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Sechzehntes Wort - Spiegelbilder

 

 

»Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen; Sein Befehl ist nur, wenn Er ein Ding will, dass Er zu ihm spricht: Sei! und es ist. Und Preis dem, in dessen Hand die Herrschaft über alle Dinge ist und zu dem ihr dereinst zurückkehren werdet.« (Sure 36, 82-83)

Geschrieben, um meiner Seele Quelle des Glaubens zu sein, wurden hier vier Lichtstrahlen dieser Ayah aufgezeigt, um die Finsternis zu zerstreuen und meiner blinden Seele zur Einsicht zu verhelfen.

 

Erster Strahl: Oh du meine einfältige Seele! Du sagst: »Die Einheit in der Gestalt Gottes im Zusammenhang mit Seiner allumfassenden Wirksamkeit; Seine persönliche Einheit im Zusammenhang mit der Ganzheit Seiner Herrschaft; die Einheitlichkeit in Seiner Autorität im Zusammenhang mit Seiner ungeteilten Verfügungsgewalt, die keinen Teilhaber kennt; Seine Unabhängigkeit vom Raum verbunden mit Seiner Gegenwart an jedem Ort; Seine unendliche Erhabenheit über allen Dingen verbunden mit Seiner Nähe zu ihnen; Seine Einzigkeit im Zusammenhang mit allen Dingen, die Er in Seiner Hand hält; sind Wahrheiten, die sich im Qur´an finden. Der Qur´an ist aber vernunftgemäß. Da er aber vernunftgemäß ist, lädt er dem Verstand nicht Dinge auf, die der Verstand nicht annehmen kann. Der Verstand jedoch sieht hier einen offensichtlichen Widerspruch. Ich möchte eine Erklärung, der sich der Verstand zu unterwerfen vermag.«

 

Antwort: Da dies nun einmal so ist, wollen auch wir, wenn du das um der Stärkung deines Glaubens willen wünschst, gestützt auf den Segen des Qur´an, sagen: Der Name »Nur (Licht)« hat viele unserer Schwierigkeiten aufgelöst. Er wird mit Gottes Hilfe auch diese lösen. Wir wollen dazu den Weg eines Gleichnisses wählen, um dem Verstand Klarheit und dem Herzen Erleuchtung zu bringen, und sagen so, gleich wie Imam Rabbani (Gottes Wohlgefallen sei mit ihm):

 

 

»Ich bin weder die Nacht, noch liebe ich die Nacht. Ich bin ein Verehrer der Sonne und bringe von der Sonne Kunde.« (Orig. pers.)

Da ein Gleichnis der klarste Spiegel für das Wunder des Qur´an ist, wollen auch wir dieses Geheimnis in einem Gleichnis betrachten. Es ist dies wie folgt:

Ein einzelnes Wesen oder Objekt erhält durch Reflektion eine Beziehung zu der Gesamtheit seiner Gegenobjekte. Obwohl es nur ein einzelnes konkretes Objekt ist, beherrscht es dennoch, einem Oberbegriff vergleichbar, alle anderen Objekte. Zum Beispiel: Obwohl die Sonne ein konkretes Objekt ist, nimmt sie dennoch auf alle reflektierenden Gegenstände einen solchen allgemeinen Einfluss, dass sie mit all ihren Erscheinungsweisen und Spiegelungen das Antlitz der Erde erfüllt. Ja die Erscheinungsformen sind so zahlreich wie die Tröpfchen und glänzenden Stäubchen. Dabei umfassen die Hitze, das Licht der Sonne und die sieben Farben, die in ihren Strahlen enthalten sind, ein jedes Ding, umgeben und umhüllen es und gleichzeitig nimmt jedes durchscheinende Ding mit dem Bild der Sonne auch deren Wärme, ihr Licht und ihre siebenfarbigen Strahlen in sich auf und hütet sie gleich einem Augapfel. In seinem klaren Herzen bereitet es ihr einen Thron. Das heißt, so wie die Sonne mit ihrer Gegenwart alle die Dinge umfasst, denen sie begegnet, so findet sich auch in jedem Ding mit all den vielen Eigenschaften der Sonne durch ihre wesensgemäße Einheit gewissermaßen eine Erscheinung ihrer selbst. So sind wir denn über das Gleichnis von den Reflexionen zu deren Thematik vorgedrungen und wollen nun unter den vielen Arten der Reflexion auf jene drei Arten hinweisen, welche die Quelle zu diesen Beispielen sind.

