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28.04.2008 Ein Besuch bei dem erfolgreichen muslimischen Architekten Shakil Ahmed aus Offenbach.

 

Von Yasin Alder, Bonn

 

Erfolgreiche Muslime in Deutschland: „Ich kenne keinen Misserfolg“

 

(iz). Der Architekt Shakil Ahmed (45) aus Offenbach zählt mit seinem Gesamtplanungsbüro zu den vielen Beispielen erfolgreicher, voll integrierter, zugleich aber auch praktizierender Muslime. Shakil Ahmed kam 1971 aus Bangladesh, damals noch Ostpakistan, nach Offenbach bei Frankfurt.

 

Aufgrund des Bürgerkriegs zwischen West- und Ostpakistan hatte sein Vater, der bereits 1968 von Pakistan Airlines nach Frankfurt versetzt worden war, die Familie nach Deutschland geholt. Shakil Ahmed studierte in Darmstadt Architektur; 1989 schloss er sein Studium ab und fand unmittelbar danach eine Stelle bei dem damals sehr großen Architekturbüro Novotny/Mähner, wo er vier Jahre lang bei der Planung von Großprojekten mitwirkte. Aufgrund fehlender Aufstiegsmöglichkeiten entschied Shakil Ahmed, der mit einer spanischen Frau verheiratet ist und drei Kinder hat, sich Anfang 1993 für die Selbstständigkeit. Anfangs war er dabei noch als Subunternehmer für andere Kollegen tätig, dann für die Offenbacher Gemeinnützige Baugesellschaft im Bereich des Wohnungsbaus, der Renovierung und Komplettsanierung. Dies war der geschäftliche Durchbruch für den jungen Architekten, der 1994 sein Gesamtplanungsbüro gründete. Einen Einschnitt markierte dann später allerdings die Krise der Baubranche Ende der 90er Jahre. „Damals hatten wir eine richtige Tiefphase, in der ich auch das Büro stark heruntergefahren hatte. Ich habe dann nur noch Zeichner, allerdings extern, beschäftigt; ansonsten war das Büro eine One-Man-Show“, berichtet Ahmed. „Es gab damals sehr wenige Aufträge, daher habe ich eine zeitlang Projekte selbst finanziert, habe zum Beispiel Reihenhäuser selbst gebaut und dann verkauft.“ Trotz aller Schwierigkeiten hat er jedoch das Gesamtplanungsbüro nicht geschlossen. Das Hauptgeschäft habe sich dann mehr auf eigene Objekte verlagert; externe Aufträge umfassten zumeist Moschee-Umbauten, Modernisierungen von alten Wohngebäuden, Neubauten von Wohnhäusern und Reihenhäusern sowie Geschäftshäusern. Ein bekanntes Gebäude, welches das Büro von Shakil Ahmed in jener Zeit modernisierte, ist die Steinweg-Passage auf der Frankfurter Einkaufsstraße Zeil.

 

Im Shakil Ahmeds Gesamtplanungsbüro arbeiten derzeit vier Mitarbeiter, hinzu kommen noch andere externe Mitarbeiter, Statiker und Fachingenieure, mit denen projektbezogen zusammengearbeitet wird. Geplant ist zudem, noch einen Bauleiter einzustellen. Heute werden vom Büro neben Architektenleistungen alle Ingenieurleistungen, zum Beispiel Statik beziehungsweise Tragwerksplanung, technischer Ausbau sowie Freiraum- und Landschaftsgestaltung angeboten. Im Bereich des Wohnungsbaus wird die ganze Palette von Reihen- und Doppelhäusern, Geschosswohnungen, kombinierten Wohn- und Geschäftshäusern bis hin zu repräsentativen Villen abgedeckt. Im gewerblichen Bereich werden Büro- und Geschäftshäuser konzipiert, oder zum Beispiel der Gewerbepark Ludwigshafen. Das Gesamtplanungsbüro hat unter anderem auch Entwürfe für das ICC Commercial Center in Offenbach erstellt; Projekte im Ausland umfassen beispielsweise die „Jumeirah Village South“ in Dubai oder ein Universitätsgebäude auf den Seychellen.

 

Zwei größere Moscheebauprojekte werden derzeit im Büro von Shakil Ahmed bearbeitet: Der Neubau der Taqwa-Moschee und der der Fatima Zahra-Moschee, beide in Frankfurt, wobei letzterer in den vergangenen Monaten wegen vereinzelter Widerstände dagegen auch in die überregionalen Medien gelangt war. Die Stadt Frankfurt hatte sich aber klar hinter den Moschee-Neubau gestellt. „Die Entwicklung zur Planung von Moscheen kam, als wir vom Amt für Multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt als Berater für Moscheebauten vorgeschlagen worden sind“, erzählt der Architekt. Das war im Jahre 1998/1999, als es einen konkreten Bauantrag für eine Moschee gab. Diesen Bauantrag wollte die Stadt Frankfurt nicht genehmigen, weil er aus ihrer Sicht nicht ausreichend städtebaulich integriert war. „Man hat dann uns seitens der Stadtplanung als Berater hinzugezogen. Wir kannten die damalige Leiterin des Amtes für Multikulturelle Angelegenheiten, Frau Dr. Wolf-Almanasreh. Die Moschee, die von einem deutschen Kollegen geplant worden war, war städtebaulich nicht akzeptabel. Wir haben dann die Gelegenheit bekommen, innerhalb von drei Tagen Skizzen einzureichen, wie das Ganze aussehen könnte, unter Berücksichtigung der nachbarschaftlichen Bebauung, und diesen Skizzen wurde dann seitens der Stadt zugestimmt“, so Ahmed. Es handelte sich um die Taqwa-Moschee, deren Planung seither beim Gesamtplanungsbüro liegt. „Seither hat uns die Stadt Frankfurt öfters als Berater angerufen, wenn es Probleme gab.“

