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Die Trennung zwischen menschlicher Philosophie und der Weisheit des Korans im Werk Said Nursis

 

Taha ’Abdel Rahman

 

Dieser Artikel führt einen grundlegenden Terminologiewandel ein und verwendet den Begriff Philosophie für das vom Menschen erworbene Wissen, und daher ist hier die Rede von „menschlicher Philosophie“ und nicht von „koranischer Philosophie.“ Auf der anderen Seite wird der Begriff Weisheit hier zur Bezeichnung des von Gott offenbarten Wissens gebraucht. Daher werde ich von „göttlicher Weisheit“ und nicht von „philosophischer Weisheit“ oder der „Weisheit der Philosophen“ sprechen. Die Philosophie werde ich hier folglich nicht als „Disziplin der Weisheit“ benennen und die Philosophen genauso wenig als „Weise“ bezeichnen.“

Es liegt auf der Hand, dass dieser Terminologiewechsel völlig gegen Ibn Rushds (Averroes) Verständnis von „Weisheit“ als „Philosophie“ geht, wie ein Blick auf den Titel seines bekannten Werks „Der Stand des Verhältnisses zwischen Weisheit und Theologie“

bekundet. Ordnete man jedoch die Weisheit der Philosophie zu und stellte sie der Religion gegenüber, dann würde der falsche Eindruck entstehen, dass Weisheit nur in der Philosophie zu finden ist, und nicht in der Religion. Diese Vorhegensweise könnte als Irrtum abgelehnt werden, und dies ließe sich nur dadurch vermeiden, dass man den Titel des Buchs entweder durch Austauschen eines Worts verändert, oder aber spezifiziert. Im ersten Fall ließe sich „Weisheit“ durch „Philosophie“ ersetzen. Dies ist vertretbar, da Ibn Rushd den Begriff Philosophie für Weisheit schon am Anfang seines Buchs verwendet.

Nach dieser notwendigen terminologischen Klarstellung möchte ich nun Said Nursis Haltung zur Beziehung zwischen „Philosophie“ und „Weisheit“ vorstellen, unter Gebrauch der Methode, die er und diejenigen, die sich ihm angeschlossen haben, anwenden, um ihre Ideen zu vermitteln. Nursi favorisierte die Methode von Analogie und Vergleich. Ich möchte seine Haltung zu dieser Beziehung anhand einer konkreten analogen Metapher verdeutlichen. So wie Kopernikus durch die Darstellung der Beziehung zwischen Erde und Sonne einen Umbruch verursachte, so bewirkte Nursi einen Umbruch bezüglich der Auffassung zur Beziehung zwischen Philosophie und Weisheit oder, um die Metapher weiterzuführen, zwischen der Erde als Philosophie und der Sonne als Weisheit. Dieser neue Kunstgriff nahm jedoch eine Wendung, die das Gegenteil einer anderen, auch als kopernikanisch bezeichneten, Wendung ist, und zwar der Umbruch, der von dem deutschen Philosophen Immanuel Kant hinsichtlich der Beziehung zwischen dem wissenden Subjekt und dem bekannten Objekt eingeführt wurde. Daher sollte man die spezifische Natur der Umkehr Nursis genau bestimmen. Diese Spezifizierung würde dann ihren kopernikanischen Charakter bestätigen und jede Verbindung zu Kant widerlegen. Ebenfalls müssen wir näher benennen, welche Art Mensch diesem neuen Paradigma entspringt.

Das Konzept der „Umkehr“ ist sicherlich weiter gefasst als ein „Wechsel“, denn es bedeutet, dass eine Sache in ihr Gegenteil gekehrt wird, d.h. die Haltung zur Beziehung zwischen Philosophie und Weisheit, die Nursi am Ende vertrat, ist genau das Gegenteil der Position, die er zu Anfang hatte. Wir wenden uns jetzt dieser Ausgangsposition zu, um das Ausmaß der Transformation, die sich in seinem Denken ereignen sollte, zu ermessen.

 

Nursi als Philosoph

 

Nursi erwähnt, dass er sich lange mit der Philosophie beschäftigte und lange an ihr und den anderen rationalen Erkenntnislehren festhielt, wie auch andere Philosophen. Somit ist es richtig, dieses Stadium seines intellektuellen Lebens als Periode eindeutigen Philosophierens zu sehen, die ihn dazu brachte, die gleiche Position zum Verhältnis zwischen Philosophie und Weisheit anzunehmen wie andere islamische Philosophen wie al-Kindi, al-Farabi, Ibn Sina (Avicenna) und Ibn Rushd. Der Genauigkeit halber sei hier nochmals erklärt, dass es sich um die Haltung handelt, in der beide so miteinander verknüpft werden, dass sich die Philosophie nicht gegen die Weisheit richtet, sondern mit ihr übereinstimmt.

