Zum Inhalt springen
Qries Qries Qries Qries Qries Qries

Empfohlene Beiträge

Neuntes Wort

 

«Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen; Und lobpreiset Allah, wenn es Abendzeit ist und wenn es Morgenzeit ist. Und Ihm sei Gob und Dank in den Himmeln und auf Erden, wenn Tag und Nacht sich neigen am Abend und zur Mittagszeit!» (30,16-18)

 

Oh Bruder! Du fragst mich nach der Weisheit, die in der Aufteilung der Gebete auf fünf festgesetzte Zeiten liegt. Darin liegt sehr viel Weisheit. Doch wollen wir uns hier mit einem einzigen Hinweis begnügen.

 

Wie nun in der Tat jede Gebetszeit der Beginn einer bedeutenden Wende ist, ein Spiegel jener großartigen göttlichen Lenkung der Welt und all die göttlichen Gnadengaben (ihsanat) reflektiert, die in dieser Lenkung zum Ausdruck kommen, so wurde aus diesem Grunde dem Menschen befohlen, den Allmächtigen in Seiner Majestät noch intensiver zu loben, zu preisen, Ihn zu verehren und Ihn anzubeten, um Ihm für alle diese grenzenlosen Gnadengaben (nimet) zu danken, die wir zwischen zwei Gebetszeiten empfangen haben. Um das in seiner tieferen Bedeutung genauer erkennen und besser verstehen zu können, müssen wir gemeinsam mit meiner Seele die folgenden fünf Anmerkungen hören.

 

Erste Anmerkung: Die Bedeutung des Gebetes liegt im Lobpreis (tesbih), der Verehrung (tazim) und der Dankbarkeit (schükür) gegenüber Gott dem Gerechten. Das heißt, wir erklären vor der Majestät (celal) Seine Reinheit und Heiligkeit, indem wir uns im Gebet vor Ihm beugen und niederwerfen und damit zum Ausdruck bringen und sagen: «Subhanallah» (Gepriesen sei Allah!)... Wir erklären vor der Vollkommenheit (kemal) Seine Herrlichkeit und Ehre, indem wir mit unserem Gebet zum Ausdruck bringen und dabei sprechen: «Allahu ekber» (Allah ist groß!)... Wir erstatten vor der Schönheit (cemal) unsere Dankbarkeit, indem wir äußerlich (in der Sprache unseres Körpers) und innerlich (mit dem Munde unseres Herzens) zum Ausdruck bringen: «Elhamdulillah» (Dank sei Gott!). Das heißt also, daß Lobpreis, Verehrung und Dankbarkeit den Kern des Gebetes (namaz) darstellen. Das ist der Grund dafür, daß diese drei Dinge immer wieder in den Bewegungen und Anrufungen des Gebetes vorkommen. Und das ist auch der Grund dafür, daß wir diese gesegneten Worte nach dem Gebet noch dreiunddreißigmal wiederholen, um den Sinn des Gebetes noch besonders hervorzuheben und seinen Wert zu erhöhen. Der Sinn und Wert des Gebetes wird durch diese kurzen Kernsätze vertieft...

 

Zweite Anmerkung: Die Bedeutung des Dienstes und der Anbetung (ibadet) liegt darin, daß ein Diener in seiner Verehrung an der Schwelle (des Hauses) Gottes seine eigenen Fehler und Schwächen, und seine Armseligkeit erkennt und sich in Bewunderung vor der Vollkommenheit (göttlicher) Herrschaft und der Macht des Einzigartigen (Samed) und Seiner göttlichen Barmherzigkeit liebend vor Ihm niederwirft (secde). Das heißt, so wie die Autorität der Herrschaft Gottes Dienst und Gehorsam erfordert, so erfordert auch die Heiligkeit und Reinheit Seiner Herrschaft, daß ein Diener in seiner Verehrung seine Fehler erkennt und sie bereut, und bekennt, daß sein Herr (Rab) unbefleckt und rein vonjeglichem Makel ist und frei und hocherhaben über die Nichtigkeit aller Vorstellung der Leute des Irrweges und rein und heilig über aller Mangelhaftigkeit der Welt, indem er Ihn lobpreisend und verehrend (tesbih) «Subhanallah» (Gepriesen sei Gott) sagt.

