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Was haben Hologramme mit der Manifestation Gottes zu tun? - Zeynep Gunay Unalan -

 

 

Philosophie und Wissenschaft versuchen seit jeher zu ergründen, was das Universum eigentlich ist. Diese grundlegende Frage bildete gewissermaßen den Startpunkt der beiden Disziplinen. Gläubige Menschen hingegen suchen die Antwort vor allem in den Religionen, die sich allesamt ebenfalls mit diesem Thema beschäftigen und viele wertvolle Erkenntnisse anzubieten haben. Was den Islam betrifft, so haben die meisten muslimischen Gelehrten die Auffassung vertreten, dass die höchsten Wahrheiten über das Universum in den Namen Gottes verborgen liegen. Mittlerweile geht eine wachsende Zahl seriöser Wissenschaftler davon, dass das Universum ein Hologramm ist, welches eine übergeordnete höhere Wahrheit widerspiegelt und uns eine Vorstellung von dieser Wahrheit vermittelt. Ob die Idee von einem holographischen Universum mit den Vorstellungen der muslimischen Sufis von der Manifestation Gottes im Universum zu vereinbaren ist, ist umstritten. Auch ich kann und will diese Frage nicht beantworten. Vielmehr möchte ich in diesem Aufsatz verdeutlichen, dass das holographische Modell des Universums unsere Vorstellungskraft dazu anspornen kann wahrzunehmen, dass sich Gott in allen Dingen offenbart (Tadschalli). Zu diesem Zweck werde ich zunächst kurz darlegen, was genau man unter einem Hologramm versteht, um dann die Idee eines holographischen Universums zu erläutern. Anschließend werde ich den Versuch unternehmen, das Wirken der Namen Gottes im Universum zu beschreiben, indem ich das holographische Universum als Metapher verwende.

 

Was genau versteht man unter einem Hologramm?

 

Die Holographie ist, ähnlich wie die Fotografie, ein Verfahren zur Aufzeichnung von Bildinformationen eines abgelichteten Objekts. Im Gegensatz zur Fotografie werden in der Holographie auch die räumlichen (dreidimensionalen) Informationen des abgelichteten Objekts gespeichert. Dazu bedient man sich des Laserlichts. Um beispielsweise ein Hologramm von einer Blume zu erhalten, bestrahlt man sie mit Laserlicht. Anschließend richtet man einen zweiten Laser auf das reflektierte Licht des ersten Lasers. Die Licht-Interferenzmuster (Muster der Überlagerung von zwei oder mehr Lichtwellen), die dabei entstehen, werden auf einem Film festgehalten. Nach der Entwicklung des Films hat es den Anschein, als habe man lediglich ein wildes Gewirr von Licht- und Schattenlinien aufgenommen. Das liegt daran, dass der Film nun die Rauminformation über das Objekt (Informationen über Amplitude und Phase des vom Objekt kommenden Wellenfeldes) enthält. Durchleuchtet man dann jedoch den entwickelten Film mit Laserlicht der gleichen Wellenlänge die bei der Aufnahme gewählt wurde, erhält man ein dreidimensionales Bild der Blume, das man als Hologramm bezeichnet. Die Informationen der Blume, die in dem Licht-Interferenzmuster gespeichert wurden, werden nun sichtbar. Verblüffend dabei ist, dass wenn wir das Hologramm in zwei Hälften zerschneiden und dann den einen Teil mit einem Laser durchleuchten, immer noch das ganze Bild sichtbar ist. Selbst wenn wir den Film in immer kleinere Bilder zerschneiden, besitzt jeder dieser winzigen Schnipsel nach wie vor alle Informationen, über die das ganze Hologramm verfügt. Im Unterschied zum herkömmlichen zweidimensionalen Bild, bei dem jeder einzelne Punkt jeweils einen Punkt des abgelichteten Objekts wiedergibt, enthält also jeder Punkt des Hologramms alle Informationen über das gesamte Objekt. Verändern wir unseren Blickwinkel auf das Hologramm, so können wir die unterschiedlichen Seiten der Blume betrachten. Das vermittelt uns die glaubhafte Illusion, tatsächlich ein dreidimensionales Objekt zu sehen.