Schauen wir uns diese Verbindung ganz genau an, dann erkennen wir, dass es zwei Formen gibt. Die eine wurde von al-Kindi, al-Farabi und Ibn Sina berühmt gemacht, während die andere prominente Vertreter in Abu Sulayman al-Sajestani und Ibn Rushd fand. Die erste Form, die Verknüpfung von Philosophie und Weisheit, bedeutet ein ineinander Verschmelzen der beiden, d.h. sie gehen ineinander auf. Was die Weisheit postuliert, wird von der Philosophie bewiesen, was die Philosophie behauptet, wird von der Weisheit gestützt. Die beiden werden wie Zwillingsschwestern. In Nursis Schriften basiert dieses ineinander Verschmelzen auf zwei Grundprinzipien. Das erste Prinzip beinhaltet, dass die Religion auf der Vernunft basiert; d.h. die Religion soll auf der Grundlage der Vernunft interpretiert werden, wenn sie (d.h. die Religion) der Vernunft zu widersprechen scheint. Das zweite Prinzip beinhaltet den Gebrauch der Vernunft in der Religion, d.h. rationale Konzepte sollen dazu dienen, die Fakten der Religion zu erklären.

Während der Zeit seines Philosophierens übernahm Nursi diese beiden Prinzipien. Er erörtert und begründet bei Streitgesprächen mit seinen Disputanten und den Kritikern des Islams islamische Wahrheiten mit rationalen Beweisen nach Art der Philosophen. Bei der Erklärung islamischer Ideen bediente sich Nursi philosophischer Konzepte, wie z.B. als er das Konzept der „Gerechtigkeit“ mit Platos Theorie der vier Tugenden – Gerechtigkeit, Weisheit, Tapferkeit, Besonnenheit (Mäßigung) – erklärte und auch Aristoteles Theorie zum Konzept der „Tugend“ als Mittelweg zwischen zwei Extremen.

Die zweite Form der Verbindung von Philosophie und Weisheit liegt darin, dass die Beziehung von Assoziation oder Begleitung gekennzeichnet ist, d.h. obwohl Philosophie und Weisheit die gleiche Tatsache ausdrücken, bleiben sie unabhängig voneinander. Jede hat ihre Sprache, ihr Publikum, ihre Methodologie und ihre Ziele. In dieser Hinsicht ist die Beziehung zwischen den beiden wie eine gemeinsame Reise oder Begleitung, wie sie etwa zwei Freunde unternehmen. Die Grundlage für diese Sicht der assoziativen Verbindung ist die Hypothese, dass die Philosophie auf drei Prinzipien ruht, die bei der Weisheit differenzieren: Erstens das ‚Prinzip der Beobachtung’, d.h. der philosophische Akt wird geboren aus einem Gefühl der Verwunderung oder des Erstaunens über die Eindrücke auf die Psyche oder die Dinge am Horizont. Zweitens das ‚Prinzip des Hinterfragens’. Der Philosoph stellt eine Reihe von Fragen mit der Absicht, die richtige Antwort darauf zu finden. Drittens das ‚Prinzip des Beweises’. Dies verlangt, dass die Philosophie sich beim Beweis ihrer Grundsätze auf intellektuelle Beweisstücke verlässt, die den Höchstgrad an Gewissheit erreichen können.

Während seiner Zeit als Philosoph handelte Nursi nach diesen drei Prinzipien. Er besaß eine einzigartige Beobachtungsgabe, die es ihm erlaubte, über die wunderbaren Geheimnisse seines Selbst und der ihn umgebenden Natur nachzudenken. Die emotionale und verstandesmäßige Auseinandersetzung mit den Sinnfragen sind bei ihm dominierend. Er sollte sich lange Zeit mit der Beantwortung dieser Fragen beschäftigen. Bei der Untersuchung der Dinge, die seine Neugier erweckten, oder beim Beantworten der Fragen, die sich ihm aufdrängten, war der sicherste Weg der des rationalen Beweises, um seinen Geist zu befriedigen und seine Disputanten zu überzeugen.

Letztendlich hielt der Philosoph Nursi, wie andere islamische Philosophen auch, das Prinzip, die Philosophie mit der Weisheit zu verbinden, für selbstverständlich, unabhängig davon, ob die Kombination der beiden eine verschmelzende Gestalt annahm, wie im Werk al-Farabis und Ibn Sinas, oder eine assoziative Gestalt, wie bei Ibn Rushd.

 

Nursi und die Trennung von Philosophie und Weisheit

 

An dieser Stelle sollten wir eine wichtige Tatsache betonen: Auch wenn die abstrakte rationale Forschung den Zusammenschluss von Philosophie und Weisheit zulässt und möglich hält, war Said Nursis Erwartung nicht unbedingt ein Zusammenschluss derselben. Nursi lebte in einer Zeit sozialpolitischen Umbruchs, der die Geschichte bewegte und die Gesellschaft umwälzte, mit weit reichenden Folgen für die Menschheit. Dieser soziale und politische Aufruhr war z. T. auch eine Folge der Auswirkungen der intellektuellen Revolution der modernen Philosophie, die die Religion an sich in Frage stellte, auf westliche Gesellschaften. Dies wird am besten im Denken Kants deutlich. Der seltsame Widerspruch, dass die Vernunft einerseits die Kombination von Philosophie und Weisheit erlaubt, doch die gelebte Realität andererseits diese Möglichkeit widerlegt, beschäftigte Nursi lange Zeit und veranlasste ihn dazu, seine philosophische Haltung zu überdenken, und die etablierten Ansichten der islamischen Philosophen, dass Philosophie und Weisheit entweder verbunden sind durch ein ineinander Verschmelzen wie Schwestern oder assoziativ wie Freunde, in Frage zu stellen.

