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Vierundzwanzigstes Wort - Fünf Äste des Lichtbaumes

 

(Dieses Wort besteht aus »fünf Ästen«. Beachte den vierten Ast, fasse den fünften Ast, klettere hinauf, pflücke die Früchte dort und nimm sie dir!)

 

 

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Gott ist einer allein. Es gibt keinen Gott außer Ihm. Ihm stehen all die schönen Namen zu.« (Sure 20, 8)

Hier wollen wir auf fünf Äste des Lichtbaumes dieser großartigen Ayah hinweisen, aus dem sie eine Wahrheit unter vielen anderen Wahrheiten bilden.

 

Vierundzwanzigstes Wort - Erster Ast Ein König trägt in den Ämtern seiner Regierung verschiedene Titel, unterschiedliche Bezeichnungen und Eigenschaften bei den Schichten seiner Untertanen und besondere Namen und Orden in den Stufen seiner Königsherrschaft. Zum Beispiel: Bei dem Amt für Justiz heißt er der gerechte Richter, am Katasteramt der König, bei dem Militär der Marschall, im Ministerium für geistliche Angelegenheiten der Kalif und so weiter… Wenn du nun auch noch mehr von seinen Namen und Titeln kennst, dann verstehst du, dass ein einziger König in den Ämtern seines Königreiches und auf der Stufenleiter seiner Regierung tausend Namen und Titel besitzen kann. Dieser König ist in jedem Amt dank der Ausstrahlung seiner Persönlichkeit, kraft seiner Anordnungen und durch seine Nachrichtenverbindungen anwesend und gewissermaßen gegenwärtig. Er befindet sich dort und erfährt (alles). Und auf jeder Sprosse (seiner Beamtenleiter) wird er durch sein Gesetz, durch seine Anordnungen, in seinem Stellvertreter gleichsam sichtlich zum Zeugen. Auf diese Weise sieht er alles und wird selbst sichtbar. Auf jeder Stufe sieht er durch seine Verwalter, durch seine Erlasse, durch seine Macht, durch sein Wissen, Kenntnisse, Kunde. Er lenkt und leitet und beobachtet.

Ebenso hat der König aller Ewigkeiten, welcher der Herr aller Welten ist, in den Ämtern Seiner Herrschaft unterschiedliche aber zueinander in Beziehung stehende Eigenschaften und Titel. In den Bereichen, in denen Seine Gottheit erkennbar ist, hat Er verschiedene aber ineinander erscheinende Namen und Orden, bei der Durchführung (der Anordnungen) Seiner Majestät verschiedene aber einander ähnelnde Erscheinungen, in Anwendung und Gebrauch Seiner Macht unterschiedliche aber aufeinander hinweisende Titel. Wenn Seine Eigenschaften aufstrahlen, tritt seine Heiligkeit auf verschiedene, jedoch gemeinsam auf sie hin deutende Weise hervor. In den Spuren Seiner Taten erkennt man Seine weisheitsvolle Lenkung und Leitung auf verschiedene, einander ergänzende Weise. In Seinen vielfarbigen, vielfältigen Kunstwerken erscheint Seine majestätische Herrschaft auf ganz unterschiedliche, doch zu einander geordnete Weise. Darüber hinaus treten die verschiedenen Schattierungen eines Seiner schönen Namen (Esma-i Husna) in jeder Art und Gattung und in allen Universen des Kosmos in Erscheinung. Dieser Name ist in diesem Bereich vorherrschend. Seine übrigen Namen stehen dem untergeordnet, finden sich vielmehr in dessen Schatten.

Außerdem tritt Er bei allen Arten Seiner Geschöpfe unter dem Blickwinkel eines bestimmten Namens und einem bestimmten Aspekt Seiner Herrschaft, in einer beschränkten oder reichlichen Anzahl, in kleinem oder großen Umfang, im individuellen oder allgemeinen Rahmen in Erscheinung. Das heißt: obwohl dieser Name alles umfasst und allgemein gültig ist, erkennt man, dass er sich einem Ding mit einer solchen Absicht und Wichtigkeit zuwendet, als wäre dieser Name nur diesem einen Ding bestimmt. Darüber hinaus verbirgt sich der majestätische Schöpfer, obwohl Er allen Dingen nah ist, hinter siebzigtausend Lichtschleiern. Zum Beispiel: Mit Seinem Namen »der Schöpfer«, der dir gegenüber in Erscheinung tritt, kannst du vergleichen, wie viele Schleier vorhanden sind, angefangen von der kleinen Stufe deiner Erschaffung bis zu der großen Stufe und dem gewaltigen Titel als Schöpfer des ganzen Kosmos.

Das heißt, du kannst erst dann durch das Tor deiner Erschaffung zu den unendlichen Grenzen des Namens »der Schöpfer« schreiten und dich dem Bereich dieser Eigenschaft nähern, wenn du den ganzen Kosmos hinter dir lassen kannst. Da sich aber in den einzelnen Schleiern Öffnungen befinden, die hintereinander liegen und die Namen ineinander erscheinen und die Eigenschaften in Beziehung zueinander stehen und deren Schattierungen ineinander verwoben sind und die einzelnen Abstufungen miteinander assoziiert sind und einander wach rufen und die Manifestationen einander gleichen und die Ausführungen einander helfen und ergänzen und die verschiedensten Arten der Aufzucht und Ausbildung in Seiner Herrschaft sich einander helfen und unterstützen, ist es doch notwendig, während man Gott den Gerechten mit einem Seiner Namen oder Seiner Titel und Würden oder Seiner Herrschaftsbereiche kennt, dass man Seine übrigen Titel, Herrschaftsbereiche oder Eigenschaften dabei nicht leugnet. Vielmehr kommt der zu Schaden, welcher von der Erscheinung eines Namens nicht zu den anderen Namen hinüber gelangen kann. Zum Beispiel: Sieht man die Werke der Namen »der Allmächtige und der Schöpfer« und kennt aber den Namen »der Allwissende« nicht, kann man in den Irrtum der Gottvergessenheit und des Naturalismus verfallen. Vielmehr ist es notwendig, dass sein Blick ständig vor sich lesen und sehen kann:

 

 

»Er, Er ist der eine Gott.«

Sein Ohr soll bei allen Dingen hören können:

 

 

»Sprich: Er ist der eine einzige Gott!«

Seine Zunge soll sagen und bekannt geben können:

 

 

»Die ganze Welt rezitiert gemeinsam, dass es keinen Gott gibt außer Ihm.«

 

 

»Gott ist einer allein. Es gibt keinen Gott außer Ihm. Ihm stehen all die schönen Namen zu.« (Sure 20, 8)

Mit diesem Erlass weist der offenkundige Qur´an auf die aufgezählten Wahrheiten hin.

Willst du diese hohe Wahrheit aus der Nähe betrachten, geh und frag das stürmische Meer, die bebende Erde danach. Frag sie: »Was sagt ihr dazu?« Du wirst doch hören, dass sie rufen: »Oh Majestät, oh Euer Majestät, oh Würdevoller, oh Zwingender!« Dann frage alle kleinen Tiere, frage die Jungtiere, welche im Meer oder auf dem Land barmherzig und liebevoll versorgt werden: »Was sagt ihr dazu?« Auch sie werden doch sagen: »Oh Gütiger, oh Vollkommener, oh Erbarmer, oh Barmherziger!« * Höre die Stimme der Atmosphäre, wie sie ruft: »Oh Du majestätischer Herr aller Schönheit!« Und leihe dein Ohr der Erde, wie sie ruft: »Oh Herr der Herrlichkeiten!« Und achte auf die Tiere, wie sie rufen: »Oh Erbarmer, oh Versorger!« Frage den Frühling. Siehe, wie du von ihm viele Namen hören wirst wie »Oh Gütiger, oh Erbarmer, oh Barmherziger, oh Freigiebiger, oh Gastfreundlicher, oh Mitleidiger, oh Du, der Du alle Dinge schmückst und gestaltest, der Du alles und jeden erleuchtest und ihm spendest!« Und frage einen Menschen, der wirklich ein Mensch ist. Siehe, wie er alle schönen Namen Gottes vorträgt und sie ihm ins Gesicht geschrieben stehen. Und wenn auch du darauf achtest, kannst du sie lesen. Der ganze Kosmos gleicht einer gewaltigen Musikkapelle, die Gottes gedenkt. Der winzigste Klang mischt sich mit den stärksten Klängen und bringt eine gewaltige Harmonie hervor. Und so kannst du noch weitere Vergleiche ziehen. Doch insoweit der Mensch auch alle Namen Gottes offenbart, verursachen die verschiedene Namen Gottes, welche die unterschiedlichen Arten im Kosmos und die unterschiedlichen Dienste und Anbetungen der Engel zur Folge haben, gewissermaßen auch die Verschiedenheit der Menschen. Die unterschiedlichen Gesetze der Propheten, die unterschiedlichen Wege der Gottesfreunde (Heiligen) und die unterschiedlichen Methoden der Reinen (Theologen) entstehen aus diesem Geheimnis. Zum Beispiel: In Jesus, mit dem Friede und Segen sei, dominierte der Name »der Allmächtige« über alle die anderen Namen. Bei den Leuten, die in der Liebe Gottes leben, herrscht der Name »der Freund« und bei den Leuten, die im Nachsinnen über Gott leben, der Name »der Allweise« vor.

Wäre ein Mann sowohl ein Lehrer, als auch ein Offizier und auch ein Justizbeamter und auch ein Inspektor beim Katasteramt, würde er eine Beziehung zu jedem seiner Ämter, einen Auftrag, einen Dienst, ein Gehalt, eine Verpflichtung, eine Kariere und einen Feind und Konkurrenten haben, der eine Ursache für seine Erfolglosigkeit sein könnte. Dem König gegenüber tritt er mit seinen verschiedenen Titeln auf und kennt auch den König diesen Titeln entsprechend. Er bittet ihn mit verschiedenen Ansprachen um Hilfe. Er wendet sich an seinen Chef unter vielen verschiedenen Namen. Und um sich vor den Bosheiten seiner Feinde zu retten, bittet er in verschiedener Weise um seine Hilfeleistung.

Genauso wiederholt ein Mensch, in dem sich verschiedene Namen (Gottes) offenbaren, der mit verschiedenen Aufgaben betraut ist, von verschiedenen Feinden bedroht ist, verschiedene Namen, wenn er zu Gott betet und bei Ihm Zuflucht sucht. Ebenso bringt auch Mohammed, der Araber, mit dem Friede und Segen sei, auf den das Menschengeschlecht stolz ist, der wahrhaftig und mit Recht ein vollkommener Mensch ist, sein Bittgebet namens Djaushenu l-Kebir (das mächtige Panzerhemd) mit tausendundeinem Namen dar und sucht bei Ihm vor dem Feuer Zuflucht. In der 114. Sure, 1-4

 

 

»Sprich: Ich nehme meine Zuflucht zum Herrn der Menschen, dem König der Menschen, dem Gott der Menschen, vor dem Übel des Einflüsterers, dem Heimtückischen.«

befiehlt Gott der Gerechte uns in diesem Geheimnis, bei Ihm unter diesen drei Titeln Zuflucht zu suchen und durch

 

 

»Im Namen Gottes des Erbarmers des Barmherzigen.«

weist Er uns darauf hin, Ihn mit drei Namen um Hilfe zu bitten.

 

 

Vierundzwanzigstes Wort - Zweiter Ast Hier werden zwei Geheimnisse erklärt, welche die Schlüssel vieler weiterer Geheimnisse enthalten.

 

Erstes Geheimnis: »Weshalb sind die Gottesfreunde in ihren geistigen Beobachtungen und Entdeckungen so widersprüchlich, obwohl sie sich doch in den Prinzipien des Glaubens einig sind? Wie kommt es, dass ihre geistigen Entdeckungen, die sie visionär erleben, manchmal nicht den Tatsachen entsprechen, der Wahrheit widersprechen? Und weiter: warum sehen und zeigen Denker und Theoretiker jeder seiner eigenen Meinung entsprechend, die er auf Grund unwiderlegbarer Beweise für wahr hält, die Wahrheit in einander widersprechender Weise? Wie kann die eine Wahrheit in verschiedenen Farben erscheinen?«

 

Zweites Geheimnis: »Warum haben die vorausgegangenen Propheten einige Pfeiler des Glaubens wie die leibliche Wiederauferstehung nach dem Tode nur kurz erwähnt und nicht wie der Qur´an detaillierte Angaben gemacht? Später ist ein Teil ihrer Gemeinden so weit gegangen, diese kurz zusammengefassten Pfeiler des Glaubens zu leugnen. Warum ist ein Teil der Gottesfreunde (Heiligen), die wahrhaftige Gotteskenner waren, nur in der Einheit Gottes fortgeschritten? Sie sind darin sogar bis zum Grade der selbst erlebten Gewissheit gelangt. Trotzdem sieht man aber einen Teil der Glaubenspfeiler in ihrer Art sehr wenig und nur kurz erwähnt. Deswegen haben ihre Gefolgschaften später sogar diesen Glaubenspfeilern nicht mehr die notwendige Bedeutung beigemessen. Einige von ihnen sind sogar irregegangen. In der Tat gelangt man aber durch die Entwicklung aller Glaubenspfeiler zur wahrhaftigen Vollendung. Warum sind die Kenner der Wahrheit in manchem weit fortgeschritten und in manchem weit zurückgeblieben? Es machen doch der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, bei dem alle Namen Gottes in stärkstem Umfang in Erscheinung treten und der der Bannerträger aller Propheten ist, und der weise Qur´an, der der strahlende Fürst unter allen heiligen Büchern ist, über alle Glaubenspfeiler in aller Klarheit mit besonders nachdrücklicher Betonung und in einem dementsprechend absichtsvollen Stil detaillierte Angaben.«

Es ist denn in der Tat die wahrhaftige, vollendete Vollkommenheit genau eben diese. Die Weisheit dieser Geheimnisse ist folgende:

In einem Menschen offenbaren sich zwar alle Namen Gottes und er ist auch zu aller Vollkommenheit fähig. Jedoch seine Kraft ist aber nur ein Bruchteil, seine Entscheidungsfreiheit nur ein Bruchteil, seine Begabungen sind unterschiedlich, seine Wünsche weichen voneinander ab. In diesem Zustand sucht er zwischen Tausenden Schleiern und Übergängen nach der Wahrheit. Aus diesem Grunde tauchen bei der Entdeckung der Wirklichkeit und bei der Schau der Wahrheit Übergänge auf. Manche können diese Übergänge nicht passieren. Die Begabungen sind sehr unterschiedlich. Die Begabung mancher mag für die Entdeckung mancher Glaubenspfeiler nicht dienlich sein. Darüber hinaus sind die Farben der Erscheinungen der Namen entsprechend dem, der sie empfängt, verschiedenartig. Sie zeigen sich verschiedenartig. Manchmal kann ein Empfänger die vollständige Erscheinung eines Namens nicht ganz erfassen. Außerdem nehmen die Erscheinungen der Namen unterschiedliche Formen an, je nachdem, ob sie allumfassend oder persönlich und schattenhaft oder ursprünglich erscheinen. Die Begabung mancher kann nicht über eine bruchstückhafte Erscheinung hinaus schauen und nicht aus ihrem Schatten heraustreten. Je nach der Begabung herrscht manchmal nur ein bestimmter Name, der allein seine eigene Wirkung ausübt. Hier wollen wir auf dieses tiefe Geheimnis, diese umfangreiche Weisheit mit einem umfangreichen Gleichnis einige Hinweise geben, in dem bis zu einem gewissen Grade die Wahrheit bereits erkennbar wird.

Nehmen wir zum Beispiel einmal an, da wäre eine prachtvolle Blume, die wir Iris nennen wollen, einen kristallklaren Tautropfen, in dem sich die Sonne spiegelt, einen Tropfen lebendigen Wassers, der in den Mond verliebt ist, der sich in ihm spiegelt. Jeder von ihnen hat ein eigenes Bewusstsein und kann sich vervollkommnen, wonach auch jeder ein brennendes Verlangen hat. Mit diesen drei Dingen wird auf viele Wahrheiten hingewiesen, wobei sie auch auf die Vervollkommnung der Seele, des Verstandes und des Herzens hinweisen. Und es ist auch ein Beispiel für drei Schichten der Leute der Wahrheit. *

 

Erstens: Es ist ein Hinweis auf die Denker, die Geistlichen und die Gottesgesandten.

