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„Dialog und Mission schließen sich aus“

Verstimmung bei muslimischen Verbänden über Vorurteile verbreitende Handreichung der EKD. Von Yasin Alder, Bonn

 

Der islamisch-christliche Dialog hat wieder einmal einen Dämpfer erhalten. Die muslimischen Spitzenverbände Zentralrat der Muslime (ZMD), Islamrat, DITIB und V.I.K.Z. hatten ein für den 6. Februar angesetztes Gespräch mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) abgesagt. Nach der Veröffentlichung der EKD-Handreichung „Klarheit und gute Nachbarschaft“ vom November 2006 sähen die Verbände erheblichen Klärungsbedarf, teilte die EKD am 31.01. mit. Eine Stellungnahme oder Begründung der muslimischen Verbände zu der Absage fand sich erst verspätet, am Dienstag und Mittwoch, den 6. und 7.2., in Form einer kurzen Presseerklärung auf deren Webseiten. Eine ausführlichere Stellungnahme sei aber, so Verbandsvertreter gegenüber der IZ, in Arbeit. Die Pressemitteilung unter dem Titel „Aufgeschoben heißt nicht aufgehoben“ stammt vom neu gegründeten Koordinierungsrat (KMD) der großen muslimischen Verbände DITIB, Islamrat, V.I.K.Z. und ZMD.

 

Darin wird betont, dass nicht nur auf muslimischer Seite großer Unmut über die Handreichung entstanden sei und dass die Verbände nach ausführlicher Diskussion zu der Überzeugung gelangt seien, dass auf beiden Seiten noch erheblicher Klärungsbedarf bestehe, bevor das Gespräch weitergeführt werden könne. Daher wollten die unterzeichnenden Verbände den Gesprächstermin auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, wobei Bischof Huber dann von muslimischer Seite eingeladen werden solle. Es handle sich nur um eine Absage dieses Termins, nicht aber des Dialogs, betonten die Verbandsvertreter gegenüber der IZ.

 

Der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Huber, der mit seinen Äußerungen zum Islam bereits in der Vergangenheit unter Muslimen unangenehm aufgefallen ist, deutete die Absage der Verbände eher als internes Abstimmungsproblem derselben: „Das kann ich nur so verstehen, dass unter Ihnen selbst der Bedarf nach einer Klärung besteht, die weiteren Gesprächen mit der EKD vorausgehen soll.“ Huber erklärte, er bedauere, dass der seit langem festgelegte Termin nun nicht zur Klärung der Bedenken genutzt werden konnte.

 

In einem Interview mit dem „Spiegel“ verwehrte Huber sich angesichts der kritischen Aussagen einiger Verbände zum christlichen Missionsanspruch gegen derartige Kritik mit den Worten: „Es kann meiner Auffassung nach nicht die Aufgabe der muslimischen Verbände sein, uns vorzuschreiben, wie wir den christlichen Glauben zu verstehen haben. Wenn sie Einwände dagegen haben, wie wir den Islam darstellen, werden wir das aufmerksam hören“. Eine bemerkenswerte Aussage, sind doch andererseits Versuche der äußeren Einflussnahme auf das Glaubensverständnis der Muslime heute gang und gäbe. Der Islamratsvorsitzende Ali Kizilkaya kritisierte denn auch, die EKD trete in der Handreichung als „Oberlehrer“ auf. Dem Eindruck, der Handreichungstext gebe Vorurteile gegenüber dem Islam wieder, entgegnete Huber, dem Dialog sei nicht gedient, „wenn man alles in die Sprache der Diplomatie verpackt - statt abweichende Meinungen offen auszusprechen“. Dennoch sei der EKD-Text „kein Papier der Abgrenzung". Ein Dissens zwischen muslimischen Verbänden und EKD besteht jedoch offenbar darin, was die Grundbedingungen für den Dialog sind. Laut Huber schlössen Dialog und Mission sich nicht aus.

 

Dazu sagt Bekir Alboga, Dialogbeauftragter von DITIB: „Das ist ein neuer Ton, den man bis jetzt in der Öffentlichkeit so nicht ausgesprochen hat“.

