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Scharia-konformes Wirtschafts- und Bankwesen in der Zeit der Finanzkrise

 

 

 

Bietet die islamische Wirtschaft bzw. das islamische Bankwesen für die aktuelle Wirtschaft– bzw. Finanzkrise Lösungsansätze?, was genau meint, wenn man von Islamic Banking“ bzw. „Islamischen Wirtschaft“ spricht.

 

 

 

Dieser Artikel bietet eine Anregung zur Neugestaltung der Finanz und Bankwelt in der Zusammenarbeit mit der Realwirtschaft.

 

 

 

Mit einer wirklichen und direkten Verknüpfung zwischen der realen Wirtschaft und den finanziellen Ressourcen wäre die Welt von der aktuellen Finanzkrise verschont geblieben.

 

 

 

Geldfluss nur gegen Waren bzw. Dienstleistungen – verbunden mit dem Transfer von Know-how – ist das Grundprinzip der Islamischen Geschäftsabwicklung bzw. des Islamischen Handels. Islamische Handelsverträge bedürfen demnach zweier Vertragspartner, klar definierter Güter bzw. tatsächlicher Dienstleistungen, die einen Mehrwert darstellen, sowie einer Angabe über die dafür notwendige bzw. anberaumte Zeit sowie bezüglich des Preises. Sollten dabei Kreditgeber benötigt werden, so ist deren Involvierung möglich, wenn die Risiken und Haftungen zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer fair verteilt werden. Ihre Einnahmen aus diesem Geschäft wären damit gerechtfertigt. Das besagte Geschäft muss frei von Riba (Zinsen), gharar (Unsicherheit) und maysir (Glücksspiel) sein. Von Elementen der Ausbeutung und der übermäßigen Spekulation muss ebenfalls Abstand gehalten werden.

 

 

 

Die Vertragspartner müssen also bekannt sein (keine Intransparenz in den Eigentümerstrukturen) und über die jeweils relevanten realen bzw. finanziellen Ressourcen verfügen (Verkaufe nichts, was du nicht besitzt, bzw. kaufe nichts, was du nicht zahlen kannst – es sei denn, du gehst eine Partnerschaft unter fairer Risiko- und Haftungsteilung ein). Der Preis muss dabei ebenfalls fair gestaltet sein.

 

 

 

Geld im wirtschaftlichen Fluss

 

 

 

Die finanziellen Ressourcen sollen im wirtschaftlichen Fluss bleiben. Das Heraushalten von Geldern aus diesem, d.h. Horten von Geld, wird vom Koran abgelehnt und streng verurteilt. Die Zaka, die jährlich fällige religiöse Vermögenspflichtabgabe von wohlhabenden MuslimInnen im Ausmaß von 2,5% des Besitzes an Arme und Bedürftige, ist sowohl eine direkte Forderung, sich in der Gesellschaft solidarisch zu verhalten, als auch eine indirekte Forderung an wohlhabende Muslime, ihre Gelder im Finanzzyklus zu halten. Die jährliche Zahlung von 2,5% stürzt Wohlhabende zwar nicht in Armut, ist aber eine bedeutende Vermögensminderung, wenn über lange Jahre Geld aufbewahrt wird, ohne zu investieren. Wenn der Islam Vermögende auffordert, ihre Gelder zu investieren, so soll dadurch die Wirtschaft in Schwung gehalten werden. Eine Rezession wäre dadurch zu verhindern. Da überdies Zinsgeschäft, Geldmarkt, Spekulation, Futures sowie put and call-options im Islam verboten sind, wäre eine Investition nur in der Realwirtschaft möglich. In die Realwirtschaft zu investieren hat heute seinen klaren Sinn und Zweck, denn es wäre eine wesentliche Antwort auf die große Weltwirtschaftskrise.

 

 

 

Islamische Anleihen „Sukuk“

 

 

 

Der Vatikan schlägt laut einem Bericht des „Osservatore Romano“ vor, sich intensiver mit der islamischen Finanz- und Wirtschaftsstrategie auseinanderzusetzen, um einer zunehmenden Verunsicherung der Menschen entgegenzuwirken. Es heißt darin wörtlich, dass „die ethischen Prinzipien des islamischen Finanzwesens das Vertrauen in die Banken stärkt“. Sukuks –islamische Anleihen – können als Investitionen in konkrete Projekte sehr erfolgreich sein und können in allen Industrie-Branchen eingesetzt werden, z.B. in der sehr innovationsbedürftigen Autoindustrie. Bei den Sukuks werden keine Zinsen bezahlt; vielmehr wird der Reingewinn unter den Partnern verteilt.

 

 

 

Islamische Bank und Versicherungsprodukte

 

 

 

Es gibt verschiedene Modelle für Bank- und Versicherungsgeschäfte:

 

- Musharaka, Venture Capital: Partner steuern Kapital bei; Gewinn bzw. Verlust werden fair aufgeteilt

 

- Murabaha: doppeltes Kaufgeschäft (Mark Up-Geschäft)

 

- Mudaraba: Kommanditgesellschaft (Trustee Finance)

 

- Takaful (islamische Versicherung): ähnelt einem Versicherungsverein, ist also eine Solidargemeinschaft, die sich gegenseitig fair absichert

 

 

 

Prinzipien und Disziplin der islamischen Wirtschaft

 

 

 

Gerechtigkeit, Freiheit, Geduld, persönliche Verantwortung, Autonomie, Schura (Beratung), Unabhängigkeit und Tawakul (Vertrauen auf Gott nach Anwendung aller relevanten Wissenschaften) sind die Prinzipien der islamischen Wirtschaft, die auf folgenden Disziplinen aufbaut:

 

- Studium der islamischen Quellen unter Anwendung der Fundamente der Figh al-Muamalat (Richtlinien über die Mensch-zu-Mensch-Beziehung), der Intentionen der Theologie, der Universalregeln beim Lösen von Problemen, der Schaden-Nutzen-Abwägung und aller benachbarten Wissenschaften, z.B. der Wirtschaft, Landwirtschaft, Psychologie, Soziologie, Mathematik, Verhaltensforschung etc.

 

- Deduktion

 

- Induktion

 

 

 

Islamische Banken sind Bestandteil des islamischen Finanzwesens bzw. der islamischen Wirtschaft. Grundsätzlich spricht man von islamischen Banken, wenn sie eine komplette unabhängige Finanzinstitution mit einem (islamisch theologischen) Schariarat haben. Dieser Rat hat die Aufgabe zu überprüfen, dass alle Produkte, Prozesse und Produktinnovationen innerhalb der besagten Finanzinstitution Scharia-konform sind.

 

 

 

Weltweite Marktsituation

 

 

 

Weltweit leben ca. 1,45 Mrd. MuslimInnen mit einem Vermögen von 2.500 Mrd. US-$. Es operieren weltweit mehr als 400 islamische Banken in 53 Ländern. Einer der Gründe für die Errichtung islamischer Banken waren die Mehreinnahmen der Erdöl-exportierenden Länder des arabischen Golfs in den 1970er Jahren. Heute stellen islamische Banken mit einem Geschäftsvolumen von ca. 800 – 1.000 Mrd. US-$ und einem geschätzten Zuwachs von jährlich ca. 15% eine markante Größe in der Finanzwelt dar. Zu den bekanntesten Islamischen Banken gehören:

 

- Islamic Development Bank IDB, gegründet 1976 in Jeddah; die erste erfolgreiche Islamische Bank

 

- HSBC Amana, gegründet 1998

 

- Citi Islamic Bank, gegründet 1998

 

 

 

Marktsituation in Europa und Österreich

 

 

 

Die Islamic Bank of Britain (IBB), gegründet im Jahr 2004 mit einem Kapital von 5 Mio. GBP, ist die bekannteste islamische Bank in Europa. Die IBB hat bereits mehr als 42.000 KundInnen und verwaltet Vermögen von mehr als 135 Mio. GBP, Tendenz für beides stark steigend. Sie plant bereits, nach Frankreich sowie Deutschland zu expandieren.

 

 

 

In Europa lebt eine junge muslimische Gemeinde von ca. 20 Mio. Menschen, die sicherlich angesprochen werden kann, wenn man ihnen folgende Produkte des islamischen Bankwesens offeriert:

 

- „Ijra muntahia bi Tamlik“, ein zinsenfreies Mietkauf-Modell

 

- Islamische Kontoführung, wo man keine Zinsen nimmt bzw. zahlt

 

- Sukuk und Islamische Fonds (z.B. BNP Paribas Islamic Funds Equity Optimizer: seit dem Vorjahr auf dem Markt; wird durch den muslimischen Fondsvertrieb Baraka GmbH angeboten)

 

 

 

 

 

Autor:

 

DI Mouddar Khouja, persönlicher Referent des Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich und Mitbegründer der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen

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:bism:

 

:selam:

 

26.08.2009 Ohne eine Einordnung bleibt die „Errungenschaft“ der islamischen Bank unverstanden. Von Abu Bakr Rieger, Berlin

Banking! Banking?

(iz). Seit nunmehr einem Jahrhundert ist der sogenannte islamische Modernismus fasziniert von den Machtinstrumenten des Westens. Die Kraft dieser technologischen Errungenschaften, die letztendlich zum Souveränitätsverlust der arabischen Welt führten, spiegelte für die islamische Welt nichts anderes als die eigene Rückständigkeit. Für diese Denkrichtung war klar, der Islam musste schnellstmöglich „modernisiert“ werden.

 

Die Grundidee für die eigene Machtgewinnung war simpel - die Machtinstrumente der westlichen Welt sollten schlicht „islamisiert“ werden. Die eigene Macht sollte gewonnen werden durch ein System von Kopien - den islamischen Staat, die islamische Partei, die islamische Bank oder den islamischen Verein. Natürlich war damit dem Strukturalismus, der Ideologie und der Finanztechnik ebenfalls die Tür geöffnet, ohne dass Klarheit herrschte, was diese Mischung für die Authentizität der islamische Lebenspraxis eigentlich bedeutete.

 

Parallel hierzu, beinahe ironischerweise, wuchsen im Denken des Westens bis heute die intellektuellen Kräfte, die die eigenen Techniken der Machtgewinnung und ihre Folgen durchaus kritisch beurteilen. Nach der Rückbesinnung auf die Bewahrung der Schöpfung sind diese Erkenntnisse wie folgt zu fassen: Der Nationalstaat als die starre Einheit von Rasse und Territorium soll in Europa ausgedient haben, die Parteien sind in einer Krise und das Bankensystem wird für die globale Finanzkrise und nicht zuletzt die globale ökologische Krise und ihre zahlreichen Opfer verantwortlich gemacht. Das Verhältnis zur Technik, dass in manchen Erdteilen religiöse Züge bekommt, wird heute im Westen selbst kritischer betrachtet als irgendwo sonst.

 

Es gehört zu den Fragwürdigkeiten des islamischen Modernismus, dass er weder diese kritischen Analysen, noch das Wesen der Technik überhaupt zu kennen scheint. Die Wahrheit ist wohl, dass der islamische Modernismus, bis heute geblendet vom Chic schöner Autos und rasselnder Rüstung, nicht einmal die entscheidenden, problematischen Grundaspekte der Technik problematisiert. Das westliche Modell hat für viele Denker der islamischen Welt wenig von der alten Magie verloren.

 

Nach Heideggers berühmter Technik­analyse ist das Grundmissverständnis über die Technik, nicht zu erkennen, dass diese den Menschen in der Hand hält, und nicht etwa andersherum. Die Technik führt also zu einem Machtverlust, nicht Machtzuwachs, und stellt schlussendlich sogar die Souveränität des Menschen in Frage. Die Hochzeit von Technik und Kapital, die Finanztechnik, führt uns diesen Sachverhalt heute schmerzlich vor Augen. Es ist heute zumindest unsicher, ob das „Primat der Politik“ gegenüber dem Kapital wirklich weiter Bestand hat.

 

Die politischen Parteien und ihre Führer - man denke nur an die aktuelle Lage an der Wall Street - können nur noch sehr begrenzt den „führungslosen“ ökonomischen Strukturalismus beherrschen. Die Technik neutralisiert also auf Dauer die leitenden politischen oder religiösen Ideen der Menschen, deren Leben und Werte sie beherrscht. Die entfesselte Technik, die auch einer Begrenzung durch moralische Kategorien nicht mehr zugänglich ist, wird damit für Heidegger zu nichts anderem als zu einem „Herausfordern“ der Schöpfung. Die Schöpfung wehrt sich dagegen mit ihren außer Kontrolle geratenen Naturkräften.

 

Im Westen wächst in diesen Tagen die Einsicht, dass im Zentrum der globalen Machtgewinnung durch die Technik das System der Banken und ihr unheimliches Vermögen, aus dem Nichts Geld zu schaffen, steht. Der Versuch, dieses System und seinen Titanismus einfach moralisch einzufärben, wie es beispielsweise das islamische Banking versucht, sozusagen die ökonomische Welt ein wenig „netter“ zu machen, ignoriert dabei die eigentliche, aus dem Nichts das Nichts schaffende Grundstruktur jedes Bankenwesens.

 

„Gibt es künftig noch einen menschlichen Fortschritt mit den Banken?“, ist man versucht zu fragen. Es ist natürlich, zumindest für vernünftige Kritiker an der Herrschaft der Technik, keine Rückkehr ins Mittelalter denkbar. Denkbar ist so eigentlich nur die rechtliche Begrenzung der maßlosen Kapitalgewinnung, für dessen Schaffung das gesamte Bankenwesen verantwortlich ist.

 

Aus dieser Skepsis gegenüber der Idee endloser Machtsteigerung heraus beschäftigt sich heute die europäische Intelligenz mit den Positionen des Islam zur Ökonomie. Immer häufiger studieren westliche Denker die ökonomischen Gesetzlichkeiten des Islam. Sie sinnen über qur’anische Verse nach, in denen Allah „den Handel erlaubt, die Zinsnahme aber verbietet“ und erkennen gleichzeitig die Umkehrung dieses Gesetzes im westlichen Wirtschaftsmodell, dass den Handel monopolisiert und die Zinsnahme fördert.

 

Könnte der Islam den im Westen ersehnten Mittelweg zwischen Geist und Materie inspirieren und dafür sorgen, dass die Menschen in der allumfassenden Struktur der Technik nicht zu einem Bestand von Arbeitskräften und Konsumenten degradiert werden? Die Quellen des Islam sind in der Tat in dieser Hinsicht fruchtbar. Der Islam erlaubt selbstverständlich Reichtum, Eigentum und ökonomischen Erfolg, begrenzt aber durch moralische Grundsätze UND eindeutige Rechtsregeln die entfesselten Möglichkeiten der heutigen Finanztechnologie. Die Begeisterung für ein „islamisches Banking“ erscheint ohne eine grundsätzliche Reflexion auf die Herrschaft der Finanztechnik naiv. Natürlich bleibt auch zwischen islamischen Gelehrten weiter umstritten, ob eine „islamische Bank“ so etwas ist wie ein „islamischer Whiskey“ - nämlich nichts anderes als ein denkwürdiges Paradox.

