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Erster Brief - Lebensbereiche

 

 

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und es gibt kein Ding, das nicht lobend Ihn preist.« (Sure 17, 44)

 

Erster Brief

 

Eine kurze Antwort auf vier Fragen

Erste Frage: Lebt Hasret Chider, mit dem der Friede sei? Und wenn er lebt, warum stimmen dann einige bedeutende Gelehrte darin nicht überein, dass er lebt?

 

Antwort: Er lebt zwar, doch gibt es fünf Lebensbereiche. Er ist im zweiten Bereich. Aus diesem Grund haben einige Gelehrte daran gezweifelt, dass er lebt.

 

Erster Lebensbereich: Dies ist derjenige unseres Lebens, in dem man abhängig ist von vielerlei Umständen.

 

Zweiter Lebensbereich: Dies ist derjenige, in dem Hasret Chider und Iljas leben, mit denen der Friede sei, und in dem sie bis zu einem gewissen Grade frei sind, denn sie können an vielen Orten gleichzeitig anwesend sein. Sie sind nicht wie wir ständig von menschlichen Lebensumständen abhängig. Sie können manchmal essen und trinken wie wir, wenn sie das möchten, doch anders als wir, müssen sie das nicht. Erlebnisse der Heiligen in ihren geistigen Entdeckungen und Schauungen mit Chider, mit dem der Friede sei, und der Grad ihrer allgemeinen Bekanntheit, erleuchten und beweisen diesen Lebensbereich. Es gibt sogar eine Stufe (makam) der Heiligkeit, die als »Chiders makam« bezeichnet wird. Ein Heiliger, der diesen Makam erlangt hat, empfängt von Chider Unterricht und trifft sich deshalb mit Chider. Jedoch werden manche, die sich auf dieser Stufe befinden, fälschlicher Weise für Chider gehalten.

 

Dritter Lebensbereich: Dies ist der Bereich, in dem Hasret Idris und Isa leben, mit denen der Friede sei. Sie sind, frei von menschlichen Lebensbedingungen, in ein engelgleiches Leben eingegangen und haben einen Körper von der Feinheit des Lichtes erlangt. Sie befinden sich im Himmel mit einer Art irdischem Körper, in seiner Feinheit vergleichbar dem Körper in unseren Träumen und in seiner Leuchtkraft dem des Astralkörpers. In der Endzeit wird Hasret Isa, mit dem der Friede sei, wiederkommen, nach dem islamischen Gesetz leben, wie dies ein Hadith sagt, dessen Sinn der folgende ist:

In der Endzeit wird sich die christliche Religion reinigen, sich gegen den Materialismus und Naturalismus, der die Verleugnung Gottes und die atheistischen Strömungen hervorgebracht hat, zur Wehr setzen, sich so vom Aberglauben befreien und in den Islam umwandeln. Während also diese furchtbaren atheistischen Kräfte durch die christlichen Kräfte mit dem Schwert der göttlichen Offenbarung zerstört werden, wird auch Hasret Isa - Friede sei mit ihm - als das Haupt der geistigen Kräfte des Christentums, den Deddschal töten, der die gottlosen Kräfte verkörpert; das heißt, er wird die gottlose Gesinnung vernichten.

 

Vierter Lebensbereich: das Leben der Märtyrer. Es ist dies ein Lebensbereich, der nach Aussage des Qur´ans eine Stufe höher liegt als der der übrigen Toten in ihren Gräbern. Denn weil die Märtyrer ihr irdisches Leben der Wahrheit geopfert haben, beschenkt Gott der Gerechte sie in Seiner vollkommenen Freigebigkeit im Zwischenreich in der Tat mit einem Leben, das dem irdischen gleicht, jedoch ohne Kummer und Sorgen. Sie wissen noch nicht, dass sie gestorben sind... Sie wissen nur, dass sie in eine bessere Welt gelangt sind... Sie erfreuen sich vollkommener Glückseligkeit... Sie spüren in ihrem Totenreich nicht den Schmerz der Trennung. Zwar bleiben die Seelen (ruh) der Bewohner der Gräber drüben weiter bestehen, doch sie wissen, dass sie tot sind. Sie verkosten nicht die Freuden, die den Freuden und der Glückseligkeit, die den Märtyrern zuteil werden, gleich wären. Es ist, als ob zwei Menschen im Traum in ein schönes Schloss gingen, das dem Paradiese gleicht. Der eine von ihnen beiden weiß, dass er nur träumt. Die Freuden und Vergnügen, die er empfängt, sind recht mangelhaft. Er denkt: »Sobald ich aufwache, ist der ganze Spaß vorbei.« Der andere aber weiß nicht, dass er träumt. So erlebt er eine wahre Freude und eine wirkliche Glückseligkeit.