 

Zweitens: Es ist ein Beispiel für die Leute, die hin zur Wahrheit voranschreiten, indem sie sich mit ihren materiellen Möglichkeiten um Vollkommenheit bemühen;

und für die Leute, die hin zur Wahrheit voranschreiten, indem sie sich darum bemühen, ihre Seele zu läutern und ihren Geist dienstbar zu machen;

und für die Leute, die durch Läuterung ihres Herzens, durch Glauben und durch Ergebenheit hin zur Wahrheit voranschreiten.

 

Drittens: Es ist ein Beispiel, das auf den Sinn der Unterschiede der drei Gruppen mit unterschiedlichen Begabungen hinweist. Zum einen für diejenigen, die ihren Egoismus nicht aufgeben, die in ihren Werken aufgehen und allein durch ihre eigenen Schlussfolgerungen hin zur Wahrheit voranschreiten;

und für diejenigen, die sich mit Wissen und Weisheit, mit Verstand und Erkenntnis auf die Suche nach der Wahrheit machen;

und für diejenigen, die mit dem Glauben und dem Qur´an, in Armut, mit ihrem Dienst und in der Anbetung rasch zur Wahrheit hin voranschreiten.

Nun wollen wir das Geheimnis und die umfangreiche Weisheit, die in dem Voranschreiten dieser drei Schichten liegt, bis zu einem gewissen Grade in einem Spiel unter den Bezeichnungen »die Iris«, »der Wassertropfen«, »der Tautropfen« darstellen. Zum Beispiel: Die Sonne hat mit der Erlaubnis und mit dem Befehl ihres Schöpfers drei Arten von Erscheinungen, Widerspiegelungen und Ausstrahlungen. Es sind verschiedenartige Widerspiegelungen, nämlich erstens in den Blumen, zweitens im Mond und in den Planeten und drittens in glänzenden Dingen wie Glas oder Wasser.

 

Die erste ist auf drei Arten:

Eine ist ihre ganzheitliche und umfassende Erscheinung und Widerspiegelung, eine Ausstrahlung, die sich über alle Blumen gleichzeitig ergießt.

Eine andere ist ihre spezielle Erscheinung, die sich in jeder Art gesondert widerspiegelt.

Die dritte ist ihre gewissermaßen individuelle Erscheinung, die auf die besondere Eigenart jeder einzelnen Blume ausstrahlt. Wir wollen nun unser Spiel mit der Aussage beginnen, dass die bunten Farben der Blumen aus der Umwandlung der sieben Farben in den Widerspiegelungen des Sonnenlichtes entstehen. Dieser Aussage entsprechend sind auch die Blumen eine Art Spiegel der Sonne.

 

Zweitens: Es ist das Licht und die Kraft, die die Sonne mit der Erlaubnis des allweisen Schöpfers dem Mond und den Planeten spendet. Diese ganzheitliche und umfassende Kraft und dieses Licht von der Sonne, das bei uns als Widerspiegelung jenes Lichtes gilt, gebraucht der Mond als ein Ganzes. Dann gibt er es in einer besonderen Form den Meeren, der Luft, glänzenden Erdschichten, in winzig kleinen Portionen den Wassertropfen der Meere, den glänzenden Steinen und Kristallen der Erde und den Atomen der Luft zu Nutz und Segen weiter.

 

Drittens: Die Sonne macht mit dem Befehl Gottes die Atmosphäre und die Oberfläche der Meere zu Spiegeln und hat in ihnen eine klare, ganzheitliche und direkte Widerspiegelung. Dann schenkt die Sonne den Wasserbläschen des Meeres, den Tropfen des Wassers, den Regentropfen in der Luft und den Schneeflocken je eines ihrer winzigen Spiegelbilder.

Also wendet sich die Sonne jeder Blume und dem Mond, jedem Wassertropfen und jedem Tautropfen in den oben erwähnten drei Hinsichten auf zwei Arten zu und spendet ihnen Kraft.

 

Die erste Art geschieht ursprünglich, unmittelbar, ohne einen Vermittler oder einen Schleier. Diese Weise stellt das Beispiel des Prophetentums dar.

 

Bei der zweiten Art gibt es Mittler. Die Eigenart derer, die als Spiegel oder Linse dienen, fügen den Erscheinungen der Sonne ihre jeweilige Färbung bei. Diese Art stellt den Weg der Gottesfreunde (Heiligen) dar.

Nach der ersten Art kann jeder von ihnen, »die Iris«, »der Wassertropfen«, »der Tautropfen« sagen: »Ich bin ein Spiegel der Sonne, die über der ganzen Welt scheint!« Nach der zweiten Art können sie aber nicht so sagen. Vielmehr sagen sie dann: »Ich bin der Spiegel meiner Sonne!«, oder »Ich bin der Spiegel der Sonne, die über meiner Art scheint!« Denn sie kennen die Sonne nur auf ihre Art und können die Sonne nicht kennen, wie sie über der ganzen Erde scheint. Dagegen erscheint ihnen ihre Sonne, die Sonne ihrer Art oder Gattung nur durch Vermittler und nur mit Einschränkungen. Sie vermögen die Werke der uneingeschränkten, ohne einen Mittler scheinenden und alle umfassenden Sonne nicht ihrer eigenen, beschränkten Sonne zuzuschreiben. Denn die ganze Erde zu erwärmen, zu erleuchten, das Leben der Tiere und aller Pflanzen zu erwecken, die Planeten um sich kreisen zu lassen und dergleichen großartige Werke können sie nicht aus der Überzeugung ihres Herzens der Sonne zuschreiben, die sie unter jenen eingeschränkten Bedingungen und durch die Begrenzung eines Mittlers sehen.

Wenn diese drei Dinge, die wir als Bewusstseinsträger angenommen haben, diese einzigartigen Werke ihrer eigenen Sonne, die sie unter jener Einschränkung betrachten, zuschreiben wollen, können sie sie ihr erst dann zuschreiben, wenn sie rein logisch denkend zu dem festen Glauben gelangt sind, dass diese vermeintlichen Beschränkungen der Vollkommenheit gleich kommen. Aber diese Schlussfolgerungen von »der Iris«, »dem Wassertropfen« und »dem Tautropfen«, die wir Menschen uns als vernünftig vorstellen, das heißt, dass sie diese überaus riesigen Werke ihrer Sonne zuschreiben, beruhen auf Vernunft, nicht auf eigener Erfahrung. Manchmal geraten ihre Schlussfolgerungen durch den Glauben mit ihren Beobachtungen der Gegebenheiten in Widerspruch. Dann können sie nur schwer glauben.

So müssen wir denn nun, da für die Wahrheit nur wenig Raum geboten ist und wo von der Wahrheit nur mehr in manchen Ecken Teile sichtbar und vielmehr mit der Wahrheit vermischt sind, alle drei in unser Spiel mit einbeziehen. Wir stellen sie alle drei als »die Iris«, »den Wassertropfen« und »den Tautropfen« vor. Da das Bewusstsein, das ihnen zugesprochen wurde, nicht ausreicht, müssen wir ihnen auch noch den Verstand zur Hilfe geben. Das heißt, sie müssen verstehen, dass sie von ihrer materiellen Sonne genauso viel Segen empfangen, wie wir von unserer geistigen Sonne.

Oh mein Freund mit deiner der Finsternis verfallenen Seele, der du die Welt nicht vergisst und dich statt dessen mit materiellen Dingen beschäftigst! Du sollst »die Iris« sein. Diese »Iris« bekommt eine Farbe, die durch das Sonnenlicht ausgelöst wird. Sie löst das Spiegelbild der Sonne in dieser einen Farbe auf und bekleidet und schmückt sich damit. Denn auch deine Begabung gleicht der ihren.

Des Weiteren soll der Philosoph mit westlicher Bildung, der sich wie »der Alte Said« in den Ursachen verloren hat, »der Wassertropfen« sein, der in den Mond verliebt ist. Ihm gibt der Mond den Reflex des Lichtes, das er von der Sonne empfängt, schenkt seiner Pupille ein Licht. Er glänzt auch in diesem Licht. In diesem Licht sieht der »Wassertropfen« aber nur den Mond. Er kann nicht die Sonne sehen. Er kann sie nur in seinem Glauben betrachten.

Des Weiteren soll dieser arme Mann, der alles unmittelbar von Gott dem Gerechten weiß und die Ursachen als einen Schleier versteht, »der Tautropfen« sein. Er ist als ein »Tautropfen« arm in sich selbst. Er hat überhaupt nichts, worauf er sich stützen kann und womit er wie »die Iris« auf sich selbst vertrauen könnte. Er hat keine Farbe, mit der er sich zeigen könnte. Er kennt auch keine anderen Dinge, zu denen er sich wenden könnte. Er hat eine lautere Reinheit, sodass er das Spiegelbild der Sonne unmittelbar in seiner Pupille bewahrt.

Da wir nun einmal die Rolle dieser drei angenommen haben, müssen wir nun uns selbst betrachten. Was haben wir? Was sollen wir machen?

So sehen wir denn hier, dass uns ein freigiebiger Herr mit seiner Güte überaus gut ausstattet, belehrt und erzieht. Was aber den Menschen betrifft, so verehrt er den, der ihm gegenüber gütig ist. Er will sich dem, dem die Verehrung gebührt, nähern und ihn sehen. Unseren Begabungen entsprechend wird sich jeder von uns durch die Anziehungskraft dieser Liebe auf den Weg machen.

Oh du, welcher du der »Iris« gleichst! Du gehst, aber geh in der Gestalt einer Blume! In dieser Gestalt bist du gegangen. Durch ständiges Voranschreiten bist du zu einer Stufe gelangt, die allen gemeinsam ist. So als geltest du (als Beispiel) für alle Blumen. Eine »Iris« ist aber ein trüber Spiegel. Bei ihr werden die sieben Farben des Lichtes gebrochen und (alle bis auf das Blau der Iris) aufgesogen. Sie verbirgt das Spiegelbild der Sonne. Dir wird es nicht gelingen, das Antlitz der Sonne zu betrachten, die du liebst. Denn die vorgegebenen Farben und Besonderheiten lösen sie auf, ziehen einen Schleier davor, können sie nicht zeigen. Du kannst dich in diesem Zustand von der Trennung nicht befreien, die durch das Dazwischentreten der Formen und der Mittler entsteht. Nur unter dieser einen Bedingung kannst du dich befreien: dass du deinen Kopf, der in die Liebe zu dir selbst eingetaucht ist, aufhebst und deinen Blick, der sich mit den Schönheiten deiner selbst vergnügt und sich ihrer rühmt, abziehst und dem Auge der Sonne im Antlitz des Himmels zuwendest. Zudem sollst du dein Gesicht, das um des Lebensunterhalts willen erdwärts schaut, zur Sonne dort droben hin wenden. Denn du bist ja ihr Spiegel. Deine Aufgabe besteht gerade darin, ein Spiegel zu sein. Ob du es weißt oder nicht, wird dein Lebensunterhalt von Seiten der Erde kommen, die das Tor der Schatzkammer der Barmherzigkeit ist. Tatsächlich ist eine Blume ein winzig kleiner Spiegel der Sonne. Auch die riesige Sonne ist nur ein Spiegel, gleicht einem Tropfen im Meer des Himmels für den Glanz, der durch den Namen der Urewigen-Sonne »Licht (Nur)« erscheint. Oh du Menschenherz! Wisse, welch einer Sonne Spiegel du bist! Nachdem du diese Bedingung erfüllt hast, kannst du deine Vollendung finden. Du kannst aber die Sonne nicht so betrachten, wie sie in Wirklichkeit ist. Diese Wirklichkeit kannst du nicht nackt begreifen. Vielmehr geben ihr die Farben deiner Eigenschaften eine Farbe und gibt dein trübes Fernglas ihr eine Form und deine begrenzte Begabung setzt ihr eine Grenze.

Nun auch du, weiser Philosoph, der du in den Wassertropfen hineingegangen bist! Durch das Fernglas deiner Bildung von der Größe eines Wassertropfens und durch die Leiter deiner Wissenschaft bist du bis zum Mond empor gestiegen. Du bist auf dem Mond gelandet. Siehe, der Mond ist in seinem Wesen dicht und finster. Er hat weder Licht noch Leben. Deine Mühe ist nutzlos, dein Wissen ist ohne Nutzen. Du kannst dich vor der Finsternis der Verzweiflung und vor der Wildnis deines Nichts-und-Niemand-Seins und vor der Beunruhigung durch die bösen Geister und vor der Grausamkeit dieser Einsamkeit nur unter einer einzigen Bedingung retten, wenn du die Nacht der Naturphilosophie verlässt und dich zu der Sonne der Wahrheit wendest und mit Gewissheit glaubst, dass diese Lichter der Nacht die Spiegelung der Lichter der Sonne am Tage sind. Erst nachdem du diese Bedingung erfüllt hast, kannst du deine Vollendung finden. An Stelle des armen, dunklen Mondes findest du die majestätische Sonne. Du kannst aber auch nicht, wie dein anderer Freund, die Sonne ungeschützt betrachten. Du kannst sie vielmehr nur hinter den Schleiern betrachten, mit denen dein Verstand und deine Philosophie vertraut und verbunden sind, und hinter den Vorhängen, die dein Wissen und deine Weisheit dir gewebt haben, und in einer Farbe, die deine Fähigkeiten dir (von Natur aus) gegeben haben.

Hier ist nun der dritte Freund, der dem »Tautropfen« gleicht, welcher sowohl arm, als auch farblos ist. Durch die Hitze der Sonne verdampft er rasch, verlässt sein Ego, besteigt den Dampf und erhebt sich in die Lüfte. Sein irdisches Kleid fängt durch den Funken der Liebe Feuer und Licht. Er klammert sich an einen Strahl der Erscheinungen dieses Lichtes und nähert sich ihm. Oh du, der du dem »Tautropfen« gleichst! Da du nun einmal der Sonne unmittelbar als Spiegel dienst, wirst du stets, auf welcher Stufe du dich auch immer befinden magst, ein Loch, ein Fenster finden, durch das du die Sonne selbst im Grade augenscheinlicher Sicherheit unverstellt betrachten kannst. Zudem wirst du mit keinen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, die einzigartigen Werke der Sonne ihr selbst zuzuschreiben. Du kannst ihr die ihr gebührenden majestätischen Eigenschaften ohne Zweifel zuschreiben. Während du ihr die großartigen Spuren des Königreiches ihres Wesens zuschreibst, kann nichts deine Hände fesseln und davon abbringen. Weder eine Einengung durch Mittler, noch eine Beschränkung (deines Vertrauens in Gott durch dein Vertrauen auf deine eigenen) Fähigkeiten, noch die Kleinheit der Spiegel(reflexionen) können dich täuschen und dazu führen, dass du entgegen der Wahrheit läufst. Denn da du sie klar, unverstellt, unmittelbar betrachtet hast, hast du auch verstanden, dass keine von denen, die in den Objekten erscheinen und in den Spiegeln zu sehen sind, die wahre Sonne ist, sondern dass sie eine Art ihrer Erscheinungen und eine Art ihrer bunten Widerspiegelungen sind. Zwar sind diese Widerspiegelungen ihre Titel, aber sie können alle Werke ihrer majestätischen Größe nicht zeigen.

So führen denn diese drei so verschiedenen Wege unseres Spiels, das zur Darstellung der Wahrheit dienen soll, zur Vollendung. Sie unterscheiden sich in den Besonderheiten der Vollendung und in den Einzelheiten der Stufen geistiger Schau. Sie stimmen aber in dem Ergebnis und in der Gewissheit des Rechtes und in der Bestätigung der Wahrheit überein.

Ein Mann, ein Nachtwandler, der niemals die Sonne gesehen hat, kennt nur ihren Widerschein im Spiegel des Mondes. Er kann sich die majestätische Ausstrahlung, die unglaublich großartige Anziehung, die der Sonne Eigen ist, nicht vorstellen. Vielmehr schließt er sich denjenigen, die sie gesehen haben, an und ahmt sie nach. Genauso kann derjenige, der durch das Erbe Ahmeds (= gem. die Lehre und die Tradition Mohammeds, mit dem Friede und Segen sei) die gewaltige Stufe der Namen, wie des Allmächtigen und des Lebensspendenden, nicht erkennt, die gewaltige Wiederversammlung und die Große Wiederauferstehung nur traditionell annehmen. Er sagt: »Sie ist keine Frage des Verstandes.« Denn die Wahrheit der Wiederversammlung und der Wiederauferstehung ist eine Offenbarung des gewaltigen Namens und mancher Namen auf ihrer gewaltigsten Stufe. Wessen Blick nicht bis dorthin gelangen kann, der kann dies nur (im Glauben) annehmen. Wer aber mit seinen Überlegungen bereits soweit vorangeschritten ist, der hält die Wiederversammlung und die Wiederauferstehung für so leicht wie den Wechsel von Nacht und Tag, Winter und Frühling, und nimmt in der Zufriedenheit des Herzens (den Glauben) an.