Hier beginnt Nursis neue Epoche. Er legt die Kleidung des Philosophen ab und wirft sich einen neuen Mantel um, den Mantel der Weisheit. Wir sehen hier den Tod des Philosophen Nursi und die Geburt von Nursi dem Weisen. In diesem Zusammenhang möchte ich einen aussagekräftigen Text zitieren:

 

Um (wegen der aus der Vergänglichkeit aufkommenden Hilflosigkeit und dem Wunsch nach Ewigkeit) Trost und Hoffnung zu finden, war der erste Gedanke die Wissenschaften, die ich mir früher angeeignet hatte, dahingehend zu überdenken.

Bedauerlicherweise hatte ich bis zu dieser Zeit angenommen, dass von den von mir studierten Wissenschaften, Islam und Philosophie, zudem die Philosophie die Quelle von Erkenntnis und geistiger Entwicklung wäre. Die Auseinandersetzung mit den philosophischen Abgründen hatte jedoch meine geistige und spirituelle Entwicklung stark beeinträchtigt. In dieser Situation kam mir durch Gottes Barmherzigkeit die Weisheit des Korans zu Hilfe. Und sie beseitigte die von der Philosophie herrührenden Unklarheiten.

Der von den materialistischen Wissenschaften heraufkommende pessimistische Geist war dabei mich zu erstickten. Wo ich hinblickte und Erleuchtung suchte, ich fand in den Erklärungen keine Befriedigung.

Weder konnte ich atmen, noch Erleichterung finden, bis das Licht der Einheit Gottes aus dem Koran kam und mich lehrte, dass es keinen Gott gibt außer Gott; dies überwältigte meine Düsternis. Ich war erleichtert.

 

Diese Veränderung in Nursis Einstellung nahm zwei Manifestationen an, eine kritische, und eine konstruktive. Die kritische Manifestation dieser Transformation zeigt sich in Nursis Beschäftigung mit der Kritik der Beziehung von Philosophie und Weisheit in ihren verschmelzenden und assoziativen Ausprägungen. Dies war eine dreifache Kritik: logisch, ethisch und plastisch. Dies kann nicht verwundern, denn der Weise bleibt nicht bei der logischen Kritik von Ansichten stehen wie der Philosoph. Er geht noch einen Schritt weiter, hin zur ethischen Kritik der Ansichten, da er sie nicht als abstrakt ansieht, sondern als mit der Praxis und der Welt verbunden, und bewertet sie deshalb nach ihren praktischen Folgen. Dann geht er noch einen Schritt weiter und untersucht sie aus ästhetischer Sicht, und stellt somit eine plastische Kritik her.

Ich möchte auch zeigen, wie Nursi diese dreifache Kritik auf die erste Art der Verbindung zwischen Philosophie und Weisheit anwendete, d.h. auf die verschmelzende Verbindung, die, wie bereits erwähnt, auf zwei Prinzipien basiert, nämlich dem Prinzip, die Religion auf die Vernunft zu gründen und den Gebrauch der Vernunft in der Religion. Nursi ist der Meinung, dass das Gründen der Religion auf Vernunft , was die Verschmelzung voraussetzt, eine haltlose Option sei, da die Vernunft genauso eines Fundaments bedarf wie die Religion.

Ein solches Fundament kann sich nicht durch sich selbst begründen, da die Begründung

lediglich Ausfluss des Verstandes der Menschen sei und es damit keine von der Philosophie unabhängige Vernunft ist. Darüber hinaus führt dieses Prinzip dazu, die Religion in einer Weise zu interpretieren, die zu Verzerrungen führt, denn die Art von Vernunft, die die Menschen kennen, hat weder die Reichweite, noch die Realisierbarkeit oder die Freiheit, die zu einem Verständnis der Religion nötig sind.

Nursi glaubt auch, dass das Prinzip, die Konzepte der Vernunft für die Erklärung der Bedeutung von Religion zu verwenden, worauf die erste Art der Verbindung (zwischen Philosophie und Weisheit) basiert, die Religion nicht hoch achtet, sondern vielmehr verunglimpft, indem sie den Eindruck erweckt, die rationalen Grundlagen seien tiefer und fester als die der Religion. Zudem taugt es nicht dazu, die Kritiker zu überzeugen, weil es darauf beschränkt bleibt, durch von den Kritikern gebilligte abstrakt-rationale Art und Weise Einwände abzuwehren. Dieses Prinzip wagt jedoch nie, die Fakten der Religion in einer Art und Weise zu präsentieren, in der der Verstand, wie von diesen Wahrheiten angesprochen, mit dem Herzen verbunden wird. Es kann sogar dazu führen, dass diese Wahrheiten gänzlich verzerrt werden.