 

Erstens: Es sind Reflexionen der opaken, nicht glänzenden materiellen Dinge. Ihr Spiegelbild ist sowohl von ihnen verschieden, also nicht das Original, als auch leblos und tot. Es besitzt außer seiner eigenen Bildidentität keine originäre Eigenschaft. Wenn du * zum Beispiel in ein Spiegelkabinett hineingehst, werden aus einem Said tausende Said. Doch du allein bist wirklich und richtig lebendig. Alle anderen sind es nicht wirklich und richtig. Die Eigenschaften alles Lebendigen sind in ihnen nicht.

 

Zweitens: Es sind die Reflexionen der lichtausstrahlenden materiellen Dinge. Ihr Spiegelbild ist nicht das Original selbst, in seiner Art jedoch auch nicht von ihm unterschieden. Es umfasst nicht das Wesen, besitzt jedoch die meisten Eigenschaften der Lichter. Es wird wie diese zum wirklichen Dasein hinzugezählt. Zum Beispiel: Die Sonne scheint auf die Erde. Sie zeigt in jedem Spiegel ihr Bild. In jedem Spiegel finden sich das Licht und die sieben Farben ihrer Strahlen, wie sie für die Sonne typisch sind. Nehmen wir einmal den unmöglichen Fall an, dass die Sonne ein bewusstseintragendes Wesen wäre. Ihre Wärme wäre ihre Macht, ihr Licht wäre ihr Wissen und die sieben Farben ihre sieben Sinne. Diese eine und einzigartige Sonne findet sich in gleicher Zeit in jedem Spiegel wieder und könnte jeden Einzelnen zu ihrem Thron oder zu einer Art von Telefon machen. Es gäbe dann zwischen ihnen keine Störungen. Die Sonne könnte sich mit jedem von uns durch einen solchen Spiegel unterhalten. Während wir von ihr weit entfernt sind, würde sie zu uns kommen, näher als wir zu uns selbst kommen.

 

Drittens: Es sind die Widerspieglungen der lichtvollen Geister. Ihr Spiegelbild ist zugleich auch ihr Ebenbild und hat überdies auch ein eigenes Dasein. Da ihre Erscheinung aber von der Beschaffenheit der Spiegel abhängig ist, stimmt sie mit dem Wesen, das der Natur ihres Geistes zu Grunde liegt, nicht ganz überein. Zum Beispiel: Als der Erzengel Gabriel, mit dem der Friede sei, in der Gestalt von Dihye (= Name eines Jüngers des Propheten Mohammed) vor unserem Propheten stand, warf er sich gleichzeitig auch vor der Gegenwart Gottes am gewaltigen Thron mit seinen prächtigen Flügeln nieder. Überdies befand er sich währenddessen auch an zahllosen anderen Orten und verkündete die Gebote Gottes. Die eine Aufgabe behindert eine andere Aufgabe nicht. Es ist also auf Grund dieses Geheimnisses, dass der Ehrenwerte Prophet, mit dem Friede und Segen sei, der in seinem Wesen und der Ausstrahlung seiner Persönlichkeit nach Licht ist, alle die Segensgebete seiner Gemeinden in der ganzen Welt zu gleicher Zeit hören kann und bei der Auferstehung allen Heiligen im selben Augenblick begegnen wird. Dabei wird es keine Interferenzen geben.

Es gibt unter den Heiligen sogar eine Gruppe, die man »ebdal (Ausgetauschte)« nennt und deren Ausstrahlung sich so machtvoll zu entfalten vermag, dass man sie gleichzeitig an mehreren Orten wahrnehmen kann. Man sagt, dass dabei dieselbe Person ganz verschiedene Dienste versieht. So wie in der Tat ein Körper aus Glas, Wasser oder ähnlicher Materie zum Spiegel wird, genauso werden für die Geistwesen auch die Luft, der Äther und manche Gestalten der Traumwelt zu einem Empfangsspiegel und damit zu einem blitz- und gedankenschnellen Land- und Seefahrzeug. Diese Geistwesen bewegen sich mit Gedankengeschwindigkeit in einen solchen klaren Spiegel hinein, verkörpern sich darin, nehmen Wohnung in diesem Körper, bewegen sich mit dieser ihrer feinstofflichen Wohnung. Sie können sich auch an tausenden von Orten gleichzeitig einfinden.

