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Wer Kriminalität als Islamisierungsphänomen darstellt, der spielt ein böses Spiel populistischer Sündenbockpolitik.

 

Von Aiman Mazyek

 

 

Der Islam und sein Kritiker

 

 

Seit Jahrzehnten warten Muslime in NRW vergeblich darauf, mit anderen Religionen gleichgestellt zu werden, etwa beim bekenntnisorientierten Religionsunterricht. Ein Grund für diese Ungleichbehandlung könnte bei vielen Politikern die irrationale Angst vor dem Islam sein. Und die wird von sogenannten Islamkritikern wie Udo Ulfkotte genährt.

 

Würden die verängstigten Menschen öfter mit Muslimen sprechen, würden sie schnell erkennen: Muslime sind Menschen wie Du und ich. Sie wünschen sich ein ganz normales, intaktes Leben mit Familie, Haus und Kind. Sie verabscheuen Extremismus und muslimische Terroristen, die ihren Glauben in den Schmutz ziehen. Dies ist kein Friede-Freude-Eierkuchen-Bild, sondern Ergebnis seriöser Umfragen.

 

In Ulfkottes Büchern tauchen Muslime jedoch ganz überwiegend als Straftäter, Hetzer, Schläger und Christenfresser auf. Natürlich gibt es die auch. Aber es würde doch auch niemand auf die Idee kommen, den Anschlag in Solingen als christlich zu bezeichnen, nur weil die rechtsradikalen Mörder eine christliche Herkunft besaßen.

 

Ein anderes Beispiel: Wenn in Indonesien Orang-Utans die Hand abgehackt wird, weil sie eine Orange geklaut haben, dann erklärt Ulfkotte das mit dem (angeblich) islamischen Glauben der Tierquäler. Dass die ehrwürdige und gute Behandlung der Tiere Teil des Glaubens ist, ignoriert er geflissentlich. Der Islam verkommt so zum Steinbruch seiner Vorurteile. Und so wird er nie erfahren, dass der Prophet von einer Prostituierten erzählte, der das Paradies versprochen wurde - weil sie unter großem Aufwand in einer Wüste einen verdurstenden Hund tränkte.

 

Durch seine monokausale Diskussion verhindert Ulfkotte zudem, die unterschiedlichen islamischen Strömungen oder wenigstens das entwicklungsfähige Potenzial der Muslime wahrzunehmen. Diese Methode wiederum bietet den Nährboden für Rassismus und die Festigung von Vorurteilen.

 

Leider verorten viele Islamkritiker derart effekthascherisch die Ursachen für soziale Probleme, Bildungs- und Sprachdefizite im Islam - ohne Ursachenforschung zu betreiben. Wer sogenannte Unterschichtenprobleme, zum Beispiel überproportionale Kriminalität, als Islamisierungsphänomen darstellt, der droht das böse Spiel populistischer Sündenbockpolitik zu betreiben. Diese Themen werden "zwangsislamisiert", was Lösungen erschwert, weil hinter allem der Islam vermutet wird, anstatt sozioökonomische Gründe in Betracht zu ziehen.

 

Übrigens, es geht mir nicht darum, Kritik an Muslimen zu verhindern. Im Gegenteil, konstruktive Kritik an Praktiken, die fälschlich im Namen des Islam begangen werden, ist gut und notwendig; nur so kann man auch besser werden.

 

Dass zum Beispiel muslimkritische Publizistinnen wie Seyran Ates das Thema Ehrenmorde in die Öffentlichkeit getragen haben, war bei aller Kontroverse um die Art und Weise hilfreich. Inzwischen haben muslimische Prominente wie Tariq Ramadan ebenfalls Kampagnen gegen Ehrenmorde und Zwangsheiraten initiiert."

 

Erstveröffentlichung in der WELT am Sonntag vom 26.10.08, mit freundlicher Genehmigung des Autors. IZ, 10.11.2008

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