Aus diesem Geheimnis erklärt also der Qur´an die Wiederversammlung und die Wiederauferstehung in der gewaltigsten Stufe mit ausführlichen Einzelheiten und der Gesandte Gottes, mit dem Friede und Segen sei, dem der gewaltigste Name offenbart wurde, unterrichtet uns darüber. Was aber die vorherigen Propheten betrifft, so hatten sie ihren Gemeinden, die verhältnismäßig einfach und ursprünglich waren, als Erfordernis der Weisheit der Rechtleitung die Wiederversammlung noch nicht in ihrem gesamten Umfang und in allen Einzelheiten gelehrt. Es geschah auch aus dieser tiefen Weisheit, dass ein Teil der Gottesfreunde manche Grundpfeiler des Glaubens nicht in ihrer gewaltigen Stufe erkennen oder aufzeigen konnten. Aus diesem Geheimnis zeigen die Stufen der Kenner in der Gotteserkenntnis große Unterschiede. Noch dergleichen weitere Geheimnisse entfalten sich auf Grund dieser Wahrheit. Da dieses Gleichnis die Wahrheit in gewissem Grade erahnen lässt und da die Wahrheit sehr umfangreich und sehr tief ist, begnügen auch wir uns hier mit diesem Gleichnis. Wir werden uns nicht mit den Geheimnissen befassen, welche über unsere Grenzen und unsere Kraft hinaus gehen.

 

 

Vierundzwanzigstes Wort - Dritter Ast Da die ehrwürdigen Überlieferungen, die von den Zeichen des Weltuntergangs und von den Ereignissen der Endzeit und von den Vorzügen und den Verdiensten mancher guter Taten handeln, nicht genau verstanden werden, halten ein Teil der Wissenschaftler sie für schwach (d.h. nicht nachweisbar) oder für widerlegt. Ein Teil von ihnen, dessen Glaube schwach und dessen Ego stark ist, ist bis zur Leugnung gegangen. Hier wollen wir uns nicht mit den ausführlichen Einzelheiten befassen und nur »zwölf Pfeiler« erklären.

 

Erster Pfeiler: Es ist die Frage, die schon bezüglich der Frage und der Antwort am Ende des »Zwanzigsten Wortes« besprochen wurde. Eine Zusammenfassung davon lautet wie folgt: Der Glaube ist eine Prüfung, eine Erfahrung. Er unterscheidet erhabene Geister von niederen. Darum soll er von den Ereignissen, die in der Zukunft für jeden augenscheinlich sichtbar werden, in der Weise berichten, dass sie weder ganz und gar unbekannt bleiben, noch eindeutig erkennbar werden, wodurch sie jeder gewollt oder ungewollt hätte bestätigen müssen. Er öffnet dem Verstand das Tor, nimmt ihm aber die Entscheidungsfreiheit nicht aus den Händen. Wenn ein Zeichen des Weltuntergangs völlig eindeutig erkennbar wäre und es ein jeder bestätigen müsste, dann würde eine Einstellung (so gewöhnlich) wie Kohle mit einer Einstellung (so erlesen wie) Diamanten vermischt bleiben. Der Sinn des Angebotes und die Folge der Prüfung gingen verloren. Deswegen kamen viele Meinungsverschiedenheiten bezüglich der vielen Fragen, wie der Fragen über Mehdi und Sufyan zu Stande. Darüber hinaus sind die Überlieferungen auch sehr unterschiedlich, und dadurch entstanden voneinander entgegengesetzte Auffassungen.

 

Zweiter Pfeiler: Islamische Fragen gibt es auf verschiedenen Stufen. Verlangt eine nach einem sicheren Beweis (für den hinterfragten Gegenstand), begnügt sich eine andere damit, dass man (das Gefragte) für äußerst wahrscheinlich hält. Noch eine andere erfordert nur, dass man (mit der gegebenen Antwort) einverstanden ist und (sie) nicht ablehnt. Deswegen soll man bei jeder Frage, die nicht die (allgemeinen) Glaubensgrundsätze betrifft und die zu den Einzelheiten gehört (über die man verschiedener Meinung sein kann), und bei jedem Ereignis, welches über die Zeichen der Zeit vorausgesagt wurde, nicht nach einem sicheren Beweis verlangen. Vielmehr soll man sich damit begnügen, etwas nicht zu bestreiten, sondern für möglich zu halten.

 

Dritter Pfeiler: In der Zeit der Gefährten Mohammeds (Friede und Segen sei mit ihm) bekehrten sich viele von den Gelehrten unter den Söhnen Israels und unter den Christen zum Islam. Auch ihre alten Kenntnisse (vergangener Dinge) wurden mit ihnen zusammen islamisch. Manche ihrer vorherigen Kenntnisse, die den tatsächlichen Geschehnissen zuwider liefen, wurden gleichfalls für Eigentum des Islam gehalten.

 

Vierter Pfeiler: Manche Aussagen der Überbringer der ehrwürdigen Ahadith oder deren Ausdeutungen hielt man für den Text der Ahadith. Da der Mensch nicht frei von Fehlern ist, wurden manche ihrer der Wahrheit zuwiderlaufende Ausdeutungen oder Worte für Hadith gehalten, jedoch für schwach erklärt.

 

Fünfter Pfeiler: Dem Sinn der folgenden Überlieferung entsprechend

 

(= )

»Wahrlich finden sich in meiner Gemeinde solche, die Inspirationen erhalten, d.h. diejenigen, die Eingebungen haben.«

entstanden manche Aussagen, die man für Hadith hielt, durch die Inspirationen einiger Hadithgelehrter, Männern einer inneren, geistigen Schau, die Inspirationen empfingen, die Gottesfreunde waren. Es können in den Inspirationen der Gottesfreunde - bei Ungenauigkeiten - Mängel erscheinen. Auf diese Art kann also ein Teil der Überlieferungen der Wahrheit zuwiderlaufen.

 

Sechster Pfeiler: Es gibt manche Erzählungen, die unter den Menschen berühmt wurden. Sie gelten als (Erzählungen), die Beispiele geprägt haben. Man soll sie nicht für bare Münze nehmen, sondern für das betrachten, wozu sie geprägt worden sind. So erwähnte der ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, manche Gleichnisse und Erzählungen dieser Art, welche unter den Menschen bekannt waren, als Lehrbeispiele oder als eine Art Andeutung. Wenn die wörtlichen Aussagen in solchen Fällen fehlerhaft erscheinen, sollte man sie zu den Traditionen und menschlichen Gewohnheiten rechnen, zu dem, was man so ganz allgemein vom Hörensagen her kennt.

 

Siebenter Pfeiler: Es gibt sehr viele Vergleiche und Beispiele, die mit der Zeit oder durch den Wechsel aus der Hand des Wissens in die Hände des Unwissens nun wörtlich verstanden wurden. So kommt man zu Fehlern. Zum Beispiel: Zwei Engel Gottes, die »Sevr (Stier)« und »Hut (Fisch)« genannt werden, und in der Welt der Beispiele und Gleichnisse als Stier und Fisch erscheinen und die Tiere auf dem Land und in den Meeren beobachten, stellte man sich irrigerweise als einen riesigen Stier und einen leibhaftigen Fisch vor und versuchte diese Überlieferung zu kritisieren.

Ein weiteres Beispiel: Einmal hörte man in Gegenwart des Propheten ein dumpfes Geräusch. Der ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, sagte: »Dieses Geräusch kommt von einem Stein, der seit siebzig Jahren hinab gerollt und in diesem Augenblick auf dem Boden der Hölle aufgeschlagen ist.« So kann jemand, der diese Überlieferung hört, der aber die Wahrheit nicht kennt, versuchen, sie zu leugnen. In Wirklichkeit steht mit Sicherheit fest, dass kurz danach jemand kam, der dem ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, die Nachricht überbrachte: »Der bekannte Heuchler (Munafiq) ist vor kurzem verstorben.« Der ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, erklärte in einer überaus treffenden Weise, dass dieser Munafiq in seinem siebzigsten Lebensjahr, nachdem er ein Leben lang wie ein Stein seinen Weg zur Hölle hinab gerollt war, mit seinem Fall zum Niedrigsten der Niedrigen und zu einem Beispiel für den Unglauben geworden war. Gott der Gerechte ließ im Moment seines Abscheidens dieses Geräusch hörbar werden und machte es zu einem Zeichen.

 

Achter Pfeiler: Gott der Vollkommene-Allweise verbirgt an diesem Ort der Erfahrungen und dem Platz der Prüfungen sehr bedeutende Dinge innerhalb vieler anderer. Mit dieser Verborgenheit sind viele Weisheiten und viele gute Gründe verknüpft. Zum Beispiel: Er verbarg die Nacht von Qadr (= Macht, Bestimmung) innerhalb des Monats Ramadan; die Stunde, in der alle Gebete erhört werden, in dem Tag der Versammlung (Freitag); Seinen geschätzten Freund unter den Menschen; die Todesstunde in der Spanne des Lebens; und die Zeit des Weltuntergangs innerhalb der Lebenszeit der Erde. Wenn aber die Todesstunde des Menschen bekannt wäre, würde sie bis in die Hälfte seiner Lebensspanne eine totale Gottvergessenheit und nach der Hälfte ein Entsetzen zu Wege bringen, wie (der Weg dessen,) der Schritt für Schritt dem Galgen entgegen geführt wird. Deshalb erfordert die Angelegenheit, die das Gleichgewicht zwischen der jenseitigen und der diesseitigen Welt bewahrt und immer zwischen Furcht und Hoffnung hält, dass in jedem Moment sowohl Sterben als auch Leben möglich sein soll. In diesem Fall werden zwanzig Jahre einer uns nicht bekannten Art innerhalb einer uns nicht bekannten Lebensspanne einer uns bekannten Lebensspanne von tausend Jahren vorgezogen. So verhält es sich auch mit dem Weltuntergang, jener Todesstunde der Welt, welche »der Große Mensch« ist. Wenn ihre Stunde bekannt wäre, würde die erste und die mittlere Periode totaler Gottvergessenheit verfallen und die letzte Periode im Entsetzen verharren. Der Mensch ist in seinem persönlichen Leben mit dem Fortbestehen seines Hauses und seines Dorfes verbunden, wie er in seinem gesellschaftlichen Leben und auch als Gattung mit dem Leben des Erdballs und des Diesseits verbunden ist. Der Qur´an sagt:

 

 

»Die Stunde des Weltuntergangs ist nah.«

Wenn sie nach so vielen tausend Jahren noch nicht eingetreten ist, stellt das nicht ihre Nähe in Abrede. Denn der Weltuntergang ist die Todesstunde der Welt. Im Vergleich mit der Lebenszeit der Welt sind ein oder zwei tausend Jahre wie ein, zwei Tage oder ein, zwei Minuten. Die Stunde des Weltuntergangs ist nicht nur die Todesstunde der Menschheit, sodass man sie mit deren Lebensspanne vergleichen und so für unmöglich halten könnte. Darum verbirgt der Vollkommene-Allweise die Stunde des Weltuntergangs in Seiner Allwissenheit als eines der fünf nicht voraus berechenbaren Geheimnisse. So gehört es denn zu diesem Geheimnis des Unbekannten, dass sich jedes Jahrhundert, ja sogar das glückliche Zeitalter, das Zeitalter (des Propheten und seiner Gefährten), die ein Auge für die Wahrheit hatten, stets vor der Stunde des Weltuntergangs fürchtete. Ja manche sagten sogar: »Ihre Kennzeichen sind fast schon zur Gänze erschienen.«

So sagen nun unbillig denkende Menschen, die diese Wahrheit nicht kennen: »Wie konnten sich die Sahabis (Gefährten des Propheten), die über die jenseitige Welt bis ins Einzelne unterrichtet wurden und wachsame Herzen und einen scharfen Blick hatten, in ihren Gedanken ein Ereignis in ferner Zukunft, welches in dieser Welt nach vierzehnhundert Jahren noch nicht eingetreten ist, in naher Zukunft denken, als lebten sie, noch tausend Jahre von der Wahrheit entfernt, nur noch in ihrer Vorstellung?«

 

Antwort: Dies geschah, weil die Sahabis (Gefährten des Propheten), gesegnet mit einer Fülle von Gesprächen mit dem Propheten, mehr als andere über die jenseitige Welt nachgedacht haben und sich der Vergänglichkeit dieser Welt bewusst waren. Sie verstanden die Weisheit Gottes, die in der Nichtbekanntgabe der Stunde des Weltuntergangs liegt und erwarteten stets die Todesstunde der Welt sowie ihre eigene Todesstunde und bemühten sich stets ernsthaft um das Jenseits. Es entspricht der Rechtleitung durch den Propheten, die aus dieser Weisheit entstand, wenn der ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, wiederholt darauf hinwies: »Erwartet den Weltuntergang und gebt auf ihn Acht!« Andererseits sagte (der Prophet) dies nicht auf Grund einer Offenbarung, die sich auf ein bestimmtes Ereignis bezieht, sodass (dieser Hinweis) weit davon entfernt wäre, wahr zu sein. Die beabsichtigte (Aussage) ist das eine und der Sinn (dieser Aussage) ist das andere. Also rühren diese Art Worte des Propheten, mit dem Friede und Segen sei, aus der Weisheit der Nichtbekanntgabe her.

Des Weiteren haben die Leute auf Grund dieser tiefen inneren Weisheit Persönlichkeiten wie Mehdi und Sufyan, die in der Endzeit der Welt kommen werden, vor langer Zeit sogar schon in der Zeit der Tabiin, also der zweiten Generation nach dem Propheten, erwartet und dachten ihnen bald zu begegnen. Manche Gottesfreunde sagten sogar: »Sie sind schon vorüber.« So verlangt denn auch dies, gleich dem Weltuntergang, von der Weisheit Gottes diesen Zeitpunkt nicht anzugeben. Denn jede Zeit, jedes Jahrhundert bedarf dieser Idee vom Mehdi, um seine innere Kraft zu stärken und sich von der Verzweiflung zu befreien. An der Kraft dieser Erwartung muss ein jedes Zeitalter seinen Anteil haben. Des Weiteren soll sich jedes Zeitalter vor den schrecklichen Menschen, Despoten, die Zwist und Kriege führen, zurückhalten und sie fürchten, damit es nicht in Gottvergessenheit verfällt und dem Bösen nicht folgt und ihm nicht gehorcht, und nicht in seiner Gleichgültigkeit die Zügel der Begierde loslässt und seine Seele nicht in Zucht nimmt. Wenn der Zeitpunkt ihres Erscheinens angegeben wäre, würde der Zweck der allgemeinen Rechtleitung verloren gehen.

Nun ist die Verschiedenheit der Überlieferungen über die Persönlichkeiten wie den Mehdi und ihr Grund der folgende: Diejenigen, die die Überlieferungen kommentierten, wandten die Texte der Überlieferungen bei ihren Kommentaren und Auslegungen an. Zum Beispiel: Da damals der Regierungssitz in Damaskus oder in Medina lag, stellten sich die Kommentatoren die Ereignisse um den Mehdi oder Sufyan in Gegenden wie Basra, Kufa oder Damaskus, die in der Umgebung dieser Regierungssitze lagen, vor und kommentierten auch dementsprechend. Des Weiteren stellten sich die Kommentatoren die gewaltigen Werke, wie sie aus der Einflusssphäre dieser Persönlichkeiten und in der Gemeinschaft um sie herum entstanden, so vor, als hätten diese Persönlichkeiten sie (selbst und ganz allein) vollbracht und legten sie dementsprechend aus. Sie stellten sie so dar, als könnten alle Menschen diese außergewöhnlichen Persönlichkeiten sofort erkennen, sobald sie sich zeigen würden. Wir sagten aber schon: Diese Welt ist ein Platz der Prüfung. Dem Verstand wird eine Tür geöffnet, aber die Entscheidungsfreiheit nicht aus den Händen genommen. Wenn diese Persönlichkeiten erscheinen, können viele sie nicht erkennen, auch der schreckliche Deddjal kennt sich am Anfang selbst nicht. Vielmehr können diese Persönlichkeiten der Endzeit nur bei aufmerksamer Betrachtung im Lichte des Glaubens erkannt werden.