Es können also Geschöpfe, die in ihrem Dienst derart abhängig und in ihren Fähigkeiten so begrenzt sind wie die Sonne, und Wesen, die von materiellen Bedingungen abhängig sind und deren Licht nur geborgt ist, während sie in ihrer Lichtnatur an dem einen Ort lokalisiert sind, sich an sehr vielen anderen Orten einfinden. Sie sind zwar ein abhängiger Bestandteil der Schöpfung, können aber einen vollkommenen Einfluss auf eine Ganzheit ausüben. Zu gleicher Zeit können sie mit ihrem kleinen Anteil Entscheidungsfreiheit sehr viele Aufgaben erfüllen.

Ja, welches Ding vermöchte sich wohl der Zuwendung des Einen, in dessen Eigenschaften ein alles beherrschender Wille, vollkommene Macht und ein alles umfassendes Wissen aufscheinen und sich in Seinem Wirken offenbaren, dem Hochheiligen, der unabhängig ist von der Materie und erhaben über sie, der frei und ledig ist aller Fesseln der Begrenzung und der Undurchdringlichkeit der Finsternis, für den alle diese Lichter, die leuchtenden Dinge und erleuchteten Wesen nur einen dichten Schatten vor dem Lichtglanz Seiner heiligen Namen bilden, für den das ganze Sein und alles Leben, die Welt der Geister und die Welt der Träume nur ein zur Hälfte blinder Spiegel Seiner Herrlichkeit ist, dessen Eigenschaften allumfassend und dessen Wirken alldurchdringend ist, zu entziehen, welches Werk Ihm schwer werden, welches Ding sich vor Ihm verstecken, welche Einzelheit fern von Ihm bleiben, welcher Mensch sich Ihm nähern, ohne dabei ein Ganzes zu werden?

So ist dir denn die Sonne in der Tat durch ihr unbegrenztes Licht nahe, ja dir durch ihr immaterielles Spiegelbild näher verbunden als dein Augapfel, während du in deiner Begrenztheit weit von ihr entfernt bist. Um sich ihr zu nähern, musst du dich von vielen Bindungen lösen und noch viele Stufen zu deiner Ganzwerdung übersteigen. Du musst gleichsam innerlich zur Größe der Erde heranwachsen, dich bis zum Mond erheben. Erst dann kannst du der Sonne unmittelbar gegenübertreten, dich ihr im Grade ihrer ureigenen Stufe nähern und ihr ohne Schleier begegnen. Genauso ist dir auch der Schöne, der Glorreiche, der Herr der Herrlichkeit, der Herr aller Vollkommenheit ganz nahe. Du bist von Ihm weit entfernt.

So du über die Kraft des Herzens und die Erhabenheit des Geistes verfügst, bemühe dich die einzelnen Absätze in unserem Gleichnis der Wahrheit entsprechend auszudeuten!

 

Zweiter Strahl: Oh du unverständige Seele! Du sagst: Solche Ayat wie

 

 

»Führwahr, die Sache Gottes ist dies: Wenn Er ein Ding will, sagt Er dazu nur: Sei!, dann ist es.« (Sure 36, 82)

und ferner:

 

 

»Es wird nur ein einziger Posaunenstoß sein, und siehe da, sie alle sind vor uns gebracht.« (Sure 36, 53)

besagen, dass die Dinge einzig auf Seinen Befehl hin unmittelbar ins Dasein treten. Dagegen besagen aber solche Ayat wie

 

 

»Das Werk Allahs, der alle Dinge ordnet!« (Sure 27, 88)

und

 

 

»Er schuf alle Dinge in bester Form.« (Sure 32, 7)

dass die Dinge durch eine gewaltige Macht mit einer genauen Kenntnis und durch eine feinsinnige Kunstfertigkeit gepaart mit Weisheit stufenweise ins Dasein treten. Wie lassen sich diese beiden Gesichtspunkte miteinander vereinbaren?