 

Das holographische Universum

 

Die Idee, dass das Universum ein gigantisches Hologramm sein könnte, ist der Tatsache geschuldet, dass nicht nur Lichtwellen, sondern auch Materiewellen Interferenzmuster erzeugen können. Ein tieferes Verständnis der Interpretation des Universums als Hologramm ließ sich aber erst aus theoretischen Modellen ableiten, die das koordinierte Handeln der vier elementaren Kräfte in der Natur (Gravitationskraft, elektromagnetische Kraft, starke Kraft und schwache Kraft) zu erklären versuchten. Diesen Modellen zufolge existieren bis zu 11 Dimensionen der Raumzeit, die wir Menschen jedoch als lediglich vier Dimensionen wahrnehmen. (In der Raumzeit hat jeder Punkt drei Raumkoordinaten und eine Zeitkoordinate.) Wenn dies zuträfe, wäre es durchaus vorstellbar, dass reale 11-dimensionale Informationen auf die vierdimensionale Raumzeit, in der wir leben, projiziert werden.

 

Mit dem niederländischen Physiker und Nobelpreisträger Gerardus ’t Hooft wurde die holographische Wesensart aller physischen Systeme dann salonfähig. Sein Holographisches Prinzip besagt nämlich, dass jedes Element und jedes Teilsystem von komplexen physischen Systemen die Strukturen des Gesamtsystems widerspiegelt. Als man dieses Prinzip auf das Universum, das größte aller physischen Systeme, die uns bekannt sind, übertrug, war die Idee von einem holographischen Universum geboren. Man realisierte, dass jeder einzelne Punkt im Universum das gesamte Universum beinhalten könnte: Jedes Sandkorn wäre dann genauso mit jedem Planeten im Kosmos verbunden, wie jedes einzelne subatomare Teilchen mit den Zellen des Menschen verbunden wäre.

 

Der britische Wissenschaftler David Bohm beschäftigte sich intensiv mit dieser Form der Ganzheit in der Natur. Den wichtigsten Ansatzpunkt für seine Interpretation des Universums als Hologramm lieferte ihm ein Experiment aus dem Jahr 1982, das von einem Forscherteam der Universität Paris unter der Leitung von Alain Aspect durchgeführt wurde. Dieses Experiment verdeutlichte, wie schnell subatomare Teilchen miteinander kommunizieren - nämlich sogar schneller als in Lichtgeschwindigkeit, ganz als ob sie bereits im Voraus wüssten, wie sich die anderen Teilchen verhalten würden. Bohm folgerte daraus, dass die Teilchen keinerlei Signale benötigen, um miteinander in Verbindung zu treten, da die räumliche Trennung zwischen ihnen nichts anderes als eine Illusion sei. Die scheinbare Separation sei lediglich eine Projektion von einer höheren Ebene der Realität - von einer komplexeren Dimension jenseits unserer eigenen Dimension, auf der alles miteinander in Verbindung steht. Die Teilchen müssten sich also zwangsläufig so verhalten, als besäßen sie sämtliche Informationen über das Verhalten jedes der anderen Teilchen. Und wir Menschen würden Objekte und Teilchen nur deshalb als getrennte Wesenheiten wahrnehmen, weil wir nur einen Teil ihrer Realität kennen.

 

Ein anderer Wissenschaftler, der das Holographische Prinzip erforschte, ist der Neurophysiologe Karl Pribram. Auf der Suche nach speziellen Regionen im Gehirn, in denen Informationen gespeichert werden, gelangte er zu der Überzeugung, dass solche Regionen nicht existieren. Als er von Bohms Modell eines holographischen Universums hörte, erkannte er, dass sich dieses sehr gut auf das menschliche Gehirn übertragen ließ. Fortan betrachtete er das Gehirn selbst als Hologramm. Er ging nun davon aus, dass Erinnerungen nicht in Neuronen oder in kleinen Gruppen von Neuronen verschlüsselt sind, sondern in den Interferenzmustern der elektrischen Signale aller Nervenzellen im Gehirn. Diese Impulse durchdringen das Gehirn in der gleichen Art und Weise, wie die Licht-Interferenzmuster die ganze Fläche eines holographischen Bildes durchqueren. Diese Theorie würde auch erklären, warum unser Gehirn auf einem so begrenzten Raum so viele Informationen speichern kann. Aus der Synthese der Theorien von Pribram und Bohm entstand so etwas wie ein ein holographisches Weltbild: Demzufolge ist das Gehirn ein Hologramm, das ein holographisches Universum wahrnimmt, dessen Bestandteil es auch ist. An der Oberfläche von Raum und Zeit scheinen die Dinge getrennt voneinander und verschiedenartig zu sein. Unter der Oberfläche jedoch sind alle Dinge und Geschehnisse raumlos, zeitlos, ineinander verschränkt und eins.

