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(jW) Zahlreiche Muslime in Deutschland sind gewaltbereit«, titelte Spiegel online am 20. Dezember 2007 einen Bericht über die vom Bundesinnenministerium zwei Tage zuvor vorgelegte Studie »Muslime in Deutschland«. Falls man als Ziel solcher Artikel unterstellen darf, literweise Benzin ins Feuer zu gießen, war die Überschrift äußerst geschickt gewählt: Sie greift aus einer umfangreichen, komplexen Studie den Punkt heraus, der am besten geeignet ist, an bestehende Ressentiments und Zwangsvorstellungen anzuknüpfen. Und sie mobilisiert irrationale Ängste und Reflexe, ohne die Grenzen zur plumpen Unwahrheit zu überschreiten. Denn bitte, bei geschätzten 3,5 Millionen Moslems in Deutschland verdient selbst ein niedriger Prozentsatz das genau genommen nichts aussagende Adjektiv »zahlreich«.

 

Sieht man sich die Studie daraufhin an, sind es 5,9 Prozent, die zwar nicht wirklich als »gewaltbereit« eingestuft werden, aber die Gewalt insbesondere zur Verteidigung ihrer Religion gutheißen und rechtfertigen. Das ist ein sehr viel geringerer Anteil, als man vermuten müßte, wenn man den alarmistischen Behauptungen der führenden Islambekämpfer glauben würde. Dieser geringe Anteil macht zudem deutlich, daß die mittlerweile weithin übliche Herleitung der »Gewaltbereitschaft« einzelner Muslime aus der Religion des Islam dummes Zeug und im juristischen Sinn Volksverhetzung ist.

 

Denn auch, wenn es anscheinend keinen Richter in Deutschland interessiert, soweit die Betroffenen Muslime sind: Strafbar macht sich nach Paragraph 130 StGB, »wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet«. – Das Gesetz sieht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor.

 

Nach der gelungenen Headline ging es im Vorspann von Spiegel online so weiter: »Fundamentalismus auf dem Vormarsch: Laut einer Studie des Bundesinnenministeriums sind 40 Prozent aller in Deutschland lebenden Muslime fundamental orientiert. Jeder siebte Islamgläubige kann mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nichts anfangen, sechs Prozent sind demnach ›gewaltaffin‹.«

 

»Fundamentalismus auf dem Vormarsch« ist falsch: Die Macher der Studie haben den unglücklichen Begriff »fundamental« gewählt, der eine Verwechslung mit »fundamentalistisch« nahelegt. In einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung (20.12.2007) versuchte einer der Autoren der Studie, Peter Wetzel, die Sache wieder gerade zu biegen: »Hier muß dringend differenziert werden. ›Fundamental orientiert‹ ist nicht gleichzusetzen mit Fundamentalismus. Es bedeutet lediglich, daß sich 40 Prozent der Muslime gegen eine Modernisierung ihrer Religion stemmen, weil sie fürchten, das Religiöse zu verwässern.«

 

Auch das ist jedoch nicht ganz richtig. Die vorgegebene Aussage, zu der sich die Befragten zu äußern hatten, lautete: »Ich finde es wichtig, daß die Lehre des Islam an die Bedingungen der modernen Welt angepaßt wird.« – Das Wort »Anpassung« ist geeignet, angesichts des auf den Muslimen lastenden Diskriminierungsdrucks, legitime Abwehrreflexe hervorzurufen. Und der unklare Begriff der »modernen Welt« läßt, ohne daß man überempfindlich sein muß, an den »Westen« denken, der dem Islam nicht gerade fair gegenübertritt und der die »Anpassung« hier und dort sogar mit militärischer Gewalt zu erzwingen versucht.