 

Antwort: Wir schöpfen aus dem Gnadenstrom des Qur´an und sagen:

 

Erstens, hier ist kein Widerspruch. Bei einem Teil ist es gleich einer Erschaffung aus dem Nichts. Bei einem anderen Teil ist es gleich einer Entfaltung entsprechend einem Vorbild.

 

Zweitens: Die unendliche Wohlgeordnetheit, die große Zielgerichtetheit, die künstlerische Schönheit und Vollkommenheit, die wir in der Natur bezeugen, trotz aller mühelosen Schnelligkeit, Leichtigkeit, Vielfalt und weltweiten Verbreitung alles Lebendigen legen für die mit diesen beiden verschiedenen Arten von Ayat gegebene Wahrheit beredtes Zeugnis ab. Wenn dies aber so ist, dann erübrigt es sich, über ihre Bewahrheitung zu disputieren. Vielmehr lässt sich lediglich fragen: »Was ist die tiefere Weisheit?« Da dies aber so ist, wollen auch wir auf diese Weisheit mit einem vergleichenden Beispiel einen Hinweis geben.

Ein Handwerker, z.B. ein Schneider, kreiert mit viel Fleiß und Geschick ein Meisterwerk und entwickelt es zu einem Musterexemplar. Danach kann er dann schnell und leicht weitere Modelle herstellen. Ja, diese Leichtigkeit entwickelt sich manchmal in einem solchen Maße, dass es scheint, als gehorchten ihm die Dinge und er erlangt auf diese Weise ein leistungsstarkes Gleichmaß. Es ist wie bei einer Uhr, die sich auf Knopfdruck einschaltet und läuft. Genauso auch hat der allweise Baumeister und allwissende Architekt dieses Weltenschloss mit allen seinen Ausstattungen in schönster Form aufgebaut und sodann für alle Dinge, kleine wie große, für ihre Teile wie für ihr Ganzes, in vorausschauender Ordnung ein Maß als Muster festgesetzt. Siehe, so erschafft denn dieser urewige Architekt ein jedes Jahrhundert gleich einem Modell, schmückt es mit den Wundern Seiner Macht und bekleidet es mit einer neuen Welt. Er nimmt jedes Jahr als ein Maß an und näht nach dessen Größe eine frische Welt, verziert sie mit den Wunderwerken Seiner Barmherzigkeit. Er macht jeden einzelnen Tag zu einer Zeile und schreibt darauf ganz neue Existenzen, geschmückt mit den Feinheiten Seiner Weisheit. Der Allmächtige macht jedes Jahrhundert, jedes Jahr, jeden einzelnen Tag zu einem Modell und gestaltet zudem auch jeden einzelnen Berg, jede Wüste, die Obst- und Gemüsegärten und jeden Baum auf Erden zu einem Modell. Von Zeit zu Zeit schafft Er ganz frische Schöpfungen auf dem Erdboden und bringt je eine neue Welt ins Dasein. Er nimmt je eine Welt weg und ersetzt sie durch eine andere wohlgestaltete Welt. In jeder Jahreszeit stellt Er in jedem Obst- und Gemüsegarten immer wieder ganz neue Wunderwerke Seiner Macht und Geschenke Seiner Barmherzigkeit aus. Er schreibt je ein weisheitsvolles Buch. Er schafft in Seinem Erbarmen immer wieder eine neue Küche. Er lässt immer ein neues kunstvolles Kleid anziehen. In jedem Frühling lässt Er jeden Baum mit einem Umhang aus Seidenbrokat frisch bekleiden. Er verziert ihn ganz neu mit Schmuckstücken, die Perlen gleichen. Er füllt ihm die Hände mit sternengleichen Geschenken Seiner Barmherzigkeit. Also ist derjenige, der diese Tätigkeiten in schönster Kunstfertigkeit und vollkommener Wohlgeordnetheit vollbringt, und der diese Wunderwelten, die durch das Seil der Zeit miteinander verbunden, einander ablösen, mit unendlicher Weisheit und Güte, mit vollkommener Macht und Kunstfertigkeit wechselt, mit Sicherheit allmächtig und allweise. Er ist es, der alles sieht, der Allwissende. Für den Zufall ist in Gottes Werken kein Platz. So ist denn Er allein der Herr der Herrlichkeit, der gesprochen hat:

 

 