Nursi betont die Tatsache, dass der Philosoph, der annimmt, die Religion baue auf der Vernunft auf, sich seiner Arroganz nicht bewusst ist, da er die menschliche Vernunft zum Kriterium für die Beurteilung der Offenbarung macht, die göttliche Mitteilung von außerordentlicher Vollendung. Ebenso betont er, der Gebrauch philosophischer Prinzipien – insbesondere naturalistischer– in den Koranstudien führe zur Vergöttlichung der Natur und dem Aufgeben des Schöpferglaubens.

Nach Nursi ist der Philosoph, der für eine (verschmelzende) Verbindung zwischen Philosophie und Weisheit eintritt, wie jemand, der unterirdisch in einem Tunnel wandert, oder der in einer Höhle Schutz sucht und dadurch imaginär wird, obgleich seine Existenz bekannt und deren Wirkungen gesehen werden. Schließlich erstickt er in dem Tunnel, bevor er am Ende angelangt ist. Seine Position ist, wie im Koran, der Essenz der Weisheit, hingewiesen wird, die eines Irregegangenen.

Die beiden Philosophen, die Nursi oft namentlich erwähnte, al-Farabi und Ibn Sina, sind für ihn Charaktere in der „Geschichte“ , da sie dafür eintreten, die Philosophie mit der Weisheit zu vermischen; eine Sicht, die der Sophisterei der klassischen christlichen Theologen ähnelt. Ibn Sina ging dabei sogar noch weiter als al-Farabi. Da Nursi einst von ihrer Intelligenz beeindruckt war und glaubte, ihre Darstellung sei zutreffend, war er auch kurz davor ihre Irrtümer zu übernehmen, wäre nicht der Segen des Gottesnamens al-Hakim (der Allweise) gewesen, der ihn führte und seine Gedanken und Einstellung zurechtbog.

Ich möchte mich nun der zweiten Art der Verbindung zwischen Philosophie und Weisheit zuwenden – der assoziativen – um zu sehen, wie Nursi hier seine dreifache Kritik anbrachte. Dieser liegen die drei Prinzipien der Philosophie zugrunde, die wie schon gesagt lauten: Beobachten, Hinterfragen und das Finden von Beweisen.

Was das Prinzip der philosophischen Neugier oder des erstaunenden Beobachtens betrifft, so ist festzustellen, dass die Philosophie nicht auf das Erstaunliche oder Rätselhafte reagiert, sondern vielmehr auf das Seltsame und Anomale. Zwischen beiden herrscht eine tiefe Kluft. Ersteres rührt aus der Vollkommenheit der Schöpfung der Dinge, und letzteres aus der Hinfälligkeit dieser Dinge. Tatsache ist, dass sich die Philosophie nicht mit vertrauten Dingen beschäftigt; sie hält die vertrauten Dinge für allgemein bekannt. Der Großteil ihres Wissens basiert auf dem Vertrauten und Gewöhnlichen, und nicht auf dem Rätselhaften oder Übernatürlichen.

Das Prinzip des philosophischen Hinterfragens hingegen ist hinsichtlich seiner die Dinge betreffenden Ziele unbestimmt, wodurch ein Durcheinander und Desorientierung herrscht. Es liefert nicht die erforderlichen Antworten, und stürzt dadurch denjenigen, der die Fragen stellt, in Ratlosigkeit oder sogar innere Bedrängnis und Konflikt.

Das Prinzip der philosophischen Beweisführung besteht aus einer Reihe von Vorschlägen unter der ständigen Gefahr der Widerlegung. Wollen wir diese Gefahr abwehren, dann müssen wir für jeden dieser Vorschläge durch eine weitere Reihe von Vorschlägen Beweise finden, die wiederum Gefahr laufen, widerlegt zu werden. Sobald wir die Widerlegung einer Reihe von Vorschlägen verhindert haben, werden wir schon mit vielen anderen konfrontiert.

Da der philosophischen Neugier immer das Seltsame und nicht das Wunderbare zugrunde liegt, führt sie den Philosophen in zwei Fallgruben: Die eine davon besteht darin, dass er aus dem Erlebten keine Lehren mehr ziehen kann. Wenn die Philosophie das Vertraute und Alltägliche hinterfragt, kann der Philosoph nicht länger daraus seine Weisheit und Lehren ziehen. Zweitens öffnet sie den Weg zur Leugnung Gottes: Wirft die Philosophie den Deckmantel des Gewöhnlichen über die Dinge, dann verhindert dies das Erkennen der göttlichen Macht und versperrt den Zugang zu der darin liegenden grenzenlosen Gnade.