So unterscheidet sich denn auch das Leben, das die Toten im Bersah genießen, von dem der Märtyrer im Bersah. Auf Grund zahlloser Ereignisse und Überlieferungen steht mit Sicherheit fest, dass das Leben den Märtyrern in dieser Weise erscheint und sie selbst es lebendig erfahren. Ja durch viele Ereignisse ist dieser Lebensbereich beleuchtet und auf Grund wiederholter Erlebnisse durch Männer bewiesen worden, die bei Hasret-i Hamsa, mit dem Gott zufrieden sein möge, dem Haupt aller Märtyrer, Zuflucht gesucht haben, der sie beschützte und ihre weltlichen Angelegenheiten erledigte, oder den Auftrag dazu gab, sie zu erledigen. Ja, ich hatte sogar einmal einen Neffen mit Namen Ubeyd als Schüler. Nachdem er neben mir gefallen und an meiner Stelle gestorben war, stieg ich zu einer Zeit, in der ich bereits drei Monate (von diesem Platz) entfernt in Gefangenschaft geraten war, im Traum in sein Grab, obwohl ich gar nicht wusste, wo er begraben war, so als träte ich in Wirklichkeit in seine unterirdische Behausung ein. Dort erblickte ich ihn im Lebensbereich der Märtyrer. Er glaubte, ich sei gestorben. Er sagte, dass er viel um mich geweint habe. Er glaubte, dass er noch am Leben sei. Doch um sich vor der russischen Invasion zu verbergen, hatte er sich unter der Erde ein gutes Zuhause geschaffen. So haben mir also dieser ganz persönliche Traum und verschiedene Umstände und Hinweise auf die oben geschilderten Tatsachen eine Überzeugung im Grade einer eigenen Beobachtung vermittelt.

 

Fünfter Lebensbereich: Es ist das innere (ruh) Leben der Bewohner des Grabes. Der Tod ist in der Tat ein Ortswechsel, die Befreiung der Seele (ruh), eine Entlassung aus dem Dienst. Er ist nicht eine Hinrichtung, ein Verlöschen, ein Nichts. Zahllose Ereignisse, wie die Erscheinung der Geister (ruh) der Heiligen, die sich den geistigen Forschern gezeigt haben, und andere Bewohner des Grabes, die im Wachen oder im Träumen mit uns Verbindung aufgenommen und uns von Ereignissen berichtet, Nachrichten überbracht und uns so viele Beweise erbracht haben, bestätigen uns und werfen ein Licht auf diesen Lebensbereich. Tatsächlich beweist das »Neunundzwanzigste Wort« über die Fortdauer des Geistes (beka-i ruh) mit sicheren Zeugnissen (das Bestehen) dieses Lebensbereiches.

 

Zweite Frage: Im weisen Qur´an (Furkan) wird (mit den Worten:

 

 

»Er, der den Tod und das Leben schuf, um euch zu prüfen, wer von euch am besten handelt.« (Sure 67, 2)

und anderen Ayat verständlich gemacht, dass Leben und Tod gleichermaßen erschaffen wurden und gleichermaßen eine Gnade (ni´met) sind. Wohingegen der Tod doch ganz offensichtlich eine Auflösung, die Vernichtung, Verfall, Erlöschen der Lebensfunktionen, das Ende jeglicher Freude ist... wie also könnte er erschaffen und eine Gnade sein?

 

Antwort: Wie wir bereits am Ende der »Ersten Frage« gesagt haben, ist der Tod eine Dienstentlassung, das Ende der Arbeit, ein Ortsveränderung, ein Zustandswechsel, eine Einladung zu einem beständigen Leben, ein Anfang, eine Einführung in ein beständiges Leben. So wie das Leben durch Erschaffung und Planung in die Welt kommt, so geschieht auch der Weggang aus dieser Welt durch eine Erschaffung und Planung, in weiser und sinnvoller Leitung. Denn auf der untersten Ebene des Lebens ist der Tod eines Pflanzenlebens ein Zeichen für ein noch besser ausgeführtes Kunstwerk als das Leben. Denn obwohl der Tod von Früchten, Kernen und Körnern äußerlich als Zerfall, Auflösung, Fäulnis erscheint, ist er vielmehr gleich dem Kneten ein überaus wohlgeordneter chemischer Prozess, eine wohlausgewogene Vermischung von Bestandteilen und eine weisheitsvolle Zusammenstellung von Molekülen, die nach der unsichtbaren Weisheit des Todes im neu aufkeimenden Leben wieder erscheint. Das heißt also, dass der Tod eines Saatkorns der Beginn des Lebens ist für die neue, grünende Saat, ja sogar dem Leben selber gleich kommt, weil der Tod ebenso wie das Leben erschaffen worden und wohlgeordnet ist.