»Führwahr, die Sache Gottes ist dies: Wenn Er ein Ding will, sagt Er dazu nur: Sei!, dann ist es.« (Sure 36, 82) »Und die Angelegenheit »der Stunde« ist nur wie ein Augenblick oder noch kürzer.« (Sure 16, 77)

So verkündet Er denn zugleich die Vollkommenheit Seiner Macht und erklärt zugleich, dass Auferstehung und Wiederversammlung im Verhältnis zu Seiner Macht ganz leicht und ohne Mühe sind. Durch den Qur´an, dessen Verkündung ein Wunder ist, sagt Er, dass die Angelegenheiten auf einen bloßen Befehl hin zu Stande kommen. Damit will Er ausdrücken, dass Seine Tätigkeiten in der Schöpfung, die Macht und Entscheidungswille beinhalten, und dass alle Gegenstände Seinen Befehlen unterworfen und folgsam sind und dass Er alle Dinge in einer absoluten Leichtigkeit ins Dasein ruft, weil Er sie ohne Mühe und Anstrengung erschafft.

 

Schlusswort: Manche Ayat bringen die künstlerische Schönheit und vollkommene Weisheit in den Dingen, besonders am Anfang ihrer Erschaffung zum Ausdruck. Ein anderer Teil der Ayat erklärt im äußersten Grade die Leichtigkeit und Geschwindigkeit und außerordentliche Unterwerfung und Mühelosigkeit in den Dingen, besonders bei ihrer Wiedererschaffung und Wiederherstellung.

 

Dritter Strahl: Oh du meine Seele, die du mit deinen Einwänden deine Grenzen überschreitest! Du sagst: Solche Ayat wie:

 

 

»Und Preis dem, in dessen Hand die Herrschaft über alle Dinge ist!« (Sure 36, 83) »...Es gibt kein Tier auf Erden, das Er nicht an seinem Schopf hielte.« (Sure 11, 56) »...denn Wir sind ihm (dem Menschen) näher als seine Halsschlagader.« (Sure 50, 16)

zeigen uns, in welch unendlichem Maße Gott uns nahe ist.

 

 

»...und zu Ihm werdet ihr zurückkehren!« (Sure 2, 245) »Zu Ihm steigen die Engel und der Geist empor an einem Tag, dessen Maß fünfzigtausend Jahre ist.« (Sure 70, 4)

Zu diesen Ayat wird außerdem noch in einer Hadith erwähnt: »Gott, der Gerechte, ist hinter siebzigtausend Schleiern verborgen.«

Dergleichen Wahrheiten wie Mi´rac (Himmelfahrt des Propheten Md.) zeigen, in welch unendlichem Maße wir von Gott entfernt sind. Ich möchte eine Erklärung geben, die dieses unzugängliche Geheimnis dem Verstand zugänglicher macht.

 

Antwort: So höre denn:

 

Zum ersten: Wir hatten im letzten Teil des Ersten Strahls gesagt: Während die Sonne dir durch ihr unbegrenztes Licht und in ihrem immateriellen Spiegelbild nahe ist, ja näher noch durch deine Augen, in denen sie sich spiegelt und die deiner Seele Fenster sind, bist du in deiner Begrenztheit und materiellen Verhaftung weit von ihr entfernt. Du kannst nur einen Teil ihres blendend hellen wie ihres schattenhaften Lichtes zu schauen trachten, nur mit einer Art ihrer Erscheinungen, einem Teil ihrer Manifestationen in Berührung kommen, nur in wenigen Farben, die ihre Eigenschaften sind, nur in einzelnen Strahlen, die ihren Namen gleichen, und nur in einem kleinen Teil dessen, was sie bescheint, ihr nahe kommen. Wenn du dich der Sonne auf ihrer ureigenen Stufe nähern und ihrer Persönlichkeit in deiner eigenen Persönlichkeit auf dem geraden Weg unmittelbar begegnen möchtest, musst du dich von vielen Bindungen lösen und noch viele Stufen zu deiner Ganzwerdung übersteigen. Du musst gleichsam durch diese innerliche Loslösung zur Größe der Erde heranwachsen, dich ähnlich der Luft ausdehnen, mit deinem Geiste in Raum und Zeit verbreiten und dich bis zum Mond emporschwingen, dem Mond gleich der Sonne gegenübertreten. Dann erst kannst du ihr selbst ohne Schleier begegnen, gewissermaßen den Anspruch erheben, ihr begegnet zu sein.