 

Vor allem in der vom Kapitalismus ergriffenen Golfregion gilt heute Banking und sein Nebenarm „Islamic Banking“ als eine Art Clou der Moderne. Nicht ganz zufällig sind es ignorante Muslime, die gerade die gefährlich taumelnden Banken-Giganten der USA gerettet haben. Das heute offensichtliche Schicksal moderner Banken und ihre eindeutige Funktion in der Destruktion der Schöpfung ist für diese Muslime kein Grund zur Hinterfragung dieser Überzeugungen. Aber die Debatte darüber hat immerhin begonnen.

 

n Deutschland entdecken vor allem die Banken selbst in den islamischen Banken ihre religiösen Brüder. Unter dem interessanten Titel „Eigenkapital ist gottgefällig - Zinsnahme nicht“ beschäftigt sich die ehrwürdige FAZ in der Ausgabe vom 1.8.2009 mit dem Thema „Finanzsystem und Scharia“. Die Wirtschaftsredakteure beurteilen dabei, in diesem Fall, sogar das berühmte Reizwort „Scharia“ auffallend milde und ungewohnt unvoreingenommmen. Islamisches Wirtschaften, so die eigentliche Romantik des Beitrags, repräsentiere sogar das „verlorene“, in den deutschen Tugenden schlummernde Maß. Der ­Beitrag begeistert sich an den neuen ökonomischen Möglichkeiten, die das „Isla­mic Banking“ für den erschütterten Bankenstandort Frankfurt ergeben soll.

 

Innerhalb der islamischen Gemeinschaft selbst nimmt das Geldthema ebenfalls breiten Raum ein. Vor allem die Juristen und Gelehrten sind nun - angesichts einer ungeheuren Finanzkrise - gefordert, das islamische Recht in allen Punkten korrekt und ausführlich darzustellen. Nach der Herausforderung durch den Zynismus der Terroristen, die man lange verschlafen hat, stellt sich die nächste große Frage an die Lehre: Gibt es schlechtes beziehungsweise a-moralisches Geld? Kann eine Bank wirklich islamisch sein?

 

Auch einige islamische Institutionen, die sich heute verantwortlich fühlen, ­islamische Finanzprodukte öffentlich zu zertifizieren, sehen im Pakt mit dem ­„Islamic Banking“ nichts Anderes als eine Machtchance. Gleichzeitig bleiben ihre Positionen zur Zakatnahme nicht zufällig im Dunklen. Ein islamisches Recht der Ökonomie, um das es diesen Institutionen angeblich geht, kann für Muslime ohne eine gleichzeitige Beachtung der Zakat natürlich nicht wirklich sinnvoll sein. Das Recht der Zakat führt aber auch zu einem Grundproblem des Banking selbst.

 

Wer die Zakatregeln beherrscht, wird das Grundproblem der Muslime mit der modernen Finanzwirtschaft nicht übersehen können: Die Zahlung der Zakat mit inflationärem „Papiergeld“ ist nämlich nicht möglich. Hieraus nährt sich auch die islamische Distanz zum Titanismus des Bankensystems selbst, dass natürlich ohne das Vermögen, aus dem Nichts Geld zu schaffen - die wundersame moderne Geldvermehrung - nicht denkbar ist. Banken sind selbst an der Schaffung der wucherischen Inflation entscheidend beteiligt. Diese Kritik, um die es hier geht, beschränkt sich also nicht nur auf die Forderung moralisch korrekter Banken, sondern enthüllt und hinterfrägt die gesamte Ratio und Struktur der Bankenwelt - eines Glaubenssys­tems, in das die „islamische Bank“ natürlich vollständig integriert ist.

 

Aber auch ganz konkret sind Zweifel an islamischen Banken angebracht. Jeder Rechtsanwalt oder Ökonom wird auch in einigen modernen Finanzprodukten islamischer Banken schnell den einen oder anderen Taschenspielertrick erkennen. „Murabaha-Verträge“ sind nicht nur oft unverschämt teuer, sie bestehen auch aus einer unerlaubten Doppelverfügung in einem Geschäft, die dann die „Zinsnahme“ verdeckt.

 

Die abenteuerliche Logik, die man bisweilen vernimmt, immerhin sei das Geschäft der islamischen Bank „nur ein bisschen haram“, gibt es dabei im Recht nicht. Es ist also Zeit, die authentischen und eigenständigen ökonomischen Alternativen des Islam besser freizulegen und über die Natur schlechter Kopien nachzudenken.

 

Interessante Links dazu :

http://islamische-zeitung.de/?id=12030

http://islamische-zeitung.de/?id=12343

http://islamische-zeitung.de/?id=9775

 

Noch etwas : Erst wer die rechtlichen Regeln der Zakat auf den "Schirm " hat , wird über die Finanzkrise weitaus tiefer denken als vorher !

 

Und nicht jeder , der von Islamic Finance redet , redet auchnicht unbedingt fiqhkonform von gleichen Thema :verwirrt: ?

 

Wichtiges Buch zum Thema :

Die Ethik der Geldproduktion

Von Jörg Guido Hülsmann. Edition Sonderwege 296 Seiten, gebunden.

 

ws

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  • 4 Monate später...

Göttliche Gewinne ohne teuflische Zinsen

Moritz Jäger (sz), 31.07.2007

 

Ein Geschäft mit viel Wachstum: Islamic Banking. Große westliche Banken verdienen in islamischen Ländern gut mit Finanzprodukten, die streng an der Scharia ausgerichtet sind.

Zinsen, Pornos und Schweinefleisch verboten

 

Ein paar Zahlen zur Orientierung: In Indonesien leben über 200 Millionen Muslime, in Pakistan und Indien rund 155 Millionen und in Bangladesch 130 Millionen. Die Anrainerstaaten des Persischen Golfs zählen etwa 127 Millionen und die nordafrikanischen Länder 180 Millionen Muslime.

 

Doch man muss gar nicht auf anderen Kontinenten suchen: In der Europäischen Union leben 15 Millionen Muslime. In Deutschland sind zwei Drittel der 3,3 Milllionen Muslime Türken. Nun, wer nimmt sich ihrer an?

 

Die Deutsche Bank beispielsweise. Der Marktführer beschäftigt seit 2006 in Deutschland bilinguale Berater speziell für türkischstämmige Kunden - mit Erfolg. *

Kostenlose Überweisungen in die Türkei sind noch kein Islamic Banking

Fünf kostenlose Überweisungen in die Türkei pro Jahr reichen aber noch nicht zum Prädikat Islamic Banking.

 

Vor allem die "attraktiven Zinssätze", mit denen die Deutsche Bank in den umgetauften Filialen ("Bankamiz") die türkische Klientel anspricht, wären alles andere als Scharia-konform: Im Islam gilt das Zins- und Wucherverbot ("Riba") sowie das Verbot von Glücksspiel und Spekulation. Für streng gläubige Muslime hieße das konkret: zinsloses Girokonto ja, Sparbuch nein.

 

zum Weiterlesen:

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/651/347488/text/


    *falls jemand (persönlich) mit der Deutschen Bank bzgl. des "Islamic Banking" Erfahrungswerte sammeln konnte, wäre es schon, wenn diese Person es mitteilen würde - bin aufgrund von einer Forschungsarbeit dabei u.a. auch in diesem Bereich ein wenig zu "schnuppern" :)
     
    jazakallahu khairan!

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Erste Bank speziell für Muslime eröffnet demnächst in Mannheim

18.01.2010

 

Mannheim. In Mannheim will eine Bank ab dem Frühjahr Geldgeschäfte anbieten, die sich nach den islamischen Religionsgesetzen richten. Die Kuveyt Türk Beteiligungsbank mit Sitz in Istanbul und Kuwait setzt dabei auf türkische Familien aus dem Umland von Mannheim.

 

Die Kuveyt Türk Beteiligungsbank mit Sitz in Istanbul und Kuwait setzt dabei auf türkische Familien aus dem Umland von Mannheim, die in der Stadt unter anderem Goldschmuck, traditionelles türkisches Gebäck oder Brautkleider kaufen. Denn mit seinen zahlreichen türkischen Geschäften und Restaurants hat sich Mannheim zu einer angesagten Adresse der im Südwesten Deutschlandslebenden Türken entwickelt. Eigenen Angaben zufolge will die Bank langfristig aber auch mit deutschen Kunden ins Geschäft kommen.

 

Die Bank wagt damit als erste offensiv das Geschäft des sogenannten Islamic Banking in Deutschland. Zwar gibt es in Norddeutschland bereits iranische Finanzinstitute. Diese befassen sich nach Angaben von Michael Gassner vom Zentralrat der Muslime aber primär mit Außenhandel und nicht mit dem Endkundengeschäft. Die Interpretationen des schiitischen Islams, wie er in Iran vorherrscht, könnten sich zudem von der sunnitischen Ausrichtung, von der Kuveyt Türk geprägt werde, unterscheiden.

 

Nach Angaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat die Kuveyt Türk noch nicht die Zulassung als Vollbank. Zunächst wollen die kuwaitisch-türkischen Banker daher Geschäfte zwischen Kunden und ausländischen Banken vermitteln, die nach den Gesetzen der Scharia, der islamischen Rechtsgrundlage, wirtschaften.

 

Der Vertreter der Kuveyt Türk in Mannheim, Ugurlu Soylu, organisiert die Renovierung des Büros der Bank. Doch für die Pressearbeit ist er nicht zuständig. «Wir stecken in Deutschland momentan noch im Aufbau und gehen davon aus, dass wir im März eröffnen können», sagt er deshalb nur.

 

Geldgeschäfte nach islamischem Recht gelten zwar als konservativ, aber auch als eine Alternative, die Ethik und Wirtschaft miteinander verbindet. Islamische Gelehrte beurteilen dabei, ob geplante Geschäfte mit der Scharia vereinbar sind. Diese verbietet etwa Geldzinsen, lediglich Gebühren sind erlaubt. Auch hochspekulative Geschäfte gelten nicht als islamkonform, weil sie zu risikoreich sind. Verboten ist es auch, Aktien von Unternehmen zu kaufen, die mit Alkohol, Schweinefleisch oder Waffen Geschäfte machen. Während der Gewinn bei Sparkonten auf der Geschäftsentwicklung der Bank beruht, fungiert die Bank nach einer Kreditvergabe so lange als Eigentümer, bis das Geld zurückgezahlt ist.

 

Laut dem Unternehmensberater des Frankfurter Institute for Islamic Banking and Finance, Zaid el-Mogaddedi, plant die kuwaitisch-türkische Bank, in den kommenden Jahren etwa zehn Standorte in Deutschland zu eröffnen. Er hält das Konzept auch im christlich geprägten Europa für durchsetzungsfähig. Zwar sei derzeit wegen der weltweiten wirtschaftlichen Verflechtungen auch bei den islamischen Banken ein Abschwung zu verzeichnen. Diese Banken hätten aber generell den Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems weitgehend unbeschadet überstanden.

 

Grund dafür sei ihr nach ethischen Regeln des Korans funktionierendes Geschäftsmodell, das sich von jenem westlicher Häuser klar unterscheide, ist el-Mogaddedi überzeugt. «Ich glaube daher, dass sich dieses Geschäftsmodell bei der Neuordnung westlicher Banken als Vorbild eignet.» Allerdings sei dies auch ein politisches Thema.

 

Langfristig könne Islamic Banking zur Integration beitragen, sagt Gassner. Seinen Angaben zufolge fühlen sich drei Viertel der vier Millionen in Deutschland lebenden Moslems eng mit den islamischen Traditionen verbunden, etwa 20 Prozent von ihnen seien dem islamischen Finanzwesen zugeneigt. In Großbritannien würden zur besseren Einbindung der Muslime eine islamische Retailbank und islamische Finanzprodukte staatlich forciert. Je mehr Geschäfte die Einwanderer tätigten, desto besser sei dies für die Integration: «Bildlich gesprochen bedeutet das: Wer sich ein Haus kauft, der ist zu Hause", sagt Gassner.

 

 

(ddp/Redaktion)

 

 

zum thema eine sehr gute einführung: http://www.misawa.de/cgi-bin/sbb/sbb.cgi?&a=show&forum=7&show=310

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  • 2 Jahre später...

01.08.2012 „IZ-Begegnung“ mit dem Juristen und Brancheninsider Taris Ahmad über Anspruch und Wirklichkeit des „Islamischen Finanzwesens“

 

Die so genannten „Islamischen Banken“ werden von hauseigenen Juristen lizenziert

 

 

 

„Das islamische Bankwesen ist wie ein Schwein, dass gewissenhaft nach den Prinzipien und Regeln der Scharia geschlachtet wurde.“ (Schaikh Muhammad Tawfiq)

 

„Die Folge ist, dass die Produkte der ‘Islamic Finance’ wohl gleichermaßen den Armen wie der Umwelt schaden.“ (Taris Ahmad)

 

(iz). Seit seiner Einführung ist das vermeintliche „Islamische Finanzwesen“ (zu dem nicht nur der Bankensektor, sondern auch andere „islamisierte“ Variationen der kapitalistischen Geldwirtschaft zählen) die Standardantwort aus dem Diskurs des politischen Islam in Sachen Ökonomie. Unab*hän*gig davon, dass eine Ablehnung *unter vielen Gelehrten wächst, melden sich auch immer wieder Brancheninsider mit kritischen Beiträgen zu Wort.

 

Angesichts diverser Überschneidungen zum konventionellen Banking - allen voran das fraktionelle Reservebanksystem - kommen immer mehr Muslime zu dem Schluss, dass es sich dabei um keine nachhaltige Alternati*ve handelt.

 

Wer weiß beispielsweise, dass *Kredite für die Renovierung der Haramain - Mekka und Medina - durch die so genannten „Islamischen Banken“ mitunter auch auf dem konventionellen Finanzmarkt angeboten wurden? Oder, dass es in Sachen der vermeintlichen „Islamic Finance“ gar ein regelrechtes „Fatwashopping“ gibt?

 

Hierzu sprachen wir mit dem Juristen und Brancheninsider Taris Ahmed, der als Anwalt einer internationalen Kanzlei im saudischen Riad arbeitete. Der Jurist machte dabei seine eigenen Erfahrungen mit diesem, vermeintlich islamischen Finanzinstrument.

 

Islamische Zeitung: Lieber Taris Ahmad, Sie sind Anwalt und haben unter anderem als Wirtschaftsanwalt auf der Arabischen Halbinsel Erfahrungen mit dem so genann*ten „Islamic Banking“ gemacht. Wie sahen diese aus?