In einer ehrwürdigen Hadith wird über den Deddjal (der Betrüger, dessen Erscheinen) zu den Zeichen gehört, die auf den nahenden Weltuntergang hinweisen, überliefert: »Sein erster Tag gleicht einem Jahr, sein zweiter Tag einem Monat, sein dritter Tag einer Woche, sein vierter Tag ist gleich wie die gewöhnlichen Tage. Wenn er erscheint, wird die ganze Welt davon hören. Er wird die ganze Welt in vierzig Tagen bereisen.« Unbillig denkende Menschen betrachteten diese Überlieferung als unmöglich. Gott bewahre! Sie versuchten diese Überlieferung zu leugnen und für nichtig zu erklären. In Wirklichkeit muss ihre Wahrheit lauten:

 

 

»Alles Wissen ist bei Gott!«

Darin liegt ein Hinweis darauf, dass eine Person von nördlicher Richtung kommen wird, welche die Gottheit leugnet und sich an die Spitze einer gewaltigen Strömung stellt, die aus dem ungläubigen Gedankengut der Naturalisten im Norden durchsickert, wo die ungläubige Welt am dichtesten ist. In diesem Hinweis findet sich als Zeichen der Weisheit, dass in der polarnahen Zone das Jahr nur aus einer Nacht und einem Tag besteht. Sechs Monate sind Nacht und sechs Monate sind Tag. »Für den Deddjal ist ein Tag gleich einem Jahr« weist darauf hin, dass er in der Nähe dieser Zone erscheinen wird. »Sein zweiter Tag ist ein Monat« besagt, dass die Sonne im Sommer einen Monat lang nicht untergeht, wenn man von Norden her kommt. Dies zeigt auch, dass der Deddjal im Norden auftritt und nach der zivilisierten Welt greifen wird. Während die Überlieferung dem Deddjal Tage zumisst, weist sie auf diese Bedeutung hin. Je weiter er hierher nach Süden kommt, geht die Sonne eine Woche nicht unter. Noch weiter unten dauert es drei Stunden vom Untergang bis zum Wiederaufgang der Sonne. Als ich in Russland in Gefangenschaft war, war ich an einem solchen Ort. In der Nähe von uns sah man, dass die Sonne eine Woche nicht unterging. Um das zu sehen, reisten die Leute dort hin. Die Bedingung, dass die ganze Welt hören wird, wenn der Deddjal sich zeigt, erfüllten Telegramme und Rundfunk. Seine Vierzig-Tage-Reise machen heute Züge und Flugzeuge als seine Reittiere möglich. Die Ungläubigen, die früher diese beiden Bedingungen für unmöglich hielten, halten sie heute für alltäglich.

Da ich Gog und Magog und die große Mauer, welche zu den Kennzeichen des nahenden Weltuntergangs gehören, bereits in einer Abhandlung in gewissem Grade ausführlich behandelt habe, möchte ich hier nur noch kurz darauf hinweisen und folgendes dazu sagen:

Es wird in den alten Überlieferungen erwähnt, dass die Völker der Mandschurei und der Mongolei in der Geschichte schon einmal die menschliche Zivilisation zu Grunde gerichtet und diejenigen, die den Bau der großen chinesischen Mauer veranlasst haben, kurz vor dem Weltuntergang wiederum die menschliche Zivilisation in einem Anflug von Terrorismus zu Grunde richten werden. Manche Ungläubige sagen: »Wo sind diejenigen, die so viel ungeheuerliches getan haben und noch tun werden?«

 

Antwort: Eine Naturkatastrophe gleich einer Heuschreckenplage sieht man in mancher Jahreszeit sehr häufig. Ist die Jahreszeit vorüber, zieht sich diese Insektenart, welche das Land zerstört hatte, bis auf einige, wenige Exemplare zurück. Ist ihre Zeit wieder gekommen, geht die gleiche Plage mit Gottes Befehl wieder in großem Umfang von diesen wenigen Exemplaren aus. Es scheint, als habe ihre Art sich verflüchtigt, doch bleibt ihre Natur weiterhin ungebrochen. Ist ihre Zeit gekommen, sind sie wieder da. Genauso werden auch die gleichen, welche schon einmal die Welt durcheinander gewirbelt hatten, wenn ihre Zeit gekommen ist mit der Erlaubnis Gottes, wieder die menschliche Zivilisation durcheinander wirbeln. Doch ihre Drahtzieher treten nun unter einer anderen Maske auf.

 

 

»Das Verborgene kennt Gott allein!«

Neunter Pfeiler: Die Resultate eines Teils der Glaubenswahrheiten beziehen sich auf diese durch Bedingungen eingeschränkten und engen Welt. Ein anderer Teil von ihnen bezieht sich auf die weite und unbegrenzte Welt des Jenseits. Da ein Teil der ehrwürdigen Ahadith, die von den besonderen Vorzügen der guten Taten und ihren Belohnungen handeln, in einem poetischen Stil abgefasst sind, um einen ermunternden oder zurechtweisenden Einfluss auszuüben, sehen sie oberflächlich betrachtende Menschen als übertrieben an. Da sie alle ein Ausdruck der reinen und lauteren Wahrheit sind, gibt es in ihnen nichts, was unwahr oder übertrieben wäre. Da ist zum Beispiel das folgende Hadith, mit dem sich die Gemüter aller unbillig Denkenden am meisten beschäftigen.

 

(au kema qal = oder so ähnlich)

Sinngemäße Wiedergabe: »Wenn die Welt bei Gott dem Gerechten so viel Wert hätte wie der Flügel einer Mücke, dürften die Ungläubigen noch nicht einmal einen Schluck Wasser von ihr trinken.« Der Sinn ist folgender: Der Ausdruck

 

 

»Bei Gott.«

besagt, dass hier von der ewigen Welt die Rede ist. In der Tat ist Licht aus der ewigen Welt (wenn auch nur von der Bedeutung) eines Mückenflügels, da es nun einmal ewig ist, mehr als das Licht, das die Erde füllt, und doch nur vergänglich ist. Hier wird also nicht die ganze, große Welt mit einem Mückenflügel verglichen, sondern vielmehr gesagt, dass die ganz persönliche Welt, die in der winzig kleinen Lebensspanne eines jeden Menschen Platz findet, nicht mit dem beständigen Segen Gottes und der Gnade Gottes, wenn auch nur von der Größe eines Mückenflügels, verglichen werden kann. Des Weiteren hat die Welt zwei Gesichter, ja vielmehr drei Gesichter. Das eine ist der Spiegel der Namen Gottes des Gerechten. Das zweite ist auf das Jenseits gerichtet; sie ist der Acker des Jenseits. Das dritte blickt auf die Vergänglichkeit und Nichtigkeit. Das ist die uns bekannte Welt der Leute des Irrwegs, die nicht Gottes Wohlwollen findet. Das heißt, es ist dies ein Hinweis darauf, dass es nicht die riesengroße Welt ist, die der Spiegel der schönen Namen Gottes und die Briefe des Einzigartigen und der Acker des Jenseits ist, sondern vielmehr die Welt der Weltenanbeter, die dem Jenseits widerspricht und die Quelle aller Fehler und der Ursprung allen Übels ist, die nicht den Wert auch nur eines Stäubchens der Ewigkeit hat, das den Leuten des Glaubens in der jenseitigen Welt gegeben wird. Wo also findet sich nun diese Ausdeutung, die in höchstem Maße richtig und für ernst zu nehmen ist, und wo bleibt die Bedeutung, so wie sie die ungerechten Leute des Unglaubens verstanden haben! Wo steht die Bedeutung, die diese ungerechten Leute des Unglaubens für dermaßen übertrieben und unwahr halten!

 

Noch ein Beispiel: Eine der Überlieferungen, die die ungerechten Leute des Unglaubens für übertrieben halten, ja sogar als eine unvorstellbare Übertreibung und als eine irrige Vorstellung betrachten, sind die über die Belohnungen für gute Taten und die über besondere Vorzüge mancher Suren. Zum Beispiel: Es gibt folgende Aussagen des Propheten: »Die erste Sure Fatiha (die Eröffnung) bringt so viele Segenspunkte wie der ganze Qur´an.« »Die Sure 112 (Ihlas = Aufrichtige Hingabe) wie ein Drittel des ganzen Qur´ans.« »Die Sure 99 (das Beben) wie ein Viertel.« »Die Sure 109 (die Ungläubigen) wie ein Viertel.« »Die Sure 36 (Ya-Sin) zehnmal so viel wie der ganze Qur´an.« So sagen denn Menschen, die dies ungerecht und oberflächlich betrachten: »Das ist unvorstellbar. Denn es sind die Sure Ya-Sin und noch andere Suren, die besondere Vorzüge haben, schon im Qur´an vorhanden. Aber wird deswegen schon eine solche Aussage sinnlos?«

 

Antwort: Die Wahrheit ist aber folgende: Jeder Buchstabe des weisen Qur´an bringt Segen. Er ist ein gutes Werk. Durch die Gnade Gottes bringt der Segen dieser Buchstaben Früchte, manchmal zehn, manchmal siebzig, manchmal siebenhundert (wie die Buchstaben des Thronverses, Ayatu l-Kursi, Sure 2, Vers 255), manchmal tausendfünfhundert (wie die Buchstaben der Sure 112, Ihlas = Aufrichtige Hingabe), manchmal zehntausend (wie die Ayat, die man in der Nacht der Berufung des Propheten, Leyle-i Berat, und zu anderen bestimmten Zeiten rezitiert) und manchmal dreißigtausend, (also etwa ebensoviel wie ) zum Beispiel Mohnkörner hervorbringen können (z.B. die Ayat, die man in der Nacht der Bestimmung, Leyle-i Qadr, rezitiert). Der Hinweis des Qur´ans, dass diese Nacht tausend Monaten entspricht, ist so zu verstehen, dass in dieser Nacht ein Buchstabe im Qur´an dreißigtausendfachen Segen bringt. In der Tat kann der weise Qur´an mit der Vielzahl der Segnungen, die von ihm ausgehen, in nichts aufgewogen werden und er wird es auch nicht. Doch kann er durch den Segen, der von ihm ausgeht, mit einigen seiner Suren verglichen werden.

 

Zum Beispiel: Stellen wir uns einen Acker vor, auf dem Maiskörner ausgesät sind; tausend Körner wurden ausgesät. Nehmen wir an, dass manche Körner sieben Kolben hervor bringen und jeder Kolben je hundert Körner enthalte. Dann entspricht (dem Ertrag, den) ein einziges Korn (hervorgebracht hat), zwei Drittel der gesamten Aussaat. Zum Beispiel bringt eines von ihnen zehn Kolben und jeder Kolben zweihundert Körner hervor. Dann erzielt ein einziges Korn zweimal so viel wie vorher die gesamte Aussaat im Acker. Auf diese Weise kann man also einen Vergleich ziehen.

Jetzt wollen wir uns einmal den weisen Qur´an als einen lichtvollen, heiligen Acker des Himmels vorstellen. Hinsichtlich des Segens, der aus der Anzahl seiner Buchstaben erwächst, entspricht vergleichsweise jeder seiner Buchstaben einem Saatkorn. Sein Fruchtstand (= der Kolben) soll hier nicht mit berechnet werden. An Hand von Suren und Ayat wie den Suren Ya-Sin, Ihlas, Fatiha, Qul ya ayyuha l-kafirun, Idha dhu l-dhilatu l-´ardu und anderen, über deren besondere Vorzüge sich der Prophet äußerte, kann er gewogen werden. Zum Beispiel: Der weise Qur´an hat im Ganzen dreihunderttausend und sechshundertzwanzig Buchstaben. Sure 112, Ihlas (Aufrichtige Hingabe) hat mit Besmele * neunundsechzig Buchstaben. Drei mal neunundsechzig macht zweihundertsieben Buchstaben. Also bringt jeder einzelne Buchstabe aus der Sure Ihlas etwa tausendfünfhundert Segenspunkte. Zählt man die Buchstaben in der Sure Ya-Sin und teilt die Buchstaben des ganzen Qur´an mit ihnen und achtet darauf, dass sie zehnfach mehr Segen als die Buchstaben des ganzen Qur´an bringen sollen, dann bekommt man folgendes Ergebnis: Jeder Buchstabe der ehrwürdigen Sure Ya-Sin hat etwa fünfhundert Segenspunkte. Das heißt, dass jeder (Buchstabe) als ebensoviel gute Werke gezählt werden kann. Ziehst du in dieser Weise nun auch noch andere (Ahadith) zum Vergleich (über den Wert der Suren) heran, dann kannst du verstehen, was für eine anmutige, schöne und treffende Wahrheit ohne Übertreibung in ihnen zum Ausdruck kommt.

 

Zehnter Pfeiler: Wie es unter den meisten Arten der Geschöpfe Ausnahmefälle gibt, so finden sich auch hinsichtlich der menschlichen Taten und Werke einige außergewöhnliche Einzelmenschen. Wenn diese Individuen in guten Taten vorangeschritten sind, dann ist ihre Art stolz auf sie. Im anderen Fall werden sie ein schlechtes Zeichen sein. Des Weiteren verbergen sie sich sogar. Es ist, als seien sie zu einer Legende geworden, oder zu einem Ideal. Alle anderen streben danach, selbst zu einer solchen Persönlichkeit zu werden. Jeder hat eine Möglichkeit, das zu werden. Was aber jenes vollkommene, außergewöhnliche Individuum betrifft, so ist es nicht an Zeit und Raum gebunden und unsichtbar. In An-betracht seiner Unsichtbarkeit liegt logischerweise die Möglichkeit, von ihrer Allgemeingültigkeit zu sprechen. Das heißt, eine jede Tat kann nach der Überlieferung (unabhängig von Zeit, Raum und Öffentlichkeit) weitreichende Wirkungen haben. Zum Beispiel: »Wenn jemand zwei Rekat Namaz (Gebet) in dieser oder jener Zeit verrichtet, verdient er so viel Segen wie bei einer Pilgerfahrt.« So entsprechen denn tatsächlich manchmal zwei Rekat Namaz einer ganzen Pilgerfahrt. Bei jedem Gebet von zwei Rekat ist diese Bedeutung allgemein gegeben. Das heißt jedoch, dass diese Aussagen des Propheten nicht jederzeit und für jeden zutreffend sind. Da die Annahme (unserer Gebete) von bestimmten Bedingungen abhängig ist, unterliegt sie nicht dem, was allgemein und allzeit gilt. Vielmehr ist sie entweder zeitlich bedingt, also nicht vorgeschrieben oder allzeit möglich und für alle gültig. Das heißt, die Allgemeingültigkeit einer Aussage des Propheten bringt lediglich eine Möglichkeit zum Ausdruck.

Noch ein Beispiel: »Die üble Nachrede gleicht dem Mord.« Das heißt, bei der üblen Nachrede gibt es einzelne Fälle, die, im Vergleich mit einem Mörder, mehr Schaden anrichten als mörderisches Gift. Noch ein Beispiel: »Ein schönes Wort gilt als eine große Wohltat wie die Freilassung eines Sklaven.« Wenn in solchen Aussagen, wo es sich um Ermunterung und Anregung handelt, die Möglichkeit, dass dieser nicht näher definierte besondere Fall grundsätzlich überall eintreten kann, in Form einer allgemeinen Aussage formuliert wird, so geschieht das, um die Ermunterung zum Guten und die Abscheu vor dem Bösen zu erwecken. Darüber hinaus können die Dinge der ewigen Welt nicht mit dem Maß dieser Welt gewogen werden. Das größte von hier kann mit dem kleinsten von dort nicht in gleicher Münze gewogen werden. Da sich der Segen für die Wohltaten auf die jenseitige Welt bezieht, bleibt unser irdisches Blickfeld dafür beschränkt. Wir können solche Dinge nicht mit unserem Verstand erfassen. Zum Beispiel:

 

 

»Wer dies liest, dem wird so viel Segen gegeben, wie der Segen von Moses und Aaron.«

nämlich:

 

 

»Aller Lobpreis und Dank gebührt dem Herrn der Himmel, dem Herrn der Erde und Herrn der Welten.« »Sein ist die Herrlichkeit in den Himmeln und auf Erden, und Er ist der unbesiegte Sieger und der Allweise.« (Sure 45, 37) »Aller Lobpreis und Dank gebührt dem Herrn der Himmel, Herrn der Erde und Herrn der Welten. Sein ist die gewaltige Größe in den Himmeln und auf Erden, und Er ist der unbesiegte Sieger und der Allweise. Ihm, dem Herrn der Himmel, gehört das Reich und Er ist der unbesiegte Sieger und der Allweise.«

Dergleichen Aussagen sind es, die in erster Linie den kritischen Blick derer, die unbillig und oberflächlich denken, auf sich ziehen. Die Wahrheit ist folgende:

In welchem Umfang wir uns in dieser Welt mit unserem eingeengten Blickfeld und unseren viel zu kurz greifenden Gedanken eine Vorstellung machen können über den Segen, den Moses und Aaron, mit denen Friede sei, erhalten, kann mit dem Segen, den der Allbarmherzige in der ewigen Welt mit der ewigen Glückseligkeit einem Seiner Diener in Not für ein einziges Gebet gibt, verglichen werden. Zum Beispiel ist da ein Beduine, ein einfacher Mann, der noch nie den König gesehen hat. Er kennt nicht seine majestätische Größe. Wie er sich den Aga (Landherren) auf einem Dorf vorstellt, so denkt er sich in seiner so begrenzten Vorstellung, einen König als einen großmächtigen Aga. Ja, es gab unter uns sogar naive Leute, die früher immer sagten: »Was der König an seinem Lagerfeuer macht, während er neben seinem Kochtopf sitzend seinen Bulgur (Grützensuppe) rührt, das weiß unser Aga.« Das heißt also, dass sie sich den König ihrer begrenzten Betrachtungsweise und gewöhnlichen Vorstellungsweise dachten, wie er seinen eigenen Bulgur selbst kochte. Sie dachten sich ihn in etwa so mächtig wie einen Hauptmann. Hätte jemand einem von diesen Männern gesagt: »Wenn du heute für mich diese Arbeit machst, will ich dir so viel Macht geben, wie viel du dir nur unter der Macht eines Königs vorstellen kannst, das heißt: ich will dir einen so hohen Rang geben, wie er dem eines Hauptmanns entspricht.«, so entspricht dieses Versprechen der Wahrheit. Denn das, was von der königlichen Majestät in seine kleine Vorstellungswelt hineinpasst, ist nur so viel wie der Macht eines Hauptmanns entspricht.

