Zum Inhalt springen
Qries Qries Qries Qries Qries Qries

Empfohlene Beiträge

Die Leiden der „Generation Porno“

 

 

Pornos sind dank Internet so leicht erhältlich wie nie zuvor. Die ZDF-Reihe „37 Grad“ begleitet Jugendliche, die in diesem Überfluss aufwachsen. Sie haben hunderte ungewöhnliche Hardcore-Szenen gesehen - und noch nie ganz gewöhnliche Zärtlichkeit gespürt.

 

Jakob hat wuscheliges Haar, leicht ungekämmt. Wenn er lächelt, sieht das eher unsicher aus – unübersehbar kommt eine Zahnspange zum Vorschein. Doch jetzt reißt er den Mund zum Lachen weit auf, als er mit einem Freund auf dem Computer eine kuriose Porno-Szene anschaut. Wenn er solche Filme sehe, frage er sich schon, ob das in Wirklichkeit genauso sei, sagt der 13 Jahre alte Schüler eines Kölner Gymnasiums. Er wüsste ganz gern, „ob das normal ist, dass die sich auf dem Küchentisch vögeln“. Bevor er „vögeln“ sagt, macht er eine Sprechpause. Vielleicht, weil er überlegt, ob er das im Fernsehen sagen darf. Oder womöglich auch, weil er üblicher Weise noch ein anderes, härteres Wort dafür benutzt.

 

Keinen Porno zweimal anschauen

 

Jakob gehört zur „Generation Porno“, über die Katharina Gugel und Ulf Eberle für die ZDF-Reportagereihe „37 Grad“ einen Film gedreht haben. Genauer darüber, wie Kinder Sex begegnen. So wie Kristian (15), in dessen Zimmer sich Lego und andere Kinderspiele wie „Das verrückte Labyrinth“ neben Postern mit halbnackten Frauen befindet. Keinen Porno schaut er sich zweimal an. „Das wird dann langweilig“, sagt er. Während Kristian „das erste Mal“ noch vor sich hat, haben Alina und Cecile, beide 14, bereits praktische Erfahrungen gesammelt. Cecile – die in Köln-Holweide zur Schule geht – lacht, als sie gefragt wird, mit wie vielen Jungs sie schon geschlafen hat. Erst mal nachrechnen. „Momo, Uwe, Ralf, Norman, Matze, warte, wer noch?“ sagt sie leise vor sich hin, mehrfach vom eigenen Kichern unterbrochen.

 

Dagegen ist Jakob im Moment nicht zum Lachen zumute. Er spielt gerade seiner Mutter zum ersten Mal den Porno-Rap einer seiner Lieblingsgruppen vor. Die will auf dem Laufenden bleiben, nicht den Kontakt zur Welt ihres Sohnes verlieren. Sie reagiert entsetzt. „Das heißt, er sagt, dass er seine Freundin bumst – aber sie ist eine Schlampe“, fasst sie als Gesprächsgrundlage für ihren Sohn den Inhalt des Liedes kurz und prägnant zusammen. Jakob fällt es schwer zu kontern, er schaut ins Leere. „Das ist ja nicht seine Freundin“, antwortet er dann doch noch. Der Rapper sage ja nur, dass er keiner Frau treu bleibe außer seiner Mutter. Nur kann Jakob seine eigene Mutter beim Gespräch kaum anschauen. „Findest du so was normal?“ möchte die Mutter wissen. „Das weiß ich nicht, das kommt auf die Leute an“, antwortet Jakob.

 

Zehn Mädchen an einem Abend geküsst

 

Dieser Dialog bringt das Dilemma von Jakob und vielen seiner Altersgenossen auf den Punkt. „Generation Porno“ – das heißt ja nicht, dass alle mit zwölf Sex hätten und durch und durch enthemmt wären. Gugel und Eberle begleiten kritisch und einfühlsam Jugendliche einer Generation, die mit frei verfügbaren Hardcore-Filmen, pornographischer Musik und sexualisiertem Fernsehprogramm aufwächst. Auf manchen mag das keinen negativen Einfluss haben, aber längst nicht alle kommen emotional mit der Vielfalt des Angebots zurecht. Da haben einige hunderte Male Hochleistungssex mit angeschaut – vor den ersten eigenen realistischen Erfahrungen. Tausend Mal „Titten“ gesagt, aber noch keine Brust gespürt. Oder aber: an einem Disco-Abend zehn Mädchen geküsst, aber nichts empfunden. So unterschiedlich die Protagonisten des Films sind, so sehr wünscht man jedem einzelnen von ihnen doch vor allem eins: dass sie sich einfach mal verlieben.

 

Jakob hat andere Wünsche. Er will der erste in seiner Klasse sein, der Sex hat – um damit in der Clique herumprahlen zu können. „Das ist ja schon etwas Besonderes, dass man der erste ist, der diesen großen Schritt tut“, sagt der 13-Jährige. Dafür brächten einem die anderen „total Respekt“ entgegen. Ihr Sohn käme ihr gelegentlich ruppiger, intoleranter und asozialer vor als früher, sagt die Mutter. Er schmeiße Sachen herum, tituliere seine Schwestern mit heftigen Worten. Aber wenn der Junge sich um seine Katzen kümmere, sei er ein anderer Mensch. Und in der Tat: Wer Jakob mit einem der Tiere auf dem Bauch sieht, wie er mit dem Kätzchen schmust und spricht - der stellt fest, Jakob kann zärtlich sein.