 

Die Manifestation Gottes

 

Viele muslimische Gelehrte von Ghazali bis Ibn al-Arabi haben sich Gott als ein Licht vorgestellt und alle Wesenheiten im Universum als schwachen Abglanz Seines Lichts. Der Koran bestätigt diese Vorstellung in vielen Versen, am eindrücklichsten aber wohl in Sure 24:35: Allah ist das Licht der Himmel und der Erde. Da Gott jedoch keinerlei Ähnlichkeit oder Gleichartigkeit mit irgendeinem Seiner Geschöpfe aufweist, darf man aus diesem Vers keinesfalls schließen, dass Er jenem Licht gliche, das wir kennen. Vielmehr handelt es sich bei diesem Bild eher um eine Metapher, ein Sinnbild. Das Symbol des Lichts wurde vermutlich gewählt, um uns die Beziehung zwischen Gott und Seiner Schöpfung zu veranschaulichen. Wenn wir aber mehr über die Beschaffenheit dieser Beziehung herausfinden wollen, müssen wir wissen, was es mit Seinen Namen auf sich hat.

 

Viele Koranverse enden mit der Nennung eines Namens oder mehrerer Namen Gottes - Der Lebensspender, Der Verzeiher, Der Allwissende, Der Schöpfer usw. Schöpfer nennen wir Gott vor allem dort, wo die Wirkung dieses Namens auf die Schöpfung ganz offenkundig ist. Wenn uns hingegen Seine Barmherzigkeit, die die gesamte Schöpfung durchdringt, besonders deutlich vor Augen steht, nennen wir Ihn Barmherziger. Alles im Universum, von den Lebewesen bis hin zu den Wissenschaften, manifestiert auf die eine oder andere Art und Weise die Namen Gottes. Alle Formen des Hörens entspringen Seinem Namen ‚Der Hörende‘. Der Name ‚Der Gerechte‘ spiegelt sich in der Ausgewogenheit und Ebenmäßigkeit wider, mit der die Planeten in ihren Umlaufbahnen kreisen. Wenn alle Tiere gleichermaßen versorgt werden, kommt darin der Name ‚Der Bewahrer‘ zum Ausdruck. Die Medizin reflektiert den Namen ‚Der Heiler‘ und die Geometrie den Namen ‚Der Gestalter‘.

 

Um die Manifestation Gottes (Zuhur) zu veranschaulichen, zitierte Said Nursi, der große türkische Gelehrte des 20. Jahrhunderts, die Analogie von der Sonne und ihrem Licht: Man könne sich Gott als Sonne und Gottes Attribute als die Eigenschaften der Sonne vorstellen. Die Energie des gleißend hellen Lichts der Sonne beispielsweise entspreche der Macht Gottes und die Klarheit der Sonne dem Wissen Gottes. In dem gleichen Augenblick, in dem die Sonne von einem Spiegel reflektiert wird, erscheint in diesem Spiegel nicht nur das Abbild der Sonne, sondern sind auch ihre Glut und ihre Helligkeit präsent. Auf ähnliche Weise manifestiere Sich Gott in allen Wesenheiten mit all Seinen Eigenschaften oder Attributen. Allerdings verfüge Seine Manifestation über unterschiedliche Intensitäten, abhängig von den Qualitäten und Fähigkeiten der jeweiligen Wesenheiten. Unterschiedliche Qualitäten und Fähigkeiten bedingen notwendigerweise unterschiedliche Manifestationen; auch das vermag uns obige Analogie zu verdeutlichen: Ein flacher Spiegel gibt das Abbild eines Objekts in seiner ursprünglichen Größe und Gestalt wieder. Zerrspiegel, wie man sie in Spiegelkabinetten findet, sind dazu nicht in der Lage. Sie verzerren und verunstalten das ursprüngliche Bild zum Teil grotesk. Im Sufismus gilt die Tatsache, dass Gott so viele unterschiedliche Namen besitzt, die sich wiederum in unterschiedlicher Intensität manifestieren, als Grund dafür, dass das Universum ein Universum der Vielfalt ist und dass sich die Menschen so sehr voneinander unterscheiden. Dem Sufismus zufolge empfängt keine Wesenheit im Universum so intensive Manifestationen Gottes wie der Mensch, der mit den komplexesten Begabungen und Fertigkeiten erschaffen wurde. Und das Herz des Menschen, seine feinfühligste Gabe, wird im Sufismus als das Zentrum der Manifestation Gottes betrachtet.