 

Und weiter noch erfordert die Vollkommenheit (kemal) der Macht Seiner Herrschaft auch, daß ein Diener in seiner Verehrung seine eigene Schwäche und die Unzulänglichkeit alles Geschaffenen erkennt, und dabei vor der gewaltigen Größe der Werke und Taten, welche die Macht des Einzigartigen(Samed) vollbringt, in Begeisterung und Bewunderung «Allahu ekber» (Allah ist groß über alles) sagt, sich in Demut vor Ihm neigt und vertrauensvoll bei Ihm seine Zuflucht sucht.

 

Und überdies erfordert der unendliche Schatz der Erbarmungen Seiner Herrschaft, daß ein Diener in seiner Verehrung seine eigene Bedürftigkeit und die Armseligkeit und Bedürftigkeit alles Geschaffenen mit Ausdrükken der Bitte und des Gebetes (dua) darlegt und die Gnade (nimet) und Güte seines Herrn mit Lobpreis und Dank, indem er «Elhamdulillah» sagt, verkündet. Das heißt, daß die Worte und Bewegungen beim Gebet (namaz) die oben angeführten Bedeutungen in sich enthalten und aus diesen Gründen von Gott vorgeschrieben sind.

 

Dritte Anmerkung: So wie der Mensch von dieser Welt im Großen, ein Abbild im Kleinen ist und die ehrwürdige Suratu-l’Fatiha (= die Eröffnende, die erste Sure im Quran) der strahlende Abglanz und wie das leuchtende Lichtbündel aus dem glorreichen Quran, so ist auch das Gebet (namaz) ein glanzvoller Katalog, der alle Arten der Anbetung (ibadet ) in sich umfaßt, eine heilige Landkarte wie der Lichtkegel eines Leuchtturms, der auf alle Farben und Schattierungen der Anbetung in der gesamten belebten wie unbelebten Natur sein Zeichen wirft.

 

Vierte Anmerkung: So wie in einer Uhr mit Tagesanzeige der Sekundenzeiger, der Minutenzeiger, der Stundenzeiger und die Tagesanzeige miteinander verbunden und voneinander abhängig sind, wie das Aussehen des einen Zeigers an das Aussehen des anderen Zeigers erinnert, und die Funktionsweise des einen Zeigers beispielhaft für die Funktionsweise eines anderen Zeigers ist, so sind auf der großen Uhr Gottes des Gerechten, welche diese Welt ist, und wo der Wechsel von Tag und Nacht gleich den Sekunden, der Wechsel der Jahre gleich den Minuten, der Wechsel der Generationen gleich den Stunden und die Epochen der Menschheitsgeschichte gleich den Tagen (unserer Armbanduhr) sind, die einzelnen Zeiger miteinander verbunden und voneinander abhängig, gemahnen in ihrer Erscheinungsform einer an den anderen, sind in ihrer Funktionsweise einer das Beispiel des anderen und rufen einander in Erinnerung. Zum Beispiel:

 

Die Zeit der Morgendämmerung (fecr): Sie geht bis Sonnenaufgang und gleicht der Frühlingszeit, die erinnert auch an die Zeit, da der Mensch noch im Mutterleib ruhte, und sie ruft auch die Zeit des ersten der sechs Schöpfungstage, da Himmel und Erde gemacht wurden, wieder in Erinnerung, und gemahnt so an das Wirken Gottes zu allen diesen Zeiten.

 

Die Mittagszeit (zuhr): Sie gleicht der Zeit der Sommersonnenwende, der Zeit der reifen Jahre und auch dem Abschnitt der Schöpfung, da der Mensch erschaffen wurde, weist darauf hin, gemahnt an die Manifestation des Erbarmens Gottes, Seinen Segen und die Gnaden, die Er zu all diesen Zeiten erwiesen hat.

 

Die Nachmittagszeit (asr): Sie gleicht dem Spätsommer, der Zeit der späten Jahre und auch der «Glücklichen Zeit» (asr-y saadet) des Propheten (ASM) der letzten Epoche und erinnert an das Wirken Gottes und die Gnadenerweise des Erbarmers zu allen diesen Zeiten.