So können wir uns denn mit weltlichen Augen und mit unserem beschränkten Denkvermögen die Wahrheit über den Segen, den wir im Jenseits empfangen werden, auch nicht anders vorstellen, als dieser Wanderhirte seinen König. Es handelt sich hier nicht um einen Vergleich mit dem Segen, den Moses und Aaron, mit denen Friede sei, tatsächlich erhalten, der uns aber unbekannt ist. Denn in der Regel wird immer etwas Unbekanntes mit etwas Bekanntem verglichen. Es handelt sich hier vielmehr um einen Vergleich des Segens, den ein gläubiger Diener für ein einziges Gebet tatsächlich empfängt, der aber uns unbekannt ist, mit einem Segen (dieser beiden Persönlichkeiten), den wir uns vorstellen können, der uns bekannt ist und den wir vergleichen können.

Darüber hinaus wäre die Meeresoberfläche mit einem Wassertropfen zu vergleichen, der das ganze Spiegelbild der Sonne in sich umfasst. Der Unterschied besteht in der Qualität. Die Art des Segens, der sich in dem Spiegel des Geistes von Moses und Aaron, mit denen Friede sei, gleich wie in einem Meeresspiegel reflektiert, ist die selbe Art Segen, den ein gläubiger Diener gleich dem Spiegel eines Wassertropfens von einer Ayah empfängt. Hinsichtlich der Art und der Menge sind sie gleich. Was aber die Qualität betrifft, so ist sie von der Fähigkeit abhängig. Manchmal passiert es, dass ein einziges Wort, ein einziges Gebet einen solchen Schatz der Glückseligkeit öffnet, den man vielleicht in sechzig Jahren Dienst nicht erlangt. Das heißt; manchmal treten geistige Zustände ein, in denen eine einzige Ayah wie der ganze Qur´an Nutzen bringen kann.

Darüber hinaus kann die Belohnung von Gott, die der ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, der unter der Erscheinung des Gewaltigen Namens (Gottes) steht, durch eine einzige Ayah erreicht, vielleicht der Belohnung entsprechen, die ein (anderer) Prophet in seinem ganzen Leben erhält. Wenn man sagt, dass ein Gläubiger, der durch das Erbe Ahmeds, mit dem Friede und Segen sei, unter den Schatten des Gewaltigen Namens (Gottes) tritt, seiner Begabung entsprechend hinsichtlich der Menge so reichlich Lohn und Segen empfängt wie der Gnade und dem Segen eines Propheten entspricht, kann dies nicht ein Widerspruch zur Wahrheit sein. Des Weiteren gehören Segen und Tugend zu der Welt des Lichtes. Eine (Spiegelung der) Welt aus dieser Welt (des Lichts) kann in einem kleinsten Teilchen Platz finden. Wie in einer winzig kleinen Glasscherbe der Himmel mit seinen Sternen sichtbar wird, genauso kann sich in einem Gebet (dhikr) oder in (der Rezitation) einer Ayah, welche durch eine aufrichtige Einstellung kristallklar (er Spiegel) werden, eine Belohnung und Segen so leuchtend klar wie der Himmel wiederfinden.

 

Schlusswort: Oh Mensch, der du unbillig, oberflächlich, im Glauben schwach, in der Philosophie aber stark, selbstgefällig und kritisch bist! Betrachte diese Zehn Pfeiler. Und versuche dann nicht, indem du dir eine Aussage, die du als der Wahrheit widersprechend und mit Sicherheit den Gegebenheiten entgegengesetzt betrachtest, zum Vorwand machst, den Finger der Kritik gegen die Aussagen des Propheten und infolge dessen gegen den Rang der Fehlerlosigkeit des ehrenwerten Gesandten zu erheben! Denn zuallererst bringen diese Zehn Pfeiler dich dazu, von einer Verleugnung abzusehen. Sie sagen dir: »Gibt es tatsächlich einen Fehler, so liegt er auf unserer Seite.« Er kann nicht auf Seiten der Hadith liegen. Und »Ist der Fehler gar nicht wirklich (ein Fehler), so ist er auf einen Mangel an Verständnis deinerseits zurückzuführen.« Kurzum, wenn man etwas leugnen, zurückweisen will, muss man zuerst einmal diese »Zehn Pfeiler« leugnen, d.h. widerlegen können. Wenn du recht und billig denken kannst, solltest du nun, nachdem du über diese Zehn Pfeiler gründlich nachgedacht hast, nicht mehr aufstehen, um den Ahadith des Propheten, die dein Verstand als der Wahrheit zuwiderlaufend betrachtet, zu widersprechen! Sage: »Entweder gibt es dazu einen Kommentar oder eine Auslegung, oder sie haben (ganz offensichtlich) einen Sinn« und kritisiere sie nicht!

 

Elfter Pfeiler: Der weise Qur´an bringt Gleichnisse, die einer Deutung bedürfen, doch er fordert absolute Ergebenheit. Auch die Aussagen des Propheten enthalten wie die Gleichnisse des Qur´an Darstellungen. Manchmal bedürfen sie eines sehr sorgfältigen Kommentars und der Auslegung. Wir können uns mit den oben erwähnten Beispielen begnügen.

Ein Mann im Wachzustand kann ja den Traum eines schlafenden Mannes an Hand seiner Bewegungen deuten. Genauso hört manchmal ein Mann im Schlaf die Stimmen der Leute, die neben ihm wach sind und sich unterhalten. Er nimmt sie innerhalb seiner Traumwelt wahr und verleiht ihr entsprechend Gestalt. Genauso, oh du unbillig denkender Mensch, der du wie betäubt im Schlaf deiner Gottvergessenheit und deiner Philosophie liegst, sollst du das, was jene Persönlichkeit sieht, die das Geheimnis von

 

 

»Da wandte er seinen Blick nicht ab und ließ ihn nicht umherschweifen.« (Sure 53, 17)

und von

 

 

»Es schlafen meine Augen, doch mein Herz schläft nicht.«

erfahren hat und die wirklich wach ist, nicht in deinem Traum zurückweisen, sondern auslegen. Manchmal erlebt ein Mensch im Schlaf tatsächlich den Stich einer Mücke als ein Ereignis im Traum, als würde er in einem fürchterlichen Krieg verwundet. Könnte man ihn danach fragen, würde er sagen: »Tatsächlich wurde ich verwundet. Auf mich wurde mit Flinten und Kanonen geschossen.« Diejenigen, die neben ihm sitzen, lachen über seine Qual im Schlaf. Das bedeutet also, dass der schläfrige Blick eines Gottvergessenen und seine philosophischen Gedanken mit Sicherheit kein Prüfstein für prophetische Wahrheiten sein können.

 

Zwölfter Pfeiler: Da der Blick des Prophetentums, des Eingottglaubens (Tauhid) und des Glaubens (Iman) auf die Gegenwart Gottes (Vahdet), das Leben nach dem Tod (ahiret) und auf die Existenz des einen Gottes (Uluhiyet) gerichtet ist, sieht er auch die Wahrheit dementsprechend. Das Auge (westlicher) Philosophie und Weisheit ist auf die Vielfalt in der Schöpfung, deren Ursachen und deren Natur gerichtet und sieht sie dementsprechend. Ihre Ausgangspunkte sind voneinander weit entfernt. Das größte Ziel der Leute des philosophischen Denkens ist unter den Zielen der Leute der Theologie und den Wissenschaftlern der Lehre vom Wort so winzig und unbedeutend, dass man es kaum sehen kann.

Aus diesem Grund sind die Leute der Weisheitslehre in ihren ausführlichen Erklärungen über das Wesen allen Seins und über die Feinheiten ihrer Formen weit fortgeschritten. Sie sind aber in dem hohen Wissen über Gott und über das Leben nach dem Tod so rückständig, dass sie noch rückständiger sind, als ein Gläubiger bei seinen Anfängen. Diejenigen, die dieses Geheimnis nicht bemerken, denken, die Gelehrten des Islams wären verglichen mit den (westlichen) Philosophen (den Naturwissenschaftlern) zurückgeblieben. Wie könnten jedoch diejenigen, denen der Verstand in die Augen gerutscht ist (d.h. sie glauben nur noch das, was sie sehen) und die in ihren Vielfältigkeiten erstickt sind (d.h. sie haben den Blick für das Ganze verloren), sich erdreisten, diejenigen, die dank des Erbes des Prophetentums die hohen heiligen Ziele erreicht haben, einholen zu können.

Wenn ein und dieselbe Sache aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet wird, ergibt sich tatsächlich eine zweifache Schau (haqiqat) und beide sind tatsächlich gegeben. Doch keine endgültige wissenschaftliche Schau kann der heiligen Schau des Qur´an widersprechen. Der kurze Arm der Wissenschaft kann den reinen unbefleckten Saum seines Gewandes nicht erreichen. Als Muster erwähnen wir hier ein Beispiel:

Wenn die Erdkugel zum Beispiel aus dem Blickwinkel der Naturwissenschaftler betrachtet wird, lautet ihre Wahrheit folgendermaßen:

Sie ist ein mittelmäßiger Planet und kreist inmitten zahlloser Sterne um die Sonne. Im Vergleich mit diesen Sternen ist sie nur ein kleiner Himmelskörper. Aber wenn sie aus dem Blickwinkel der Leute des Qur´an betrachtet wird, wie im »Fünfzehnten Wort« erläutert wurde, lautet ihre Wahrheit folgendermaßen:

Da der Mensch, die Frucht der Welt und ein ohnmächtiges, schwaches Wunder der Macht ist, einzigartig, doch das vielseitigste, liebenswerteste und anmutigste, ist die Erde seine Wiege und seine Wohnung. Sie ist im Verhältnis zum Kosmos zwar klein, winzig, aber in ihrer Bedeutung und als ein Kunstwerk das Herz und der Mittelpunkt des ganzen Kosmos… sie ist die Messe und der Ausstellungsort aller wunderbaren Kunstwerke (Gottes)… der Erscheinungsort und Brennpunkt aller Manifestationen Seiner Namen… der Versammlungsort und Spiegel der unbegrenzten Tätigkeiten der Herrschaft (Gottes)… der Angelpunkt und Markt der zahllosen Schöpfungen Gottes, besonders der im großen Umfang freigiebig erschaffenen kleinen Arten unter den Pflanzen und Tieren und sie ist ein Ort, wo die Muster für die Kunstwerke der überaus weiten jenseitigen Welten im kleinen Maßstab vorgeführt werden. Sie ist eine schnell arbeitende Weberei der Ewigkeit. Sie ist eine sich schnell ändernde Nachbildung der Szenen der ewigen Welt. Sie ist ein enges, zeitliches Feld und Beet, wo die Samenkörnchen der immerwährenden Gärten schnell ihre Früchte tragen.

Wegen dieser geistigen Größe und künstlerischen Bedeutsamkeit hält der weise Qur´an die Erde, die den Himmeln gegenüber wie eine winzige Frucht eines riesigen Baumes gilt, allen Himmeln gegenüber im Gegengewicht, wie ein winzig kleines Herz einem riesigen Körper gegenüber. Er legt sie in eine Waagschale und alle Himmel in die andere Waagschale und spricht oft von:

 

 

»Der Herr der Himmel und der Erde.« (Sure 13, 16)

So kannst du andere Beispiele mit diesem vergleichen und verstehen. Die geistlosen trüben Tatsachen der westlichen philosophischen Denkweise (Naturwissenschaft) können nicht mit den Tatsachen des Qur´ans, voll Geist und Licht, kollidieren. Da ihre Blickwinkel voneinander ganz verschieden sind, ist auch ihre Betrachtungsweise ganz verschieden voneinander.

 

 

Vierundzwanzigstes Wort - Vierter Ast

 

 

»Siehst du nicht, dass alles, was in den Himmeln und auf Erden ist, sich vor Allah niederwirft, die Sonne, der Mond, die Sterne, die Berge, die Bäume und die Tiere und viele unter den Menschen. Viele aber erhielten ihre Strafe zu Recht. Und wen Allah schmäht, hat keinen, der ihn ehrt. Siehe, Allah tut, was Er will.« (Sure 22, 18)

Aus der großen und umfangreichen Schatzkammer dieser Ayah wollen wir nur auf einen einzigen Edelstein hinweisen. Es ist dies wie folgt:

Der weise Qur´an erklärt ausdrücklich, dass alles, was es von dem Thron Gottes bis zu der Erde, von den Sternen bis zu den Mücken, von den Engeln bis zu den Fischen, von den Planeten bis zu den Atomen gibt, sich vor Gott dem Gerechten niederwirft, Ihm dient und Ihn anbetet, lobt und preist. Aber ihr Dienst und ihre Anbetung sind entsprechend ihrer Begabung und den Namen Gottes, die an ihnen offenbar werden, völlig unterschiedlich… ganz voneinander verschieden. Wir wollen hier eine von den Verschiedenheiten in ihrem Dienst, ihrer Anbetung mit einem Gleichnis erklären. Zum Beispiel:

 

 

»Gott ist erhaben über alle Gleichnisse.«

Baut ein großer und mächtiger Herrscher seines Reiches, eine große Stadt oder ein prächtiges Schloss, so stellt dieser König vier verschiedene Arten von Arbeitern für diesen Bau ein und nimmt sie in seinen Dienst.

 

Die erste Art sind seine Sklaven. Diese Art erhält weder Lohn noch Gehalt. Vielmehr empfangen sie bei allen Arbeiten, die sie auf Befehl ihres Herrn ausführen, eine zutiefst innere Freude und eine hohe Begeisterung. Wenn sie ihren Herrn loben und von seinen Eigenschaften reden, steigert sich noch ihre Freude und Begeisterung. Sie betrachten ihre Beziehung zu ihrem heiligen Herrn als eine große Ehre und begnügen sich damit. Außerdem verspüren sie eine innerliche Freude, während sie im Namen dieses Herrn, in Seinem Auftrag, unter Seiner Aufsicht ihre Arbeit leisten. Sie benötigen weder Lohn, noch Rang oder Gehalt.

 

Die zweite Art bilden einige ungeschulte Arbeiter. Sie wissen nicht, worum es sich bei dieser Arbeit handelt. Vielmehr arbeiten sie im Dienste ihres Herrn. Er lässt sie nach Seiner Vorstellung und Seinen Plänen arbeiten. Er gibt ihnen auch einen entsprechenden Lohn. Diese Diener wissen nicht, welch umfangreichem Ziel, welch hohem Sinn und Nutzen ihr Tätigkeiten dienen. Manche stellen sich sogar vor, dass ihre Tätigkeit kein anderes Ziel außer dem ihnen zustehenden Lohn und Gehalt hat.

 

Die dritte Art: Dieser Herrscher, der über sein Eigentum verfügt, hat eine bestimmte Art Tiere. Er lässt sie einige Tätigkeiten bei dem Bau jener Stadt, jenes Schlosses verrichten. Er gibt ihnen nur Futter. Diese finden auch ihre Freude daran, dass sie ihren Begabungen entsprechende Tätigkeiten verrichten können. Wenn eine potentielle Fähigkeit, eine Begabung sich in eine Tätigkeit, eine Arbeit umsetzt, dehnt sie sich aus und atmet und bringt Freude. Die Freude an jeder Tätigkeit entspringt aus diesem Geheimnis. Der Lohn und Gehalt dieser Art Diener ist nur das Futter und ihre innere Freude. Sie begnügen sich damit.