 

Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang auch an Mainstreampublizisten und »Islamwissenschaftler«, die von den Muslimen der Welt fordern, als Zeichen ihrer »Anpassung an die Moderne« große Teile des Koran für ungültig zu erklären. Erst kürzlich hat ein niederländisches Gericht in einem Prozeß gegen den Rechtspopulisten Geert Wilders für legitim erklärt, den Islam als »faschistisch« zu bezeichnen und den Koran mit Hitlers »Mein Kampf« auf eine Stufe zu stellen. Das Gericht behauptete allen Ernstes, mit solchen Qualifizierungen werde kein Haß gegen die Angehörigen der beschimpften Religionsgemeinschaft geschürt (Frankfurter Rundschau, 8.4.2008). Es ist zweifelhaft, ob ein deutsches Gericht in derselben Sache wesentlich anders geurteilt hätte. Muslime und ihre Religion sind in juristischer Hinsicht anscheinend Freiwild für rassistische Polemiker und Provokateure.

 

Die Geschichte aller diskriminierten Gruppen zeigt, daß solche Angriffe, zumal wenn diese ganz offiziell unter staatlichen Schutz gestellt werden und gleichzeitig von der »Mehrheitsgesellschaft« ignoriert, toleriert oder sogar teilweise unterstützt werden, eine Abwehrsolidarisierung und auch eine Verhärtung eigener Positionen hervorrufen. Vor diesem Hintergrund ist es geradezu erstaunlich, daß der Anteil der »Demokratiegegner« unter den in Deutschland lebenden Muslimen laut Studie mit etwa zehn Prozent wohl eher geringer ist als in der »Mehrheitsgesellschaft«.

 

Staatliche Unterstützung

 

In den meisten Mainstreammedien fand ein wesentlicher Aspekt der Studie keine Beachtung. Das ist auch nicht verwunderlich, da es in diesem Fall nicht darum geht, auf die muslimische Bevölkerungsgruppe mit anklagenden und hämischen Fingern zu zeigen, sondern um einen selbstkritischen Blick in den Spiegel. Die Autoren der Studie haben nicht nur festgestellt, daß sich über 70 Prozent der Befragten diskriminiert fühlen. Das könnte man ja noch auf die den Muslimen – übrigens ebenso wie früher und teilweise noch heute den Juden – generalisierend zugeschriebene »Überempfindlichkeit« schieben. In der Studien werden jedoch Untersuchungen erwähnt, wonach 75 Prozent der Deutschen der Meinung sind, daß die muslimische Kultur nicht in die westliche Welt paßt. Gleichzeitig werfen 80 Prozent der Deutschen den Muslimen vor, sich gesellschaftlich abzuschotten, was wohl nicht nur Dummheit, sondern auch Zynismus widerspiegelt. Denn wer verkehrt schon gern mit Menschen, die ihn verachten, die ihre Vorurteile vor sich hertragen und auch vor Beleidigungen nicht zurückschrecken? 14 bis 20 Prozent der Deutschen lehnen der Studie zufolge Muslime sogar »stark« ab; nach anderen Untersuchungen sind es über 25 Prozent. Aber das sind offenbar nur die Radikalsten, bekennende Rassisten. Die zuvor genannten Zahlen zeigen indessen, daß Ressentiments sehr viel weiter verbreitet sind.

 

Der Antimoslemismus ist in der Mitte der deutschen Gesellschaft angekommen und wird gerade auch von vielen Medienmachern als hoffähig und amüsant goutiert. Keiner verkörpert diese gesellschaftliche Tatsache besser als der Spiegel-Journalist Henryk M. Broder, der sich im Verbreiten gefährlicher Pauschalurteile nicht nur über die in Deutschland lebenden Muslime, sondern über die gesamte islamische Welt besonders hervorgetan hat – und der für diesen fragwürdigen »Mut« mit Beifall überschüttet wird. Er symbolisiert eine destruktive Medienkultur, die das Provozieren und Polarisieren sehr viel höher schätzt als das ergebnis orientierte Argumentieren.