 

Die Abendzeit (maghrib): Sie gleicht der Zeit des Spätherbstes, erinnert daran, daß so viele Geschöpfe nun Abschied nehmen müssen (z.B. Störche, Igel, Mükken usw. - d. Ü.) und auch an den Tod des Menschen und den Untergang der Welt und läßt so das Aufstrahlen der Majestät Gottes verstehen und erweckt so den Menschen aus dem Schlaf der Gottvergessenheit (ghaflet)... warnt ihn...

 

Die Nachtzeit (i'scha) : Es ist eine dunkle Welt, die alle Spuren der Welt des Tages mit einem schwarzen Leichentuch überdeckt. So deckt auch des Winters weißes Leichentuch das Antlitz der erstorbenen Erde zu. So folgen auch nach dem Tode des Menschen ihm seine letzten Spuren in den Tod nach und verschwinden unter der Decke des Vergessens. So wird auch diese Welt, die ein Ort der Prüfung ist, ganz und gar abgeschlossen werden. An all dies erinnert die Nachtzeit und verkündet so die Majestät Gottes und die Allgewalt Seiner Herrschaft in all Ihrer Majestät und Ihrem ganzen göttlichen Zorn.

 

Die Mitternacht (gece): Sie erweckt das Verstehen für den Winter, das Grab und die Zwischenwelt, und erinnert den Menschen daran, wie sehr des Menschen Seele (ruh) der Barmherzigkeit des Allerbarmers bedarf.

 

Das in dieser Zeit verrichtete Gebet (teheccüd) vermittelt einen Begriff davon, ein wie eminent wichtiges Licht es in der Nacht des Grabes und in der Dunkelheit des Zwischenreiches ist und lenkt die Aufmerksamkeit darauf. Es ruft die unzähligen Gnadengaben Gottes des wahren Gebers aller guten Gaben, wie sie in allen diesen Umwandlungen genannt sind, (gemeint sind all die oben angeführten Zeiten - d. Ü.) in Erinnerung und verkündet so, in welchem Grade Er allen Lobpreises und Dankes würdig ist.

 

Was nun aber den Morgen des nächsten Tages betrifft, so erinnert er an die Wiederauferstehung. Denn so logisch, notwendig und absolut sicher, wie dieser Nacht ihr Morgen und diesem Winter sein Frühling folgt, so folgt auch mit der gleichen Sicherheit der Morgen der Wiederversammlung und die lichte Welt des Frühlings auf das dunkle Reich der Schatten.

 

Das heißt, daß jede dieser fünf (Gebets)zeiten wie sie am Anbeginn einer bedeutsamen Wende steht und an den großen Wendepunkt erinnert, auch Zeichen der täglichen gewaltigen Lenkung und Leitung durch die Macht des Einzigartigen (Samed) ist und an die Wunder der Macht über dem Wechsel der Jahre, der Generationen der Menschheit und der Epochen der Geschichte und die Gnadengaben des Allbarmherzigen erinnert.

 

Das heißt, daß das Pflichtgebet als die eigentliche und naturgemäße Aufgabe des Menschen, der ihm wesensgemäße Gottesdienst und seine unabdingbare Schuld ist, welche zu diesen Zeiten abzutragen recht und billig und dem Menschen angemessen ist.

 

Fünfte Anmerkung: Der Mensch ist von Natur aus äußerst schwach. Darum stört ihn jedes Ding, beeindruckt ihn, schmerzt ihn. Dazu ist er auch noch äußerst unbeholfen. So sind seine Plagen und seine Feinde äußerst zahlreich. Und weiter ist er auch noch ein ganz armseliger Mensch. Dagegen sind seine Bedürfnisse mehr als genug. Und überdies ist er auch noch faul und völlig unbegabt. Doch die Verantwortlichkeiten des Lebens lasten schwer auf ihm. Dazu ist er auch noch durch sein Menschsein mit aller Welt verbunden. Doch alles, was ihm lieb und vertraut geworden ist, wird ihm durch Tod und Trennung ständig wieder entzogen, was ihn zutiefst kränkt. Und weiter noch zeigt ihm sein Verstand hohe Ziele und bleibenden Gewinn. Doch sein Arm ist kurz, sein Vermögen ist wenig, seine Geduld ist gering.