 

Taris Ahmad: Vor meinem Wechsel nach London, war ich zwei Jahre lang bei [der Kanzlei] Allen & Overy in Saudi Arabien tätig, wo ich auch die Gelegenheit hatte, an einem Lehrbuch zum Thema mitzuwirken.

 

Islamische Zeitung: Was ist Islamic Finance?

 

Taris Ahmad: Der Begriff ist ein wenig irreführend. Es gibt im Prinzip „Equity Finance“ [Finanzierung mit Eigenka*pital] und „Debt Finance“ [schuldbasierte Finanzierung mit Fremdkapital]. Equity Finance kann im Groben als ohnehin islamkonform betrachtet werden. Denn nach islamischen Recht ist zunächst erst einmal alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist. Bloss niemand käme auf die Idee, dies „islamisch“ oder „Islamic Finance“ zu nennen.

 

„Islamic Finance“ ist der Versuch, Debt Finance scharia-konform zu strukturieren. Im islamischen Recht gibt es meines Wissens jedoch nur eine Art von Schuld; nämlich einen Qard Hassan, also ein zinsloses Darlehen.

 

Islamische Zeitung: Wie sieht das konkret aus?

 

Taris Ahmad: Es gibt eine Vielzahl von Verträgen und jeder Vertrag ist anders. Grob gesprochen wird jedoch versucht, Geldrückflüsse zu schaffen, die *denen von Zins ähneln. Ob diese Zins sind oder nur so ähnlich wie Zins, wird gemeinhin debattiert und hängt vom Kleingedruckten ab.

 

Ein Kritikpunkt ist, dass sich der *Profit am LIBOR [der täglich festgelegte Referenzzinssatz im Inter*banken*geschäft] orientiert und ein Verlustausgleich vereinbart wird, womit man einen zinsähnlichen Geldrückfluss geschaffen hat.

 

Islamische Zeitung: Eine der vorgetragenen Kritikpunkte am „Islamic Banking/Islamic Finance“ ist die Zweckentfremdung oder Verzerrung traditioneller islamischer Vertragsformen, die, ihres eigentlichen Inhalts entleert, als Grundlage für bestimmte Konstrukte - wie den Hypothekenbanken - dienen. Wie würden sie dies als Jurist bewerten?

 

Taris Ahmad: Commodity-Murabaha-Verträge beispielsweise waren bei den frühen muslimischen Juristen in der heutigen Form, außer als unzulässige Hila [arab. Rechtskniffe; Versuche, das Recht, mithilfe des Rechts zu umgehen], unbekannt. Unorganisierte Tawaruk wurden von der schafi’itischen *Rechtsschule erlaubt, weil sich die Absicht des Investors dem Richter entzieht und dieser lediglich mit zwei rechtmäßigen Verträgen konfrontiert wird. Organisierte Tawaruk ist jedoch eindeutig verboten.

 

Aber, das islamische Finanzrecht dreht sich nicht nur um Zinsen. Das Zinsverbot ist nur eine, der relevanten Scharia-Normen. Das islamische Wirtschaftsrecht ist viel komplexer. Zum Beispiel gibt es noch die Konzepte von „Gharar“ und „Salam“ oder die Probleme mit Vertragsstrafen. Wichtig ist auch zu bemerken, dass „Islamic Finance“ sehr heterogen ist. Auch diese Industrie hat ihre „alternativen Banker“, die tatsächlich methodisch rigide Produkte anfertigen wie zum Beispiel das Al-Ansar Eigenheimprojekt in Manchester.

 

Islamische Zeitung: Woher kommt die große Nachfrage?

 

Taris Ahmad: Es gibt viel Kapital, jedoch ist der Zugang dazu für die Mehrheit versperrt. Der normale Unternehmer braucht Kapital, um sich auf dem Markt zu etablieren; genauso wie der normale Haushalt Kapital braucht, um sich ein Eigenheim zu finanzieren. Banken spielen daher eine zentrale Rolle. *“Islamic Finance“ ist der Versuch einer Antwort. Doch ging dieser Versuch für viele schnell in die gleiche, falsche Richtung.

 

Islamische Zeitung: So mancher Gelehrter hat aber die diversen *Produkte abgesegnet…

 

Taris Ahmad: Die „Sharia Gouvernance“ ist ein großes Thema. Die verschiedenen Bankprodukte erhalten ihr Halalsiegel von ihren hauseigenen Juris*ten des islamischen Rechts. Meinungsvielfalt unter muslimischen Juristen gab es immer, jedoch gab es auch immer *Gerichte und sorgfältig ausgebildete *Juristen.

 

„Fatwashopping“ ist möglich, weil die Privatmeinungen nicht autoritativ von Gerichten entschieden werden, die die Vertragsausgestaltungen nach islamischer Rechtmäßigkeit untersuchen können. Das Problem ist also die Abwesenheit methodischer Rigidität, die nur von Gerichten eingefordert werden kann.

 

Islamische Zeitung: Es gibt jedoch solche Gericht in den Golfstaaten oder in Malaysia…

 

Taris Ahmad: Die Rechtswahl für *Finanzverträge ist oftmals das englische Recht, dessen Gerichte hohes Vertrauen genießen, jedoch Scharia-Recht nicht anwenden können, weil dies keinem Staat zugeordnet werden kann. In einigen Golfstaaten wurde die Gerichtsbarkeit den Scharia-Gerichten entzogen, *sofern eine der Streitparteien eine Bank ist.

 

Islamische Zeitung: Besteht bei diesen Finanzinstrumenten die Hoffnung auf eine Revitalisierung des islamischen Rechts?

 

Taris Ahmad: Entwicklungspolitik braucht generell auch einen Rechtsstaat. Problematisch ist jedoch, dass islamisches Recht in der Praxis von Banken - im neoliberalen Geiste - mit weiter entwickelt wird und damit die Belange der Rechtstradition, die auf einen Interessenausgleich aller Parteien abzielt, nicht berücksichtigt. Die Folge ist, dass die Produkte der „Islamic Finance“ wohl gleichermaßen den Armen wie der Umwelt schaden. Alle möglichen konventionellen Produkte - sogar Derivate! - werden nun „islamisiert“. Commodity-Murabaha und organisierter Tawaruk usw.: All dies sind, dogmatisch betrachtet, Mutationen des islamischen Rechts.

 

Islamische Zeitung: Haben sich das „Islamic Banking“ und die „Islamic Finance“ wirklich als krisenfester *erwiesen?

 

Taris Ahmad: Krisenursache bleiben das fraktionelle Reservebankwesen (frac*tional reserve banking) und Papiergeld ohne Deckung (Fiat money). Weder die Occupy Bewegung noch die „Islamic Finance“ ändern etwas daran. Ähnlich dem ethischen Bankwesen kann es etwas milder sein.

 

Islamische Zeitung: Oft wird die *“Islamic Finance“ als nachhaltige Alternative zum konventionellen Finanz*wesen gepriesen. Ist diese (Selbst-)Zuschreibung ihrer Erfahrung nach noch tragbar?

 

Taris Ahmed: Investitionen in Unternehmen mit beispielsweise einem bestimmten Maß an Zinseinnahmen oder in bestimmten Industrien wie etwa der Waffen- oder Alkoholproduktion sind verboten. Das ist schon mal ein guter ethischer Anfang. Jedoch ändert dies nichts am Zins, der die Umweltressourcen unkontrolliert verbraucht und globale Armut perpetuiert.

 

Islamische Zeitung: Viele sehen den Arabischen Frühling als islamisches Erwachen. Kann dieser Zweig der Finanzwirtschaft hier überhaupt eine Rolle spielen?

 

Taris Ahmad: Freilich bringt diese Industrie viele lukrative Jobs und Profite mit sich. Die Volkswirtschaft wird jedoch langfristig nur von einer tiefer gehenden Reform der Juristenausbildung, der Unabhängigkeit der Gerichte und des politischen Willens zinsfrei zu arbeiten profitieren. Das würde auch Menschenrechte stärken und eine Umverteilung herbeiführen. Was gebraucht wird, sind kompetente traditionelle Gelehrte, die die Scharia methodisch beherrschen und auch in der Praxis als Anwälte und Richter tätig sein können.

 

Islamische Zeitung: Lieber Taris Ahmed, vielen Dank für das Interview.

 

 

 

 

 

 

IZ, 01.08.2012

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Islamic Finance Erste Islambank für Deutschland

 

 

 

Ein türkisches Institut will in Frankfurt ein schariakonformes Geldhaus eröffnen. Die Chancen stehen gut: Die Finanzaufsicht zeigt sich aufgeschlossen. von Heinz-Roger Dohms Frankfurt

 

 

Erstmals kommt es in Deutschland zur Gründung einer Schariabank. Nach FTD-Informationen bereitet das Istanbuler Institut Kuveyt Türk derzeit einen Antrag auf Zulassung eines solchen islamkonformen Geldhauses bei der Finanzaufsicht BaFin vor. Unterstützt werden die Türken von der Unternehmensberatung Ernst & Young und der Anwaltskanzlei Norton Rose.

Läuft alles nach Plan, soll der Antrag im Oktober eingereicht werden. Sitz der Bank wäre Frankfurt. Die ersten Filialen sind für Städte mit vielen muslimischen Einwohnern geplant - etwa Berlin. Ein Kuveyt-Türk-Sprecher wollte unter Verweis auf das laufende Verfahren nicht Stellung nehmen.

 

Islamic Banking ist der Versuch, modernes Bankgeschäft zu betreiben, ohne das Zinsverbot des Korans zu verletzen. In der Immobilienfinanzierung etwa gibt die Bank dem Kunden kein verzinstes Darlehen - sondern kauft das Haus selbst und verkauft es dem Kunden später mit Aufschlag weiter.

Auf den ersten Blick scheint Deutschland mit seinen über vier Millionen Muslimen ein lukrativer Markt für schariakonforme Bankgeschäfte zu sein. Allerdings hat sich Islamic Banking hier bislang nicht durchsetzen können. In Großbritannien etwa ist es dagegen schon länger etabliert.

Kuveyt Türk wird damit zum großen Testfall, ob Islamic Banking in Deutschland tatsächlich funktionieren kann. Schon seit zwei Jahren unterhält das Institut eine kleine Filiale in der Mannheimer Innenstadt. Mangels BaFin-Lizenz sammeln die dortigen Mitarbeiter aber lediglich Geld ein und transferieren es an die Istanbuler Zentrale. Bankgeschäfte im eigentlichen Sinne darf Kuveyt Türk in Deutschland noch nicht betreiben.

 

Die Finanzaufsicht treibt das Thema voran. So veranstaltete die BaFin Mitte Mai in Frankfurt zum wiederholten Mal eine große Konferenz zum Thema islamische Finanzdienstleistungen. Per se spreche nichts gegen eine Vollbanklizenz für ein Institut mit dem Schwerpunkt Islamic Finance, heißt es bei der Behörde. Kuveyt Türk muss nur die gleichen Anforderungen erfüllen wie andere Banken.

Experten zufolge lauern die größten Probleme jedoch nicht im Aufsichtsrecht, sondern in Steuerfragen. So fiele bei der islamkonformen Immobilienfinanzierung die Grunderwerbsteuer zweimal an: beim Erwerb durch die Bank und nochmals beim Weiterverkauf an den Kunden. Dies würde das Produkt im Vergleich zu einer normalen Hausfinanzierung stark verteuern.

Auch bei der Einlagensicherung gibt es Schwierigkeiten. Nach islamischem Recht darf es keine risikofreien Profite geben - und damit auch keinen Einlagenschutz, der Sparer absichern soll. In Großbritannien hat die Aufsicht das Problem gelöst, indem Kunden islamischer Banken auf den Schutz freiwillig verzichten dürfen.

 

Dass der deutsche Gesetzgeber Kuveyt Türk eine ähnliche Ausnahme erlaubt, gilt als unwahrscheinlich. "Das wäre ein Punkt, an dem ein islamischer Anbieter Abstriche machen muss, denn das Aufsichtsrecht gilt zu Recht für alle Banken", sagt Zaid el-Mogaddedi vom Frankfurter Institute for Islamic Banking and Finance.

 

Umstritten ist, ob es in Deutschland überhaupt einen Markt für islamische Bankprodukte gibt. Bei der Deutschen Bank hieß es, auch unter muslimischen Kunden gebe es hierfür "praktisch keine Nachfrage". Die Commerzbank stellte einen 2005 aufgelegten Islamfonds mangels Nachfrage wieder ein. Eine im Juli veröffentlichte Studie der Stresemann-Stiftung kommt zum Ergebnis: "Islamic Finance ist in Deutschland bisher weitgehend erfolglos geblieben."

 

 

Financial Times, 29.08.2012

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How Sharia-compliant is Islamic banking?

 

 

 

By John Foster

Former editor, Islamic Business & Finance magazine

 

 

 

The Islamic finance industry has often battled with the question: How Islamic is Islamic banking?

The question's pertinence was raised in March last year, when Sheikh Muhammad Taqi Usmani, of the Accounting and Auditing Organization for Islamic Finance Institutions (AAOIFI), a Bahrain-based regulatory institution that sets standards for the global industry, said that 85% of Sukuk, or Islamic bonds, were un-Islamic.

Usmani is the granddaddy of modern-day Islamic finance, so having him make this statement is synonymous with Adam Smith saying that free-markets are inefficient.

Because Sukuk underpin the modern-day Islamic financial system, one of its pre-eminent proponents arguing that the epicentre of the system was flawed sent shockwaves through the industry.

It also gave ammunition to the many critics who see Islamic finance as an industry more driven by cultural identity than practical problem solving: as a hodgepodge of incoherent, incomplete, impractical and irrelevant ideas.

Recognisable products

The products that modern-day Islamic bankers have created are very similar to conventional products.

 

 

 

So similar, in fact, that to an outside observer they could be considered the same.

Islamic banks now offer Islamic mortgages, Islamic car loans, Islamic credit cards, Islamic time deposit and guaranteed return accounts, Islamic insurance and some even offer Islamic managed and hedge funds.

This point is conceded by Samir Alamad, Sharia, or Islamic law, compliance and product development manager of the Islamic Bank of Britain.

"The industry does not want to alienate its products," he says.

"They have to be recognisable, produce the same outcome as conventional products, but remain within the guidelines of Sharia."

No interest

The core of Islamic economics is a prohibition on interest.

 

 

 

This immediately creates a problem for Islamic banks, as conventional banks charge borrowers an interest rate through which they can reward their depositors and make some profit for being the broker.

With interest ruled out it is harder to make money.

The modern Islamic banker has found a way around this prohibition, however.

As in many Islamic products, the bank enters a partnership with its depositors and invests his money in a Sharia compliant business.

The profit from this investment is then shared between the depositor and the bank after a set time.

In many cases this "profit rate" is competitive with the conventional banking system's interest rate for savers.

Lease agreements

Alternatively, an Islamic banker might enter into a lease agreement for a car or a house with an individual.