 

Die vierte Art sind solche Arbeiter, die wissen, was sie tun und worum es sich bei ihrer Arbeit handelt und für wen sie arbeiten und worum es sich bei den Tätigkeiten der anderen Arbeiter handelt und was das Ziel dieses Herrschers, der über sein Eigentum verfügt, ist und warum er arbeiten lässt. Diese Sorte Arbeiter haben eine Führungs- und Überwachungsposition über andere Arbeiter. Sie haben ihrer Stufe und ihrem Rang entsprechend ein Gehalt. Genauso stellt der Herr der Welten, der der majestätische Herrscher der Himmel und der Erde ist und der Vollkommene Erbauer der diesseitigen und der jenseitigen Welt, in diesem kosmischen Schloss, innerhalb des Rahmens dieser Ursachen, sowohl die Engel als auch die Tiere, die Pflanzen, die unbelebten Dinge und auch die Menschen, nicht um Seines Bedürfnisses Willen in den Dienst, Er ist ja der Schöpfer aller Dinge, sondern um mancher Weisheiten Willen, wie um Seiner Würde und Größe und der Wirkung Seiner Herrschaft willen. Er veranlasst sie dazu, Ihm zu dienen und Ihn anzubeten. Diese vier Arten hat Er zu ganz verschiedenen Aufgaben und zu Seiner Anbetung in Dienst genommen.

 

Erste Art: In unserem Beispiel sind mit den Sklaven die Engel gemeint. Was die Engel betrifft, so gibt es unter ihnen keine Anstrengungen und keine Bemühungen zu ihrer weiteren Entwicklung. Jeder Engel hat eine bestimmte Stellung (maqam) und einen festen Rang. Doch in den ihnen zugewiesenen Tätigkeiten finden sie die ihnen entsprechende Freude. In ihrem Dienst und ihrer Anbetung empfangen sie je nach ihrer Stufe auch ihren Segen. D.h. also, dass der Lohn für ihre Dienste und für ihre Hingabe in ihrem Dienst selbst liegt. Wie der Mensch sich mit Wasser, Luft, Licht und Nahrungsmitteln ernährt und erhält und sie genießt, so ernähren sich die Engel und genießen das Licht, das ihnen aus dem Gottesgedenken, dem Lobpreis, der Danksagung, der Anbetung, der Gotteserkenntnis und der Liebe aufleuchtet. Denn da sie aus dem Licht erschaffen sind, genügt ihnen Licht als alleinige Nahrung. Selbst gute Düfte, die mit dem Licht nahe verwandt sind, gelten ihnen als eine Art Nahrung, die sie gleichfalls zu schätzen wissen.

In der Tat lieben die Guten Geister die guten Gerüche. Des Weiteren empfangen die Engel durch die Tätigkeiten, die sie auf Befehl des Angebeteten verrichten, durch die Arbeiten, die sie in Seinem Auftrag ausführen, durch die Dienste, die sie in Seinem Namen versehen, in Anbetracht der Dinge, die sie mit Seinen Augen betrachten, in der Ehre, die sie in der Verbundenheit mit Ihm erwerben, durch die Reisen, die sie zum Studium Seines Herrschaftsbereiches (Mulk) und des Reiches Seiner Namen (Melekut) unternehmen, in der Begeisterung, die in ihnen bei dem Betrachten der Erscheinungen Seiner Schönheit (Djemal) und Majestät (Djelal) wach wird, eine solch gewaltige Glückseligkeit, dass es der menschliche Verstand nicht zu fassen vermag und die keiner - er sei denn ein Engel - zu wissen vermag.

Ein Teil der Engel obliegt dem Dienst der reinen Anbetung, ein anderer Teil drückt ihren Dienst und ihre Anbetung in ihren Arbeiten aus. Der dem irdischen Dienst verpflichtete Teil Arbeitsengel ist in etwa den Menschen vergleichbar. Sie arbeiten, wenn man das so sagen darf, als eine Art Hirten. Ein anderer Teil arbeitet nach Art der Bauern. Denn die Erde ist gewissermaßen ein gemeinschaftlicher Acker für sie alle. Über alle Tierarten, die auf ihr leben, wacht ein zuständiger Engel unter dem Befehl des majestätischen Schöpfers, mit Seiner Erlaubnis, in Seinem Auftrag, kraft Seiner Macht und Stärke. Eine Stufe unter ihm stehen wieder andere Engel, welche die Hüteengel für nur eine bestimmte Tierart sind. Darüber hinaus ist die Erde auch ein Acker, auf dem alle Pflanzen bestellt werden. Es gibt einen zuständigen Engel, der im Namen Gottes des Gerechten und mit Seiner Kraft über allen wacht. Wieder ein anderer Engel, abermals eine Stufe unter ihm, wacht über nur eine bestimmte Pflanzenart. Solche Engel dienen Gott dem Gerechten auf diese Weise, beten Ihn an, loben und preisen Ihn. Der Erzengel Michael, mit dem Friede sei, gehört zu den Trägern des Thrones der Versorgung (Rezzaqiyet). Er führt unter ihnen die Aufsicht und ist der größte unter ihnen.

Die Engel, die als Bauern und Hirten dienen, sind nicht mit den Menschen zu vergleichen. Denn ihr Aufsichtsdienst geschieht allein im Auftrag Gottes des Gerechten, in Seinem Namen, in Seiner Kraft und in Seinem Auftrag. Ihr Aufsichtsdienst besteht also nur darin, dass sie die Erscheinungen Seiner Herrschaft für die Art, für die sie beauftragt sind, beaufsichtigen, die Erscheinung der Macht und der Barmherzigkeit in dieser Art erkennen, die Befehle Gottes für diese Art sozusagen eingeben und die freien Handlungen dieser Art gewissermaßen ordnen. Und ihr Aufsichtsdienst über die Pflanzen im Acker der Erde besteht insbesondere darin, die Lobpreisungen, die die Pflanzen auf ihre Art darbringen, mit Engelszungen darzustellen und die lebendigen Geschenke, die sie mit ihrem Leben dem majestätischen Schöpfer darbieten, mit Engelszungen zu verkünden und mit den gegebenen Anlagen gut umzugehen und sie auf bestimmte Ziele hin auszurichten, sozusagen zu ordnen.

Diese Dienste der Engel sind eine Art Werk, das sie aus freiem Willen verrichten, ja es ist Gottesdienst und ihre Art der Anbetung. Eine tatsächliche Herrschaft über diese Dinge haben sie aber nicht. Denn alle Dinge sind mit dem besonderen Siegel des Schöpfers aller Dinge versehen. Andere können sich mit ihren Händen nicht an der Schöpfung beteiligen. Das heißt, was die Art Tätigkeit der Engel betrifft, so ist es ihr Dienst und ihre Anbetung, nicht ihre Gewohnheit wie bei den Menschen .

 

Die zweite Art Arbeiter in diesem kosmischen Schloss sind die Tiere. Da die Tiere eine hungrige Seele und ein klein wenig freien Willen haben, können ihre Werke nicht allein um Gottes Willen geschehen. Sie gewinnen dabei in gewissem Grade etwas für ihre Seele. Der Herr des Reiches, dem alle Majestät und Ehre zu Eigen ist (Maliku l-Mulki Dhu l-Djelali ve l-Ikram), schenkt ihnen in Seiner Freigiebigkeit einen Lohn, der schon in ihrer Tätigkeit selbst enthalten ist, um ihrer Seele einen Anteil zu geben. Zum Beispiel: Die uns bekannte Nachtigall, berühmt geworden durch ihre Liebe zu einer Rose, nimmt der allweise Schöpfer in Seinen Dienst. * Er gebraucht sie in fünffacher Absicht:

 

Erstens: Sie ist eine Beauftragte, die im Namen der verschiedenen Tiergattungen die intime Beziehung zu den Pflanzenarten bekannt gibt.

 

Zweitens: Sie ist seitens der Tiere, dieser der Versorgung bedürftigen Gäste des Erbarmens, eine Rednerin des Herrn, beauftragt, die Geschenke, die der freigiebige Versorger schickt, mit Jubelgesang (in Empfang zu nehmen) und ihre Freude darüber zum Ausdruck zu bringen.

 

Drittens: Sie gibt den Pflanzen, welche ihren Artgenossen zu Hilfe gesandt worden sind, vor allen anderen einen guten Empfang.

 

Viertens: Sie teilt den gesegneten Häuptern der Pflanzen um ihrer schönen Gesichter willen die große Bedürftigkeit der Tiere mit, die sich bis zum Grade der Liebe steigert.

 

Fünftens: Sie bringt den anmutigsten Lobgesang, vor der Schwelle der Barmherzigkeit des Herrn des Reiches (Maliku l-Mulk), des Majestätischen (Djelal) in Seiner Vollkommenheit (Djemal) und Gastfreundschaft (Ikram), in der innersten Begeisterung, vor dem anmutigsten Gesicht, wie dem einer Rose, zum Ausdruck.

Außer diesen oben genannten fünf verschiedenen Absichten gibt es auch noch andere Deutungsmöglichkeiten. Diese Deutungsmöglichkeiten und Absichten sind das Ziel des Werkes, das die Nachtigall im Auftrag Gottes des Gerechten, des Gepriesenen, des Erhabenen verrichtet. Die Nachtigall spricht in ihrer eigenen Sprache. Wir verstehen deren Bedeutung aus ihrem melancholischen Gesang. Auch wenn sie die Bedeutung ihres eigenen Gesanges nicht vollständig versteht, hindert dies uns nicht daran, ihn zu verstehen, so wenig wie es auch die Engel und Geister nicht daran hindert. Es ist ja bekannt, dass »Der, welcher hört, besser versteht, als der, der spricht.« Wenn die Nachtigall diese Bedeutungen nicht ausführlich kennt, ist das kein Beweis dafür, dass es sie nicht gibt. Sie tut doch wenigstens gleich der Uhr, wenn sie uns die Stunden anzeigt. Auch sie weiß selbst nicht, dass sie dies tut. Wenn sie es nicht weiß, stört das nicht, wenn du es weißt. Was aber den geringen Lohn betrifft, den die Nachtigall dafür empfängt, so besteht er in der Freude, die sie in der Betrachtung jener schönen und lieblichen, lächelnden Rosen erhält, und in dem Genuss, der ihr im vertrauten Gespräch mit ihnen zuteil wird, wenn sie ihnen ihr Herz ausschüttet. Das heißt, ihr melancholischer Gesang ist nicht die Klage über das Leid der Tiere, sondern eine Danksagung, die aus (dem Empfang) einer Gabe des Erbarmens erwächst.

Vergleiche nun die Nachtigall (als Sprecherin der Vögel) mit der Bienenkönigin (welche gleich der Nachtigall die Sprecherin der Bienen ist), (dem Vertreter) der männlichen Tiere, der Spinnen, der Ameisen und der kleinen und kleinsten Tiere. Jedes von ihnen hat in seinem Tun vielerlei Bedeutungen gleich der Nachtigall. Auch für sie ist als eine kleine Entlohnung die ihnen entsprechende Freude in ihrem Dienst und an ihrem Tun gegeben. Mit dieser Freude erfüllen sie zugleich wichtige Aufgaben in diesem Kleinod des Herrn. So wie ein Mann, der auf einem Schiff des Königs seinen Dienst als Steuermann versieht und dafür seinen Anteil an der Heuer erhält, genauso erhalten auch die Tiere, die im Dienst des Hochgelobten stehen, den ihnen entsprechenden Lohn.

 

Eine Ergänzung zu dem Abschnitt mit der Nachtigall: Gib Acht, dass du nicht etwa denkst, diese Art, bekannt zu machen, zu veröffentlichen und ihren Lobgesang anzustimmen, sei nur typisch für den Schlag der Nachtigall. Vielmehr haben die meisten Tierarten solche Vertreter, die der Nachtigall ähneln. Sie kennen ein oder mehrere besonders prächtige Exemplare, die ihre Art mit all ihren anmutigen Empfindungen, mit ihren anmutigen Lobpreisungen und mit ihren anmutigen Lauten vorstellen. Die Nachtigallen unter den Insekten und den Käfern sind besonders zahl- und artenreich. Sie lassen über den Häuptern aller Tiere, die ein Gehör haben, von dem Kleinsten bis zu dem Größten, ihre Lobpreisungen mit den schönsten Klängen und Lauten hören und erfreuen sie damit. Ein Teil von ihnen sind Nachttiere. Sie sind die Freunde aller kleinen Tiere, die in die Stille der Nacht eingetaucht und auf ihrem Lager ruhen, und sie rezitieren ihnen Lobgedichte. In nächtlicher Stille, während die Schöpfung ihren Atem anhält, tragen sie ihnen mit süßen Worten ihre Lesungen vor. Sie sind wie geistige Pole, um die sich die Einsamen im Kreise versammeln und Gottes im Stillen gedenken. Jeder hört ihnen zu und gedenkt des majestätischen Schöpfers in seinem Herzen und lobt Ihn auf seine Art. Ein anderer Teil von ihnen lebt im Licht und macht am Tage von den Kanzeln der Bäume über den Häuptern aller Lebewesen, im Frühling und im Sommer mit lauter Stimme, mit anmutigen Gesängen und melodischen Lobpreisungen, die Barmherzigkeit des gnädigen Erbarmers bekannt.

Es ist, als ob sie - gleich einem Chorleiter - in einer Dhikr-Feier ihre Zuhörer mit erhobener Stimme in Begeisterung versetzten, sodass jeder von den Hörern in der Sprache seiner Art, mit dem besonderen Klang (seiner eigenen Stimme), des majestätischen Schöpfers zu gedenken beginnt. Das heißt, dass alles Sein und Leben (maudjudat), ja sogar die Sterne ihren Dhikr-Leiter, eine Art lichtstrahlender Nachtigall, haben.

Aber unter allen diesen Nachtigallen ist der Beste, der Würdigste, der Leuchtenste, der Klarste, der Großartigste und der Freigiebigste, der Stimmgewaltigste, der Glänzendste in den Eigenschaften, der Vollständigste im Gottesgedenken, der Umfassendste in der Danksagung, der Vollkommenste in seinem Wesen, der Schönste nach seinem Aussehen, der im Garten des Kosmos, alles Sein im Himmel und auf Erden mit seinen anmutigen Gesängen, seiner voll- und wohltönenden Stimme, mit seinen hohen Lobpreisungen in Begeisterung und in Ekstase versetzt, die ruhmreiche Nachtigall des Menschengeschlechtes und die Nachtigall der Adamssöhne mit dem Qur´an, Mohammed, der Araber.

 

 

»Möge sein und seiner Familie und seiner Gefährten Gebet auf das schönste und seine Hingabe auf das edelste gewürdigt sein!«

Zusammenfassung: Die Tiere, die in dem kosmischen Schloss dienen, folgen in vollkommenem Gehorsam den Befehlen des Seins (den Naturgesetzen) und zeigen den Sinn ihrer Natur (den Plan Gottes) in ihrem schönen Erscheinungsbild und als ein Werk Gottes des Gerechten. Die Aufträge ihres Lebens führen sie auf schönste Art mit der Kraft Gottes des Gerechten aus. Die Lobpreisungen und Gottesdienste, die sie auf diese Weise darbringen, gelten als ihre Gaben und lebendigen Gastgeschenke, die sie dem majestätischen Schöpfer und an der Schwelle dessen, der das Leben schenkt, überreichen.

 

Die dritte Art Arbeiter: Es sind die Pflanzen und die unbelebte Natur. Da sie keine freie Entscheidung haben, können sie auch keine Belohnung erhalten. Ihre Werke sind rein um Allahs Willen und geschehen durch den Willen Gottes des Gerechten, in Seinem Namen, in Seinem Auftrag, in Seiner Macht und Kraft. Beobachtet man jedoch die Reaktion der Pflanzen, so spürt man, dass sie in der Erfüllung ihrer Aufgaben, in der Bestäubung, der Befruchtung, beim Heranwachsen und Reifen ihrer Früchte eine Art von Genuss empfinden. Doch empfinden sie überhaupt keinen Schmerz. Ein Tier, das einen freien Willen hat, empfindet außer Freude auch Schmerz. Da die unbelebte Natur und die Pflanzen bei ihren Tätigkeiten über keinen freien Willen verfügen können, sind ihre Werke viel vollkommener als die Handlungen der Tiere, die im Besitz ihrer freien Entscheidungen sind. Unter denen, die über einen freien Willen verfügen, sind die Werke derer, die gleich der Biene, mit Eingebung und Erleuchtung begnadet sind, weit vollkommener als die Werke derer, die auf ihrem freien Willen bauen.