 

So wird es denn nun klar verständlich, wie notwendig es für eine Seele (ruh) in einer solchen Lage ist, sich zur Zeit des Morgengebetes an der Schwelle des Allmächtigen in Seiner Majestät, des Erbarmers in Seiner Vollkommenheit (cemal) in flehentlichem Gebet einzustellen, Ihm ihre Wünsche offenzulegen, von Ihm Hilfe und Erfolg zu erbitten und wie dringend sie eines solchen Rückhaltes im Gebet, bedarf, um für den folgenden Tag ihre Aufgaben in dieser Welt wieder auf sich zu nehmen, die auf sie zukommen werden, und die Last des Tages wieder auf ihre Schultern zu laden.

 

Die Zeit des Mittagsgebets ist der Höhepunkt des Tages, die Zeit, da der Tag sich wieder dem Untergang neigt. Die Arbeit des Tages geht ihrer Vollendung entgegen. Es ist die Zeit einer kurzen Erholung von der Mühe der Arbeit, eine Zeit, da die Seele (ruh), von schwerer Arbeit und ihren vergänglichen Werken in einer flüchtigen Welt betäubt und in Gottvergessenheit versunken, einer Atempause bedarf, und sich die göttlichen Gnadengaben zeigen. Des Menschen Geist (ruh) befreit sich vom Druck, entwindet sich seiner Gottvergessenheit, läßt die sinnlosen, vergänglichen Dinge hinter sich, um mit (zum Gebet) verschränkten Armen an der Schwelle des wahren Gebers aller guten Gaben Ihm, dem Unwandelbar-Beständigen (Kayyum-u Baki), Lobpreis und Dank zu sagen für alle Seine Gnadengaben, Ihn um Hilfe zu bitten, sich im Bewußtsein seiner Schwäche vor der allgewaltigen Größe Seiner Majestät zu verneigen, sich vor dieser im Zenit stehenden Vollkommenheit und Ihrer unvergleichlichen Schönheit niederzuwerfen und so seine Bewunderung, seine Liebe und Verehrung und zugleich auch die eigene Nichtigkeit zum Ausdruck zu bringen. Dies alles beinhaltet die Verrichtung des Mittagsgebetes. Wer nicht versteht, wie schön und willkommen, wie notwendig, recht und angemessen das ist, wie könnte der noch ein Mensch genannt werden!

 

Die Zeit des Nachmittagsgebets ist eine Zeit, welche die Melancholie des Herbstes ahnen läßt, die Trübsal des Alters, die schmerzliche Epoche der Endzeit, und welche an sie erinnert. Nun zeitigt die Arbeit des Tages ihre Ergebnisse. Zudem ist es die Zeit, da die Gnadengaben Gottes, die an diesem Tage sichtbar geworden sind, wie Gesundheit, Sicherheit und gute Arbeit sich zu einer gewaltigen Summe angehäuft haben. Und schließlich ist es die Zeit, da diese große und gewaltige Sonne (sie ist das mächtigste Gestirn an unserem Himmel-d.Ü.) sich dem Untergang neigt und damit das Zeichen setzt und verkündet, daß der Mensch als Beamter Gottes Gast ist und alle Dinge unbeständig und vergänglich sind. Nun steht der Mensch, der sich in seinem Geist (ruh) nach der Ewigkeit sehnt und für die Ewigkeit geschaffen wurde, der Gottum Seiner Güte willen seine Verehrung erweist und unter der Trennung von Ihm leidet, auf, nimmt Abdest (d.h. er vollzieht die heiligen Waschungen), um in dieser Nachmittagszeit das Gebet (= asr, ikindi) zu verrichten und bringt an der Schwelle des Einzigartigen (Samed), dessen, der ohne Anfang (Kadim) und ohne Ende (Baki), Unwandelbar (Kayyum) und Unsterblich (Sermedi ) ist, sein Gebet dar, und nimmt seine Zuflucht zur Güte und Barmherzigkeit Gottes, die unendlich und unvergänglich ist, lobt und preist Gott und dankt Ihm für Seine Gnadengaben, die er stets ohne Anrechnung erhält, verneigt sich demütig vor Gottes Ehrerbietung erheischenden Herrschaft (Rububiyet), wirft sich im Bewußtsein seiner Nichtigkeit vor der Unsterblichkeit Seiner Gottheit (Uluhiyet) nieder. So findet er eine wahrhaftige Tröstung und Ruhe für seine Seele.Wer so mit verschränkten Armen in Dienst und Anbetung vor der Größe Seiner Gegenwart das Gebet verrichtet, der versteht, welch hohe Aufgabe das ist, ein wie angemessener Dienst, welch eine Erstattung naturgemäßer Schuld am rechten Platz, ja sogar die Erlangung einer Seligkeit, die ihm höchstes Glück seines Menschseins bedeutet.