 

 

 

The bank would buy a vehicle outright and then lease it back to the person who wanted it, over a time period that would ensure that the capital was repaid and the bank made a profit.

Alternatively the bank would enter into a partnership with a person wanting to buy a house. The bank would buy 70% of the house, the individual 30%.

The bank then rents its share of the house back to the individual until the house is fully paid for.

The bank makes a profit on the rent, which would be higher than equivalent rents in the area, but on an annualised percentage basis, would look very much like a conventional mortgage interest rate.

To the casual observer, a spade is a spade.

Whether the product is dressed up in Arabic terminology, such as Mudarabah, or Ijarah, if it looks and feels like a mortgage, it is a mortgage and to say anything else is semantics.

Sophisticated finance

The potential wealth locked up in oil-rich Gulf states encouraged the conventional banks to enter Islamic finance.

HSBC established the Amanah Islamic Finance brand in 1998 and Deutsche Bank, Citi, UBS and Barclays quickly joined the fray, all offering interest-free products for wealthy Arabs.

However, this new generation of Islamic bankers had cut their teeth in the City and Wall Street, and were used to creating sophisticated financial products.

They often bumped heads with the Sharia scholars who authorised their products as Sharia compliant.

However, these bankers had a way of dealing with this, as one investment banker based in Dubai, working for a major Western financial organisation explains:

"We create the same type of products that we do for the conventional markets. We then phone up a Sharia scholar for a Fatwa [seal of approval, confirming the product is Shari'ah compliant].

"If he doesn't give it to us, we phone up another scholar, offer him a sum of money for his services and ask him for a Fatwa. We do this until we get Sharia compliance. Then we are free to distribute the product as Islamic."

No consensus

This "Fatwa shopping", which was carried out by some institutions, brings us back to the Sharia scholars.

Even these scholars do not agree all the time, which means that in some cases a product is deemed Sharia compliant in one market and not in another.

This is especially the case with Malaysian products, which are often deemed not Sharia complaint in the more austere Gulf.

"Often no rulings exist for modern day problems, such as use of narcotics," Alamad explains.

"In Islam intoxication by wine is forbidden, but at the time of the Prophet Mohammed there was no crack cocaine."

Modern scholars had to interpret the rules on intoxication, and the consensus was that crack should also be forbidden to Muslims, as it is a dangerous intoxicant.

"This is how we make rulings, whether in finance or societal," Alamad says. "The consensus rules, which usually will become mandatory for all Muslims to follow, but there are some opinions and sometimes scholars are not in the consensus."

Banking is banking

This makes it more important to be in the consensus, and so getting a favourable ruling from a leading Sharia scholar is important for a product manager.

That is why the top scholars can earn so much money - often six-figure sums for each ruling.

The most creative scholars are the ones in the most demand, says Tarek El Diwany, analyst at London-based Islamic financial consultancy Zest Advisory.

"To date, most Islamic financiers have been looking at examples of financing in Islamic history and figuring out how to apply them to today's financial products."

But banking is banking.

It is the taking of a deposit and then using it to finance a purchase or business.

The lender pays the depositor compensation for the opportunity cost of his money, and the person borrowing the money "rents" it off the bank.

The same symbiotic relationship occurs whether it is conventional banking, ethical banking, Islamic banking or Presbyterian banking.

As Majid Dawood, chief executive of Yasaar, a UK-based Islamic finance consultancy says: "Everything that is not forbidden in the Holy Qur'an is OK.

"Yes, the industry has to evolve, but it is only 40 years old and its competing with a conventional finance system that is over 800 years old."

 

 

 

BBC News, 11.12.2009

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Ich bin für eine Bank, die jegliches Zinsgeschäft ablehnt. Doch vorher muss dieser Paradigmenwechsel in den Köpfen der Muslime stattfinden. Obwohl es dutzende Ahadith und Verse für den Zinsverbot gibt und nicht einmal ein einziges, welches Zinsen in bestimmten Situationen erlauben würde, gibt es paradoxerweise hunderte Fetwas, die Zinsen befürworten! Verdrehte Welt!
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  • 4 Wochen später...

27.09.2012 Anmerkungen von Imran Ahsan Khan Nyazee zum Thema Riba, Handel und Islamic Banking

„Gewicht gegen Gewicht“

 

(iz). Ein junger Student von durchschnittlicher Intelligenz ist in der Lage, die folgen*den Regeln zu verstehen. Dies führt zu der Frage, warum die größten Muftis unserer Tage daran scheitern.

 

Die folgenden Ableitungen basieren auf einer bekannten Überlieferung von ‘Ubada ibn As-Samit, möge Allah mit ihm zufrieden sein. Im Folgenden findet sich hier dieses Hadith, bei der sechs Waren beschrieben werden. Der Prophetengefährte überlieferte: „Der Gesandte *Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte: ‘Gold für Gold, Silber für Silber, Weizen gegen Weizen, Gerste gegen Gerste, Datteln für Datteln, Salz gegen Salz. Die gleiche Sache gegen die gleiche Sache, Gewicht gegen Gewicht [das heißt, mit gleichem Gewicht und Maßen] und von Hand zu Hand. Wenn die Gattungen verschieden sind, dann verkauft, solange es von Hand zu Hand geschieht.“ (Sahih Muslim)

 

Diese Überlieferung beinhaltet drei direkte Anweisungen, auf deren Grundlagen die Juristen den Sarf-Vertrag entwarfen. Erläuternd hinzuzufügen ist, dass es zwei Arten von Riba gibt. Riba Al-Fadl – oder ein Übermaß bei Gewicht oder Volumen –, den man als Überschuss der Menge bezeichnen könnte. Derart fällt jede Summe (beispielsweise 10 *Dina*re), die in Form von Zinsen bezahlt *werden, unter die Kategorie von Riba Al-Fadl.

 

Riba An-Nasi’a – oder ein Überschuss an Zeit – ergibt sich aus dem Gebrauch des Geldes im Laufe der Zeit. Es wird auch als Zeitwert des Geldes bezeichnet. In Wirklichkeit ist dies die Art Riba, für die Riba Al-Fadl (als Vermietung von Geld) gezahlt wird. Ein Beispiel dafür ist ein Kredit, bei dem A 100 Dinare an B gibt und B innerhalb von einem Jahr 10 Prozent Zinsen darauf zahlen muss. In der Sprache des Rechts können wir sagen, dass A 100 Dinare an B für 110 Dinare gegen Kredit verkauft. Das reicht, um zu verstehen, was Riba ist.

 

Wenn erkennbar ist, dass die beiden Seiten – A und B – den obigen Handel abschließen, greift die erste Anweisung der Überlieferung: „Gewicht gegen Gewicht.“ Mit anderen Worten, die weiteren zehn Dinare, die von B bezahlt werden, sind untersagt. Diese Summe wird gemeinhin als „Zins“ verstanden und es ist dieser Zins, der von Banken erhoben wird. Die Islamischen Banken stimmen zu, dass diese Art von Zinserhebung verboten ist. Daher kann ihre Gültigkeit nicht auf dieser Grundlage in Frage gestellt werden.

 

Nach der Durchführung der ersten prophetischen Anweisung und der Entfernung dieser zehn Dinare, verbleibt die restliche Transaktion: A leiht B 100 Dinare, die nach einer Verzögerung von einem Jahr zurückgezahlt werden müssen. Diese Transaktion zieht die nächste Anweisung nach sich: den augenblicklichen Austausch beider Werte oder „von Hand zu Hand“. Es ist dieser Passus, der ein Problem für das Islamic Banking darstellt. Wenn wir diesen Austausch genau betrachten, finden wir nicht mehr als ein „zinsloses Darlehen“. Die Folge dieser Anweisung ist, dass keine Verzögerung erlaubt ist und die Parteien ihr Gold sofort austauschen müssen. Heißt diese Aussage, dass es kein Darlehen geben kann, selbst wenn kein Zins erhoben wird? Die Antwort ist „Ja“. Wenn kein Kredit vergeben werden kann, dann würde dies das Ende von Isla*mic Banking bedeuten – oder des gesam*ten Bankwesens, soweit es das betrifft. Der Grund dafür ist, dass jedes Konto, das bei einer Bank eröffnet wird – Gehaltskonto, Sparguthaben, Festgeldeinlagen usw. –, in Wirklichkeit ein Kredit ist. Dieser kann im Kontext jener Überlieferungen nicht gegeben werden.

 

Diese Bestimmung bedeutet für manche ein weiteres Problem. Wenn ein Kredit untersagt ist, so werden sie fragen: Was ist mit einem zinslosen Darlehen, das auch als Qard Hasan bezeichnet wird?

 

Die Antwort darauf ist, dass die obige Regel über das Verbot von Krediten die ursprüngliche Regel ist, der in allen Trans*aktionen gefolgt wird. Die *einzige Ausnahme dazu ist ein zinsloses Darlehen, das eine Ausnahme oder Rukhsah zur allgemeinen Regel darstellt. Es hat den gleichen Status wie das Ausleihen von Gerätschaften oder anderen Dingen, die zurückgegeben werden. Es ist unter gewissen Bedingungen gestattet. Vorran*gig dabei ist, dass keine Zahlungsfrist festgelegt werden kann – der Verleiher kann die Summe am nächsten Tag zurückfordern oder die Rückzahlung für unbestimmte Zeit zurückstellen. Qard ist die Bereitstellung der „nutzbaren Menge“ auf Seiten des Gebers aus anderen Gründen als einem *Profitinteresse in geschäftlicher oder persönlicher Hinsicht. Der Leiher kann die Summe nach eigenem Ermessen benutzen. Diese Form des Darlehens wird in der Scharia als *Sadaqa behandelt – und nicht in Hinblick kommerzieller Regeln.

 

Die oben beschriebenen Transaktionen legen gemeinsam den Schluss nahe, dass ein handelsüblicher, verzinster Bankkre*dit beide Formen von Riba beinhaltet, die jeweils verboten sind. Riba Al-Fadl – vertreten durch die 10 Dinar – und Riba An-Nasi’a – repräsentiert durch die „Verzögerung“ – sind beide verboten.

 

Aufbauend auf diesen beiden, untersagten Grundmodellen kommen wir zu fragwürdigen Methoden,um das, im *oberen Segment erläuterte Verbot zu umgehen. Eine dieser Methoden sind die *heutigen Murabaha-Verträge. In dieser Vertragsform fragt A den Händler B, etwas für ihn auf dem Markt zu kaufen. Anstatt, dass dieser eine Gebühr verlangt, kann er einen deutlich aufgeschlüsselten Profit verlangen. Der ursprüngliche Vertrag basierte auf Vertrauen und Zusammenarbeit. Eine Person vertraut dem Urteils*vermögen einer anderen. Wegen dieser Beziehung glaubt A, dass B ehrlich vorgeht und den korrekten Originalpreis mit einem rationalen Profit verlangt. Auf Grundlage dieses gegenseitigen Vertrau*ens ist keine Veränderung der ursprüng*lich vereinbarten Summe zugelassen.

 

Die erste und wichtigste Regel für diese Transaktion besagt, dass der Originalpreis aufrechterhalten werden muss und weder verändert, reduziert oder gesteigert werden darf. Die zweite, wichtige Regel – wie dies von dem Texten der Rechtsgelehrten nahelegt wird – lautet: Es darf keine Verzögerung in der Transaktion geben, da dies die Möglichkeit für die Erhebung von Riba ermöglicht. Der entsprechende Handel erklärt sich von selbst. A kauft von B Weizen im Wert für 100 Dinare. Die Originalkosten, die nicht geändert werden dürfen, beliefen sich auf 90 Dinare, während der angegebene Gewinn bei 10 Dinaren liegt. Es ist offensichtlich, dass für Transport und Auslagen weitere Kosten auf den ursprünglichen Preis aufgeschlagen werden können. Aber diese sind für uns hier vernachlässigenswert. Die wichtige Sache dabei ist, dass es keine Verzögerung in dieser Transaktion geben darf und dass es ein promptes Geschäft ist.

 

Die Islamischen Banken haben ein Element der „Verzögerung“ in die ursprüng*liche Transaktion eingeführt. Dies lässt sie unrechtmäßig werden. Hier bestehen zwei Möglichkeiten.

 

Erstens ist der Abschluss mehr oder weniger wie der normale Murabaha, außer dass die Verzögerung von einem Jahr eingeführt wurde. Es ist bekannt, dass eine Person bei einem Kredit mehr verlangt als bei einem Bargeschäft. Der Grund dafür ist, dass er, wenn er für den *gleichen Preis verkauft, nicht die gleiche Summe wie bei einem Bargeschäft erhält. Die Verzögerung (und Inflation) verringern den Preis und damit den Wert dieser Transaktion. In dieser Situation würde die Bank, wenn sie zum Einkaufspreis und dem festgelegten Profit verkauft, nicht mehr den Preis für die Ware reali*sieren, den sie ausgeben musste, sondern – dank der Verzögerung – einen verringerten Preis erzielen. Der Nutzen geht hier an den Kunden. Diese Transaktion ist daher erlaubt. In der echten Praxis würde die Bank diesem Vertrag nie zustimmen, da er zu einem Verlust für sie führen würde. Wir müssen uns daher der zweiten Möglichkeit zuwenden.

 

Im zweiten Fall, verdoppelt die Bank – um einen Gewinn zu erzielen – den angegebenen Profit; sagen wir einmal: 10 für die Verzögerung und 10 für den vernünftigen, angegebenen Profit. Muraba*ha trifft nicht länger zu, da dies hier einen zweimaligen Profit beinhaltet. Selbst, wenn wir davon ausgehen würden, dass die gesamten 20 Dinare als ein angegebe*ner Gewinn behandelt werden würde, wäre dieser Vertrag immer noch unrecht*mäßig, da der Ursprungspreis wegen der Verzögerung reduziert wird (den die Bank dadurch auszugleichen sucht, indem sie einen erhöhten, ausgewiesenen Profit angibt). Kurz gesagt: Die Einführung des Elements von Verzögerung in den Murabaha-Vertrag macht ihn unrechtmäßig. Ohne jene Verzögerung aber wäre er nutzlos für die Bank.

 

Man könnte nun fragen, warum die Bank dieses Geschäftsmodell als Murabaha bezeichnen möchte, während die gleiche Sache durch einen normalen Kreditverkauf abgewickelt werden kann, bei dem die Bank mehr als den normalen Gewinn einfordert. Der Grund ist offenkundig und führt uns schließlich zum Leasingvertrag. Die meisten Leasingverträge beruhen auf einem Kreditverkauf oder einer *anderen Kreditform. So kauft eine Bank beispiels*weise ein Auto für 10.000 US-Dollar und verkauft es ihrem Kunden für 13.000 US-Dollar. Eine Summe, die über einen Zeitraum von drei Jahren gezahlt *werden muss. Die zusätzlichen 3.000 *US-Dollar gelten für die Zeit der verzögerten Perio*de von drei Jahren. Dies wäre dem islami*schen Recht zufolge zulässig.