Genauso ist dieser Vollkommene in Seiner Majestät, dieser Herrliche ohnegleichen, Er, dessen Dasein eine Notwendigkeit ist, der alle Existenzen ins Dasein ruft, diese immerwährende Sonne, dieser Sultan von Ewigkeit zu Ewigkeit dir näher, als du es dir selbst bist. Du jedoch bist von Ihm unendlich entfernt. Besitzt du genügend Geistesstärke, bemühe dich unser Gleichnis in seinen Einzelheiten auszudeuten.

 

Zweitens: Zum Beispiel:

 

 

»Bei Gott sind die erhabensten Gleichnissen!« (Sure 16, 60)

Ein König kann unter vielen verschiedenen Namen auftreten, zum Beispiel als Oberbefehlshaber in den vielen einander übergeordneten Rängen. Er hat Einfluss und Geltung vom obersten Befehlsbereich des Kriegsministers über den Marschall, den General, den Hauptmann bis zum Feldwebel hinunter in allen weiten und engen, großen und kleinen Bereichen. Demnach erkennt ein einfacher Soldat in dem kleinen Zuständigkeitsbereich, dem sein Feldwebel dem Range nach vorsteht, die für ihn maßgebliche Kommandostelle und tritt über diesen kleinen Geltungsbereich mit dem obersten Befehlshaber in Kontakt und Berührung. Wollte er mit dem Träger des ursprünglichen Namens in Kontakt treten, ihm unter dessen Namen gegenübertreten, müsste er die ganze Stufenleiter vom Feldwebel bis zum Kriegsminister emporklimmen. Das heißt, dass der König diesem einfachen Soldaten im Namen des Königs, seiner Herrschaft, seines Gesetzes, Kraft seines Wissens, per Telefon, durch seine Maßnahmen, ja sollte dieser König ein Heiliger von der lichten Ausstrahlung eines Ebdal sein, in seiner persönlichen Gegenwart sehr nahe ist. Nichts kann ein Hindernis für ihn sein, einen Schirm gegen ihn bilden. Der einfache Soldat ist jedoch sehr fern von ihm. Tausende von Zwischenstufen trennen ihn von ihm, tausende von Schleiern scheiden sie voneinander. Manchmal jedoch erweist er ihm entgegen seiner Gewohnheit sein Erbarmen und ruft einen einfachen Soldaten in seine Gegenwart, erweist ihm seine Huld.

Genauso auch: Während der Herr, der Majestätische, der den Befehl

 

 

»Sei! Und es ist.« (Sure 2, 117)

erlässt, und dem gegenüber Sonnen und Sterne befehlsbereiten Soldaten gleichen, ihnen und allem noch näher ist, als sie es sich selbst sind, ist jedoch alles sehr fern von Ihm. Wer da vor Seine Gegenwart treten, Seine gewaltige Größe unverschleiert schauen wollte, der müsste siebzigmal tausende Schleier, die dunklen wie auch solche aus Licht, die der Schöpfung und ihrer vordergründigen Betrachtungsweise, auch die Seiner Namen und Attribute überwinden, mit jedem Namen tausende Stufen Seiner besonderen und allgemeinen Erscheinungsformen überschreiten, alle diese so hohen Stufen Seiner Attribute hinter sich lassen, bis er zu dem gewaltigen Thron emporsteigen könnte, in dem Sein gewaltiger Name sichtbar wird. Wäre da nicht Er es, der ihn zu sich zieht und ihm Seine Huld erweist, er müsste sich tausende von Jahren darum bemühen und den geistigen Weg einschlagen. Wolltest du dich Ihm z.B. in Seinem Namen »Schöpfer« nähern, müsstest du zunächst mit Ihm als deinem persönlichen Schöpfer, sodann mit Ihm unter dem Aspekt des Schöpfers der ganzen Menschheit, sodann mit Ihm unter dem Namen des Schöpfers alles Lebendigen, sodann mit Ihm unter der Bezeichnung des Schöpfers alles Geschaffenen in Verbindung treten. Anderenfalls bleibt die Offenbarung, die dir zuteil wird, nur winzig und schattenhaft.

