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Von ddp-Korrespondent Herbert Mackert

 

Regensburg (ddp). «Ich habe jedes Vorurteil über Muslime gehabt», sagt Katharina B., eine von etwa 250 bis 300 Deutschen, die jedes Jahr zum Islam übertreten. Früher stritt die 48-jährige Hauptschullehrerin mit türkischen Vätern, damit deren Töchter ohne Kopftuch mit auf Klassenfahrt gehen konnten - heute hat sie selbst einen Konflikt mit ihrem Schulleiter, der ihr das Tragen des Kopftuchs verbietet. Allerdings unterrichtet sie nicht mehr das Fach evangelische Religionslehre.

 

Katharina heißt heute Ayse und ist eine von 25 deutschen Muslimas, die die Regensburger Religionswissenschaftlerin Maria Baumann nach den Gründen für ihren Weg zum Islam befragt hat. Unter den etwa 3,1 Millionen Muslimen in Deutschland haben rund 732 000 einen deutschen Pass. Etwas mehr als 12 000 von ihnen konvertierten zum Islam. Hiervon sind wiederum zwei Drittel Frauen. In ihrer Doktorarbeit stellte sich Maria Baumann die Frage: Was bewegt christlich geprägte Frauen, sich auf eine Religion mit orientalischen Wurzeln einzulassen?

 

Nach den Recherchen Baumanns ist es jedenfalls nicht die Liebe zu einem Mann, sondern Überzeugung. Als allen gemeinsame Motive macht die Wissenschaftlerin die Suche nach dem Lebenssinn, nach Individualität und nach einer religiösen Neuorientierung aus. Wie die nach einem Urlaub in Marokko bei der Familie eines Schülers muslimisch gewordene Ayse hätten viele die zentralen Glaubensaussagen des Christentums als «unlogisch» empfunden. Außerdem hätten sie die Spiritualität und Mystik des Christentums als erlebte Religion nicht kennen gelernt.

 

«Die deutschen Muslimas erinnern sich einer christlichen Festtagskultur und einer selbstverständlichen Mitmachgemeinschaft. Aber sie brachten keine Erfahrungen mit, in denen der christliche Glaube sie berührt, in denen sie Gottesnähe gespürt haben», schreibt Baumann in ihrer Dissertation. Dagegen habe der Islam mit seinen vergleichsweise einfachen Glaubensaussagen und festen Alltagsritualen für sie eine identitätsstiftende Wirkung entfaltet und ihnen besondere Gemeinschaftserlebnisse ermöglicht. Die Zweifel an christlichen Lehrsätzen wie der Dreifaltigkeit oder der jungfräulichen Geburt Jesu habe der Eingottglaube des Islam aufgehoben. Die 43-jährige Zaynab D., die vor 16 Jahren zum Islam wechselte, berichtet: «Ich hab’ das auch so damals dem Pfarrer gesagt: Kann doch nicht sein, Vater, Sohn und Heiliger Geist - Vater und Sohn, wo ist die Mutter, da fing’s dann schon an.»

 

Im Gegensatz zu vielen gebürtigen Muslimen wollten die konvertierten deutschen Muslimas einen «traditionsbefreiten, reinen Islam der Schrift» leben, erläutert Baumann. «Wichtig bei allen war das bewusste Wollen, die freie Entscheidung für eine Religion - weg vom Ballast der ererbten Religion.» Ihr Selbstverständnis als Frau sähen sie dabei im Islam nicht beschränkt. Der Koran biete ein Frauenbild an, dass ihre Gleichwertigkeit unterstreiche. Baumann: «Frei von der Erbsünde, die Frausein im Christentum belaste, können die deutschen Muslimas ihr Leben auf Gott hin ohne Schuld der Geschlechtlichkeit gestalten.»

 

Dennoch scheiterten viele Ehen deutscher Muslimas mit muslimischen Männern - jedoch nicht, weil sie diesen etwa zu selbstbewusst waren, sondern weil die Ehegatten ihnen «nicht islamisch genug» gewesen seien. Typisch deutsch praktizierten viele der zum Islam gewechselten Frauen die neue Konfession «150-prozentig». So wie die vor acht Jahren muslimisch gewordene Hamburgerin Sabiha E., die früher Bettina hieß. Deren palästinensischer Mann hat ein Problem, seitdem sie ein Kopftuch trägt. Sabiha sagt: «Er will nicht als derjenige angesehen werden, der seine Frau unterdrückt und zwingt, Kopftuch zu tragen.» Ebenso lehnten die deutschen Muslimas die im Islam gestattetete Vielehe ab: «Da machen sie nicht mit und lassen das dann auch im Ehevertrag ausschließen.»

 

Das 220 Seiten starke Werk von Maria Baumann ist im Regensburger Scriptorium-Verlag erschienen und trägt den Titel «Katharina heißt jetzt Ayse. Wege deutscher Frauen zum Islam».

 

Das in der letzten Ausgabe besprochene Buch «Katharina heißt jetzt Ayse. Wege deutscher Frauen zum Islam» von Maria Baumann ist ist im Regensburger Scriptorium-Verlag erschienen. Eine Bestellmöglichkeit zu 15.- Euro plus Versandkosten bietet der Verlag unter http://www.scriptorium-verlag.de im Internet. Die Redaktion erhielt mehrere Nachfragen, da der Verlag über Google im Internet nicht zu finden ist und Amazon.de das Buch nicht anbietet. Für Bestellungen über Buchhandlungen: 1. Auflage, 2004, 17 x 24 cm, 224 Seiten, broschiert, ISBN 3-937527-02-8.

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