 

Es ist aber nach dem islamischen Recht nicht zulässig, dass die Bank den Eigen*tumstitel bei Vertragsabschluss nicht an ihren Kunden abtritt. Unter dem islamischem Recht geht dieser Titel augenblicklich an den Kunden über und das Auto wird bei Vertragsschluss zu seinem Eigentum. Dies schafft ein Problem für Islamischen Banken und sie folgen dabei nicht den Regeln für den Kreditverkauf und die Übertragung von Eigentumstiteln. Aus diesem Grund haben sie auch keinen Interesse daran, Kreditverkauf als Ersatz für Murabaha zu benutzen. Die Bank hätte das Recht, nach einer Sicherheit zu fragen oder sogar eine Verpfändung des gleichen Autos zu verlangen, aber sie kann dies nur tun, wenn der Eigentumstitel vorher an den Kunden abgetreten wurde. Darüber hinaus ist die Erhebung von Strafzahlungen für verzö*gerte Raten absolut unrechtmäßig, selbst wenn diese unter den Armen usw. verteilt werden.

 

 

IZ 27.09.2012

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  • 1 Monat später...

Anmerkungen von Imran Ahsan Khan Nyazee zum Thema Riba, Handel und Islamic Banking

 

„Gewicht gegen Gewicht“

 

(iz). Ein junger Student von durchschnittlicher Intelligenz ist in der Lage, die folgen*den Regeln zu verstehen. Dies führt zu der Frage, warum die größten Muftis unserer Tage daran scheitern.

 

Die folgenden Ableitungen basieren auf einer bekannten Überlieferung von ‘Ubada ibn As-Samit, möge Allah mit ihm zufrieden sein. Im Folgenden findet sich hier dieses Hadith, bei der sechs Waren beschrieben werden. Der Prophetengefährte überlieferte: „Der Gesandte *Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte: ‘Gold für Gold, Silber für Silber, Weizen gegen Weizen, Gerste gegen Gerste, Datteln für Datteln, Salz gegen Salz. Die gleiche Sache gegen die gleiche Sache, Gewicht gegen Gewicht [das heißt, mit gleichem Gewicht und Maßen] und von Hand zu Hand. Wenn die Gattungen verschieden sind, dann verkauft, solange es von Hand zu Hand geschieht.“ (Sahih Muslim)

 

Diese Überlieferung beinhaltet drei direkte Anweisungen, auf deren Grundlagen die Juristen den Sarf-Vertrag entwarfen. Erläuternd hinzuzufügen ist, dass es zwei Arten von Riba gibt. Riba Al-Fadl – oder ein Übermaß bei Gewicht oder Volumen –, den man als Überschuss der Menge bezeichnen könnte. Derart fällt jede Summe (beispielsweise 10 *Dina*re), die in Form von Zinsen bezahlt *werden, unter die Kategorie von Riba Al-Fadl.

 

Riba An-Nasi’a – oder ein Überschuss an Zeit – ergibt sich aus dem Gebrauch des Geldes im Laufe der Zeit. Es wird auch als Zeitwert des Geldes bezeichnet. In Wirklichkeit ist dies die Art Riba, für die Riba Al-Fadl (als Vermietung von Geld) gezahlt wird. Ein Beispiel dafür ist ein Kredit, bei dem A 100 Dinare an B gibt und B innerhalb von einem Jahr 10 Prozent Zinsen darauf zahlen muss. In der Sprache des Rechts können wir sagen, dass A 100 Dinare an B für 110 Dinare gegen Kredit verkauft. Das reicht, um zu verstehen, was Riba ist.

 

Wenn erkennbar ist, dass die beiden Seiten – A und B – den obigen Handel abschließen, greift die erste Anweisung der Überlieferung: „Gewicht gegen Gewicht.“ Mit anderen Worten, die weiteren zehn Dinare, die von B bezahlt werden, sind untersagt. Diese Summe wird gemeinhin als „Zins“ verstanden und es ist dieser Zins, der von Banken erhoben wird. Die Islamischen Banken stimmen zu, dass diese Art von Zinserhebung verboten ist. Daher kann ihre Gültigkeit nicht auf dieser Grundlage in Frage gestellt werden.

 

Nach der Durchführung der ersten prophetischen Anweisung und der Entfernung dieser zehn Dinare, verbleibt die restliche Transaktion: A leiht B 100 Dinare, die nach einer Verzögerung von einem Jahr zurückgezahlt werden müssen. Diese Transaktion zieht die nächste Anweisung nach sich: den augenblicklichen Austausch beider Werte oder „von Hand zu Hand“. Es ist dieser Passus, der ein Problem für das Islamic Banking darstellt. Wenn wir diesen Austausch genau betrachten, finden wir nicht mehr als ein „zinsloses Darlehen“. Die Folge dieser Anweisung ist, dass keine Verzögerung erlaubt ist und die Parteien ihr Gold sofort austauschen müssen. Heißt diese Aussage, dass es kein Darlehen geben kann, selbst wenn kein Zins erhoben wird? Die Antwort ist „Ja“. Wenn kein Kredit vergeben werden kann, dann würde dies das Ende von Isla*mic Banking bedeuten – oder des gesam*ten Bankwesens, soweit es das betrifft. Der Grund dafür ist, dass jedes Konto, das bei einer Bank eröffnet wird – Gehaltskonto, Sparguthaben, Festgeldeinlagen usw. –, in Wirklichkeit ein Kredit ist. Dieser kann im Kontext jener Überlieferungen nicht gegeben werden.

 

Diese Bestimmung bedeutet für manche ein weiteres Problem. Wenn ein Kredit untersagt ist, so werden sie fragen: Was ist mit einem zinslosen Darlehen, das auch als Qard Hasan bezeichnet wird?

 

Die Antwort darauf ist, dass die obige Regel über das Verbot von Krediten die ursprüngliche Regel ist, der in allen Trans*aktionen gefolgt wird. Die *einzige Ausnahme dazu ist ein zinsloses Darlehen, das eine Ausnahme oder Rukhsah zur allgemeinen Regel darstellt. Es hat den gleichen Status wie das Ausleihen von Gerätschaften oder anderen Dingen, die zurückgegeben werden. Es ist unter gewissen Bedingungen gestattet. Vorran*gig dabei ist, dass keine Zahlungsfrist festgelegt werden kann – der Verleiher kann die Summe am nächsten Tag zurückfordern oder die Rückzahlung für unbestimmte Zeit zurückstellen. Qard ist die Bereitstellung der „nutzbaren Menge“ auf Seiten des Gebers aus anderen Gründen als einem *Profitinteresse in geschäftlicher oder persönlicher Hinsicht. Der Leiher kann die Summe nach eigenem Ermessen benutzen. Diese Form des Darlehens wird in der Scharia als *Sadaqa behandelt – und nicht in Hinblick kommerzieller Regeln.

 

Die oben beschriebenen Transaktionen legen gemeinsam den Schluss nahe, dass ein handelsüblicher, verzinster Bankkre*dit beide Formen von Riba beinhaltet, die jeweils verboten sind. Riba Al-Fadl – vertreten durch die 10 Dinar – und Riba An-Nasi’a – repräsentiert durch die „Verzögerung“ – sind beide verboten.

 

Aufbauend auf diesen beiden, untersagten Grundmodellen kommen wir zu fragwürdigen Methoden,um das, im *oberen Segment erläuterte Verbot zu umgehen. Eine dieser Methoden sind die *heutigen Murabaha-Verträge. In dieser Vertragsform fragt A den Händler B, etwas für ihn auf dem Markt zu kaufen. Anstatt, dass dieser eine Gebühr verlangt, kann er einen deutlich aufgeschlüsselten Profit verlangen. Der ursprüngliche Vertrag basierte auf Vertrauen und Zusammenarbeit. Eine Person vertraut dem Urteils*vermögen einer anderen. Wegen dieser Beziehung glaubt A, dass B ehrlich vorgeht und den korrekten Originalpreis mit einem rationalen Profit verlangt. Auf Grundlage dieses gegenseitigen Vertrau*ens ist keine Veränderung der ursprüng*lich vereinbarten Summe zugelassen.

 

Die erste und wichtigste Regel für diese Transaktion besagt, dass der Originalpreis aufrechterhalten werden muss und weder verändert, reduziert oder gesteigert werden darf. Die zweite, wichtige Regel – wie dies von dem Texten der Rechtsgelehrten nahelegt wird – lautet: Es darf keine Verzögerung in der Transaktion geben, da dies die Möglichkeit für die Erhebung von Riba ermöglicht. Der entsprechende Handel erklärt sich von selbst. A kauft von B Weizen im Wert für 100 Dinare. Die Originalkosten, die nicht geändert werden dürfen, beliefen sich auf 90 Dinare, während der angegebene Gewinn bei 10 Dinaren liegt. Es ist offensichtlich, dass für Transport und Auslagen weitere Kosten auf den ursprünglichen Preis aufgeschlagen werden können. Aber diese sind für uns hier vernachlässigenswert. Die wichtige Sache dabei ist, dass es keine Verzögerung in dieser Transaktion geben darf und dass es ein promptes Geschäft ist.

 

Die Islamischen Banken haben ein Element der „Verzögerung“ in die ursprüng*liche Transaktion eingeführt. Dies lässt sie unrechtmäßig werden. Hier bestehen zwei Möglichkeiten.

 

Erstens ist der Abschluss mehr oder weniger wie der normale Murabaha, außer dass die Verzögerung von einem Jahr eingeführt wurde. Es ist bekannt, dass eine Person bei einem Kredit mehr verlangt als bei einem Bargeschäft. Der Grund dafür ist, dass er, wenn er für den *gleichen Preis verkauft, nicht die gleiche Summe wie bei einem Bargeschäft erhält. Die Verzögerung (und Inflation) verringern den Preis und damit den Wert dieser Transaktion. In dieser Situation würde die Bank, wenn sie zum Einkaufspreis und dem festgelegten Profit verkauft, nicht mehr den Preis für die Ware reali*sieren, den sie ausgeben musste, sondern – dank der Verzögerung – einen verringerten Preis erzielen. Der Nutzen geht hier an den Kunden. Diese Transaktion ist daher erlaubt. In der echten Praxis würde die Bank diesem Vertrag nie zustimmen, da er zu einem Verlust für sie führen würde. Wir müssen uns daher der zweiten Möglichkeit zuwenden.

 

Im zweiten Fall, verdoppelt die Bank – um einen Gewinn zu erzielen – den angegebenen Profit; sagen wir einmal: 10 für die Verzögerung und 10 für den vernünftigen, angegebenen Profit. Muraba*ha trifft nicht länger zu, da dies hier einen zweimaligen Profit beinhaltet. Selbst, wenn wir davon ausgehen würden, dass die gesamten 20 Dinare als ein angegebe*ner Gewinn behandelt werden würde, wäre dieser Vertrag immer noch unrecht*mäßig, da der Ursprungspreis wegen der Verzögerung reduziert wird (den die Bank dadurch auszugleichen sucht, indem sie einen erhöhten, ausgewiesenen Profit angibt). Kurz gesagt: Die Einführung des Elements von Verzögerung in den Murabaha-Vertrag macht ihn unrechtmäßig. Ohne jene Verzögerung aber wäre er nutzlos für die Bank.

 

Man könnte nun fragen, warum die Bank dieses Geschäftsmodell als Murabaha bezeichnen möchte, während die gleiche Sache durch einen normalen Kreditverkauf abgewickelt werden kann, bei dem die Bank mehr als den normalen Gewinn einfordert. Der Grund ist offenkundig und führt uns schließlich zum Leasingvertrag. Die meisten Leasingverträge beruhen auf einem Kreditverkauf oder einer *anderen Kreditform. So kauft eine Bank beispiels*weise ein Auto für 10.000 US-Dollar und verkauft es ihrem Kunden für 13.000 US-Dollar. Eine Summe, die über einen Zeitraum von drei Jahren gezahlt *werden muss. Die zusätzlichen 3.000 *US-Dollar gelten für die Zeit der verzögerten Perio*de von drei Jahren. Dies wäre dem islami*schen Recht zufolge zulässig.

 

Es ist aber nach dem islamischen Recht nicht zulässig, dass die Bank den Eigen*tumstitel bei Vertragsabschluss nicht an ihren Kunden abtritt. Unter dem islamischem Recht geht dieser Titel augenblicklich an den Kunden über und das Auto wird bei Vertragsschluss zu seinem Eigentum. Dies schafft ein Problem für Islamischen Banken und sie folgen dabei nicht den Regeln für den Kreditverkauf und die Übertragung von Eigentumstiteln. Aus diesem Grund haben sie auch keinen Interesse daran, Kreditverkauf als Ersatz für Murabaha zu benutzen. Die Bank hätte das Recht, nach einer Sicherheit zu fragen oder sogar eine Verpfändung des gleichen Autos zu verlangen, aber sie kann dies nur tun, wenn der Eigentumstitel vorher an den Kunden abgetreten wurde. Darüber hinaus ist die Erhebung von Strafzahlungen für verzö*gerte Raten absolut unrechtmäßig, selbst wenn diese unter den Armen usw. verteilt werden.

 

IZ, 11.11.2012

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  • 11 Monate später...

[h=1]Sind auch „Islamische Banken“ haram?[/h][h=2]In Pakistan wird in einem Gerichtsverfahren eine beinahe ungeheuerliche Frage gestellt. Von Khalil Breuer[/h](iz). Es gehört wohl zu den Ergebnissen der Säkularisierung, dass *viele Menschen sich längst ein Leben ohne Gott vorstellen können, allerdings kaum mehr ein Leben ohne Banken. Die Einrichtung der „Zettelbanken“ im 18. Jahrhundert haben eine ganze Epoche verändert, ihre neuen Finanzierungstechniken den Lauf der Poli*tik ganzer Jahrhunderte mitbestimmt und nicht zuletzt auch die islamische Welt entscheidend geprägt. Der Zusam*menbruch muslimischer Souveränität und die Erscheinung der Banken fällt dabei zusammen.

 

Heute erscheint das „moderne Banking“ nicht nur alternativlos, es wird auch als institutionelle Garantie für Wohlstand und Zivilisation gepriesen. Nur, ist das wirklich so? Im Westen hat längst eine breite Debatte über Sinn und Wirkung des Bankensystems begonnen. Zahl*reiche Veröffentlichungen, Bücher und Beiträge beschreiben das Unwesen der Banken, deren Kernkompetenz nach wie vor die Schaffung von Geld aus dem Nichts ist. Aber, es scheint kaum alternative Wirtschaftsmodelle zu geben, die ohne Banken auskommen können und die in diesem Falle nicht sofort unter den Verdacht der naiven Träumerei oder einer abgründigen Rückwärtsgewandtheit stehen. Mehr noch, uns wird heute glauben gemacht, dass ein Leben mit moder*ner Technologie, aber ohne Banken ein absoluter Widerspruch sei. Wer will aber schon zurück zur Steinzeit? Gibt es also wirklich kein ökonomisches Modell, das die Banken ersetzt und die Errungenschaften der Moderne nicht radikal in Frage stellt?