 

Wenn wir nun bei unserer Licht-Analogie bleiben und uns dabei auf das Bild des Hologramms zurückbesinnen, können wir uns das Verhältnis zwischen Gott und Seiner Schöpfung und den Gedanken einer unterschiedlichen Intensität Seiner Manifestationen vielleicht besser vorstellen. In unserer Analogie steht das Laserlicht für die Attribute Gottes, das Hologramm (der Film) für die vierdimensionale Raumzeit und das Interferenzmuster für die Wirkung der Namen Gottes. Entsprechend kann alles im Universum als ein Muster der Namen Gottes betrachtet werden, die Zeit und Raum durchdringen. Und man darf schlussfolgern, dass die Namen Gottes keine realen Einheiten sind, sondern Lichtern ähneln, die sich gegenseitig überlagern. Die Attribute Gottes wiederum schenken allen existierenden Dingen eine Existenz, geradeso wie die Interferenzmuster des Laserlichts ein Hologramm entstehen lassen. Diese Vorstellung deckt sich mit Sufitexten, die zwischen den Namen Gottes (Asma) und Seinen Attributen (Sifat) unterscheiden. Der berühmte muslimische Gelehrte Imam Rabbani ist ein Verfechter dieser Unterscheidung. Ihm zufolge sind Gottes Attribute (Existenz aus Sich Selbst heraus, Anfangslosigkeit, Unvergänglichkeit, Verschiedenheit von allem Erschaffenen, Leben, Wissen, Macht, Sprache, Wille, Hören, Sehen und Erschaffen) Merkmale, die nicht von Seiner Essenz (Dhat) zu trennen sind. Doch sobald Gott Sich Selbst offenbart, manifestieren sich die Wirkungen Seiner Attribute, und diese Wirkungen bezeichnen wir als die Namen Gottes. Zusammengefasst: Die Attribute sind die Quellen der Namen, geradeso wie das Licht die Quelle der Interferenz ist.

 

Nun aber zur Analogie von Raumzeit und Hologramm: Würden wir die Raumzeit in eine unendlich große Zahl von Stücken schneiden, wäre das gesamte Universum in jedem noch so kleinen Schnipsel gegenwärtig. Mahmud Shabstari, kleidet diese Grundverknüpfung und Einheit in der Schöpfung in seinem Werk Gulshan-i Raz (Der mystische Rosengarten) in wunderbare Worte:

 

Wisse, die Welt ist ein Spiegel von Kopf bis Fuß,

in jedem Atom hundert glühende Sonnen.

Spaltest du das Herz eines Wassertropfens,

gehen hundert Ozeane aus ihm hervor.

Schaust du dir die Sandkörner genau an,

wirst du tausend Adams in ihnen erblicken.

Jedes Glied einer Mücke erscheint wie ein Elefant;

jede Qualität eines Regentropfens wie der Nil.

Das Herz eines Gerstenkorns kommt hundert Ernten gleich,

im Herzen des Hirsekorns wohnt eine ganze Welt.

Im Flügel der Mücke residiert der Ozean des Lebens

und in der Pupille des Auges ein Himmel;

Wie gering das Gewicht Herzens auch wiegen mag,

bietet es doch dem Herrn der zwei Welten Platz genug,

darin zu wohnen.

 

Diese Sicht der Dinge mag gläubige Menschen dazu bewegen, sich der Lehre der Wahdat al-Wudschud, dem Glauben an die Einheit des Seins oder Einigkeit des Seins, anzuschließen. Diese verneint die Existenz des Universums mit der Begründung, alles, was existiere, sei Gott. Oberflächlich betrachtet geht diese Lehre schon in Richtung Pantheismus. Denn im Pantheismus geht man davon aus, dass die Summe aller Dinge im Universum das Göttliche selbst bildet. Doch in letzter Konsequenz verneint der Pantheismus nicht das Universum, sondern Gott.

 