 

Die Zeit des Abendsgebets ist die Zeit, die zu Beginn des Winters in der Melancholie des Abschieds an die Zeit gemahnt, da nun all die schönen, sommerlichen Geschöpfe aus der Welt einer vergangenen Jahreszeit scheiden müssen. Zudem ist es die Zeit, die daran erinnert, daß der Mensch mit seinem Tod sich von all seinen Lieben in einem leidvollen Abschied trennen und in das Grab hinabsteigen muß. Und weiter ist es die Zeit, die daran gemahnt, daß alle Bewohner dieser Erde, wenn die Welt im Tode erbebend in ihren letzten Zügen liegt, in andere Welten umziehen werden, und erinnert daran, daß dereinst auch über diesem Haus der Prüfungen die Lichter erlöschen werden. Es ist eine Zeit zur nachdrücklichen Warnung all derer, welche all diejenigen als ihre Geliebten verehren, die alle absteigen und untergehen müssen. So wendet denn der Mensch, dessen Seele von Natur aus ein Spiegel ist, der sich nach Gottes immerwährender Schönheit sehnt, sein Antlitz zu dem gewaltigen Thron dessen, der nicht Anfang noch Untergang kennt, der all diese gewaltigen Taten vollbracht hat und diese ganze, große Welt lenkt und leitet, spricht über dieser vergänglichen Welt: «Allahu ekber» (Gott ist am größten), zieht seine Hände von ihr zurück, verschränkt sie in seinen Armen zum Gottesdienst vor seinem Herrn (Mevla), stellt sich in die Gegenwart des Immerwährenden (Baki), spricht: «Elhamdulillah» (Lobpreis und Dank sei Gott), preist Seine makellose Vollkommenheit, verehrt Seine beispiellose Schönheit, verherrlicht Seine unendliche Barmherzigkeit, und sagt:

 

«Dich allein beten wir an und von Dir allein erwarten wir Hilfe!»

 

trägt Ihm um Seiner Regierung (Rububiyet) ohne Beamte, Seiner Gottheit (Uluhiyet) ohne Teilhaber, Seiner Königsherrschaft ohne Minister willen seine Dienste an und bittet Ihn um Seine Hilfe, verneigt sich vor Seiner unendlichen Größe und grenzenlosen Macht und Seiner Würde, die keine Schwäche kennt, bekennt in Vereinigung mit dem gesamten All seine Schwäche und Hilflosigkeit, seine Armseligkeit und Verwirrung, und sagt:

 

«Gepriesen seist Du, allgewaltiger Herr!»,

 

lobt die Allgewalt seines Herrn, wirft sich sodann nieder vor dem, dessen Wesen höchste Schönheit ist, die sich niemals neigt, dessen heilige Attribute unvergänglich sind, dessen unsterbliche Vollkommenheit (kemal) keine Veränderung kennt, bringt in Bewunderung seine Liebe (muhabbet) zum Ausdruck, verläßt alles Ungöttliche im Bewußtsein eigener Nichtigkeit und tut seine Bereitschat zu Dienst und Anbetung (ubudiyet) kund. Zudem findet er im Austausch gegen alles Vergängliche (fani) bleibende Schönheit (Cemil-i Baki) und unsterbliches Erbarmen (Rahim-i Sermedi). Während er sodann:

 

«Gepriesen seist Du, erhabener Herr!»