 

Es lohnt sich hier gerade als Muslime kurz innezuhalten und sich auch nach alternativen Denkansätzen in der eigenen Lebenspraxis umzuschauen. Natürlich, auch in der islamischen Welt ist der Siegeszug der Banken, genauer, der islamischen Banken nicht zu übersehen. Insbesondere der Modernismus der arabischen Welt sah in der Kopie dieser Finanztechnik den Weg zur bitter *nötigen ökonomischen Machtsteigerung, dem Grunde nach der einzige Weg, das *eigene Machtdefizit gegenüber der expansiven, westlichen Welt auszugleichen. Heute hat sich aber der Blickwinkel abermals geändert. Das Bankensystem erscheint inmitten der größten Finanzkrise der Menschheitsgeschichte nicht mehr nur als Methode zur Machtsteigerung, sondern vielmehr als Ballast von Gesellschaften, die keinen Ausweg mehr aus der erdrückenden Schuldenlast und dem drohenden Kollaps genau dieser Banken sehen.

 

In der islamischen Welt wird daher das Phänomen der „islamischen Bank“, also einer Bank die moralischer sein will als „normale“ Banken, spürbar kritischer gesehen. Diese Emanzipation gegenüber den gängigen Modellen zeigt gerade ein ungewöhnlicher Rechtsfall in Pakistan.

 

Pakistan als der Standort einer intelligenten Debatte über ökonomische Alternativen mag dabei zunächst überraschen. Das Land wird ja mit vielen poli*tischen und ökonomischen Problemen in Verbindung gebracht, dabei gibt in dem geschundenen Land in prekärer Lage weiß Gott auch viele offensichtlich untaugliche oder radikale Lösungsansät*ze. Es gibt aber auch eine Elite, die ganz neue Fragen stellt.

 

Eine graduelle Abschaffung des gegen*wärtigen Banksystems in Pakistan, *wegen ihres – aus islamischer Sicht – *verbotenen rechtlichen Charakters wurde nun im so genannten Riba-Verfahren [arab. für *ungerechtfertigte Kapitalvermehrung] gefordert. Der langjährige Prozess um das grundsätzliche Verhältnis der pakis*tani*schen Verfassung zur modernen Ökono*mie ist vor dem Bundesstaatlichen Scharia-Gericht (FSC) anhängig. Nachdem in dem Verfahren zwischenzeitlich zehn Jahren untätig vergangen sind, kommt nun neuer Schwung in die Verhandlungen. Eine Partei in diesem vielbeachteten Verfahren zum Thema Riba, stellte inzwischen sogar die Gültigkeit des ganzen pakistanischen Bankwesens – also inklusive Zentralbank und der „Islamischen Banken“ – im Licht der islamischen Lehre in Frage. Dieser kritische Ansatz *sorgte für einige Aufregung.

 

Wichtiger Kopf in der wachsenden Fraktion der Bankkritiker, die aus allen gesellschaftlichen Schichten kommen, ist eine mutige Frau. Die ehemalige Abgeordnete des Bundesstaates Punjab, Dr. Humaira Shahid, die eine der Klägerinnen in diesem Fall ist, bemüht sich bei jeder ihrer Wortmeldung darum Alterna*tiven zu dem gegenwärtigen System aufzuzeigen. Das eigentliche islamische Finanzsystem definiert sie dabei durch die Regeln der Muamalat. Die couragierte Geschäftsfrau nimmt bei ihren Ausführungen auch auf das islamische Establishment im Land wenig Rücksicht. Zum Schrecken von Millionen Pakistanern, die ihre Ersparnisse in den letzten *Jahren bei den „Islamischen Banken“ unterbrachten, eben um Riba zu vermeiden, hat die Antragstellerin in ihrem schriftlichen, dem FSC vorgelegten Dokument, ausdrücklich auch die „Islamischen Banken“ als „haram“ bezeichnet.

 

„Wir fechten die Idee einer Islamisie*rung von kapitalistischen Einrichtungen und Instrumenten als Täuschung an, die statt zu einer Abschaffung von Riba dazu führte, dass ‘Riba halal’ gemacht wurde“, heißt es in dem Dokument zur Klage. Außerdem seien „Islamische Banken“ und die Nutzung von Papiergeld, so liest man dort, nichts anders als eine Täuschung.

 

Damit noch nicht genug geht sie auch weiter in die Offensive. „Der *Murabaha-Vertrag“ so Humaira Shahid *“wurde zu einem der wichtigsten Instrumente der Islamischen Banken gemacht, um Riba hinter der Fassade des islamischen Vertragsrechts zu verstecken.“ Murabaha ist aus Sicht der Ökonomin ein Verkaufs-Vertrag und gerade keine Vereinbarung zur Finanzierung. Der Preisaufschlag im Murabaha sei nur ein Weg zur Feststellung des Preises von verkauften Güter. Er könne keine Bedingung für eine vorherige Vereinbarung sein, wie es im verbotenen Fall der ‘zwei Verkäufe in *einem’ geschehe.“

 

Sie betonte gleichzeitig, dass sich jeder Versuch der Abschaffung von Riba auch darauf konzentrieren müsse, was die Alternative dazu sei. „Dies liegt daran, weil wir nicht etwas abschaffen können, das verboten ist, ohne eine Alterna*tive von dem anzubieten, das erlaubt ist“ erklärt Humaira Shahid.

 

Bezüglich einer solchen Alternative argumentiert sie nun, dass ein Modell dessen, was halal sei, bereits existiere, und es so auch innerhalb des des Rahmens des islamischen Rechts und der pakistani*schen Verfassung umgesetzt werden könne. Dieses Modell seien, so das Dokument, die Muamalat, das sozio-ökonomischen Modell aller islamischen Gesell*schaften vom Anfang des Islam bis zum Fall des Kalifats.

 

„Dieses Modell war überraschenderweise mehr oder weniger allen vor-kapitalistischen Gesellschaften (darunter einigen nichtmuslimischen) zu eigen und war zur Zeit von Madina Al-Munawwara vollkommen“, fügte die Klägerin hier hinzu.

 

Natürlich schließt sie dabei nicht die Nutzung moderner Technologien, wie besipielsweise internetbasierte Zahlungs*systeme auf der Grundlage von Gold oder Silber aus. Humaira Shahid weiß natürlich, dass keinen Weg zurück gibt. „Moderne“ ökonomische Modelle, die dennoch in Harmonie mit dem islamischen Wirtschafstrecht stehen, seien bereits in einigen muslimischen Ländern, wie Malaysia und Indonesien eingeführt worden, betonte Dr. Humaira.

 

Allerdings glaubt sie nicht an die Möglichkeit der Reform von bestehenden Banken. Im Verfahren fügte sie dann auch hinzu, dass die gegenwärtigen Banken und Finanzinstitutionen dem Gericht bereits selbst mitgeteilt hätten, dass ihre Institutionen nicht ohne Riba operieren könnten.

 

Über das Modell der Muamalat erfährt man nun vor dem Gericht, dass dazu nicht nur vertragliche Aspekte gehörten, sondern auch Einrichtungen und Ins*trumente, die unterstützen und fördern, was halal sei. Dazu gehörten Golddinare, Silberdirhams, Wadias (Einrichtungen zur sicheren Aufbewahrung), Suqs (offene Märkte), Karawanen (offene Ins*titutionen des fairen Handels), Gilden (offene Produktionseinrichtungen), Waqf/Auqaf (Institutionen der Wohlfahrtspflege), Bai Salam (ein landwirtschaftliches Handelssystem), Bait ul Mal etc. Im Zusammenspiel der Einrichtungen geht es um die Etablierung fairen, globalen Handels und die Bekämpfung von Monopolen.

 

„Das Problem ist“ so Humaira Shahid „dass viele Muslime diese Modelle und damit ihre Aktualität in der *momentanen Lage der Finanzmärkte einfach nicht mehr kennen“. In dem von ihr vorgeleg*ten Konzept wird erläutert, dass insbesondere die Einführung von Golddinaren und Silberdirhams, die auch in der Region als Scharia-Währung bekannt sind, wesentlich für die Einführung der Muamalat und damit letztlich für die Abschaffung von Riba seien. Kurzum, das bestehende, inflationäre Papiergeld*system ist für die Klägerin in sich das Problem.

 

Bezüglich der Praktikabilität solcher Systeme gibt es auch schon praktische Erfahrungen auf die sie verwiesen kann. Dr. Humaira Shahid zeigte in ihren Pressekonferenzen auf, dass 2008 die Regierung des malaysischen Bundesstaates Kelantan sich für die Einführung von Dinar und Dirham als Zahlungsmittel im ihrem Gebiet entschied und allen Staatsangestellten anbot, bis zu 25 Prozent ihres Gehalts in Dinar und Dirham auszuzahlen. „Es geht auch im 21. Jahrhundert ohne Banken“ davon ist die Akademikerin inzwischen völlig überzeugt.

 

Islamische Zeitung, 31.10.2013

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Briten setzen auf Islamic Banking

 

BERLIN*taz*|*Die Argumente sind für jeden Politiker überzeugend: Im kommenden Jahr dürften Schätzungen zufolge weltweit Finanzinvestitionen in Höhe von 1,5 Billionen Euro nach islamischen Regeln vorgenommen werden. „Wenn das islamische Finanzwesen um 50 Prozent schneller wächst als das traditionelle Bankgeschäft, dann wollen wir sicherstellen, dass ein beträchtlicher Anteil dieser Investitionen hier in Großbritannien getätigt wird“, erklärte der britische Premierminister David Cameron die Pläne seiner Regierung vergangene Woche auf dem World Islamic Economic Forum in London.Dieses Forum, eine Art islamische Version des Davoser Weltwirtschaftsforums, wurde in diesem Jahr zum ersten Mal in einem nicht mehrheitlich islamischen Land abgehalten – was schon einen Hinweis auf die Bedeutung Londons als Finanzzentrum für islamkonforme Anlagen gibt. Künftig will die britische Regierung an diesem boomenden Markt teilhaben. Sie plant, eine islamische Staatsanleihe herauszugeben und damit umgerechnet rund 235 Millionen Euro einzunehmen.Dem Koran zufolge dürfen Zinsen weder erhoben noch eingestrichen werden. Damit sind praktisch alle gängigen Kredite, Hypotheken, Sparbücher oder Anleihen ausgeschlossen. Doch auch wenn man Zinsen vermeiden will, muss man nicht auf Geldgeschäfte verzichten. Zulässig sind nämlich Geschäfte mit realen Waren und Gewinnbeteiligungen – und genau darauf bauen viele islamische Finanzprodukte auf.Schon 1975 wurde in Dubai die erste Bank gegründet, die ausschließlich nach den Regeln der Scharia arbeitet. Statt einen Kundenkredit zu vergeben und dafür Zinsen zu verlangen, kauft sie beispielsweise direkt das gewünschte Auto für ihren Kunden. Der muss den Kaufpreis plus eine Gebühr jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt begleichen. Oder die Bank wird Teilhaberin eines Immobilienkäufers, der der Bank anstelle von Hypothekenzinsen für ihren Hausanteil Miete zahlt.

 

Sachsen-Anhalt gab schon 2004 eine islamische Anleihe heraus

 

1996 legte die britische Flemings-Bank als erste westliche Finanzinstitution auch einen Aktienfonds auf, der das islamische Recht befolgt. Zwar verbietet die Scharia Aktien nicht, denn sie ermöglichen nur eine Gewinnbeteiligung, werfen aber keine Zinsen ab. Es gilt jedoch zu verhindern, dass der Fonds Anteilsscheine von Firmen erwirbt, die ihrerseits mit Zinsen (oder auch mit Alkohol) ihr Geld verdienen.Inzwischen haben in Großbritannien rund 50 Banken islamische Finanzprodukte im Angebot. An der Londoner Börse werden zahlreiche islamische Investmentfonds und unverzinste Anleihen gehandelt. Selbst der futuristische Londoner Wolkenkratzer „The Shard“ wurde mit islamkonformen Instrumenten finanziert, gehört er doch zur Hälfte dem Emirat Katar.Noch machen islamische Bankgeschäfte nur schätzungsweise 1 Prozent des gesamten Markts aus, doch der Trend geht steil nach oben. Seit Ausbruch der Finanzkrise haben sich zum Beispiel die Neuemissionen islamischer Anleihen, Sukuk genannt, versechsfacht, von umgerechnet 15 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf mehr als 100 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Um das Zinsverbot zu umgehen, basieren die Anleihen auf physischen Werten – die geplante britische Staatsanleihe etwa auf staatlichem Immobilienbesitz.Die britische Regierung nimmt damit allerdings keineswegs eine Vorreiterrolle in Europa ein. Sachsen-Anhalt gab schon 2004 eine islamische Anleihe heraus. Das Land übertrug dabei landeseigene Immobilien an eine niederländische Stiftung und erhielt dafür eine einmalige Zahlung. Anschließend überwies es der Stiftung Miete für die Nutzung der Immobilien und kaufte diese am Ende der fünfjährigen Laufzeit wieder zurück.Bis heute ist in Deutschland noch keine rein islamische Bank zugelassen. Allerdings hat die Kuveyt Türk Bank in Mannheim inzwischen bei der Bankenaufsicht Bafin eine Vollbanklizenz beantragt.

 

 

Taz, 04.11.2013

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  • 4 Wochen später...

[h=1]28.11.2013 Themenschwerpunkt "Islamic Finance": Die IZ-Reihe über den Alltag der Muslime. Von Sulaiman Wilms[/h][h=2]Wie ist das eigentlich mit der „Islamic Finance“?[/h](iz). Das Interessante am Publicity-Rummel ist, dass alle ihn ernst nehmen, auch wenn sich am Ende nichts ereignet. Ein Geschmack vom Verhältnis zwischen Hype und Realität konnten Deutschlands Muslime in den letzten Jahren in Sachen Halal-Lebensmittel machen. Obwohl angesagte Branding-Firmen wie der US-Riese Ogil*vy gar, die auf Muslime spezialisierte Tochterfirma Ogilvy-Noor gründete, und eine globale Halal-Konferenz die nächste jagt, ist von dem Trend beim deutschen Verbraucher nichts zu spüren.

 

Das soll nicht heißen, dass so mancher Branchenriese der Industrie nicht mit „Halal-“Industrieprodukten horrende Gewinne einfahren würde, aber der Hype hat sich noch nicht einmal in den Produktregalen der tristen Lebensmitteldiscounter niedergeschlagen. Zu verängstigt reagierte bisher die Führung des deutschen Einzelhandels.