 

Kennzeichnend für die gesellschaftliche Situation ist auch, daß die »Bundeszentrale für Politische Bildung«, eine staatliche, steuerfinanzierte Institution also, Broders aggressives Buch »Hurra, wir kapitulieren« zum subventionierten Billigpreis von vier Euro zu verbreiten versucht. Auch Veranstaltungen mit dem Autor über sein Buch stehen auf dem Propagandaprogramm der Bundeszentrale. Das verleiht dem Antimoslemismus fast den Charakter einer neuen Staatsdoktrin, auch wenn das sachlich zum Glück nicht ganz zutrifft. Bisher jedenfalls, muß man vorsichtig einschränken. Fakt ist aber, daß kein Politiker, keine politische Partei in der Öffentlichkeit ernsthaft und beharrlich dagegen auftritt, daß eine staatliche Institution sich der Verbreitung von Ressentiments gegen eine Bevölkerungsgruppe widmet und damit einen latent gefährlichen sozialen Konflikt anheizt, statt Gegenstrategien zu entwickeln und zum Abbau von gegenseitigem Mißtrauen beizutragen. Mit einmaligen Lippenbekenntnissen ist da wenig zu helfen, doch selbst die sind äußerst rar. Auch von der Linkspartei hört man übrigens in diesem Zusammenhang äußerst wenig, um nicht zu sagen: so gut wie gar nichts. »Solidarität mit unseren muslimischen Mitbürgern« – wäre das kein Thema für eine möglichst bald, etwa vom Vorsitzenden der Bundestagsfrak tion der Linkspartei, Gregor Gysi, zu haltende Rede? Soll es ausgerechnet einem CDU-Politiker, Jürgen Todenhöfer, vorbehalten bleiben, angesichts der antimoslemischen Mainstreamstimmung Anstand und Achtung vor der Menschenwürde anderer zu zeigen?

 

Kommen wir noch einmal auf die »Bundeszentrale für Politische Bildung« zurück. Einem Erlaß des Innenministeriums zufolge soll es ihre Aufgabe sein, »Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewußtsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken«. Ihre Zielgruppe sind nach eigener Aussage »Lehrer/Pädagogen, Polizei, Schüler, Bundeswehr«. Man sagt wohl nichts Falsches, wenn man davon ausgeht, daß dabei Jugendliche im Mittelpunkt stehen. Das von der Bundeszentrale als vermeintliches »Bildungsmaterial« verbreitete Broder-Buch enthält ein ganzes Kapitel, das sich auf einseitige, bösartige Weise mit der Situation an deutschen Schulen befaßt. Genauer gesagt nur mit einem Teilaspekt, der aber in den Medien eine zentrale Rolle spielt: Gewalttätigkeit. Ohne sich mit diesem Ernsthaftigkeit und Genauigkeit erfordernden Thema wirklich auf Faktenbasis zu befassen, reduziert Broder es darauf, daß er Streitereien und Handgreiflichkeiten ausschließlich von muslimischen Kindern und Jugendlichen ausgehen läßt. Broders Erklärung: Sie sind von ihren Eltern im Geist der Intoleranz und der Verachtung Andersgläubiger erzogen worden. Der umgekehrte Fall, daß nämlich Deutsche aus unterschiedlichen Gründen muslimische Kinder und Jugendliche beleidigen und tätlich angreifen, kommt bei Broder nicht vor.

 