 

sagt, heiligt er seinen erhabenen Herrn, der ohne Makel ist, nicht Schwinden noch Schwanken kennt... Während er sich nun zur Schehada niedergesetzt hat, bietet er alle Segnungen und Gebete und guten Gaben des ganzen Lebens aller Schöpfung Gott in der Unvergänglichkeit Seiner Schönheit und Majestät, deren Thron niemals untergeht, zum Geschenk an, und, - indem er Seinen ehrenwerten Botschafter (gemeint ist Muhammed ASM d.Ü.) grüßt, seinen Bund mit Ihm erneuert und Seinen Befehlen gegenüber Gehorsam bezeigt, seinen Glauben erneuert und bestärkt und die Ordnung und Weisheitjenes kosmischen Schlosses betrachtet - bezeugt er die Einheit (vahdaniyet) seines majestätischen Baumeisters, bezeugt auch die Sendung Muhammeds aus Arabien (ASM = Friede und Segen sei mit ihm), der die Königsherrschaft (Rububiyet) Gottes ausgerufen, den Weg zur Erlangung Seines Wohlgefallens verkündet und die Zeichen aus dem Buche des Alls erklärt hat. Dies alles beinhaltet die Verrichtung des Abendgebetes. Wer nicht versteht, was für eine feinsinnige und lautere Aufgabe, was für ein ehrenvoller und angenehmer Dienst, wie schön und willkommen eine solche Anbetung, welch gewichtige Wahrheit in ihr enthalten, welch ewiges Gastmahl in dieser vergänglichen Herberge es ist, und welch immerwährende Glückseligkeit, wie könnte der noch ein Mensch genannt werden!..

 

Die Zeit des Nachtgebets ist die Zeit, da auch die letzten noch verbliebenen Spuren des Tages am Horizont verschwinden und sich die Welt der Nacht an seiner Stelle ausbreitet. Sie erinnert an die Lenkung und Leitung des Herrn, wenn Er in Seiner Majestät Tag und Nacht aufeinander folgen läßt. Wenn Er ein weißes Blatt in ein schwarzes verwandelt und Sein vollkommenes Walten über Sonne und Mond verfügt, der die grünen Seiten mit den herrlichen bunten Blumen des Sommers in die weißen Seiten mit den kalten Eisblumen des Winters verwandelt.

 

Überdies läßt sie, indem sie im Laufe der Zeit auch noch die letzten Spuren der Bewohner des Grabes, die ganz und für immer in eine andere Welt hinübergegangen sind, aus dem Lande der Lebenden tilgt, darin das göttliche Wirken des Schöpfers ahnen, der ins Land der Lebendigen beruft und in das Land der Toten abberuft. Sie ist zudem die Zeit, die an das Walten der Majestät Gottes (celal), Schöpfers der Himmel und der Erden und die Manifestation Seiner Schönheit (cemal) gemahnt, wenn nach dem vollkommenen Zerfall dieser engen, vergänglichen, winzigen Welt, die in einem gewaltigen Todeskampf liegt, sich eine weite, bleibende, gewaltige jenseitige Welt entfaltet und die an dieses Wirken Gottes erinnert.

 

Und weiter noch ist sie jene Spanne, da bewiesen wird, daß nur derjenige der wahre König und Lenker der Welt, der wahre Angebetete (Ma'bud) und Geliebte (Mahbub) sein kann, welcher als der Vollkommen-Allmächtige (Kadir-i Mutlak) die Blätter, welche Tag und Nacht, Sommer und Winter, Diesseits und Jenseits bedeuten, so leicht wie die Blätter eines Buches umwendet, auf ihnen schreibt und darin wieder streicht und ändert und über all dies urteilt und herrscht.