 

Genauso verhält es sich „am Boden“ mit dem sagenumwobenen „Islamic Banking“ beziehungsweise dem Zweig der Finanzindustrie, der auf den muslimischen Endverbraucher abzielen soll. Anders als in Großbritannien – einem Zentrum der globalen Finanzindustrie – lässt der Antrag einer türkischen Bank auf die Erteilung einer Vollbanklizenz durch die deutsche Aufsichtsbehörde BaFin seit einiger Zeit auf sich warten.

 

Bisher sieht es mau aus

Sehen wir vom PR-Rummel und der oft wiederholten Beteuerung ab, backt das so genannte „Islamische Finanzwesen“ hier seit Jahren eher kleine Brötchen. Von der Handvoll unabhängiger Finanzdienstleister und Agenturen, die zumeist als Zwischeninstanzen für so genannte „scharia-kompatible Anlageformen“ beziehungsweise konventionelle Modelle – wie Edelmetalldepots, die mit dem islamischen Recht vereinbar sind – werben, geht es daheim eher ruhig und beschaulich zu. Diese Vermittlungsfirmen, deren Hauptgeschäft aus Provisionen besteht, finden ihre Kundschaft oft auf Veranstaltungen von Muslimen, wo sie mit Infoständen und als Sponsoren vertreten sind.

 

Am mangelnden Interesse von Muslimen, die etwas auf die Hohe Kante legen wollen, oder die auf der Suche nach islam-kompatiblen Kaufverträgen sind, kann es nicht liegen. Seit Jahren *erhalten wir im Rahmen unserer redaktionellen Arbeit regelmäßige Anfragen von Lesern und Freunden. Diese Fragen sind *relativ häufig: Was soll ich mit Zinsen machen, die ich für meine Einlage bekommen? Wie kann ich den Kauf meines neuen Autos finanzieren, ohne dafür Zinsen zahlen zu müssen? Wer vermittelt mir Optionen für den Kauf eines Hauses jenseits der konventionellen Möglichkeiten? Bisher fällt es schwer, auf diese Frage eine plausible und befriedigende Antwort zu geben.

 

Muslimische Verbände begrüßen Entwicklung

Wenn es nach einigen muslimischen Verbänden in Deutschland geht, soll sich das bald ändern. Die Vorlage des britischen Premiers Cameron (siehe S. 17) auf dem diesjährigen World Islamic Economic Forum, London zum führenden Handelsplatz für „islamische Anlageformen“ machen zu wollen, begrüßten der Zentralrat der Muslime und auch der Islamrat den Verstoß. Beide forderten die Bundesregierung auf, die Bedingungen auch in Deutschland für das „Islamic Banking“ vorteilhaft zu gestalten. Ali Kizilkaya, Vorsitzender des Islamrates, erklärte seine Zustimmung: „Es ist erfreulich, dass alternative Wirtschaftsformen gesucht und anerkannt werden.“

 

Bereits im Mai 2012 forderte der Verantwortliche des Zentralrates der Muslime für die „Islamic Finance“, Michael Saleh Gassner, „mögliche Anbieter auf, die Muslime als Kundensegment wahrzunehmen und das attraktive Potenzial zu nutzen“. Und am 19. Januar 2013 beschäftigte sich die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) auf einer „hochkarätig besetzten Veranstaltung“ (so die Frankfurter Rundschau) mit „dem Islamischen Bankwesen“. Der *Zentralrat wurde bereits vor geraumer Zeit selbst Akteur in der Debatte um die „Islamic Finance“. So half er der Westdeutschen Landesbank (WestLB) bei der „Zertifizierung“ eines „risikoreduzierten Investments in die zehn größten islamkonformen Unternehmen Deutschlands“.

 

Kritik vom Experten

Konträre Meinungen zur „Islamic Finance“ kommen in den Stellungnahmen und Events muslimischer Organisationen und auf akademischen Veranstaltun*gen (für Anfang 2014 ist ein Symposium an der Universität Osnabrück vorge*sehen) bisher nicht vor, obwohl diese eigentlich auf einer qualifizierten Ebene zu finden sind.

 

Ein muslimischer Jurist und Fachmann, der ungenannt bleiben wollte, sprach von seinen großen Zweifeln bezüglich der geplanten Anleihe von London. „Grundsätzlich würde ich diese Anleihe wie jede andere einschätzen. Komplizierend kommt hinzu, dass sie als ‘islamisch’ bezeichnet wird und die Frage, wie die muslimische Community darauf reagieren wird. Dies alles löst weitere Beobachtungen aus: a.) unser Umgang als Gemeinschaft mit Banking als solche, b.) unsere Einstellung zu Wirtschaftsethik, Armutsfragen und natürlich auch zum Kapitalismus“, beschreibt der international aktive Fachmann das britische Vorhaben, welches in Deutschland ein solch positives Feedback erhielt.

 

Das Projekt dürfte die Form von Sukuk annehmen. Wahrscheinlich werde die Einkommenssumme am LIBOR [tagesabgängiger Interbanken-Zinssatz] „gefixt“ und es dürfte auch eine Auffangklause geben, wenn bestimmte Rückfluss*summen wegen des gefixten LIBOR-Tatbestands nicht erfüllt würden. „So wird im Prinzip ein fixierter Rückfluss erzeugt. Das ist dann identisch mit *einem Zinssatz. Auch wenn ich die Einzelheiten nicht kenne, ist dies der Regelfall. Es würde mich wundern, wenn sie jetzt ein neues, revolutionäres Produkt einführen würden“, war seine ernüchternde Einschätzung.

 

Die Zweifel wachsen

„Grundsätzlich ist mein Problem mit dem ‘Islamic Banking’, dass das, was ‘scharia-konform’ genannt wird, überwiegend von Gelehrten besiegelt wird, die auch von diesen Banken bezahlt werden. Jeder Anwalt kann eine Meinung äußern. Nur ein Richter kann entscheiden, ob diese Ansicht etwas taugt oder nicht. Leider haben wir, soweit es *Fatwas betrifft, kein Gericht in der Welt, dass autorativ entscheiden könnte, ob eine bestimmte islamische Meinung scharia-konform ist oder nicht“, ist der grundle*gende Zweifel unseres Gesprächspartners.

 

Die öffentliche Positivität muslimischer Organisationen gegenüber dem Vorschlag Camerons sei für ihn ein „Wer*begag“. „Die Verbände haben nicht das notwendige Know-how beziehungsweise nicht die nötige, diversifizierte Meinung. Sie folgen einer Schule zu Unguns*ten einer anderen und werden wahrscheinlich einseitig beraten“, lautet *seine Kritik. Er bedauere, dass die hörbaren muslimischen Stimmen „nicht bankkritischer“ seien.

 

Außerdem werde übersehen, dass das Ziel gar nicht „Ali“ und „Fatima“ in Deutschland seien, sondern die großen Bestände „an Liquidität am Golf und in Asien“. Indien alleine verfüge über 400 Millionen Muslime. Da reiche „nur ein kleiner Anteil“.

 

Ganz konkret sind weitere Zweifel an „Islamischen Banken“ angebracht. Jeder Rechtsanwalt oder Ökonom wird auch in einigen modernen Finanzprodukten „islamischer Banken“ schnell den einen oder anderen Taschenspielertrick erkennen. Dazu gehört die Umwertung der Murabaha-Verträge (s.u.), die einen großen Platz in der „Islamic Finance“ einnehmen.

 

 

IZ, 28.11.2013

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  • 1 Jahr später...

Geschäftsführer sieht großes PotentialKoran-konforme Investments: Erste „Scharia-Bank“ erhält deutsche Banklizenz

 

In Deutschland ist nun erstmals eine Bank lizenziert worden, die bei ihren Investitionen gezielt auf islamische Regeln achtet. So sind beispielsweise Zinsen verboten. Die Kuveyt Türk AG will nun noch in diesem Jahr drei Filialen in Bundesgebiet eröffnen.

Die deutschlandweit erste Bank, die islamischen Regeln folgt, hat nach einem Medienbericht jetzt in Mannheim ihre volle Zulassung erhalten. Dies habe jetzt die Aufsichtsbehörde Bafin zu einem Antrag der Kuveyt Türk Bank AG entschieden, schreibt das "Handelsblatt" - nach Informationen der Zeitung eine Premiere in der deutschen Bankenbranche.

Das Institut mit Hauptsitz in der türkischen Metropole Istanbul hatte bereits vor einigen Jahren eine Filiale in Mannheim eröffnet und angekündigt, sobald wie möglich eine Lizenz als Vollbank bekommen zu wollen. 2015 will das Geldhaus jetzt auch in Frankfurt, Berlin und Köln starten.

Keine Investments in unschickliche Geschäfte

Zu den Besonderheiten des Koran-konformen Bankwesens gehören der Verzicht auf Spekulationsgeschäfte und Investitionen in Geschäften, die als unschicklich eingestuft werden, aber vor allem das Zinsverbot.

Weil zeitlich gestreckte Darlehen unzulässig sind, kaufen Banken zu finanzierende Objekte wie Häuser zum Beispiel zunächst selbst und geben sie in einem zweiten Schritt dann gegen einen zinslosen Gewinnaufschlag an ihre Kunden weiter.

Analyse: Marktvolumen von bis 1,6 Milliarden

Geschäftsführer Kemal Ozan sprach von einem hohen Nachfrage-Potenzial unter den mehr als vier Millionen Muslimen in Deutschland: "Unsere Marktforschung hat ergeben, dass 21 Prozent der Muslime hierzulande ein islamisches Geldhaus als natürliche Hausbank sehen würden", sagte er der Zeitung.

Frühere Analysen von Beratungsunternehmen deuteten auf ein mögliches Marktvolumen bis zu 1,6 Milliarden Euro hin. Im Februar hatten die Finanzminister der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) bei einem Treffen in Istanbul auch über die Rolle des "Islamic Banking" bei großen Infrastrukturvorhaben beraten.

 

Focus 22.03.2015

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  • 2 Wochen später...

[h=2]BANKENWESEN[/h][h=2]Erste islamische Bank nimmt Betrieb auf[/h]Die Kuveyt Türk (KT) Bank AG will jetzt den deutschen Markt aufrollen und Bankgeschäfte ohne Zinsen tätigen. Zielgruppe sind jedoch nicht nur Muslime, sondern auch Angehörige anderer Glaubensbekenntnisse.

 

 

In Deutschland nimmt mit der Kuveyt Türk (KT) Bank AG die erste islamische Bank ihren Betrieb auf. Nachdem sie einige Jahren lediglich als Finanzdienstleister in Mannheim tätig war, hat sie nun auch die Vollbanklizenz für das Firmen- und Privatkundengeschäft erhalten. Die Zielgruppe des neuen Bankhauses mit Sitz in Frankfurt, das von Juli an auch Filialen in Mannheim und Berlin betreibt, sind nicht nur die rund vier Millionen Muslime in Deutschland. “Auch für Christen und Juden und für alle, die unsere Maßstäbe teilen, ist unser Angebot interessant”, erklärt der Generalbevollmächtigte der Bank mit 70 Mitarbeitern, Uğurlu Soylu.

Mutterbank ist die KT Katilim Bankasi in Istanbul mit einer Bilanzsumme von rund 31 Milliarden Euro (Ende 2014). Deren Chef Ufuk Uyan spricht von einem überragenden internationalen Wachstum des “islamic banking” und einem großen Marktpotenzial in Deutschland. In der Eurozone sei die KT Bank ebenfalls das erste Institut seiner Art.

Kennzeichen islamischer Banken ist neben dem Zinsverbot die Einschränkung der Geschäftsfelder: So stehen Rüstung, Alkohol, Glücksspiel, Tabakwaren oder Prostitution auf einer «schwarzen Liste» für Investitionen. Auch spekulative Geschäfte etwa mit wettähnlichen Derivaten sind untersagt.

Religiöse Banken sind keine spezifischen Erscheinungsform des Islams. Der Experte Matthias Casper von der Universität Münster nennt eine Handvoll kirchlicher Banken in Deutschland, die mit einer religiösen oder ethisch orientierten Geldanlage werben. (dpa)

 

IslamIq, 31.03.2015

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  • 1 Monat später...

Erste islamische Bank erhält Lizenz in Deutschland

Die Finanzaufsicht Bafin hat erstmals einer islamischen Bank eine Lizenz als Vollbank erteilt. Die Kuveyt Türk Bank will Filialen in Berlin, Köln und Frankfurt eröffnen.

© Osman Orsal

Kuveyt Türk Bank Istanbul

Der Hauptsitz der Kuveyt Türk Bank in Istanbul. Das islamische Geldinstitut will mehrere Filialen in Deutschland eröffnen.

Zum ersten Mal in Deutschland hat einem Bericht zufolge eine Bank eine Lizenz erhalten, deren Geschäfte nach den Regeln des islamischen Finanzwesens ablaufen. Die Aufsichtsbehörde Bafin habe die Kuveyt Türk Bank AG voll zugelassen, berichtet das Handelsblatt. Nach Informationen der Zeitung ist dies eine Premiere in der deutschen Bankenbranche.

Das Institut zählt zu den größten Banken der Türkei und hat seinen Hauptsitz in Istanbul. Bereits vor einigen Jahren hat die Bank eine Filiale in Mannheim eröffnet. Damals hatte das Institut angekündigt, sobald wie möglich eine Lizenz als Vollbank bekommen zu wollen. 2015 wolle das Geldhaus nun auch in Frankfurt, Berlin und Köln starten.

 

Zu den Besonderheiten des Koran-konformen Bankwesens gehören der Verzicht auf Spekulationsgeschäfte und unschickliche Investitionen, aber vor allem das Zinsverbot. Weil zeitlich gestreckte Darlehen unzulässig sind, kaufen Banken zu finanzierende Objekte wie Häuser zunächst selbst. In einem zweiten Schritt geben sie diese dann gegen einen zinslosen Gewinnaufschlag an ihre Kunden weiter.

Geschäftsführer Kemal Ozan sprach von einem hohen Nachfrage-Potenzial unter den mehr als vier Millionen Muslimen in Deutschland: "Unsere Marktforschung hat ergeben, dass 21 Prozent der Muslime hierzulande ein islamisches Geldhaus als natürliche Hausbank sehen würden", sagte er dem Handelsblatt. Frühere Analysen von Beratungsunternehmen deuteten auf ein mögliches Marktvolumen von bis zu 1,6 Milliarden Euro hin.