Da das philosophische Hinterfragen ein ungesteuerter Prozess ist, führt es zu zwei nachhaltigen Verlusten. Einerseits geht das Mysterium der Einheit Gottes verloren. Zu viele Fragen ohne leitende Ziele oder zufriedenstellende Antworten aufzuwerfen ist ein Zeichen dafür, dass die Frage das Geheimnis der Einheit Gottes entbehrt. Wäre sich der Philosoph dieses Mysteriums bewusst, dann hätten sich seine Fragen um bestimmte Ziele gedreht und er hätte im Rahmen dieser Ziele die Antworten darauf erhalten, und zwar abgeleitet von der Einheit Gottes. An zweiter Stelle steht der Verlust des Zufrieden Seins, da der Philosoph in Kümmernis verfällt, weil er keine Antworten auf seine isolierten Fragen oder diversen Forderungen findet.

Da die philosophische Beweisführung aus einer Kette (von Vorschlägen) besteht, die jederzeit widerlegt werden kann, stößt sie auf zwei große Hindernisse. Eines der Hindernisse besteht darin, sich an die Ursachen zu halten, und nicht an den Schöpfer. Die Philosophie beschränkt ihre Beweisaufnahme und sucht eher die Geschöpfe als den Allmächtigen Schöpfer, oder, wie Nursi es ausdrückt, sie betrachtet die Dinge der Schöpfung als Objekte und nicht als „Gottes Zeichen“. Dies führt zwangsläufig dazu, dass der Philosoph die Ursachen herausstellt und überbetont. Das zweite Hindernis besteht darin, sich nur an das Selbst zu hängen. So wie der Philosoph die Dinge im Rahmen ihrer natürlichen Ursachen untersucht, so sieht er auch sich selbst, d.h. als Objekt, und verfällt damit in Selbstverherrlichung.

Für Nursi ist ein Philosoph, der für eine solche Verbindung zwischen Philosophie und Weisheit eintritt, wie jemand, der in einer großen Wüste wandert und zu beiden Seiten von furchtbaren Schrecken umgeben ist, wie z.B. dem tosenden Meer, gefährlichen Stürmen oder der Dunkelheit. Sie werden seinen äußerst verwundbaren Körper entlang des Wegs zerstreuen, und sein Zustand wird sein wie der Zustand derer, die, wie im Koran beschrieben, Gottes Missfallen erregen.

Vergleichen wir diese bildliche Kritik der assoziativen Vorgehensweise mit der vorhergegangenen bildlichen Kritik der verschmelzenden Vorgehensweise, dann stellen wir fest, dass die Befürworter der ersteren Art schlimmer dran sind als die Befürworter der letzteren. Die Tatsache, dass der Erste auf dem Antlitz der Erde oder unter dem Himmel (dem Sitz der Offenbarung) und unter der Sonne (dem Symbol für das Licht) wandelt, zeigt, dass seine Herausforderung der Göttlichkeit des Allweisen der Arroganz des anderen Philosophen weit überlegen ist, der nur einen Pfad unter dem verstümmelten, vom Meer in den Straßengraben gespülten Leichnam des Befürworters der assoziativen Art sucht. Dies zeigt, dass seine Tat der des Pharao gleicht, und dass er daher das gleiche Schicksal verdient, nämlich, dass er sterben und den anderen eine Lehre sein wird. Der andere Philosoph, der Befürworter der verschmelzenden Vorgehensweise, wird nur imaginär gesehen. Daher wird sein Leichnam nicht als Lehre für andere zurückbleiben, nur seine Spuren werden dazu dienen.

Demnach gehört Ibn Rushd, der große zynische Philosoph, der von Nursi nur selten erwähnt wurde, in seinen Augen zu denen, die Gottes Missgunst erregen, da er eine assoziative Vorgehensweise zwischen Philosophie und Weisheit befürwortete und dementsprechend handelte. In dieser Hinsicht wurde er zum Abweichler. Nursi war anfangs auch von Ibn Rushds Intellekt beeindruckt und hielt seine Meinung für interessant. Auch er lief daher Gefahr, Gottes Missfallen auf sich zu ziehen, wäre nicht der Gottesname Barmherziger (ar-Rahim) gewesen, der ihn bewahrte und ihn auf den rechten Weg leitete. Derjenige, der nach dem Prinzip handelt, eine Zusammenlegung von Philosophie und Weisheit herzustellen, wird keine Einsichten gewinnen und keine Lehren ziehen können und somit Gottes Gnade nicht einsehen. Ob er Glück und Heil erlangen kann, ist durch diese Haltung in Frage gestellt.

Nachdem ich nun die kritische Seite von Nursis revolutionärer Haltung zum Verhältnis zwischen Philosophie und Weisheit vorgestellt habe, möchte ich im Folgenden die Elemente der konstruktiven Seite dieser neuen Position darlegen. Der konstruktive Aspekt von Nursis intellektueller Revolution liegt in seiner Ablehnung beider bereits erwähnter Kombinationen zwischen Philosophie und Weisheit – der verschmelzenden und der assoziativen Vorgehensweise – und in der Tatsache, dass er die entgegengesetzte Vorgehensweise übernahm, d.h., er befürwortet eine spezielle Art der Trennung oder Separation zwischen den beiden, was einen bestimmten rhetorischen Mechanismus in Gang setzt.