Auf dem Acker dieser Welt beten alle Pflanzenarten zu dem Allweisen Schöpfer und bitten Ihn im wortlosen Ausdruck ihrer naturgegebenen Anlagen: »Oh Herr! Gib uns die Kraft, überall auf der Erde die Fahne unserer Gattung aufzurichten und so das Königreich Deiner Herrschaft auf unsere Weise zu verkünden. Verleihe uns Erfolg, damit wir in allen Ecken der Moschee dieser Erde Dich anbeten. Schenke uns Kraft, wenn wir uns ausbreiten, wenn wir verreisen wollen, damit wir überall auf dem Ausstellungsort »Erde« die Ornamente Deiner schönen Namen, Deine einzigartigen, hinreißend schönen Kunstwerke in unserer Sprache bekannt machen.«

Der Allweise Schöpfer nimmt ihre Gebete der beabsichtigten Meinung entsprechend an, indem Er den Samen eine Art Flügelchen oder Fallschirmchen von kleinen Federchen gibt, womit sie in alle Richtungen fliegen und sich verbreiten. Im Namen ihrer Gattung lässt Er sie Seine Namen vortragen, (wie die meisten der dornigen Pflanzen und ein Teil der Samen der gelben Blumen). Einem Teil (der Pflanzen) verleiht Er (Früchte) von schönem (fruchtigen) Fleisch, das die Menschen nötig haben und gerne mögen. Er lässt den Menschen ihnen dienlich sein, sodass dieser sie überall anbaut. Manche Samenarten sind unverdaulich und hart wie Knochen. Er überzieht sie mit dem Fruchtfleisch, welches dann die Tiere fressen, und so diese Samen in verschiedene Richtungen verbreiten. Er verleiht manchen auch Häkchen, die sich an jeden anheften, der sie berührt. So kommen sie wieder in eine neue Gegend und pflanzen dort die Fahne ihrer Gattung ein. Sie stellen die einzigartigen Kunstwerke des glorreichen Meisters aus. Einem anderen Teil, wie z.B. einer Pflanzenart, die man »Spritzgurke« nennt, verleiht Er die Kraft einer Schrotflinte. Ist ihre Reifezeit gekommen, fällt ihre Frucht, die Gurke, ab und verschießt ihre Samen wie Schrotkörner mehrere Meter im Umkreis und sät sie (auf diese Weise aus). Sie arbeiten dafür, dass die Leute des majestätischen Schöpfers in vielen Sprachen gedenken und Ihn lobpreisen. Finde noch andere, ähnliche Beispiele.

Der allweise Schöpfer, der Allwissende, der Allmächtige, erschafft alles in vollkommener Ordnung aufs schönste, stattet es aufs schönste aus und richtet es für Seine schönsten Zwecke her, beauftragt es mit den schönsten Aufgaben, lässt es den schönsten Lobpreis darbringen und die Gottesdienste aufs schönste verrichten.

Oh Mensch! Wenn du ein wahrer Mensch bist, lass die Natur, den Zufall, die Sinnlosigkeit, den Irrtum sich nicht in diese schönen Tätigkeiten einmischen; mache (Gottes wunderbare Schöpfung nicht auf diese Weise) hässlich, handle nicht hässlich, werde nicht (selbst dadurch) hässlich.

 

Die vierte Art Arbeiter: Es sind die Menschen. Die Menschen die in diesem kosmischen Schloss eine Art Diener sind, ähneln sowohl den Engeln als auch den Tieren. Der Mensch ähnelt den Engeln in seinem universellen Dienst und in der Anbetung Gottes, in seinem umfangreichen Aufsichtsdienst, in seiner umfassenden Kenntnis und als öffentlicher Ausrufer der Herrschaft Gottes. Ja, der Mensch ist (in seinen Aufgaben) sogar noch vielseitiger. Aber da der Mensch eine Seele hat, die unersättlich und zum Bösen geneigt ist, werden in ihm - im Gegensatz zu den Engeln - sehr bedeutende Vor- und Rückschritte bemerkbar. Da der Mensch durch seine Handlungen eine Freude für seine Seele und auch einen Anteil für sich selbst sucht, gleicht er den Tieren. Weil dies aber so ist, erhält der Mensch auch zweierlei Lohn: Der eine ist für ihn persönlich, leiblich und wird in dieser Zeitlichkeit ausbezahlt. Die andere (Art Lohn) gleicht dem der Engel, umfasst (die Menschheit als) Ganzes, gilt für die Ewigkeit. Nun wurden der Lohn des Menschen für seine Leistung, seine Vor- und Rückschritte schon zum Teil in den vorangegangenen »dreiundzwanzig Worten« erwähnt. Besonders im Elften und Dreiundzwanzigsten (Wort) wurde eingehend darauf hingewiesen. Deswegen kommen wir hier nun zum Ende und schließen die Türe (hinter uns) zu. Wir bitten den gnädigen Erbarmer inständig darum, dass Er die Tore zur Barmherzigkeit für uns öffne, uns bei der Vollendung dieses Wortes führe und uns den Erfolg zum Reisegefährten gewähre. Wir schließen mit der Bitte um Verzeihung unserer Fehler und Nachlässigkeiten.

 

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Vierundzwanzigstes Wort - Fünfter Ast Der fünfte Ast trägt »fünf Früchte«.

 

Erste Frucht: Oh du meine selbstsüchtige Seele! Oh du mein weltanbetender Freund! Liebe ist der Anlass für die Existenz dieses Kosmos. Zudem ist sie das Band dieses Kosmos. Ferner ist sie das Licht dieses Kosmos, und sie ist sein Leben. Da der Mensch die vielseitigste Frucht dieses Kosmos ist, ist die Liebe, die den ganzen Kosmos umhüllen kann, in sein Herz, das der Kern dieser Frucht ist, hineingelegt. Eine solche grenzenlose Liebe kann nur derjenige verdienen, der grenzenlose Vollkommenheit besitzt.

Wohlan denn, oh Seele, oh Freund! Zwei Organe, die dem Menschen Angst und Liebe vermitteln, sind in seiner Natur (fitrat) vorhanden. In jedem Fall, werden diese Liebe und diese Angst entweder auf die Schöpfung oder auf den Schöpfer hin ausgerichtet sein. In Wirklichkeit ist aber die Angst vor der Schöpfung eine leidvolle Plage. Auch ist die Liebe zur Schöpfung (d.h. ihr verfallen zu sein) ein lästiges Unglück. Denn du hast Angst vor denen, die kein Erbarmen mit dir haben oder deine Bitte nicht entgegennehmen. In diesem Zustand ist die Angst eine leidvolle Plage. Was aber die Liebe betrifft, so kennt das, was du liebst, dich entweder nicht und geht, wie deine Jugendzeit und dein Besitztum, ohne ein »Auf Wiedersehen« zu sagen, oder beleidigt dich wegen deiner Liebe. Siehst du denn nicht, dass sich 99 Prozent der weltlichen Liebhaber über ihre Geliebten beschweren? Denn mit dem Innern des Herzens, welches der Spiegel dessen ist, dessen alle und alles bedürfen (Samad), die weltlichen, götzenähnlichen Geliebten anzubeten, ist in den Augen dieser Geliebten hässlich; sie finden es lästig und lehnen es ab. Die natürliche (fitrat) Beschaffenheit lehnt alles ab, was unnatürlich und ungebührlich ist, und verwirft es. (Die sinnliche Liebe soll hier außer Betracht bleiben.) Das heißt, die Dinge, die du liebst, kennen dich entweder nicht oder sie verachten dich oder sie werden dich nicht (für immer) begleiten. Sie werden dich auch gegen deinen Willen verlassen.

Da dies nun einmal so ist, sollst du deine Angst und deine Liebe dem zuwenden, vor dem deine Angst zu wohltuender Hingabe wird. Deine Liebe soll mit einer Freude verbunden sein, die nicht erniedrigt. Sich vor dem majestätischen Schöpfer zu fürchten, heißt in der Tat, einen Weg zu der Liebe Seiner Barmherzigkeit zu finden und bei Ihm seine Zuflucht zu nehmen. Furcht ist eine Peitsche. Sie wirft dich an die Brust Seiner Barmherzigkeit. Bekanntlich macht ja eine Mutter ihrem Kindlein Angst, damit es sich in ihren Schoß flüchtet. Diese Angst ist für ihr Kindlein ganz besonders angenehm. Denn die Barmherzigkeit (shefqat) lässt es sich in ihren Schoß flüchten. In Wirklichkeit gleicht aller Mütter Liebe und Zärtlichkeit einem Blitzstrahl der Barmherzigkeit Gottes. Also liegt in der Gottesfurcht ein überwältigender Wohlgeschmack. Wenn sich in der Gottesfurcht ein solcher Wohlgeschmack findet, wird es offensichtlich, welch ein grenzenloser Wohlgeschmack sich in der Liebe Gottes findet. Des Weiteren rettet sich der, der sich vor Gott fürchtet, vor den erbärmlichen und unheimlichen Ängsten. Und da seine Liebe zur Schöpfung im Auftrag Gottes ist, endet sie auch nicht in Trennung und Leid.

In der Tat liebt der Mensch zuallererst seine eigene Seele, danach seine Verwandten, dann sein Volk, dann die lebendigen Geschöpfe, dann das Universum und die ganze Welt (dunya). Mit jedem dieser Kreise fühlt er sich verbunden. Er freut sich in ihren Freuden und leidet in ihren Leiden. Da aber nun im Tohuwabohu dieser Welt und ihren Wirbelstürmen nichts von Bestand ist, wird des Menschen hilfloses Herz zu allen Zeiten verwundet. Alle Dinge, die an seinen Händen festkleben, reißen ihm die Hände ab, wenn sie von ihm gehen, ja reißen sie ihm in Stücke. Ständig lebt er in seinem Leid oder trunken von seiner Gottvergessenheit. So ist das nun einmal, du meine Seele! Wenn du Verstand hast, sammle alle diese o.g. Arten der Liebe, schenke sie ihrem wahren Eigentümer und rette dich von diesen Leiden. Solch grenzenlose Liebe gebührt dem Herrn grenzenloser Vollkommenheit und Schönheit. In dem Augenblick, in dem du sie ihrem wahren Eigentümer geschenkt hast, in dem Augenblick kannst du alle Dinge in Seinem Namen und als Seine Spiegelungen lieben, ohne (ihretwegen) zu leiden. Das heißt, man soll seine Liebe nicht unmittelbar und direkt an die Schöpfung weggeben. Anderenfalls wird die Liebe, die doch das schönste Geschenk (der Gnade) ist, zu peinvoller Verhöhnung werden.

Bleibt noch ein Aspekt, und das ist der wichtigste, oh Seele! Du gibst deine Liebe für dich selbst aus. Du machst dir deine Seele zu deinem Angebeteten und Geliebten. Alles opferst du deiner Seele. Es ist, als schriebest du dir eine Art Herrschaft zu. In Wirklichkeit ist aber der Grund der Liebe entweder die Vollkommenheit, die als Wesensmerkmal liebenswert ist, oder ein Vorteil, oder Wohlgefallen, oder eine Wohltätigkeit. Aus dergleichen Gründen wird etwas geliebt.

Nun, oh Seele! In einigen »Worten (Sözler)« haben wir schon unwiderlegbar bewiesen, dass dein eigentliches Wesen eine Mischung aus Fehlern, Mangel, Armseligkeit und Schwäche ist, wobei - gleich wie der Grad der Dunkelheit einer Verfinsterung im Vergleich den Glanz des Lichtes zeigt - du durch diesen Gegensatz mit dieser (Mischung) der Vollkommenheit, der Schönheit, der Macht und der Barmherzigkeit des majestätischen Schöpfers einen Spiegel vorhältst. Das heißt, oh Seele! Du sollst deine Seele nicht lieben, sondern als deinen Widersacher behandeln, oder sie voll Mitleid behandeln, oder - nachdem sie innerliche Ruhe (nefsu l-mutma´inna) erlangt hat - liebevoll behandeln. Wolltest du aber deine Seele lieben - denn du bist ja die Quelle allen Wohlbefindens und aller Vorteile, ja von der Freude an deinem Wohlbefinden und deinen Vorteilen geradezu hingerissen - so bevorzuge nicht dein Wohlbefinden und deinen Vorteil, den deine Seele sucht und doch nur einem Fünkchen gleicht, vor grenzenlosem Wohlbefinden und nicht endenden Vorzügen! Werde nicht wie das Glühwürmchen. Denn, in der Einsamkeit seiner Finsternis versenkt es alle seine Freunde und geliebten Dinge, und begnügt sich selbst mit einem Fünkchen. Du sollst den Urewigen Geliebten lieben, denn zu dessen Liebenswürdigkeit gehören mit dem Wohlbefinden und allen Vorteilen für deine Seele auch noch die Geschenke der ganzen Schöpfung und allen Seins, mit dem du verbunden bist, aus deren Vorzügen du deinen Nutzen ziehst und mit deren Glück du glücklich wirst, damit du dich sowohl mit deinem eigenen als auch mit ihrer aller Glück freuen kannst. Des Weiteren kannst du grenzenloses Wohlbefinden, das dir aus deiner Liebe zu dem Absoluten-Vollkommenen erwächst, empfangen.

Deine starke Liebe, die du deiner eigenen Seele zuwendest, die dir um Gottes willen aus Seinem Wesen zuströmt, ist Liebe von ihrem Wesen her, die du aber missbrauchst und für dein eigenes Wesen verausgabst. Zerreiße also nun dieses »Ich« in deiner Seele und zeige das »Er (Hu)«. All deine im ganzen Universum verstreute Liebe ist dir gegeben, als die Liebe zu Seinen Namen und Eigenschaften. Du hast sie missbraucht. Die Strafe dafür hast du dir zugezogen. Denn die Strafe ungebührlicher Liebe, am falschen Platz verausgabt, ist eine unbarmherzige Plage.

Für den urewigen Geliebten, der dir deine Wohnstatt mit seinem Namen der Erbarmer, der Barmherzige und mit Jungfrauen zum Paradies gestaltet, es dir für all deine Wünsche und deine leiblichen Genüsse bereitstellt, der dieses Paradies mit all Seinen weiteren Namen mit ewigen Geschenken für dich ausstattet, um die Wünsche deines Geistes, deines Herzens, deiner meditativen Wahrnehmung, deines Verstandes und all deiner sonstigen feinstofflichen Organe zufrieden zu stellen, der sich in jedem seiner Namen, als den vielen verschiedenen geistigen Schätzen als der Gnädige und Freigiebige erweist, ist ein Fünkchen Seiner Liebe so viel wert wie der ganze Kosmos. Der ganze Kosmos kann auch nicht einem Bruchteil vom Aufscheinen Seiner Liebe gleichkommen. So höre denn nun den urewigen Erlass, den dieser urewige Geliebte (Mahbub) Seinen eigenen Geliebten (Habib) sagen lässt:

 

 

»Wenn ihr Gott liebt, dann folgt mir, damit auch Gott euch liebt!« (Sure 3, 31)

und befolge ihn!

 

Zweite Frucht: Oh Seele! Dienst und Anbetung sind nicht ein erster Schritt in Richtung auf eine spätere Belohnung, sondern die Folgerung auf Grund eines vorangegangenen Geschenks. In der Tat haben wir unsere Belohnung schon erhalten. Dementsprechend sind wir zu Dienst und Anbetung verpflichtet.