Innerhalb von drei bis vier Jahren will die Kuveyt Türk Bank eine Bilanzsumme im mittleren dreistelligen Millionenbetrag erreichen. Damit wäre sie so groß wie eine kleine Sparkasse oder Volksbank. "Wir streben an, unser Filialnetz in den nächsten Jahren kontinuierlich auszubauen", sagte Ozan der Zeitung. "Islamic Banking" sei dabei nicht nur ein religiöses, sondern auch ein nachhaltiges und sozial verantwortliches Finanzmodell. Im Februar hatten die Finanzminister der führenden Industrie- und Schwellenländer (G 20) bei einem Treffen in Istanbul auch über die Rolle des "Islamic Banking" bei großen Infrastrukturvorhaben beraten.

DATUM 22.03.2015 - 17:54 Uhr

QUELLE ZEIT ONLINE, dpa, jc

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  • 1 Monat später...

[h=2]Bank ohne ZinsIslamisch Halal statt Schwäbisch Hall[/h]Muslime dürfen eigentlich keine Zinsen zahlen. Doch wie kann man so ein Haus finanzieren? Die kleine KT Bank hat einen Weg gefunden. Sie will die neue Hausbank deutscher Muslime werden.

04.07.2015, von CHRISTOPH BORGANS, Frankfurter Allgemeine

 

 

MIT dem Schweinefleisch ist es im Islam recht einfach: Der Verzehr ist haram (verboten), also isst der gläubige Muslim etwas anderes. Haram ist es im Islam aber auch, Zinsen zu nehmen oder zu zahlen. Doch darauf zu verzichten fällt schwer. Wer etwa ein Haus bauen oder kaufen möchte, kommt oft nicht umhin, sich Geld zu leihen. „In Deutschland hatten die Muslime bisher keine Möglichkeit, ein Haus islamkonform zu finanzieren“, sagt Michael Saleh Gassner, Finanzexperte vom Zentralrat der Muslime. Viele hätten daher weiter zur Miete gewohnt. Andere zähneknirschend gegen das Verbot verstoßen.Seit Anfang Juli gibt es eine Möglichkeit: Die KT Bank AG hat als erste islamische Bank eine Volllizenz der deutschen Finanzaufsicht Bafin erhalten. In den Filialen in Frankfurt, Mannheim und Berlin und bald auch online können Privatkunden ihre Bankgeschäfte nach den Regeln der Scharia abwickeln. Zum Beispiel ein Haus finanzieren. Die Bank verleiht dazu kein Geld, sondern kauft oder baut das Haus und verkauft es dem Kunden mit einem Aufschlag weiter. Somit wird es ein Handelsgeschäft, und damit Gewinn zu erzielen ist halal (erlaubt). „Gott hat das Verkaufen erlaubt und das Zinsnehmen verboten“, heißt es in der zweiten Sure des Korans.

[h=2]Kein Geld für die Verbotenes[/h]„Islamic Banking ist Realwirtschaft“, sagt Kemal Ozan, der Vorstandsvorsitzende der KT Bank. Daher sei im islamischen Bankwesen auch Spekulation nicht erlaubt und Investitionen in hochverschuldete Unternehmen. Außerdem Geschäfte mit Unternehmen, die aus islamischer Sicht Verbotenes herstellen oder fördern wie Prostitution, Pornographie, Alkohol, Tabak, Glücksspiel und Schweinefleisch. Auch die Rüstungsindustrie zählt dazu: Weil Krieg im Islam „nur als Akt der Selbstverteidigung“ gerechtfertigt sei, sagt Ozan. Die KT-Bank orientiert sich in ihren Richtlinien an einem internationalen Standard für islamisches Banking und wird von einem Ethikrat beraten. Dadurch unterscheidete sie sich auch von anderen türkischen Banken in Deutschland wie der Isbank und der Oyak Anker Bank.

Islamkonforme Investionsbeschränkungen allerdings sind auch auf dem deutschen Markt nicht neu. Seit einigen Jahren haben konventionelle Banken entsprechende Fonds und Indizes im Angebot. Bisher wurden die allerdings nicht besonders nachgefragt. Gibt es überhaupt einen Markt für eine islamische Bank?

Ja, sagt Gassner vom Zentralrat. Weil Hausbau und Girokonto eben mehr Menschen ansprechen als Investmentgeschäfte. Ja, sagt KT-Chef Ozan. Weil die Menschen „eine authentische islamische Bank“ wollten. „Wenn konventionelle Banken nur ein paar islamische Produkte anbieten, kommt das nicht gut an.“ Das wisse er aus der Marktforschung. In Umfragen habe die Bank ermittelt, dass von den 4 Millionen Muslimen, die schätzungsweise in Deutschland leben, rund 20 Prozent aus religiösen Gründen eine islamische Bank als ihre natürliche Hausbank ansehen und wechseln würden. „Wenn wir von einer Million Haushalte ausgehen, sind das 200.000 Kunden.“

 

Auch Wirtschaftswissenschaftler Volker Nienhaus, der früher in Marburg zum Islamic Banking geforscht hat und heute am International Centre for Education in Islamic Finance in Malaysia lehrt, geht davon aus, dass es „einen signifikanten Prozentsatz“ gibt, der sich dafür interessiert. „Wobei der Marktanteil auch in islamischen Ländern nicht bei 100 Prozent liegt. Bei weitem nicht: Für die Türkei sind es nur etwa 6–7 Prozent.“ Aufgrund des kleinen Filialnetzes der KT Bank werde es schwer, das Potential auszuschöpfen. Vor allem zu Beginn müsste sie versuchen, auch nichtmuslimische Kunden anzusprechen. Etwa die, die sich für Ethikbanken interessieren.

[h=2]Ziel: 20.000 Privatkunden in drei Jahren[/h]Ozan setzt auf den umgekehrten Weg: „Wir sind offen für Kunden aller Weltanschauungen und Ethnien. Dennoch erwarten wir, dass vor allem zu Beginn ein wesentlicher Teil unserer Kunden türkischer Herkunft und muslimischen Glaubens sein wird.“ Ein großer Vorteil dabei sei, dass die KT Bank eine hundertprozentige Tochter der Kuveyt Türk Katilim Bankasi A.Ş. (Aktiengesellschaft) ist, die seit 1989 in der Türkei operiert. 2004 eröffnete die Kuveyt Türk eine Außenstelle in Deutschland, die 2010 die Lizenz für Drittstaateneinlagevermittlung erhielt. Auf dem Weg zur Volllizenz, die seit Juli gilt, waren viele praktische Probleme zu lösen. Etwa die Frage, wie man bei islamischer Finanzierung eines Hauses vermeidet, zweimal Grundsteuer zahlen zu müssen. Oder ob eine Bank, die ein Auto kauft und weiterverkauft, gegenüber dem Kunden nicht auch die Garantie gewährleisten muss.

 

„Das islamische Bankwesen muss immer auf dem säkularen Recht des jeweiligen Staates aufsetzen“, sagt Wirtschaftsprofessor Nienhaus. Man könne nur schwer Erfahrungen von einem Land auf das andere übertragen. Während es etwa in Großbritannien Steuerausnahmen für islamische Bankgeschäfte gibt und in Malaysia eigene Gesetze, musste in Deutschland nach Möglichkeiten im bestehenden Recht gesucht werden. Beispielsweise für den Autokauf: Formal juristisch bleibt die Bank für die Gewährleistung zuständig, aber sie verpflichtet den Autohändler in einem Zusatzvertrag, die Garantie zu leisten, und den Kunden, sich bei Mängeln direkt an den Händler zu wenden. Die KT arbeitet dabei nur mit gewerblichen Autohändlern zusammen und finanziert bislang auch nur Neuwagen. Beim Hauskauf wird die doppelte Grundsteuer umgangen, indem Bank und Kunde eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen und die Bank mit jeder Ratenzahlung Anteile an den Kunden übergibt.

Von solchen Nachteilen aber würden sich die religiösen Muslime nicht abschrecken lassen, sagt Ozan. Er ist zuversichtlich, dass die Bank, die 45 Millionen Eigenkapital mitbringt, ihr selbstgestecktes Ziel erreicht, innerhalb von drei Jahren 20.000 Privatkunden zu gewinnen und eine Bilanzsumme im mittleren dreistelligen Millionenbereich zu verzeichnen. Dazu will sie ihr Angebot ausbauen. Innerhalb eines Jahres möchte man alle Leistungen einer Hausbank anbieten. Zurzeit seien es etwa 75 Prozent, sagt Ozan. So kann man zwar ein Girokonto nutzen oder einen Hauskauf finanzieren, aber noch keine Versicherungen abschließen. Auch will die Bank in sieben bis acht Großstädten Filialen eröffnen. In den Kleinstädten plant sie Kleinstfilialen mit Selbstbedienungsterminals und einem oder zwei Beratern. Das Kerngebiet soll Nordrhein-Westfalen werden: Dort leben ein Drittel der deutschen Muslime.

 

Das Judentum setzt mehr auf Wirtschaft und Zins als das Christentum

In der jüdisch-christlichen Bibel gibt es anders als im Koran kein Verbot, Geschäfte mit moralisch bedenklichen Personen wie Glückspielern und Bordellbesuchern zu machen. Obwohl Judentum und Christentum beide auf der Hebräischen Bibel (Altes Testament) fußen, zeigen sich aber in diesen beiden monotheistischen Religionen erhebliche Unterschiede in der Einstellung zur Wirtschaft und in der Mentalität, wie etwa mit Armut umzugehen sei, beobachtet Elisa Klapheck, Rabbinerin der liberalen Synagogengemeinschaft „Egalitärer Minjan“ in der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt.

Ähnlich wie im Islam, wo die Spende an die Armen eine große Bedeutung habe, gehe auch die christliche Wirtschaftsethik oft davon aus, dass den Armen ohne Gegenleistung geholfen werde müsse. Im Judentum dagegen werde stärker die Verpflichtung der Armen betont, sich aus ihrer Misere zu befreien und Reichtum als Chance zu betrachten. Klapheck erinnert an das Buch Exodus. Darin ist die Rede davon, dass man den verarmten Bruder zwar nicht mit einem Zins bedrücken solle, ihm aber auch kein Almosen, sondern einen Kredit geben solle. „Damit nimmt man den Armen ernst und verpflichtet ihn, zur Gemeinschaft beizutragen“, sagt Klapheck.

Im Talmud, dem neben der Hebräischen Bibel zweiten schriftlichen jüdischen Glaubenswerk, werde die Orientierung des Judentums an der Marktwirtschaft noch deutlicher, weil an einigen Stellen das in allen drei monotheistischen Religionen heiß diskutierte Zinsverbot sogar aufgeweicht werde. „Zinsen sind akzeptiert, aber sie müssen der Sozialgemeinschaft insgesamt dienen“, sagt Klapheck. Im Talmud werde als Grenze für die Gewinnspanne im Wirtschaftsleben ein Sechstel, also ein Preisaufschlag von 16 Prozent genannt. Was darüber liege, gelte als Übervorteilung. Klapheck hebt hervor, dass somit schon das frühe rabbinische Schrifttum vom Wirtschaftsleben derart inspiriert sei, dass dort sogar Gewinnmargen diskutiert würden.

Von der christlichen Kirche hingegen seien Kaufleute bis ins Mittelalter hinein verpönt und ihnen von Priestern sogar die Beichte verweigert worden. Im Talmud dagegen seien nicht einmal Arme von der Pflicht befreit, Steuern zu zahlen. Vielmehr sei wichtig, dass alle zumindest einen symbolischen Betrag zum Gemeinwesen leisteten. Während also die jüdischen Schriften sich aufgeklärt gegenüber dem Wirtschaftsgeschehen geben, galt die christliche Bibel, insbesondere das Neue Testament, als wirtschaftsfeindlich. ham.

 

 

 

 

 

 

 

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  • 7 Jahre später...

Ein Hochhaus in Frankfurt am Main, 16. Stock. Ferhat Aslanoglu führt durch die Gänge.

"Hier, vielleicht etwas ungewöhnlich für eine Bank: unser Gebetsraum."

Aslanoglu arbeitet als Head of Marketing der KT Bank, der Kuvyet Türk Bank, die im Juni vergangenen Jahres ihre Zentrale in Frankfurt eröffnete. Außer in

 

 

Frankfurt gibt es Filialen in Mannheim und Stuttgart, doch das grün-gelbe Logo mit der Palme soll bald in weiteren deutschen Großstädten zu sehen sein.

"Wir sind hier als Pionier unterwegs. Nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Euro-Zone."

Die KT-Bank bietet das sogenannte Islamic-Banking an:

"Islamic-Banking ist das Führen von Bankgeschäften, die im Einklang mit den universal-ethischen Werten des Islam sind, im Einklang stehen."

Konkret bedeutet dies: Zins zu zahlen oder zu kassieren, ist verboten. Hinzu kommen ein Spekulationsverbot und auch das Verbot von Glücksspiel. Investitionen in

 

 

Geschäfte, die in Zusammenhang mit Alkohol, Prostitution oder Rüstung stehen, sind ebenfalls verboten. Für die klassische Altersvorsorge, wie sie in Deutschland

 

 

verbreitet ist, bedeutet dies eine große Herausforderung. Viele Optionen bleiben da nicht mehr, weiß auch Aslanoglu:

"Ganz viele haben hier Immobilien gekauft oder planen noch, Immobilien zu kaufen. Das ist zum einen als Eigennutzung, aber auch zur Altersvorsorge gedacht und

 

 

wir bieten hier eine Islam-konforme Immobilienfinanzierung an. Das heißt: Die Kunden können hier ihre Immobilie finanzieren über uns."

Angesichts des Zinsverbots erhebt die Bank einen anderen Aufschlag, erhält eine Gebühr über eine erhöhte Ratenzahlung:

"Die Bank gründet aber in dem Fall eine GbR mit dem Kunden zusammen und kauft dann das Objekt. Und mit jeder Zahlung, die der Kunde an die Bank macht, mit jeder

 

 

Ratenzahlung, gehen die Anteile in der GbR über an den Kunden, sodass er irgendwann mal eben vollständiger Eigentümer ist."

Eine Umfrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge aus dem Jahr 2014 zeigt den Bedarf: Demnach planten 25 Prozent der türkischen Bevölkerung in

 

 

Deutschland, für die Altersvorsorge eine Immobilie in der Türkei zu erwerben, aber fast ebenso viele, nämlich 21 Prozent, wollten ein Haus oder eine Wohnung in

 

 

Deutschland kaufen. Auch die KT Bank merkt diese Nachfrage:

"Also, ein Großteil unserer Anfragen sind Immobilien-Finanzierungen, weil eben viele Muslime bisher in Mietwohnungen oder zur Miete wohnen, weil sie eben keine

 

 

islam-konforme Finanzierung bisher machen konnten."

Neben dem Immobilienweg bleibt für gläubige Muslime noch eine zweite Möglichkeit:

"Wir sind gerade dabei, ein islam-konformes Versicherungsprodukt aufzulegen. Sobald das dann steht, wäre das dann eine zweite Möglichkeit, eine Zusatz-

 

 

Altersvorsorge zu treffen für die Muslime."

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