 

So ist denn der Mensch in seiner Seele so unendlich hilflos und schwach, so unendlich armselig und hilfsbedürftig und darüber hinaus auch noch so unendlich tief in das Dunkel der Zukunft eingetaucht, von den Ereignissen so ohne ein Ende hin und her geworfen, daß er in diesem Sinne zur Nachtzeit das Gebet verrichtet, wie Abraham, mit dem der Friede sei, spricht:

 

«Ich liebe nicht, die, welche untergehen!&127;&127; (6, 76)

 

und an der Schwelle des Angebeteten ohne Anfang (Mabud-u Lemyezel) und des Geliebten ohne Ende (Mahbub-u Layezal) Zuflucht nimmt und in dieser vergänglichen Welt, in diesem vergänglichen Leben und in dem Dunkel dieser Welt und in dem Dunkel einer solchen Zukunft den Ewig-Bleibenden (Baki-i Sermedi) flehentlich anruft und die barmherzige Zuneigung des Erbarmers, des Barmherzigen und das Licht Seiner Führung erahnt und ersehnt, welche ihm zu einem Stückchen eines ewigen Gastmahls (sohbet-i bakiye ) wird, einen Lichtschimmer über seine Welt ausbreitet, ihm darin für einige Minuten ewiges Leben aufleuchten läßt, ihm seine Zukunft erhellt, ihm die Wunden, welche ihm der Tod seiner Freunde und alles Lebendigen und die Trennung von allem, was da ist, geschlagen haben, mit Balsam bestreicht. So vergißt denn auch er diese Welt, die ihn vorübergehend vergessen hat und sich vor ihm verbirgt, gießt im Weinen seines Herzens seinen Kummer an der Schwelle des Allbarmherzigen aus. So tritt er denn, was immer auch kommen mag, zu einem letzten Dienst und Pflichterfüllung, bevor er sich zum Schlafe niederlegt, welcher der Bruder des Todes ist, zum Gebet (vor seinen Herrn und Gott) hin, um das Tagebuch seiner Werke mit einer guten Eintragung abzuschließen. Das heißt also, daß er, im Austausch für alle die vergänglichen Dinge und Wesen, die ihm lieb und teuer sind, in die Gegenwart (huzur) des Ewig-Angebeteten und Geliebten (Ma'bud ve Mahbub-u Baki), an Stelle all der Hilflosen, bei denen er betteln gegangen ist, in die Gegenwart des freigebigen Allmächtigen (Kadir-i Kerim), und um sich vor all den Übeln zu retten, die ihm Schaden bringen und vor denen er zittert, in die Gegenwart des barmherzigen Behüters (Hafiz-i Rahim) eintritt... Dies ist es, weshalb er mit der «Fatiha» beginnt. Das heißt, anstatt den Dingen, welche ihm nicht helfen können, die nicht mehr an ihrem Platz sind (wie ein untergegangener Stern - d.Ü.), armseligen Dingen und Geschöpfen Lob und Dank darzubringen, lobt und preist er den Herrn der Welten, welcher in jeder Hinsicht absolut vollkommen ist, dessen Reichtum alles umfaßt, den Allbarmherzigen, Freigebigen. Sein Gebet wechselt mit der Anrede:

 

«Zu Dir allein beten wir. Dir allein dienen wir» (1,5)

 

von der dritten zur zweiten Person über. Das heißt, er, der niemanden hat, wendet sich in all seiner Kleinheit und Nichtigkeit dem König von Ewigkeit zu Ewigkeit zu, welcher der Herr über die Tage unserer Verantwortung (Malik-i Yewmiddin) ist, und erlangt die Stufe eines bevorzugten Gastes und hohen Beauftragten in dieser Welt. Mit den Worten:

 

«Dich allein beten wir an und zu Dir allein flehen wir um Hilfe!» (1,5)

 

bringt er im Namen der ganzen Schöpfung seine Anbetungen für die große Gemeinde der Schöpfung, für diese ganze gewaltige Versammlung dar und schickt seine Hilferufe (zu Allah). Sodann spricht er:

 

«Führe uns den rechten Weg!» (1,6)

