Seiner Bewahrung und Erhaltung bei der Auferstehung und Wiederversammlung darstellen möchte.

Die Erscheinung dieser Bewahrung eines unbedeutenden, flüchtigen, nur vorübergehenden Zustands, die in der Tat in hohem Grade ohne Fehler und Mängel ist, ist ein sicheres Zeugnis dafür, dass die Werke und Taten, die Worte, die Tugenden und die Laster des Menschen, der ein Träger des Unterpfandes eines Großen Vertrauens und Kalif auf Erden ist, was seine Auswirkungen auf ewig hat und von großer Bedeutung ist, sorgfältig aufbewahrt und später einmal in Rechnung gestellt werden.

Ja glaubt denn der Mensch etwa, er bliebe ganz allein sich selbst überlassen? Keineswegs!... Der Mensch ist für die Ewigkeit bestimmt, für die ewige Glückseligkeit oder eine beständige Qual. Er wird für alle seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden, mögen sie nun klein oder groß sein, mögen es ihre viele oder wenige sein: er wird für sie entweder eine Belohnung oder seine Bestrafung erfahren. So sind denn die Zeugnisse für die großen Erscheinungsweisen der Erhaltung und Bewahrung (hafidhiyet) und für die Wahrheit dieser Ayah ohne Zahl und Berechnung. Zeugnisse, die wir (in der Abhandlung) zu dieser Fragestellung angeführt haben, sind also nur ein Tropfen aus dem Ozean und nur ein Atom von einem Berg.

 

 

»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen außer dem, das Du uns gelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32)

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