Welche Reaktionen muslimischer Jugendlicher erwartet man, wenn eine staatliche Institution eine so einseitige, ganz offensichtlich den erfahrbaren Tatsachen überhaupt nicht gerecht werdende Polemik verbreitet und ihr auch noch den verlogenen Titel »Politische Bildung« verleiht? Drängt sich da nicht der Kommentar »Scheißdeutsche!« geradezu auf? Wie sollten diese Jugendliche auf den Gedanken kommen, sie seien von der »Mehrheitsgesellschaft« als Gleichberechtigte respektiert? Denn tatsächlich wird ihnen, aus Steuergeldern subventioniert, ins Gesicht geschlagen. Moslem-Bashing im Internet Bisher war nur vom Mainstream-Antimoslemismus die Rede. Es gibt aber, was die Tonart angeht, noch weit Schlimmeres. Über 30 Internetauftritte beschäftigen sich monothematisch, ausschließlich und obsessiv mit Hetze gegen die muslimische Welt. Gleichzeitig berauscht man sich dort bis hin zu obszönen Gewaltphantasien an den militärischen Taten der USA und Israels. Das oberflächliche Bekenntnis zum »freien Westen« und zu den »tapferen Juden« kann nicht verhüllen, daß sich in vielen Stellungnahmen grobschlächtige Nazimentalität, sehr oft sogar NSDAP-Originalton austobt. So las man vor einiger Zeit auf der mit Abstand bedeutendsten, einflußreichsten antimuslimischen Webseite »Politically Incorrect« Äußerungen wie: »Nichts kann einen Menschen dermaßen erniedrigen, daß er auf die Stufe eines Moslems absinkt. Du kannst getrost in Scheiße baden und dich von Gozilla vollpissen lassen – solange Du frei denken kannst – bist Du immer noch 1000 Entwicklungsstufen über denen.« Oder: »Die müssen sich ja auf solchen Dummfug beziehen, da Moslems nachweislich nicht selber zu Kulturleistungen fähig sind oder sein werden. Ist eben eine Heuschreckenreligion.« Oder: »Es ist ein wenig wie ein Teufelskreis, so wie die Cholibakterien oder mit den AIDS-Viren: Allein können sie nichts ausrichten, aber sie nutzen uns als Wirt.« Oder: »Ohne das Gutmenschentum würden die Musels schon längst wieder in ihrer Wüste sitzen, ihre Striemen, Beulen und Kratzer pflegen und auf Allah schimpfen, weil er ihnen die Übernahme Europas vorenthalten hat.« Oder: »Die marxgeschädigten Gutmenschen schaffen das Klima, unter dem das islamische Unkraut wächst, gedeiht und alles andere erstickt.« Oder: »Wenn die ohne Sozialhilfe überlebten, käme mir das fast wie ein Wunder gleich, ähnlich der Speisung der 10000en.«

 

Die Zitate stammen von zwei willkürlich gewählten Tagen, dem 17. und 18. Januar 2007. Damals führte noch ein direkter Link von Broders Website »Achse des Guten« zu »Politically Incorrect« (PI). Der anrüchige Link war ein Überbleibsel des ambitionierten Versuchs, ein umfassendes antimuslimisches Netzwerk aufzubauen. Unter anderem mit dieser Intention hatten sich am 29. August 2005 rund 70 einschlägig Interessierte auf dem Münchner Nockherberg getroffen, um ihre Aktivitäten zu koordinieren. Unter ihnen war neben Broder auch PI-Chef Stefan Herre. In den Einladungen war das Treffen als »prowestlicher Heimatabend« deklariert worden.

 

Ob Broder sich später jemals öffentlich von Herre und von den NS-Parolen auf den PI-Seiten distanziert hat, ist mir nicht bekannt. Vielleicht ist es mir entgangen. Aber insgesamt ist die Neigung der ehrbaren Mainstream-Antimoslemisten, klare Grenzen nach Rechtsaußen zu ziehen, schwer unterentwickelt. Broder hat sogar geleugnet, daß es so etwas wie Antimoslemismus oder, wie manche sagen, Islamophobie überhaupt gibt. Erst kürzlich behauptete er ganz trocken, der niederländische Parteipolitiker Geert Wilders sei kein Rechtspopulist, sondern ein »radikaler Liberaler« (Spiegel online, 30.3.2008).

 

Islamophobie und Israelphilie

 

Der Maßstab ist offenbar nur noch, daß generell kein schlechter Mensch sein kann, wer sich lautstark und exhibitionistisch zu Israel bekennt. Das ist bei Wilders, der kürzlich mit seinem Anti-Islam-Filmchen »Fitna« zu provozieren versuchte, eindeutig der Fall. Anläßlich eines Besuchs des Niederländers in Jerusalem schrieb die israelische Tageszeitung Haaretz am 11. Januar 2008: »Über die Jahre hat Wilders Israel Dutzende Male besucht, um sich mit Sicherheitsexperten, Politikern und alten Freunden zu treffen.« Das Blatt zitierte Wilders, dessen »Liebesaffäre mit Israel« schon in den 80er Jahren begonnen habe, mit dem Satz: »Wenn ich hier bin, bin ich bei meinen Leuten, meinem Land, meinen Werten. Ich fühle mich hier mehr zuhause als in vielen europäischen Ländern.« – Im übrigen hatte Haaretz kein Problem, Wilders korrekt als einen »weit rechts stehenden Politiker« zu kennzeichnen. Die bisher in Israels besetzten Gebieten lebende Fiamma Nirenstein, die gerade für die »postfaschistische« Alleanza Nazionale ins italienische Parlament gewählt wurde, beschreibt ihre Wahlpropaganda so: »Ich habe mit den Leuten nicht über lokale Probleme gesprochen. Ich habe ihnen gesagt, daß das Wichtigste für ihre italienische Identität ist, daß sie an der Seite Israels stehen« (Haaretz, 18.4.2008).