Was aber den Tod als eine Gnadengabe betrifft, so wollen wir hier auf vier Aspekte unter all den vielen Aspekten hinweisen.

 

Erstens: Er ist eine große Gnade, als eine Befreiung von den schweren Pflichten des Lebens, entbindet von der drückenden Verantwortung im Leben und ist ein Eingangstor zum Bersah, um neunundneunzig seiner hundert Freunde wieder zu treffen.

 

Zweitens: Er ist ein Weg heraus aus diesem engen, bedrückenden, unruhevollen irdischen Kerker mit all seinen Erschütterungen, um zur vollen Entfaltung eines Lebens, das beständig voll Freude ohne Leiden ist, zu gelangen und in eine Sphäre des Erbarmens des Ewigen Geliebten (Mahbub-u Baki) einzugehen.

 

Drittens: Neben dem Alter gibt es noch viele Faktoren, welche die Lebensbedingungen erschweren und den Tod weit mehr als das Leben als eine Gnade erscheinen lassen. Ein Beispiel: Wenn deine Eltern, dein Großvater und dessen Vorväter schon hochbetagt sind und dir viel Kummer und Mühe bereiten hier und heute vor deinen Augen in ihrem erbärmlichen Zustand lebten: du würdest verstehen, welch großen Schaden das Leben, welch große Gnaden der Tod geben kann! - Ein anderes Beispiel: Verständlich ist auch, wie schwierig das Leben der schönen, geflügelten Insekten, den Lieblingen der schönen Blumen, unter winterlichen Bedingungen wäre und welch eine Gnade doch ihr Tod ist!

 

Viertens: So wie auch der Schlaf eine Erholung, eine Barmherzigkeit, eine Ruhepause besonders für alle Opfer von Unfällen und Krankheiten ist, so ist auch des Schlafes großer Bruder, der Tod für alle Opfer von Unglücken und solche, die vom Schicksal verfolgt, den Tod herbeisehnen, in gleicher Weise ein Gnadengeschenk. Wenn demgegenüber für die Leute des Irrweges, wie wir bereits in verschiedenen »Worten« unwiderlegbar bewiesen haben, der Tod Qual über Qual und Strafe über Strafe ist, so steht das jetzt hier nicht zur Debatte.

 

Dritte Frage: Wo ist die Hölle?

 

 

»Sprich: Fürwahr, das Wissen ist bei Gott.« (Sure 67, 26) »Niemand kennt das Verborgene außer Gott.«

Der Platz für die Hölle wird nach einigen Überlieferungen als »unter der Erde« angegeben. Wie wir schon an anderer Stelle erörtert haben, umkreist der Erdball in seiner jährlichen Umrundung einen Bereich, der in der Zukunft die Arena für die Große Wiederversammlung und des Letzten Gerichtes sein wird. Was aber die Hölle betrifft, so heißt das: sie liegt unterhalb der Ebene, welche die Erde jährlich umkreist. Sie ist nicht sichtbar und nicht erfahrbar, weil sie aus einem Feuer besteht, das lichtlos und verschleiert ist. Innerhalb dieses riesigen Bereiches, den die Erde umrundet, gibt es sehr viele Geschöpfe, die wir nicht sehen können, weil sie lichtlos sind. So wie uns die Gestalt des Mondes entschwindet, wenn das Licht sich von ihm zurückzieht, so sind vor unseren Augen noch viele lichtlose Gestirne und andere Objekte, die wir nicht sehen.