 

Von Tobias Peter, 14.04.09, Kölner Stadt-Anzeiger

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 3 Jahre später...
Die Leiden der „Generation Porno“

 

 

Pornos sind dank Internet so leicht erhältlich wie nie zuvor. Die ZDF-Reihe „37 Grad“ begleitet Jugendliche, die in diesem Überfluss aufwachsen. Sie haben hunderte ungewöhnliche Hardcore-Szenen gesehen - und noch nie ganz gewöhnliche Zärtlichkeit gespürt.

 

Jakob hat wuscheliges Haar, leicht ungekämmt. Wenn er lächelt, sieht das eher unsicher aus – unübersehbar kommt eine Zahnspange zum Vorschein. Doch jetzt reißt er den Mund zum Lachen weit auf, als er mit einem Freund auf dem Computer eine kuriose Porno-Szene anschaut. Wenn er solche Filme sehe, frage er sich schon, ob das in Wirklichkeit genauso sei, sagt der 13 Jahre alte Schüler eines Kölner Gymnasiums. Er wüsste ganz gern, „ob das normal ist, dass die sich auf dem Küchentisch vögeln“. Bevor er „vögeln“ sagt, macht er eine Sprechpause. Vielleicht, weil er überlegt, ob er das im Fernsehen sagen darf. Oder womöglich auch, weil er üblicher Weise noch ein anderes, härteres Wort dafür benutzt.

 

Keinen Porno zweimal anschauen

 

Jakob gehört zur „Generation Porno“, über die Katharina Gugel und Ulf Eberle für die ZDF-Reportagereihe „37 Grad“ einen Film gedreht haben. Genauer darüber, wie Kinder Sex begegnen. So wie Kristian (15), in dessen Zimmer sich Lego und andere Kinderspiele wie „Das verrückte Labyrinth“ neben Postern mit halbnackten Frauen befindet. Keinen Porno schaut er sich zweimal an. „Das wird dann langweilig“, sagt er. Während Kristian „das erste Mal“ noch vor sich hat, haben Alina und Cecile, beide 14, bereits praktische Erfahrungen gesammelt. Cecile – die in Köln-Holweide zur Schule geht – lacht, als sie gefragt wird, mit wie vielen Jungs sie schon geschlafen hat. Erst mal nachrechnen. „Momo, Uwe, Ralf, Norman, Matze, warte, wer noch?“ sagt sie leise vor sich hin, mehrfach vom eigenen Kichern unterbrochen.

 

Dagegen ist Jakob im Moment nicht zum Lachen zumute. Er spielt gerade seiner Mutter zum ersten Mal den Porno-Rap einer seiner Lieblingsgruppen vor. Die will auf dem Laufenden bleiben, nicht den Kontakt zur Welt ihres Sohnes verlieren. Sie reagiert entsetzt. „Das heißt, er sagt, dass er seine Freundin bumst – aber sie ist eine Schlampe“, fasst sie als Gesprächsgrundlage für ihren Sohn den Inhalt des Liedes kurz und prägnant zusammen. Jakob fällt es schwer zu kontern, er schaut ins Leere. „Das ist ja nicht seine Freundin“, antwortet er dann doch noch. Der Rapper sage ja nur, dass er keiner Frau treu bleibe außer seiner Mutter. Nur kann Jakob seine eigene Mutter beim Gespräch kaum anschauen. „Findest du so was normal?“ möchte die Mutter wissen. „Das weiß ich nicht, das kommt auf die Leute an“, antwortet Jakob.

 

Zehn Mädchen an einem Abend geküsst

 

Dieser Dialog bringt das Dilemma von Jakob und vielen seiner Altersgenossen auf den Punkt. „Generation Porno“ – das heißt ja nicht, dass alle mit zwölf Sex hätten und durch und durch enthemmt wären. Gugel und Eberle begleiten kritisch und einfühlsam Jugendliche einer Generation, die mit frei verfügbaren Hardcore-Filmen, pornographischer Musik und sexualisiertem Fernsehprogramm aufwächst. Auf manchen mag das keinen negativen Einfluss haben, aber längst nicht alle kommen emotional mit der Vielfalt des Angebots zurecht. Da haben einige hunderte Male Hochleistungssex mit angeschaut – vor den ersten eigenen realistischen Erfahrungen. Tausend Mal „Titten“ gesagt, aber noch keine Brust gespürt. Oder aber: an einem Disco-Abend zehn Mädchen geküsst, aber nichts empfunden. So unterschiedlich die Protagonisten des Films sind, so sehr wünscht man jedem einzelnen von ihnen doch vor allem eins: dass sie sich einfach mal verlieben.

 

Jakob hat andere Wünsche. Er will der erste in seiner Klasse sein, der Sex hat – um damit in der Clique herumprahlen zu können. „Das ist ja schon etwas Besonderes, dass man der erste ist, der diesen großen Schritt tut“, sagt der 13-Jährige. Dafür brächten einem die anderen „total Respekt“ entgegen. Ihr Sohn käme ihr gelegentlich ruppiger, intoleranter und asozialer vor als früher, sagt die Mutter. Er schmeiße Sachen herum, tituliere seine Schwestern mit heftigen Worten. Aber wenn der Junge sich um seine Katzen kümmere, sei er ein anderer Mensch. Und in der Tat: Wer Jakob mit einem der Tiere auf dem Bauch sieht, wie er mit dem Kätzchen schmust und spricht - der stellt fest, Jakob kann zärtlich sein.

 

Von Tobias Peter, 14.04.09, Kölner Stadt-Anzeiger

 

ich habemir das eben in youtube angeschaut,das ist einfach NUR HEFTIG WAS DA abgeht oder in besserem deutsch zu sagen famos.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dein Kommentar

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Konto hast, melde Dich jetzt an, um unter Deinem Benutzernamen zu schreiben.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

×
×
  • Neu erstellen...