 

Ali Kizilkaya, Vorsitzender des Islamrats, vertritt die Auffassung, dass Mission und Dialog sich ausschlössen. „Der Dialog ist für uns als muslimische Verbände ein Forum dafür, sich kennen zu lernen, sich für einander zu interessieren, und über die Toleranz im Idealfall zur Akzeptanz zu gelangen und den anderen so zu akzeptieren, wie dieser sich in seinem Selbstverständnis definiert - und nicht, dem anderen vorzuschreiben, wie er zu sein hat. Tacheles reden heißt für mich nicht, Vorurteile aufzureihen und als Vorlage für den Dialog zu verwenden. Es geht hier nicht um Details, sondern in erster Linie darum, wie wir gemeinsam als Religionsgemeinschaften dem Gemeinwohl dienen können. Und wenn wir es mit dem Dialog ernst meinen, müssen wir einen respektvollen Umgang miteinander finden“, so Kizilkaya.

 

Über Details ihrer Kritik an der EKD-Handreichung möchten sich die Verbände bisher nicht äußern, wohl auch um einem künftigen Gespräch darüber mit der EKD nicht öffentlich vorzugreifen. Entsprechend dieser Haltung reagierte denn auch der V.I.K.Z. auf unsere Anfrage hin sehr zurückhaltend. In welcher Form das Gespräch wieder aufgenommen werde, sei noch nicht klar, so Aiman Mazyek, Generalsekretär des ZMD. „Der Stil und die Form, in der in der Handrechung gesprochen wird, ist einfach nicht der Ton, wie man auf Augenhöhe miteinander spricht“, so Mazyek. Eine inhaltliche Auseinandersetzung möchte er noch nicht vorwegnehmen. Diese solle aber noch erfolgen. „Es ist keine Absage des Gesprächs, sondern ein Aussetzen dieses Termins.“

 

Die Verbände weisen die Einschätzung Hubers zurück, dass wohl unter ihnen noch interner Klärungsbedarf bestehen würde. Dies bestätigt auch Aiman Mazyek: „Wir haben keine unterschiedliche Meinung zu diesem Papier, wir sind da weitgehend einer Meinung. Es geht nur darum, wie wir ausführlich dazu Stellung nehmen, das braucht noch ein wenig Zeit. Es wird aber zeitnah erfolgen.“

 

Offenbar gibt es eine Diskrepanz zwischen dem oft gut funktionierenden Dialog an der Basis der Kirchengemeinden und den in letzter Zeit schärferen Tönen seitens der Kirchenspitzen, sowohl auf evangelischer Seite durch Bischof Huber als auch von katholischer Seite durch Kardinal Lehmann.

 

Mazyek berichtet, er habe viele Rückmeldungen von Pfarrern und Einzelpersonen aus der Kirche bekommen, die vor allem auf lokaler Ebene seit vielen Jahren mit Erfolg und Engagement im Dialog tätig seien, und die sehr verstört und vor dem Kopf gestoßen auf das EKD-Papier reagiert hätten: „Unverständnis ist noch freundlich ausgedrückt; es gibt auch Kopfschütteln, Ärger und Bedauern an der EKD-Basis.“ Schon in der Vergangenheit habe es auch aus Kreisen der evangelischen Kirche mehrfach Kritik an Äußerungen Hubers gegeben. Bekir Alboga von DITIB äußert sich ähnlich: „Meine persönliche Erfahrung mit der Reaktion einzelner evangelischer Pfarrer und Pfarrerinnen und vereinzelt auch katholischer Pfarrer bestätigt, dass dieses Papier eine deutliche Abweichung von dem Weg ist, den die EKD bisher im Dialog mit Muslimen gegangen ist. Ein Pfarrer rief mich an und gab sein Entsetzen zum Ausdruck. Er haben nach dem Lesen des Papiers die ganze Nacht nicht schlafen können. Die Pfarrerinnen und Pfarrer vor Ort haben eine andere Vorstellung vom Dialog als die oberen EKD-Funktionäre; auch wenn man das öffentlich nicht zugibt, erlebe ich das in Gesprächen fast täglich. Sie finden sich in der Handreichung nicht wieder.“

 

„Ich bin auch gegen eine Toleranz, die nicht erlaubt, zu sagen was man glaubt und denkt. Ich lade alle zu den Dialoggesprächen ein - die sind konstruktiv, kritisch, da wird auch Tacheles geredet. Es geht nicht darum, wie es suggeriert wird, dass wir uns mit Samthandschuhen anfassen. Das entspricht nicht dem, was tatsächlich im Dialog passiert“, sagt Aiman Mazyek. „Wenn von christlicher Seite das Gespräch als Mission verstanden wird, ist das für mich unhaltbar.“ Das schließe nicht aus, dass man auch über Unterschiede offen spreche, auch wenn natürlich jeder davon ausgehe, dass die eigene Religion die Wahrheit ist, so der ZMD-Generalsekretär.

 

Quelle :

http://www.islamische-zeitung.de/a.cgi?id=8270

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