Es gibt zwei Arten von Höllen. Die eine ist klein, die andere ist groß. In Zukunft wird sich die kleine in die große verwandeln und, gleichsam als ihr Kern, in Zukunft innerhalb ihrer eine Wohnstatt bilden. Die kleine Hölle ist unter der Erdoberfläche, das heißt in deren Mitte. Das Untere der Erde ist deren Mitte. Nun ist es aber in der Geologie bekannt, dass die Temperatur an den meisten Stellen unserer Erde jeweils alle dreiunddreißig Meter Tiefe um ein Grad zunimmt. Das also heißt, dass bei einem Radius von sechstausend Kilometern und etwas eine Temperatur von 200.000 Grad erreicht, das heißt zweihundertfach stärker als irdische Hitze, so wie es einem Hadith entspricht. Diese kleine Hölle versieht in dieser Welt und im Bersah viele Aufgaben der großen Hölle, worauf auch in den Ahadith hingewiesen wird. So wie in der jenseitigen Welt die Erde ihre Bewohner auf den Platz der Wiederversammlung innerhalb ihrer alljährlichen Umlaufbahn gießen wird, so wird sie auch diese kleine Hölle in ihrem Inneren auf Gottes Weisung der großen Hölle übergeben.

Wenn nun manche Imame der Mu´tesiliten sagten, dass die Hölle später erschaffen werden würde, so ist dies ein Fehler, ein Irrtum, weil die Hölle z.Zt. noch nicht in ihrer vollen Ausdehnung besteht und noch nicht den Zustand erreicht hat, der ihren (zukünftigen) Bewohnern entsprechen würde. Wenn wir nun mit unseren irdischen Augen die Wohnstätten der jenseitigen Welt in dem Schleier des Unsichtbaren sehen und zeigen wollen, müssen wir entweder diese Welt auf die Größe zweier Provinzen schrumpfen lassen, oder aber unsere Augen wachsen lassen, bis schließlich unsere Augen die Größe von Sternen erreicht haben, sodass wir die (jenseitigen Plätze schauen und sie unterscheiden können. Und das Wissen ist bei Gott. Wir können die Wohnstätten der jenseitigen Welt nicht mit unseren irdischen Augen erblicken. Doch wissen wir aus Hinweisen in einigen Erzählungen, dass die Hölle in der jenseitigen Welt mit unserer Welt verbunden ist. In einem Hadith wird von einem glühend heißen Sommertag gesagt: er gemahnt uns an den Gluthauch der Hölle. Das heißt, wir können diese große Hölle mit unseren winzig kleinen trüben irdischen Augen nicht wahrnehmen. Doch können wir sie im Lichte des Namens »der Allweise (Hakiem)« betrachten, und zwar wie folgt: Die große Hölle, die unter der jährlichen Umlaufbahn der Erde liegt, hat die kleine Hölle in der Mitte der Erde gleichsam zu ihrem Stellvertreter gemacht, um einige ihrer Aufgaben an sie zu übertragen. Das Reich des Allmächtigen in Seiner Majestät ist ungeheuer weit ausgestreckt. Wo auch immer es die göttliche Weisheit angegeben hat, dort breitet sich die große Hölle aus. Er ist der Allmächtige in Seiner Majestät, der vollkommene Allweise, der über den Befehl: »Sei! Und es ist.« verfügt, der vor unseren Augen in vollkommener Weisheit und Wohlordnung den Mond mit der Erde verbunden, in gewaltig großer Macht und Wohlausgewogenheit die Erde mit der Sonne verbunden und die Sonne mit all ihren Planeten mit einer Geschwindigkeit, die sich der Geschwindigkeit der Erde in ihrer jährlichen Umlaufbahn annähert in der Pracht Seiner Herrschaft, wie man annimmt, in Richtung zur Sonne der Sonnen in Bewegung gebracht und der die Sterne wie die elektrischen Lampen zu einer Flotte lichtausstrahlender Zeugen für das Reich Seiner Herrschaft gemacht hat und so das Königreich Seiner Herrschaft und die Größe Seiner Macht dadurch präsentiert. So ist es denn nicht weit entfernt von Seiner vollkommene Weisheit, von der Größe Seiner Macht und dem Königreich seiner Herrschaft, dass Er die große Hölle zu einem Reaktorblock für eine Fabrik (zur Herstellung) elektrischer Lampen macht und die Sterne im Himmel, die auf das Jenseits hin ausgerichtet sind, damit entflammt und ihnen Hitze und Kraft verleiht. Das heißt, dass er aus dem Paradies, das die Welt des Lichtes ist, den Sternen Licht gibt und von der Hölle Feuer und Hitze sendet. Gleichzeitig macht Er einen Teil dieser Hölle zur Wohnstatt und zum Gefängnis für die Leute der Qual. Des Weiteren ist Er ein allweiser Schöpfer, der einen Baum, riesengroß wie ein Berg, in einem Kern von der Größe eines Fingernagels verbirgt. So ist es auch mit Sicherheit von der Macht und Weisheit dieses majestätischen Herrn nicht weit entfernt, dass er in der kleinen Hölle, die im Herzen der Erdkugel liegt die große Hölle wie in einem Kern verbirgt.