Denn, oh Seele! Der majestätische Schöpfer, der dir als lautere Wohltat deinen Körper bekleidet und einen hungrigen Magen gegeben, hat unter Seinem Namen als »der Versorger (Rezzaq)« alle Speisen vor dir auf einer Geschenktafel ausgebreitet. Nachdem Er dir dann ein empfindsames Leben verliehen hat, verlangt auch dieses Leben, genau wie dein Magen danach, versorgt zu werden. Alle deine Sinnesorgane, wie Augen und Ohren, sind wie Hände, vor denen Er die ganze Erde als eine große Tafel voller Geschenke ausgebreitet hat. Nachdem Er dir dann deine Menschlichkeit verliehen hat, die viel Zivilisation, Kultur, Spiritualität erfordert, hat Er vor dem Magen deiner Menschlichkeit eine Tafel voller Gastgeschenke aufgetan, groß wie die Welt der Engel und der Menschen (alem-i mulk ve melekut) und so weit, wie du die Hand deines Verstandes ausstrecken kannst. Nachdem er dir dann als größte Menschlichkeit den Islam und den Glauben, der sich nach zahllosen Geschenken sehnt und der sich von den Früchten der grenzenlosen Barmherzigkeit ernährt, geschenkt, hat Er vor dir eine Tafel voller Geschenke, Glückseligkeit und einen Sinn für den Bereich aller Möglichkeiten, zugleich mit dem der Schönen Namen und dem der Eigenschaften des Heiligen aufgetan. Nachdem Er dir dann die Liebe als ein Licht des Glaubens gegeben, hat Er dir eine Tafel mit Geschenken ohne Ende, Glückseligkeit und Wohlgeschmack zugeeignet. Das also heißt, wenn du auch hinsichtlich deines Körpers ein kleines, schwaches, ohnmächtiges, elendes, abhängiges und beschränktes Wesen bist, so bist du doch durch Seine Gaben von einem kleinen Teilchen zu einer alles umfassenden lichtvollen Ganzheit aufgestiegen. Denn, indem Er dir das Leben verliehen hat, bist du als ein Bruchteil zu einer Art Ganzheit gelangt; indem er dir deine Menschlichkeit verliehen hat, zu einer wahren Ganzheit; indem Er dir den Islam geschenkt hat, zu einer erhabenen und leuchtenden Ganzheit; und indem Er dir die Erkenntnis verliehen hat, ließ Er dich zu dem allumfassenden Licht aufsteigen.

Wohlan, oh Seele! Du hast diesen Lohn schon (im voraus) erhalten. Nun bist du (aber auch zu) einem angenehmen, gnadenvollen, erholsamen, leichten Dienst vor Gott und zu Seiner Anbetung verpflichtet. Doch selbst dafür bist du noch zu träge. Wenn du ihn aber nur halb machst, als reichte der schon zuvor empfangene Lohn nicht aus, so stellst du viel zu große Forderungen. Zudem (versuchst du, Gott) hinzuhalten, wenn du sagst: »Warum ist mein Gebet nicht angenommen worden?« Was dir zusteht, ist zu bitten, nicht (zu versuchen, Gott) hinzuhalten. Gott der Gerechte schenkt dir das Paradies und die ewige Glückseligkeit als Seine lautere Güte und Freigiebigkeit. Darum sollst du auch immer bei Seiner Barmherzigkeit und Freigiebigkeit Zuflucht suchen. Vertraue auf Ihn und höre den folgenden Erlass (ferman):

 

 

»Sprich: Es ist Gottes Huld und Seine Barmherzigkeit, worüber sie sich nun freuen sollen. Das ist besser, als was sie (im Diesseits an Geld und Gut) zusammenbringen.« (Sure 10, 58)

Wenn du sagst: »Wie kann ich solch umfangreichen, grenzenlosen Gastgeschenken mit meinem begrenzten, unvollkommenen Dank entgegnen?«

 

Antwort: Mit einer Absicht, die alles mit einschließt, mit einer grenzenlosen Überzeugung… Zum Beispiel: Ein armer Mann tritt vor seinen Königs mit einem Geschenk im Wert von fünf Pfennigen hin und sieht, die Geschenke, von ehrenwerten Männern gebracht, jedes Millionen wert, dort aufgestellt. Es kommt ihm in den Sinn: »Mein Geschenk ist nichts wert. Was soll ich machen?« Plötzlich sagt er: »Oh mein Herr! Alle diese wertvollen Geschenke biete ich Dir in meinem Namen an. Denn Du bist ihrer würdig. Wenn ich dazu im Stande wäre, wollte ich Dir noch einmal ein Gleiches schenken.« So nimmt dieser König, der überhaupt nichts benötigt und ihre Geschenke nur als Zeichen der Loyalität und Hochachtung seiner Untertanen entgegen nimmt, diese große und alles mit einschließende gute Absicht (niyet), den Wunsch dieses armen Mannes, seine Wertschätzung aus einer guten und edlen Überzeugung heraus, als das größte Geschenk an. Genauso sagt ein Diener in seiner Armseligkeit im Gebet, At-tehiyyatu lillah (alles Gute gebührt Gott). Das heißt: »Die Geschenke, die Dir die Geschöpfe mit ihrem Leben in all seinen Erscheinungsformen (hayat) als Gottesdienst darbringen, möchte ich Dir alle wie mein eigenes Geschenk darbringen. Stünde es in meiner Macht, wollte auch ich Dir darbringen, so viel auch immer ihrer aller Lobpreis entspricht. Zudem gebührt Dir alles, sogar noch mehr als sie Dir darbringen können.« So ist denn diese Absicht und Überzeugung ei-ne alles und jedes umfassende Danksagung. Die Absicht der Pflanzen aber sind ihre Samenkörner und Kerne.

Zum Beispiel hat eine Honigmelone in ihrem Herz tausend Absichten in Form ihrer Kerne. »Oh mein Schöpfer! Ich will die Ornamente Deiner schönen Namen an vielen Stellen der Erde bekannt machen.« Da Gott der Gerechte weiß, wie Dinge künftig kommen werden, nimmt Er ihre Absichten als Gebet an und als einen Dienst, der bereits ausgeführt wurde. »Die innere Absicht (niyet) eines Gläubigen wiegt schwerer, als die Tat«, weist auf dieses Geheimnis hin. Aus diesem Geheimnis heraus wird der Sinn (des folgenden Gebetes) verständlich, Gott in grenzenloser Zahl zu loben und zu preisen, wie:

 

 

»Lobpreis und Dank sei Dir nach Zahl und Maß Deiner Schöpfungen, die Dich zufrieden stellen, die Deinen Thron schmücken, welche die Tinte Deiner Worte sind. So preisen auch wir Dich mit allen Lobpreisungen Deiner Gesandten, Deiner Gottesfreunde und Deiner Engel.«

Des Weiteren bringt zum Beispiel ein Offizier in seinem eigenen Namen dem König alle Dienste seiner Soldaten dar. Genauso sagt ein Mensch, der sich als Offizier der Schöpfung versteht, der über Tiere und Pflanzen das Kommando führt, der im Stande ist, gegenüber allen Existenzen der Erde als Vertreter Gottes (= Kalif) zu erscheinen und der sich in seiner eigenen, persönlichen Welt (d.h. in seinem Leben) allen als Beauftragter vorstellt,

 

 

»Dir allein dienen wir, und zu Dir allein nehmen wir unsere Zuflucht.« (Sure 1, 5)

Er bietet dem Angebeteten in Seiner Majestät (Ma´budu Dhu l-Djelal) alles Gebet, die Dienste und Hilferufe der ganzen Schöpfung wie seine eigenen an. Ferner sagt er:

 

 

»Gepriesen seist Du mit der Gesamtheit aller Lobpreisungen der Schöpfung, in all den Sprachen Deiner Kunstwerke.«

Er lässt die ganze Schöpfung in seinem Auftrag sprechen. Ferner sagt er:

 

 

»Oh Gott, segne Mohammed so viel Mal, nach der Zahl der Bestandteile des Alls und der Anzahl seiner Atome.«

Er bringt Mohammed, mit dem Friede und Segen sei, im Namen aller Dinge seine Segenswünsche dar. Denn alle Dinge stehen mit dem Licht Ahmeds, mit dem Friede und Segen sei, in Verbindung. So verstehe denn den Sinn einer unbegrenzten Anzahl Lobpreisungen Gottes und Segenswünschen für Mohammed, mit dem Friede und Segen sei.

 

Dritte Frucht: Oh Seele! Wünschst du in einer kurzen Lebensspanne ein gutes Werk für das Jenseits im grenzenlosen Maße und möchtest jede einzelne Minute deines Lebens so verdienstvoll wie ein ganzes Leben sehen und würdest gerne deine alltäglichen Gewohnheiten in einen Gottesdienst und deine Gottvergessenheit in Gottbewusstsein umwandeln, dann folge den preisenswürdigen Sitten des Propheten. Denn, wenn du dich der Art und Weise der Scharia entsprechend verhältst, versetzt dich das auf eine Art in Gottes Gegenwart (huzur). Es wird dir zu einer Art Gottesdienst. Es bringt dir im Jenseits viele Früchte. Zum Beispiel: Du hast etwas gekauft. In dem Augenblick, wo du im Handel und Wandel auf die Regeln der Scharia achtest, wird auch der alltägliche An- und Verkauf zu einem Gottesdienst. Diese Erinnerung an die Bestimmungen der Scharia gibt eine Vorstellung von der Offenbarung. Indem du aber an den Gesetzgeber denkst, wendest du dein Antlitz Gott zu. Auch das versetzt dich wiederum in die göttliche Gegenwart. Das heißt also: indem man bei seinen Handlungen den preisenswürdigen Sitten des Propheten entspricht, bringt dieses vergängliche Leben bleibende Frucht und erhält man einen Nutzen, der ein Anlass für ein ewiges Leben wird. Höre den folgenden Erlass (ferman):

 

 

»Darum glaubt an Allah und Seinen Gesandten, den ungelehrten Propheten, der an Gott und Seine Worte glaubt; folgt ihm, damit ihr rechtgeleitet seid!« (Sure 7, 158)

Bemühe dich darum, damit alle schöne Namen Gottes, die segenspendenden Erscheinungen, die sich durch die Bestimmungen der Scharia und den preisenswürdigen Sitten des Propheten zeigen, bei dir erkennbar werden.

 

Vierte Frucht: Oh Seele! Wenn du die Leute der Welt, besonders die Leute der Ausschweifung, besonders aber die Leute des Unglaubens betrachtest, lass dich nicht von dem äußerlichen Schmuck und von den trügerischen, von Gott verbotenen Genüssen, täuschen! Ahme sie auch nicht nach. Denn wenn du sie auch nachahmst, so kannst du doch nicht ihnen gleich werden. Du wirst sehr tief fallen. Du kannst auch kein Tier sein. Denn der Verstand in deinem Kopf wird dir zu einem Instrument, das dir nur noch Unglück bringt. Er wird ständig auf dich einhämmern. Zum Beispiel: Nehmen wir an, in dem großen Saal eines Schlosses befände sich eine riesige elektrische Lampe. Viele kleine Lampen, die mit dieser großen Lampe verbunden und zu ihr parallel geschaltet sind, seien überall in den kleinen Räumen verteilt. Wenn nun jemand den Schalter zu dieser riesigen Lampe umlegt und so das Licht ausschaltet, fallen alle Räume in eine tiefe Dunkelheit und in eine Trostlosigkeit. In allen Räumen eines anderen Schlosses befänden sich ebenfalls kleine elektrische Lampen, die aber nicht mit der riesigen Lampe im großen Saal verbunden seien. Wenn nun der Schlossherr den Schalter zu dieser riesigen elektrischen Lampe umlegt und somit ausschaltete, kann in den übrigen Räumen dennoch Licht sein. Somit kann dort weiter gearbeitet werden. Diebe können keine Gelegenheit finden.

Wohlan denn, oh Seele! Das erste Schloss ist einem Moslem zu vergleichen. Der ehrenwerte Prophet, mit dem Friede und Segen sei, ist in seinem Herzen jener großen elektrischen Lampe (des Schlosses) vergleichbar. Vergäße er ihn jemals, würde er ihn - was Gott verhüten möge! - aus seinem Herzen verbannen, kann er nie mehr einen anderen Propheten annehmen. Ja, es bleibt in seinem Geist kein Platz mehr für irgendeine Art von Vollkommenheit. Ja, er wird noch nicht einmal mehr seinen Herrn anerkennen. In seinem Innersten verfallen alle Stuben, stürzen alle feinstofflichen (Organe) in Finsternis und in seinem Herzen breitet sich eine furchtbare Zerstörung und Trostlosigkeit aus. Was gäbe es denn noch, was du anstelle dieser Zerstörung, dieser Trostlosigkeit gewinnen könntest, um dein Vertrauen zurückzugewinnen! Welchen Vorteil könntest du finden, um nach einer solchen Zerstörung den Schaden noch zu beheben? Dagegen ist das zweite Schloss den Fremdlingen (= Nichtmoslems) zu vergleichen. Auch wenn sie das Licht des Propheten, mit dem Frieden und Segen sei, aus den Herzen verweisen, können nach ihrer Vorstellung dennoch manche Lichter übrigbleiben oder sie stellen sich doch vor, dass sie übrigbleiben könnten. Ihre Art wie Moses oder Jesus, mit denen Friede sei, zu glauben und (von der Existenz) eines Schöpfers überzeugt zu sein, können weiterhin bestehen bleiben und ihren Moralvorstellungen als Quelle dienen.

Oh du eigenwillige Seele (nefsu l-emmare)! Wenn du sagst: »Ich möchte nicht wie ein Fremdling sein. Ich will lieber wie ein Tier sein.« Doch wie viele Male hatte ich dir nicht schon gesagt: »Du kannst nicht wie ein Tier sein. Denn da du Verstand im Kopf hast, schlägt dieser Verstand dir deine vergangenen Leiden und künftigen Ängste um die Ohren, um den Kopf, vor die Augen, ins Gesicht und verprügelt dich damit. Einen Genuss vermischt er dir mit tausend Leiden. Was aber das Tier betrifft, so empfängt es vollkommenen Genuss ohne Leid und freut sich. Daher nimm also zuerst einmal deinen Verstand heraus und wirf ihn von dir, dann erst werde ein Tier! Und weiter fühle dich (durch die folgende Ayah) geohrfeigt:

 

 

»Sie gleichem dem Vieh, ja gehen noch mehr in die Irre als sie.« (Sure 7, 179)

Fünfte Frucht: Oh Seele! Wie wir vielmals gesagt haben ist der Mensch die Frucht am Baume der Schöpfung. Er trägt ein Herz, wie eine Frucht ihren Samenkern, welcher von der Wurzel (d.h. von seinem Ursprung) am weitesten ist, sich umfassend auf den ganzen (Baum) bezieht und die Zusammenschau des Ganzen (djihetu l-vahdet) in sich aufbewahrt. Er ist ein Geschöpf, dessen Gesicht auf Vielfältigkeit, Vergänglichkeit und Weltlichkeit (dunya) hin blickt. Was aber Dienst und Anbetung betrifft, so sind sie ein vereinigender Strang, der sein Gesicht von der Vergänglichkeit zur Ewigkeit, vom Geschaffenen zum Schöpfer, von der Vielheit zur Einheit und vom Endpunkt zum Ausgangspunkt wendet, oder Punkt, wo Anfang und Ende sich berühren.

Angenommen, eine kostbare, mit Bewusstsein begabte Frucht, die als Same bestimmt ist, würde die Lebewesen unter dem Baume betrachten und - stolz auf ihre Schönheit - sich in ihre Hände werfen oder aber nicht Acht geben und herunterfallen, so würde sie ihnen in die Hände fallen, in Stücke zerbrechen und schließlich wie eine ganz gewöhnliche Frucht verloren gehen. Wenn hingegen diese Frucht ihren Stützpunkt erkennt und daran denken könnte, dass der Kern in ihr, welcher eine Zusammenschau (djihetu l-vahdet) des ganzen Baumes in sich enthält, ein Mittel für den Fortbestand des Baumes und die Fortdauer seines Daseins (haqiqat) ist, dann erfährt dieser eine einzige Kern in dieser einen Frucht eine beständige, auf den ganzen (Baum) bezogene Wirklichkeit in einem fortdauernden (baqi) Leben.

Genauso wird auch der Mensch, wenn er sich in der Vielfalt (der Ursachen) verliert, im Dasein (kainat) erstickt, sich betrunken von seiner Liebe zur Welt vom Lächeln alles Vergänglichen (fani) verführen lässt und sich ihr in die Arme wirft, erfährt er auf jeden Fall einen grenzenlosen Verlust. Er stürzt zugleich in die Verlorenheit, die gleich ist mit Vergänglichkeit, gleich ist mit Nichtigkeit. Ferner verurteilt er sich innerlich zu seiner Hinrichtung. Wenn er durch das Ohr des Herzens den Glaubensunterricht mit den Worten des Qur´an hört, seinen Haupt erhebt und sich der Einheit (vahdet) zuwendet, kann er auf der Leiter des Dienstes und der Anbetung Gottes zum Throne der Vollkommenheit emporsteigen. So wird er ein unvergänglicher Mensch.

Oh du meine Seele! Da die Wahrheit nun einmal so ist und du zu dem Volk Abrahams, mit dem der Friede sei, gehörst, sage wie Abraham

 

 

»Ich liebe die nicht, die untergehen.« (Sure 6, 76)

und wende dein Gesicht dem beständigen Geliebten zu und weine so wie ich:

(Die persischen Verse die hier folgen sollten, sind schon im Zweiten Kapitel de »Siebzehnten Wortes« niedergeschrieben worden, weshalb wir sie hier nicht angeführt haben.)

 

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