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24.10.2008 Interview mit Dr. Dirk Halm über den deutschen Islam-Diskurs

"Eine andere Art Agendasetting"

(iz). Dr. Dirk Halm vom Zentrum für Türkeistudien in Essen hat mit seinem Buch „Der Islam als Diskursfeld“, das auf einer empirischen Studie beruht, eine interessante Analyse des aktuellen Diskurses über den Islam in Deutschland vorgelegt. Die Analyse zeigt, wie unterschiedliche gesellschaftliche Akteure bestimmte Bilder des Islams im öffentlichen Diskurs etablieren, um damit Positionen zu stützen und spezifische Interessen zu vertreten. Halm untersucht auch die Perspektiven, die die Muslime in Deutschland unter diesen diskursiven Bedingungen haben. Im Kurzinterview mit der IZ geht Dr. Dirk Halm auf die Kernergebnisse seiner Studie ein.

 

Islamische Zeitung: Herr Dr. Halm, ein - zugegebenermaßen wenig überraschendes - Ergebnis ihrer Studie ist, dass die Muslime hierzulande nur über eine geringe Diskursmacht verfügen. Warum ist das so?

 

Dr. Dirk Halm: Das liegt in erster Linie daran, dass sie Themen des Diskurses nicht bestimmen können, sondern reaktiv auf das, was die Ausnahmegesellschaft für diskursrelevant hält, reagieren müssen. Daher müssen sie sich mit Themen auseinandersetzen, die nicht die ihren sind und die sie nicht kompetent behandeln können. Sie geraten damit in eine grundsätzliche Schieflage. Die andere Frage ist, wer daran schuld ist. Und da muss man sehen, dass die muslimische Community sich dies ein Stück weit auch selbst zuzuschreiben hat, weil es in einer pluralen Gesellschaft, die wir sind, doch möglich sein müsste, auf eine andere Art Agendasetting zu betreiben, als es getan wird. Ein Hauptproblem ist natürlich, dass muslimische Gemeindearbeit und größtenteils auch die Arbeit in muslimischen Organisationen ehrenamtlich ist – auch da sind die Muslime strukturell den Kirchen deutlich unterlegen. Auch in katholischen oder evangelischen Gemeinden kann man sehen, dass diese sehr große Probleme haben, ehrenamtliche Arbeit zu akquirieren, obwohl sie hauptamtliche Begleitung haben. Und die Entwicklungsaufgaben für den Islam sind größer als für die christlichen Kirchen. Entsprechend ergibt sich da eine starke strukturelle Benachteiligung und sehr geringe Möglichkeiten, den Diskurs positiv zu beeinflussen.

 

Islamische Zeitung: Welche Diskursstrategien sehen Sie auf nichtmuslimischer Seite?

 

Dr. Dirk Halm: Da geht es in großem Maße darum, sich zu positionieren mit Blick auf die Verteilung von Ressourcen und gesellschaftlicher Macht. Man kann sich denken, dass es wohl nicht im Sinne der Kirchen ist, wenn eine große Zahl islamischer Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts staatskirchenrechtlich anerkannt, Wohlfahrtsverbände gründen, eventuell Schulen betreiben würde und so weiter. Hier geht es in erster Linie um einen Ressourcenkampf. Und ich glaube, dass es eine Diskursstrategie sein könnte, den Islam zu heterogenisieren, ihn stärker zu heterogenisieren als er tatsächlich ist, um dadurch die Wahrscheinlichkeit noch geringer zu machen, dass es zu einer islamischen Einigung und zu einer organisatorischen Festigung kommt. Das gilt aber sicher immer nur für Teile der entsprechenden Diskursteilnehmer und nicht für die Kirchen als ganzes. Es gibt immer Wohlmeinende, und es gibt auch sicher Leute, die diese andere Schiene fahren.

 

Islamische Zeitung: In Ihrem Fazit des Buches zeigen Sie sich eher pessimistisch und gehen davon aus, dass die Diskursmacht der Muslime künftig eher noch geringer werden wird. Was bringt Sie zu dieser Einschätzung?

 

Dr. Dirk Halm: Weil ich denke, dass der Islam sich in einer etwas paradoxen Situation befindet, nämlich zwischen einer selbstverständlichen Herkunftslandorientierung, die in vielen Gemeinden vorherrscht, und der Tatsache, dass die bestehenden Verbände unabdingbar sind für muslimisches Leben in Deutschland, wie auch die meisten traditionell orientierten Moscheegemeinden, weil sie einfach Infrastruktur vorhalten, zu der es keine Alternativen gibt. Ich sehe aber auch, dass diese Organisationen unter Nachwuchsproblemen leiden, die man nicht wegdiskutieren kann. Und es scheint mir in der Tat so zu sein, als würden innermuslimische Konflikte aufbrechen, die den Islam wiederum schwächen - zwischen denjenigen, die sich in erster Linie als europäische Muslime sehen, und denjenigen, die sich noch als Muslime mit bestimmten Bindungen in bestimmte Herkunftsländer definieren. Und es scheint noch nicht so zu sein, dass diejenigen, die sich als rein migrationseuropäisch begreifen, ohne die Hilfe der anderen eine Übersetzung islamischer Lebenswirklichkeit nachhaltig hinbekommen.

 

Islamische Zeitung: Herr Dr. Halm, wir danken für das Gespräch.

http://www.islamische-zeitung.de/?id=10927

 

Sulaiman Wilms sehr klare Haltung über den EKD Bischof Huber :

http://www.islamische-zeitung.de/iztv.cgi?id=9486

ws

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