Nursi schließt die verschmelzende Verbindung aus, die die Philosophie und die Weisheit auf eine Stufe stellt, sofern sie sich nicht widersprechen. Er ruft dazu auf, beide voneinander zu trennen, selbst wenn sie sich nicht widersprechen. Er kehrt die beiden Prinzipien um, auf denen diese Art der Kombination basiert, d.h. das Prinzip der rationalen Grundlage der Religion und das Prinzip des Gebrauchs der Vernunft in der Religion. Die Umkehrung führt bekanntermaßen zu einem Rangwechsel. Das, was an erster Stelle stand, tritt an die letzte Stelle, und umgekehrt. Durch diese Umkehr sind nun die beiden Prinzipien, auf denen die Trennung aufgebaut werden soll, das Prinzip des religiösen Fundaments der Vernunft und das Prinzip, die Religion in der Vernunft zu gebrauchen. Es folgt eine Erklärung: Nursi sagt, sowohl Vernunft als auch die Religion im Allgemeinen bedürfen eines Fundaments. Doch die eingeschränkte Vernunft und die allgemeine Religion können kein Fundament stellen. Es muss aus einer dritten Quelle stammen, wo die Vernunft ohne Makel und die Religion nicht allgemein ist. Dieser dritte Weg würde die vollendete Vernunft mit der speziellen und spezifischen Religion verbinden. Der Koran enthält sowohl vollkommene Vernunft, die ihn dazu befähigt, Basis für gesunden Menschenverstand zu sein, und er enthält eine spezifische Botschaft, die ihn dazu befähigt, Grundlage für die allgemeine Religion zu sein.

Nursi ist der Ansicht, die Vernunft – vereinnahmt von der menschlichen Philosophie – könne den Menschen nicht dienen und ihnen nicht zum Glück verhelfen, solange sie nicht durch Religion– verkörpert von der göttlichen Offenbarung - vermittelt wird. Ohne diese Vermittlung wird der Verstand nicht nur nutzlos sein, sondern dem Menschen sogar belasten. Diese Belastung kann ins Unermessliche anwachsen, da der Mensch zwangsläufig vom Weg abkommt und Gottes Missfallen auf sich zieht.

Die von der Weisheit des Korans dargestellte Religion wird zum Ursprung, und die von der menschlichen Philosophie dargestellte Vernunft wird Hilfsmittel. Daher bezeichnen wir Nursis Trennung oder Separation des Status zwischen Philosophie und Weisheit, wodurch er der verschmelzenden Verbindung zwischen den beiden begegnete, mit dem Ausdruck subordinatorische Trennung oder Separation. Die Philosophie wird hier zum Anhänger und Diener der Weisheit. Diese Unterscheidung, die Nursi hier zwischen nützlicher und belastender Philosophie macht, entnehmen wir einem Brief an die Studenten der modernen Philosophie, die sich seiner Schriften in ihren Studien bedienten. Ungeachtet der Umstände, die Nursi dazu veranlasst haben mögen, diese Unterscheidung zu machen – wie z.B. der Wunsch, die Philosophiestudenten zu begeistern und sie zu ermuntern, jene Schriften zu lesen um gegen die Kritikern gewappnet zu sein – er macht aus der nützlichen Philosophie einen Diener der Weisheit des Korans, als würde sie daraus abzweigen, da sie „zur Aufklärung und zum Fortschritt der Gesellschaft beiträgt und die Kunst, Natur- und Geisteswissenschaften fördert.“ Ein Mensch, der im Einklang mit dieser subordinatorischen Trennung handelt, ist gekennzeichnet durch tiefverwurzelten Glauben oder stichhaltige Argumentationsführung, ist eine selbstlose Person, die weder an Äußerlichkeiten hängt, noch vom Weg abkommt. Kurz gesagt, wir sehen vor uns einen souveränen Menschen.

Nursi schließt auch die assoziative Kombination von Philosophie und Weisheit aus. Er entschließt sich für eine wesentliche Trennung – oder Separation – zwischen ihnen, indem er eine Substitution vornimmt. Die Substitution ersetzt eine Sache durch eine andere, so dass der Ersatz so gut wie möglich die Aufgaben des Ersetzten ausführt. Die Weisheit wird für Nursi somit zum Ersatz für die Philosophie und erfüllt die drei Prinzipien, die die Philosophie zu erfüllen vorgibt- das Prinzip der Neugier oder des erstaunenden Beobachtens, das Prinzip des Hinterfragens, und das Prinzip der Beweisführung – so gut als nur möglich. Es folgt eine Erläuterung des Prozesses.