 

Zusammenfassung: Paradies und Hölle sind die beiden Früchte an einem verzweigten Ast des Schöpfungsbaumes, der sich in die Ewigkeit hinüber erstreckt. Was aber nun die Stelle betrifft, an der eine Frucht entsteht, so ist sie an der Spitze eines Zweiges. Des Weiteren sind (beide Früchte) das Ergebnis der Kette des Lebens aus dem Universum und der Platz für die beiden Ergebnisse findet sich an den beiden Enden dieser Kette - die verdorbenen, schweren, an der Unterseite, die leuchtenden, erhabenen, an der Oberseite. Des Weiteren sind sie zwei Speicher, in welche sich der Strom der Geschehnisse und der immateriellen Erzeugnisse dieser Welt ergießt. Was den Ort dieser Speicher betrifft, so finden sich (seine Erzeugnisse) ihrer Qualität entsprechen: die Schlech-ten unten und die Guten oben. Sie sind außerdem zwei Becken der Ewigkeit in welche die Wellen vom Strom allen Seins münden. Was nun den Ort dieser Becken betrifft, so befindet er sich dort, wo die Strömung aufhört und (die Wasser) sich sammeln. So sind denn dort die schmutzigen, unreinen Wasser unten und die reinen, sauberen oben. Des Weiteren ist dies ein Erscheinungsort der Güte und des Zorns, von (Gottes) Allbarmherzigkeit und Seiner Allgewalt. Was den Ort Seiner Erscheinung betrifft, so kann dieser sich überall befinden. Der Barmherzige in all Seiner Schönheit (Cemal) und der Zornige in all Seiner Majestät kann Seinen Erscheinungsort überall begründen.

Was aber die Existenz von Himmel und Hölle betrifft, so wurden sie bereits im »Zehnten«, »Achtundzwanzigsten« und »Neunundzwanzigsten Wort« mit unwiderlegbaren Zeugnissen bewiesen. Hier wollen wir daher nur folgendes sagen: Die Existenz einer Frucht ist so sicher und gewiss wie der Ast, des Ergebnisses, wie die der Kette, des Speichers wie die des Erzeugnisses, die des Beckens wie die des Stromes und die des Erscheinungsortes wie die Seiner Barmherzigkeit und Seines Zornes.

 

Vierte Frage: Wenn sich eine rein platonische Liebe in eine echte Liebe verwandeln kann, kann sich dann etwa eine rein platonische Liebe zur Welt, wie sie sich bei den meisten Menschen findet, auch in eine echte Liebe verwandeln?

 

Antwort: Ja, wenn ein Liebender, der sich in einer platonischen Liebe dem vergänglichen Gesicht dieser Welt zugewandt hat, wenn er erkannt, wie abstoßend dieses Gesicht ist, der Verfall und die Vergänglichkeit in ihm, und sich von ihm abwendet. Wenn er nach einem ewigen Geliebten (mahbub) sucht und es ihm gelingt, die beiden anderen so schönen Gesichter dieser Welt zu erkennen, welche ein Spiegel der Namen Gottes und ein Saatfeld für das Jenseits sind, so wird seine unerlaubte (weil nicht auf Gott gerichtete) platonische Liebe beginnen, sich in eine wahre Liebe umzuwandeln, jedoch unter der Bedingung, dass er seine eigene, vergängliche, unbeständige, an sein irdisches Leben gebundene Welt nicht mit der Außenwelt verwechselt. Wenn er aber wie die Leute des Irrtums und der Gottvergessenheit sich selbst vergisst, sich in der Außenwelt verliert und nun annimmt, die allgemeine Welt sei seine eigene, ganz private Welt und sich in sie verliert, so wird er in den Sumpf der Naturgläubigkeit fallen und in ihm ersticken, falls ihn nicht die Hand der Gnade wunderbarer Weise errettet. Diese Wahrheit näher zu beleuchten, betrachte das folgende Gleichnis.