 

Vierter Strahl: Oh meine faule Seele! Die Wahrheit über das Gebet, welches eine Art Himmelfahrt ist, besteht wie in dem obenerwähnten Gleichnis darin, dass du gleich einem einfachen Soldaten, der zum Erweis seiner lauteren Huld in die Audienz seines Königs gerufen wird, gleichfalls zum Erweis Seines Erbarmens zur Gegenwart des Herrn der Herrlichkeit und zur Anbetung des Herrn in Seiner vollkommenen Schönheit gerufen bist. Es besteht darin, »Allahu Ekber« zu sagen, mit Herz und Verstand oder doch in seiner Absicht die beiden Welten zu überschreiten, sich von den materiellen Bindungen freizumachen, zu einer Stufe ganzheitlicher Anbetung, oder doch zu einem Schatten oder Abbild der Ganzheit emporzusteigen und so gleichsam der Ehre Seiner Gegenwart teilhaftig zu werden. Und es ist ein überwältigendes Erlebnis, was jeder nach seiner Fähigkeit erfahren kann, wenn er Gott mit den Worten anspricht:

 

 

»Dich allein beten wir an!« (Sure 1, 5)

Bei den Bewegungen während des Gebetes immer wieder »Allahu Ekber, Allahu Ekber« zu sagen, ist gewissermaßen ein Hinweis auf die Stufen, die man hinter sich lässt, auf den geistigen Fortschritt und darauf, dass man aus einem kleineren Bereich in einen allumfassenden Bereich hinüberschreitet und es ist eine Bezeichnung, in der Seine Größe in ihrer Vollkommenheit über all unser Begreifen hinaus zusammengefasst wird. Es ist gewissermaßen ein jedes »Allahu Ekber« ein Zeichen für die Stufen, die wir gleich einer Himmelfahrt hinter uns zurücklassen.

So bedeutet denn, einen Strahl dieser Wahrheit über das Gebet, dem Geist oder dem Sinne nach, in der Vorstellung oder im Traum auch nur schattenhaft zu erfahren, hohe Glückseligkeit. So ist es denn dieses Geheimnis, welches die Pilger während der Wallfahrt so oft »Allahu Ekber« ausrufen lässt. Denn die heilige Pilgerfahrt ist im Grunde genommen für jeden ein Dienst und seine Form der Anbetung auf einer alles umfassenden Stufe. Es ist, als ob ein Soldat an einem besonderen Tage, wie einem Festtag, genauso wie ein General mit dem ganzen Stab zum Fest des Königs geht und seine Huld empfängt. Genauso tritt auch der schlichteste Pilgersmann gleich einem Heiligen, der die letzte Stufe hinter sich gelassen hat, vor das Antlitz seines Herrn und Ihm unter Seinem Titel »gewaltiger Herr aller Enden der Erde« gegenüber. Ihm wird die Ehre eines vollendeten Dienstes und einer allumfassenden Anbetung zuteil. Sicherlich wird das Feuer der Begeisterung darüber, dass sich ihm durch seine Wallfahrt die ganze Stufenleiter bis zum Throne der Herrschaft Gottes geöffnet hat, dass ihm die überwältigenden, alles umschließenden, göttlichen Horizonte gleichsam wie durch ein Fernglas erschaubar geworden sind, dass sich ihm in Herz und Sinn durch dieses Erkennungszeichen das Bewusstsein für den Umfang des Bereiches, in dem alles Gott dient und Ihn anbetet, allmählich erweitert, wird der heilige Schauer und die Ehrfurcht einflößende Majestät, die sich ihm vor den Stufen Seiner Größe und an den Horizonten Seiner Erscheinung enthüllt, mit dem Ausruf »Allahu Ekber! Allahu Ekber!« seinen befriedigenden Ausdruck finden und so wird der Pilger von dieser stufenweisen Enthüllung, die er innerlich bezeugt und erfahren hat, Kunde geben.

Dieser Sinn findet sich unterschiedlich abgestuft je nach Erhabenheit und Umfang zunächst bei der Pilgerfahrt, dann auf unterschiedlichen Stufen in den Festgebeten, in dem Gebet um den Regen, in den Gebeten zur Zeit einer Sonnen- und Mondfinsternis, und in den Gebeten, die man in der Gemeinschaft verrichtet. Aus diesem Geheimnis erhellt die Bedeutsamkeit der islamischen Erkennungszeichen, auch wenn sie als nur traditionell eingestuft werden.