Viele, die versucht haben, die Vorstellung vom Universum als Hologramm mit dem Sufismus in Einklang zu bringen, haben sich die „Alles ist Er“-Vorstellung der Sufis zu Eigen gemacht - eine Vorstellung, die sich von der Wahdat al-Wudschud nicht unterscheidet. Unsere Hologramm-Metapher führt uns jedoch einen Schritt weiter. Sie hilft uns, die Einheit Gottes (Tawhid) zu bestätigen, ohne gleichzeitig die Existenz des Universums zu leugnen. Sich alle Geschöpfe als eine Interferenz der Namen Gottes vorzustellen, deckt sich mit dem Glauben daran, dass jede Wesenheit von Gott durchdrungen ist. An dieser Stelle sollten wir uns aber noch einmal in Erinnerung rufen, dass zwischen den Attributen und Namen Gottes ein Unterschied besteht. Die Namen Gottes bewahren jedem Geschöpf seine Existenz. Das heißt jedoch nicht, dass die Dinge existieren, weil Gott mit Seinem unermesslichen Wesen jedem von ihnen innewohnt. Anders ausgedrückt: Nicht Gott Selbst ist überall im Universum präsent, sondern Seine Namen sind es. Er hält sich nicht im Universum auf, sondern ist vielmehr die Quelle des Universums. Er ist ewig, während Seine Schöpfung aufhören wird zu existieren, wenn Er irgendwann einmal Seine Verbindung zu ihr abbrechen wird. Auch diese „Alles kommt von Ihm“-Vorstellung findet sich im Sufismus. Sie verneint die Existenz des Universums nicht, sondern fragt nach dem Niveau seiner Existenz. Wenn die absolute Existenz Gottes als die wahrhafte Existenz definiert wird, besitzt das Universum keine wahrhafte Existenz. Es befindet sich vielmehr in einem ungewissen, zeitlich begrenzten Zustand der Existenz. Muslimische Gelehrte vergleichen diesen Zustand mit einem Schatten. Ihnen zufolge ähnelt das Verhältnis zwischen Schöpfung und Schöpfer dem Verhältnis zwischen einem Schatten und dem Objekt, das diesen Schatten wirft. Die Ähnlichkeit eines Schattens oder auch eines Hologramms mit dem Original vermittelt uns also eine Vorstellung von der Manifestation Gottes - mit der einzigen Einschränkung, dass Gott auf keine Dimensionen begrenzt ist.

 

Darüber hinaus vermittelt uns die Ähnlichkeit von Hologramm und Original auch eine Vorstellung davon, wie Sich Gott spirituell offenbart. Auf ein und dem gleichen Film können Interferenzmuster von mehreren unterschiedlichen Objekten festgehalten werden, indem man die Laserstrahlen von mehreren verschiedenen Punkten und aus verschiedenen Winkeln auf die Objekte richtet. Wenn man den Film dann anschließend einem Laserstrahl aussetzt, kann man völlig unterschiedliche dreidimensionale Bilder sehen, abhängig jeweils von der Richtung und der Frequenz des Strahls. Das bedeutet zum einen, dass man den tieferen Dimensionen der Objekte nur mit Hilfe des Einsatzes von Laserlicht auf die Spur kommen kann. Zum anderen verdeutlicht es, dass wir unterschiedliche Realitäten sehen können. Auf einer spirituellen Reise wiederum ist der Sufi, wenn er in höhere Sphären vordringen möchte, auf den Widerschein des Lichtes Gottes angewiesen. Das Licht Gottes schenkt dem Reisenden eine spirituelle Inspiration, mittels derer der Sufi unterschiedliche Muster der Realität entdeckt, je nach dem beispielsweise, welche spirituelle Stufe er bereits erklommen hat, über welchen Namen Gottes er gerade meditiert oder welchen er rezitiert.

 

Aus der Tatsache, dass die Namen Gottes aufeinander verweisen, folgt, dass jedes Element im Universum komplexe Informationen über jede andere Wesenheit besitzt. Versuchen wir nun einmal, das Konzept der ungleichen Intensität der Manifestationen Gottes in Bezug zu den Interferenzmustern des Hologramms zu setzen. In einem Interferenzmuster sind nicht alle Punkte gleich hell. Wie hell genau jeder einzelne von ihnen ist, hängt von seiner Position und davon ab, wie sich die Strahlen überlagern. Es gibt sogar Punkte, an denen gar kein Licht zu sehen ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass dort tatsächlich Dunkelheit herrscht. Das Licht ist nur auf Grund einer negativen Interferenz nicht sichtbar. Übertragen auf die Manifestation Gottes heißt das, dass jede Wesenheit von Gott durchdrungen ist, selbst wenn sie Ihn nicht widerspiegeln kann.

 

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich eine letzte spekulative Frage stellen: Wenn in einer vierdimensionalen Raumzeit alles dadurch eine Existenz erhält, dass mittels des Lichtes Gottes eine höhere Realität auf einen dunklen leeren Raum projiziert wird, wie mag diese höhere mehrdimensionale Realität dann beschaffen sein? Es dürfte klar sein, dass diese Realität nur von Menschen wahrgenommen werden kann, die hinter die oberflächliche Erscheinungsform der Dinge zu sehen vermögen - von Menschen, die sich von der Welt des Materiellen und von ihren körperlichen Begehren befreit haben. Möglicherweise entspricht diese Realität der Lawh mahfuz, der Obersten Verwahrten Tafel, auf der die Vorherbestimmung Gottes aufgezeichnet ist. Letztlich kann diese Frage aber nur von jenen beantwortet werden, die ihr Herz geläutert haben und einen Blick hinter den Schleier der Dinge werfen durften

 

Quelle: fontaene.de

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