 

Die enthusiastische Unterstützung der palästinenserfeindlichen Politik Israels und der eskalierenden Kriegsstrategie der USA im Nahen und Mittleren Osten gehört zu den zentralen, unverzichtbaren Wesenszügen des modernen Antimoslemismus. Sie bildet darüber hinaus den eigentlichen Zweck der Feindbildproduktion. Nicht alle Freunde Israels sind Feinde der Moslems. Aber alle Antimoslemisten, selbst die offenen Rechtsextremisten unter ihnen, sind Freunde Israels oder fühlen sich als solche oder geben sich zumindest dafür aus. Auf diese Weise wächst eine fatale Verbindung zwischen politischen Strömungen und Traditionen heran, die historisch gesehen auf gar keinen Fall zusammengehören. Das Beispiel der Alleanza Nazionale von Gianfranco Fini zeigt, wie für Parteien aus der rechtsextremen Tradition eine aggressiv zur Schau gestellte »Solidarität mit Israel« geradezu zur Eintrittskarte in den Klub der international akzeptierten Parteien wird. Rechtspopulismus ohne uneingeschränktes Bekenntnis zu den USA und Israel ist heute in Europa kaum noch vorstellbar.

 

Dabei steht der Antimoslemismus weit rechts von der offiziellen Politik der USA und Israels. Präsident George W. Bush sagte zum Beispiel mehrmals Dinge wie: »Manche nennen es üblen islamischen Radikalismus, andere militanten Jihadismus, wieder andere Islamofaschismus. Wie immer man es nennt, diese Ideologie ist sehr verschieden von der Religion des Islam. Diese Form des Radikalismus beutet den Islam aus, um einer gewalttätigen politischen Vision zu dienen« (Rede am 6. Oktober 2005). Mit dieser Differenzierung ist Bush in den Koordinaten der Antimoslemisten ein »Islamversteher«, ein »Einknicker«, ein »Appeaser«, kurz gesagt ein Wegbereiter des Weltkalifats.

 

Und Israel? Israelische Politiker sind vor allem Pragmatiker. Antimoslemische Tiraden sind nicht Teil der israelischen Regierungspolitik. Selbst die extreme Rechte Israels greift in der Regel nicht den Islam als Religion und die Muslime als weltweite Glaubensgemeinschaft an, sondern gezielt die Palästinenser, allenfalls die Araber insgesamt. Das schließt allerdings, wie unter anderem die Beispiele Fini und Wilders zeigen, nicht aus, daß man aus ebenso pragmatischen Gründen mit fast allen Spielarten des Antimoslemismus paktiert.

 

Es ist nicht rational zu erklären und unverzeihlich, daß eine politisch-ideologische Strömung, deren zentraler Daseinszweck Kriegstreiberei ist, und die in ihrer radikalen, undifferenzierten Polemik gegen den Islam sogar eine Figur wie Bush von rechts überholt, ausgerechnet in Deutschland kaum auf öffentlichen Widerspruch stößt. Die deutsche Linke insbesondere ist dabei, gegenüber einem neuen Rassismus zu versagen, dessen strukturelle Ähnlichkeiten mit dem historischen Antisemitismus eigentlich nur jemand übersehen kann, der sich weder mit dem einen noch mit dem anderen wirklich beschäftigt hat.

 

Quelle: Erstabdruck in der "Junge Welt" vom 13.5.2008

 

http://www.islamische-zeitung.de/?id=10310

 

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