 

und erbittet Rechtleitung(hidayet) auf dem geraden Weg (syrat-y mustaqym), welcher der lichtvolle Pfad ist, der im Dunkel der Zukunft zur ewigen Glückseligkeit führt... Während nun alle Pflanzen und alle Tiere schlafen gehen, und auch die Sonne sich versteckt, die Sterne erwachen Soldaten gleich, die einem Befehl gehorchen, in dem Gasthaus dieser Welt ihre Lampen entzünden und ihren Dienst antreten, gedenkt er der Größe des Herrn und Seiner Majestät, verneigt sich und spricht: «Allahu ekber» (Gott ist groß)... Schließlich denkt er an die große Niederwerfung (secde) der gesamten Schöpfung, nämlich daran, wie sie gleich den Geschöpfen, welche sich in dieser Nacht niederlegen, ebenso wie alle Arten der Schöpfung, die sich Generation für Generation, ja selbst unsere Erde, ja sogar der gesamte Kosmos gleich einem gehorsamen Heer, ja sogar einem einzelnen gehorsamen Soldaten gleich, zu der Zeit, da er von seiner gottesdienstlichen Aufgabe, die er unter dem Befehl:

 

«Sei! und es ist.» (36,82)

 

im Diesseits angetreten hatte, wieder entlassen worden ist, als er nämlich in die unsichtbare Welt (alem-i ghayb) hinübergesandt wurde, sich in größter Ordnung am Horizont auf dem Gebetsteppich (seccade) des Untergangs mit dem Ruf: «Allahu ekber» (Gott ist am größten) (anbetend) niederwirft... Dann im Frühling, wenn wieder dem belebenden Posaunenstoß gleich mit dem Befehl:

 

« Sei! und es ist. » (36, 82)

 

sich die Welt neu belebt, die einen in der gleichen, die anderen in einer ähnlichen Gestalt versammelt werden und wie mit zum Gebet verschränkten Armen zum Dienst an ihrem Herrn (Mevla) auferstehen, spricht auch dieses kleine Menschenkind, sie nachahmend, in der Gegenwart (huzur) des königlichen Hofes, der Vollkommenheit Seines Erbarmens (Rahman-y Zülkemal), des Barmherzigen in Seiner Schönheit (Rahim-i Zülcemal): «Allahu ekber» (Gott ist am größten) und wirft sich in einer Liebe, die Begeisterung in ihm erweckt, im Bewußtsein der eigenen Nichtigkeit, welche Beständigkeit (beka) in ihm erweckt, in einer Selbsterniedrigung, die ihm zur Ehre gereicht, (vor Allah) nieder; das heißt, das Nachtgebet zu verrichten ist der Himmelfahrt (des Propheten Md.) vergleichbar. Du hast nun sicherlich verstanden, was für eine willkommene, was für eine gute, was für eine schöne, was für eine erhabene, was für eine edle und zugleich köstliche, was für eine angemessene und zugleich verstandesgemäße Aufgabe und welch ein Dienst dies ist, welch eine Anbetung sich in ihm vollzieht und was für eine ernste und schwerwiegende Wahrheit darin ihren Ausdruck findet.

 

Damit ist nun gesagt, daß diese fünf Zeiten (des Tages und des Gebetes) jede einzelne für sich Zeichen einer gewaltigen Umgestaltung, Ausdruck der Großtaten des Herrn, Male all der Gnadengaben Gottes sind. Es ist unsere Schuld und Verpflichtung, diese gebotenen Gebetezu den vorgeschriebenen Zeiten zu verrichten. So liegt in dieser Anordnung dieser Gebete zu diesen Zeiten eine unendliche Weisheit...

 

«Preys sei Dir! Wir haben kein Wissen, auß er dem, was Du uns gelehrt hast. Furwahr bist Du der Allwissende und der Allweise!» (2,232) «Oh Gott gewähre Frieden und Segen, dem, den Du als Lehrer für Deine Diener gesandt hast, damit er sie Deine Erkenntnis lehre, den Dienst vor Dir und die Anbetung, ihnen die Schätze :Deiner Namen aufzeige. Er ist der Übersetzer Deiner Wunderzeichen (ayat) im Buche der Schöpfung, er ist in seiner Anbetung ein Spiegel, der die Schönheit (cemal) Deiner Herrschaft (Rububiyet) widerspiegelt. Gewähre Segen und Frieden auch seiner ganzen Familie und al1 seinen Gefährten! Erbarme Dich unser! Erbarme Dich aller gläubigen Männer und Frauen, amen, in Deiner Barmherzigkeit, oh Barmherzigster der Barmherzigen. »

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Gast
Dieses Thema wurde nun für weitere Antworten gesperrt.
×
×
  • Neu erstellen...