 

Beispiel: Fänden sich an den vier Wänden dieses bestens eingerichteten Zimmers vier mannshohe Spiegel, deren jeder einem von uns gehörte, so hätten wir fünf Zimmer. Eines davon wäre das wirkliche, das allgemeine, die anderen vier aber virtuell und ganz persönlich... Jeder von uns könnte durch seinen eigenen Spiegel die Gestalt seines persönlichen Zimmers, seine Form, Gestalt und Farbe verändern. Streichst du sie rot, dann wird sie rot, streichst du sie grün, so sieht sie grün aus usw. In dieser Weise können wir ihm mit Hilfe des Spiegels stets wieder ein anderes Aussehen geben. Wir könnten es schön oder hässlich aussehen lassen, oder ihm eine andere Gestalt verleihen. Doch das äußere, allen gemeinsame Zimmer ließe sich nicht so leicht verändern und verwandeln. Während in Wirklichkeit das allgemeine Zimmer und die Privaträume ein und dasselbe sind, sind sie doch in der Praxis voneinander verschieden. Du kannst dein eigenes Zimmer mit einem Fingerdruck zerstören, doch in den anderen noch nicht einmal einen Stein bewegen.

So ist denn diese Welt eine schön eingerichtete Wohnstatt. Das Leben eines jeden von uns gleicht einem solchen mannshohen Spiegel. Von dieser Welt hat jeder von uns eine Welt, einen Kosmos. Doch ihr Pfosten, ihr Zentrum, ihre Pforte ist unser Leben. Und sicherlich ist unsere eigene Welt, unser Kosmos wie eine Seite. Unser Leben und unser Leben ist der Stift, mit dem viele Dinge niedergeschrieben werden, die auf die Seite unseres Lebens hinüber wechseln. Wenn wir diese Welt geliebt haben, so sehen wir später: Da unsere Welt über unserem Leben aufgebaut ist, spüren und erfahren wir, dass sie flüchtig, vergänglich und unstet ist gleich unserem Leben. Unsere Liebe zu ihr wendet sich den Ornamenten der Gottesnamen zu, denen unsere Welt als Spiegel dient und die sie uns vorstellt. Wenn wir darüber hinaus verstehen, dass unsere persönliche Welt nur ein vorübergehendes Pflanzbeet für das Jenseits und das Paradies ist und wir unsere Empfindungen für sie, wie brennendes Verlangen, Sehnsucht und Liebe, dem jenseitigen Nutzen zuwenden, ihrem Ergebnis, Frucht und Spross, dann verwandelt sich diese platonische Liebe in eine echte Liebe. Im anderen Fall wird jemand in Bestätigung der Ayah:

 

 

»Sie vergaßen Gott und Er ließ sie sich selbst vergessen. Sie sind die Frevler.« (Sure 59,19)

sich selbst vergessen, nicht mehr an die flüchtige Natur des Lebens denken, seine eigene, unstete Welt für beständig halten wie die allgemeine Welt und sich selbst für unsterblich halten, er wird sich in dieser Welt festkrallen und sie mit heftigen Gefühlen umarmen, er wird in ihr ersticken und untergehen. Diese Art von Liebe wird für ihn ein grenzenloses Unglück, wird ihm zur Qual. Denn aus dieser Liebe (muhabbet) wird eine Liebe (shefqat) wie zu Waisenkindern, ein geradezu verzweifeltes Mitleiden geboren. Er wird alles bedauern, was da lebt, ja sogar Mitleid und den Schmerz der Trennung gegenüber allen Geschöpfen, die so schön und doch dem Verfall ausgeliefert sind. Er hat nichts in Händen, was er tun könnte. So leidet er nur in völliger Verzweiflung. Doch ersterer, der sich aus seiner Gottvergessenheit gerettet hatte, findet ein erhabenes Gegenmittel für diesen Schmerz seiner Liebe (shefqat). Denn der Tod und der Verfall aller Lebewesen sieht er die Spiegel ihrer Seelen (ruh), welche uns die ständigen Erscheinungen der ewigen Namen des ewigen Herrn, vorstellen und verwandelt seine Liebe in Frohsinn. Er sieht auch hinter all den schönen Geschöpfen, die dem Tod und dem Verfall ausgeliefert sind, ein Ornament, eine Feinheit, eine Kunstfertigkeit, eine Verzierung, eine Güte und ein immerwährendes Licht, welches eine reine Schönheit und heilige Güte erahnen lässt. Er sieht Tod und Verfall unter der Gestalt einer Erneuerung, um die Schönheit zu steigern, die Freude zu erneuern und die Kunstwerke auszustellen und steigert, seine Freude, seine Begeisterung und seine Bewunderung.

 

 

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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