 

 

»Preis dem, der zwischen Qaf und Nun Seine Schätze ausgebreitet hat.« »Und Preis dem, in dessen Hand das Wesen aller Dinge ist! Und zu Ihm kehrt ihr zurück.« (Sure 36, 83) »Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du uns gelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32) »Unser Herr, ziehe uns nicht zur Rechenschaft wegen unserer Fehler und dem, was wir durch unsere Vergesslichkeit unterlassen haben.« (Sure 2, 286) »Unser Herr, lass unsere Herzen nicht mehr irregehen, da Du uns geleitet hast, und gib uns Deine Barmherzigkeit! Fürwahr, Du bist der Geber.« (Sure 3, 8) »Und Friede und Segen sei mit Deinem ehrwürdigen Botschafter, dem, der die Manifestationen Deiner gewaltigen Namen erfahren durfte, und mit seiner Familie und seinen Gefährten und (Glaubens)brüdern und seiner ganzen Gefolgschaft. Amin, Oh Du, der Barmherzigste aller Barmherzigen!«

 

 

Ein kurzer Anhang Der Allmächtige, der Allwissende, der Allweise, der Schöpfer, zeigt Seine Macht und Weisheit in der Regelmäßigkeit und Wohlgeordnetheit, welche in Seinen Gewohnheiten, den Naturgesetzen, Form angenommen hat, und äußert sich darin, dass in Seinen Werken niemals ein Zufall auftreten kann. Er zeigt auch in den Abweichungen von Seinen Gesetzen, in solchen wunderbaren Umgehungen Seiner Gewohnheiten, also der Naturgesetze, in den äußerlichen Veränderungen, in der Vielfalt der Gestaltung, im Wechsel der Gezeiten, von Aufgang und Untergang, von Aufstieg und Niedergang Seinen Willen, Seine Entscheidungsfreiheit, Seine Handlungsfreiheit, Seine Ermessensfreiheit, die an keine Bedingungen geknüpft ist. So zerreißt Er den Schleier des Gleichmaßes und verkündet, dass alles jederzeit, in allen Dingen und unter allen Umständen Seiner bedarf und Seiner Herrschaft unterworfen ist, um so aus der Gottvergessenheit wachzurütteln und die Blicke der Menschen und Dschinnen von den Ursachen weg auf Gott, den Verursacher aller Ursachen, hinzulenken. Die Erklärung des Qur´an fußt auf dieser Grundlage.

 

Zum Beispiel: In den meisten Gegenden bringt ein Teil der Obstbäume in dem einen Jahr Früchte hervor, das heißt, sie werden aus der Schatzkammer der Barmherzigkeit in die Hände der Bäume gegeben, sie uns zu geben. Im anderen Jahr bringt uns der selbe Baum keine Früchte, obwohl alle äußeren Ursachen die gleichen sind.

 

Ein weiteres Beispiel: Im Gegensatz zu anderen wichtigen Ereignissen ist das Kommen des Regens so unbestimmt, dass man es zu den fünf unberechenbaren Dingen zählt. Denn in unserem Dasein stehen das Leben und seine Fülle an oberster Stelle. Was aber den Regen betrifft, so wird er sicherlich, weil er die Quelle des Lebens und dessen reinste Fülle ist, als Wasser des Lebens und Strom der Fülle nicht unter das Gesetz des Gleichmaßes eingeordnet werden, welches zu Gottvergessenheit führen und zu einem Vorhang werden könnte, vielmehr wird der Herr aller Gnaden, der Lebensspender, der Herr der Herrlichkeit ihn nach der Fülle Seines Erbarmens unmittelbar und unverborgen in Seiner Hand halten, damit die Pforten für Bitt- und Dankgebet alle Zeit geöffnet bleiben mögen.

 

Ein weiteres Beispiel: Die Ausformung einer bestimmten Gestalt und die Versorgung mit allem Notwendigen, wie sie auf unerwartete Weise gleich einem unverdienten Gnadengeschenk geschieht, zeigen ganz besonders schön die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit des Herrn. Vergleiche damit auch noch andere Taten Gottes, ähnlich denen, wie Er sich die Lüfte dienstbar macht und über die Wolken verfügt.

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