Nursi vertritt die Ansicht, dass die vollkommenste und perfekteste Form des Prinzips der Neugier oder des Erstaunens in der manifesten Weisheit des Korans auf zweierlei Art und Weise erreicht wird. Erstens zerreißt der Koran den Schleier der Vertrautheit, der die Dinge in uns und um uns herum bedeckt. Wir staunen über die Geheimnisse, die in diese Dinge gelegt wurden, und dies lässt in uns den Wunsch entstehen, die in der göttlichen Macht verborgenen Wunder und Rätsel zu entdecken. Zweitens ist der Koran ein wunderhaftes Buch. Bekanntermaßen gibt es nichts Erstaunlicheres als die „Wunderhaftigkeit“. Was nun, wenn es sich hierbei um die Wunderhaftigkeit des Korans handelt? In diesem Fall wird die Verwunderung zwangsläufig ihren Höhepunkt erreichen.

Wenn also das Philosophieren, wie man sagt, seinen Anfang mit der Verwunderung nimmt, dann kann die Verwunderung, die der Beginn der Weisheit ist, durch keine andere Art der Verwunderung übertroffen werden, da sie durch die Betrachtung der Verse des Korans entsteht, die zum äußersten Maß an Erstaunen einladen, da sie der Ort sind, wo der hohe Name Gottes – der Allweise – leuchtet. Hier erkennen wir den Grund dafür, dass Nursi sich durch die Erklärung der Wunderhaftigkeit des Korans auf den Weg zur Weisheit begab. Er handelte damit im Einklang mit seiner wahren Vision, der Vision von der Spaltung der eben erwähnten Berge, als eine große Persönlichkeit zu ihm kam und verfügte: „Erkläre die Wunderhaftigkeit des Korans.“

Nursi erkennt, dass auch die richtigste und vollkommenste Form des Prinzips des Hinterfragens in der Weisheit des Korans verkörpert ist, und zwar auf zweierlei Art und Weise. Erstens beinhaltet der Koran den besten Rahmen für die Fragestellungen, denn eine Frage ist nicht angebracht, wenn sie nicht einen bestimmten Zweck im Sinn hat. Der Koran besitzt grundlegende Ziele, wie „die Einheit Gottes“, „Offenbarung“, „Das Jenseits“ und „Rechtleitung“ oder, um Nursis Worte zu gebrauchen, „Beweis (der Existenz) des Schöpfers“, „Gottesgesandtschaft“, „Wiederauferstehung“, und „Gerechtigkeit“. Jeder einzige Vers des Korans beinhaltet mindesten eines oder mehrere dieser vier Ziele. Selbst ein noch so kurzer Vers kann alle vier Ziele beinhalten und damit den ganzen Koran verkörpern. Die anderen Ziele des Korans, die sich auf die Dinge und ihre Eigenschaften beziehen, werden unter diese vier Ziele subsummiert und dienen ihnen. Daher drehen sich die Fragen des Weisen ausschließlich um diese Ziele und verlassen diesen Pfad nicht, um Fragen zum Wesen der Existenz zu stellen, es sei denn, dies geschieht mit der Absicht, die vier ursprünglichen Ziele dahinter zu erkennen.

Darüber hinaus antwortet der Koran auf die gestellten Fragen am besten. Wie bereits erwähnt, drehen sich die existenziellen Fragen, die da wären „Oh Universum, woher und auf wessen Geheiß bist du? Wer ist dein Herr? Wer ist dein Fürsprecher? Was tust du? Wohin gehst du?“ um diese Ziele. Nur der Koran kann die richtigen Antworten auf diese Fragen geben und damit die Sorgen der Seele heilen.

Nursi glaubt, dass die sicherste und umfassendste Form des Prinzips der Beweisführung ebenfalls im analogen Syllogismus der Weisheit des Korans erreicht wird, und zwar folgendermaßen: diese Form von Syllogismus dient dazu, alle Menschen zu überzeugen, und nicht nur eine kleine Gruppe. Sie ist in der Lage, verschiedene logische Formen zu bedienen und beschränkt sich nicht nur auf eine davon, weil sie den übermittelten Fakten das Gewand vertrauter Ideen und allgemeiner Auffassungen überstreift. Sie erschöpft die Allgemeinheit nicht dadurch, dass sie verlangt, die Menschen sollten diese Fakten in ihrer abstrakten Form verstehen. Dieser Syllogismus ermöglicht es, eine ungefähre Perspektive der göttlichen Bestimmungen und der Verfügungen des Herrn zu erhalten, die die Reichweite der abstrakten Vernunft übersteigt. Dadurch wird sie mehr sein als diese Vernunft. Dieser Syllogismus stellt sicher, dass die Vorstellungskraft der Vernunft gehorcht und dadurch deren Zweifel und Ausflüchte begrenzt, die gewöhnlich ihre nichtanalogen Ableitungen gefährden. Dadurch ist sie stärker als diese Ableitungen. Darüber hinaus verbindet dieser Syllogismus die beiden gegensätzlichen Wahrnehmungswege des Menschen: den Weg des Geistes und den Weg des Herzens. Daher ist er ein ausgewogenes Mittel, zum Beweis zu gelangen. Er beweist ein Universalgesetz, indem er einen seiner Spezialfälle in der Form eines partiellen Beispiels darstellt. Das bedeutet, dass für Nursi die Analogie nicht nur etwas ist, um Parallelen aufzuzeigen. Sie wird vielmehr vom selben Gesetz regiert. Daher ist für Nursi die Analogie eher eine Induktion als eine Deduktion (oder ein einschließender Syllogismus).

Diese Ausführungen machen deutlich, dass die Weisheit nicht mit der Philosophie zusammengehen kann, da Wert und Wahrheit ganz auf der Seite der Weisheit stehen, und Fehler und Irrtum auf der Seite der Philosophie. Die beiden unterscheiden sich wesentlich, und daher ist es gerechtfertigt, ihre qualitative Trennung „substitutionäre Disjunktion“ zu nennen. Die Weisheit wird zur lebensnotwendigen Alternative. Jemand, der nach dieser zweiten Art der Disjunktion verfährt, ist ein einsichtiger Mensch, der Gottes Gnaden bejaht, Glück und Heil erlangt, kurzum, ein Mensch, der Gott gefällt. Wenn ein Mensch sowohl rechtgeleitet ist, als auch Gottes Zufriedenheit erweckt, dann wird er Gnade empfangen. Und so ist der Weise, dessen Kennzeichen es ist, dass er die Weisheit über die Philosophie stellt und sogar die Weisheit ganz ohne Philosophie auskommen lässt, wirklich ein Mensch, dem Gott Gnade gewährt hat.

Aus der Analyse von Nursis Haltung zur Beziehung zwischen Philosophie und Weisheit schließen wir, dass aus dem Philosophen, der gemeinsam mit den islamischen Philosophen für eine Verbindung zwischen den beiden eintritt – entweder eine verschmelzende Verbindung, die in die Irre führt, oder eine assoziative Verbindung, die das Missfallen Gottes erweckt – ein Weiser wurde, der dafür eintritt, die beiden zu trennen, und zwar entweder durch Unterordnung, die zur Rechtleitung führt und die Philosophie in den Dienst der Weisheit stellt, oder durch Ersetzen, was die Weisheit zum Ersatz für die Philosophie macht.

Dies ist ganz offensichtlich eine Revolution kopernikanischen Ausmaßes. Nachdem die Philosophie mit der Weisheit verbunden sein sollte, wird sie nun als getrennt von ihr angesehen. Wo die Philosophie im Falle von Unstimmigkeiten zwischen den beiden der Weisheit vorgezogen wurde, wird die Weisheit nun der Philosophie übergeordnet, selbst wenn beide übereinstimmen. Die Philosophie, die einst die gleiche Daseinsberechtigung hatte wie die Weisheit, hat nun ihren Status verloren, und zwar wegen der bloßen Existenz der Weisheit.

Es verwundert daher nicht, dass Nursi sagt, es gebe zwei gegensätzliche Stadien in seinem Leben: den „Frühen Said“ und den „(gewordenen Späten) Said“. Ich glaube, dass die Elemente, die diese beiden Phasen unterscheiden und trennen, in diesen beiden widersprüchlichen Haltungen gesucht werden sollten, die er hinsichtlich der Beziehung zwischen Philosophie und Weisheit hatte. Charakteristisch für das Denken des frühen Said ist die Herstellung einer Verbindung zwischen Philosophie und Weisheit, und ihre Trennung ist das Kriterium, das das Denken des späteren Said bestimmt. Diese kopernikanische Revolution ist genau das Gegenteil der kopernikanischen Revolution von Kant. Während Kant die Weisheit dem Dienst der Philosophie unterstellte, wenn beide übereinstimmen, lässt Nursi im Gegensatz dazu die Philosophie der Weisheit dienen. Wo Kant die Weisheit durch die Philosophie ersetzt, wenn beide sich widersprechen, dort ersetzt Nursi die Philosophie durch die Weisheit.

Daraus folgt, dass der Einfluss von Nursis Schriften nicht nur auf die Türkei beschränkt bleibt, wie die Philosophie Kants, die dazu diente, die Werte der Bevölkerung radikal zu verändern. Dieser Einfluss ist auch nicht auf die gespaltene und orientierungslos gewordene muslimische Welt beschränkt. Er erstreckt sich vielmehr auf die ganze Welt und versucht, die Menschheit, sowohl die Elite, als auch die einfachen Menschen, vor dem Einfluss einer philosophischen Denkweise gefeit zu machen, die der Menschheit Schaden zugefügt hat. Wenn dies tatsächlich sein Werk ist, dann verdient er, zu den Weisen der Welt gezählt zu werden, die das Bewusstsein der Menschen aufrütteln, den Belangen der Seele die gleiche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen wie dem Körper, und die den Weg zur Erneuerung des Menschen bereiten und aus ihm einen neuen Menschen in einer neuen Welt machen.

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