 

„Man muss wissen, dass wir als Muslime in Deutschland nicht nur Feinde haben, sondern auch viele Freunde. Es gibt Menschen, die erkennen, dass wir einen gewissen Beitrag in dieser Gesellschaft leisten, und nicht nur einen kleinen, sondern einen großen.“ Auch die Bundesregierung und die Politik habe erkannt, dass Moscheen und die kulturelle Identität der Migranten sehr wichtig für die Integration seien. „Das darf man nicht unterschätzen. Man hat dies vorher immer gemieden und meinte, man könnte die Menschen in Deutschland integrieren, indem man sie mehr zur Assimilation drängt, sie von den Moscheen wegbringt, sie ihre Kultur vergessen lässt. Mit der Zeit hat man aber erkannt - und das ist die intelligentere Lösung - dass wenn man diesen Menschen ihren Glauben lässt, man sie als viel stärkeren Partner hat, sie sich viel mehr als Deutsche und viel besser integriert fühlen. Wenn ich in Deutschland religiös frei bin, fühle ich mich mehr deutsch, als irgendwo anders. Und ich stehe zu Deutschland“, sagt Shakil Ahmed.

 

Seitens seines Büros empfehle man auch den Moscheen, mit denen man zusammenarbeitet, dass sie offener werden und ihre Arbeit transparent machen sollen. So gebe es beispielsweise im Entwurf der neuen Taqwa-Moschee einen gemeinsamen Eingang für Männer und Frauen, lediglich zwei getrennte Treppenhäuser, die sich automatisch durch die Länge des Objektes und aus Brandschutzgründen ergeben hätten. Zur Offenheit trage auch bei, dass im Gebetsraum ein Luftraum offen gelassen wurde zwischen Männer- und Frauenetage, sowohl im Bereich der Kuppel als auch im vorderen Bereich bei der Gebetsnische, dem Mihrab. Das interessante dabei ist, dass es nur einen einzigen Mihrab für Männer und Frauen gibt, der sich über zwei Stockwerke erstreckt. So sehen Frauen und Männer den gleichen Mihrab. „Der Mihrab ist sozusagen die Verbindung zwischen Männern und Frauen. Wenn ich den Frauengebetsraum betrete, erlebe ich den Mihrab fast genau so, wie im Männergebetsraum, und das ist bei vielen Moscheen nicht der Fall“, sagt der Architekt. Das Gesamtplanungsbüro hat bei beiden Moscheen den Generalauftrag für die Planung, das heißt die Planung bis zur Baugenehmigung und Ausführung, Objektüberwachung, die haustechnische Planung (Elektro, Sanitär und Heizung), und bei der Fatima Zahra-Moschee auch die Statik. In diesen Bereichen arbeitet das Büro auch mit Partnern zusammen. „Dadurch, dass wir dem Kunden all dies aus einer Hand anbieten, ist die Koordination nicht mehr so kompliziert, es gibt einen Gesamtverantwortlichen, nämlich uns. Dadurch wird der Ablauf auch zügiger“, sagt Shakil Ahmed.

 

Bei der Bauweise von Moscheen ist es nicht immer einfach, die Vorstellungen der Gemeinde und des Architekten unter einen Hut zu bringen. „Die Vorstellung, dass ich als Architekt komme und meine eigenen Vorstellungen durchsetze, ist nicht realistisch. Bei der Taqwa-Moschee zum Beispiel haben wir die Wünsche und Vorstellungen der Gemeinde schon berücksichtigt, haben aber selber eine klare Vorstellung, wo wir hinwollen, und dies versuchen wir in Zusammenarbeit mit der Gemeinde zu bewältigen, auch durch praktische Lösungen bei einzelnen Details, die wir mit der Gemeinde diskutiert haben.“ Bei der Fatima Zahra-Moschee wiederum wollte die Gemeinde im Gegensatz zum Architekten unbedingt ein Minarett. Aus Ahmeds Sicht hätte die Kuppel als Identifikationsmerkmal ausgereicht. „Wir versuchen, so wenig wie möglich von unserer traditionellen islamischen Bauweise zu adaptieren, weil sie hier im Westen fremd wirkt. Man kann darüber natürlich diskutieren, denn es gibt auch Argumente, die für eine traditionelle Architektur sprechen könnten.“ Bei der Fatima Zahra-Moschee habe man zwei Minarette eingebaut, um der Gemeinde entgegenzukommen, obwohl er selbst von der Lösung noch nicht überzeugt sei. Der Architekt geht sogar noch weiter: „Ich kann mir jedes Moschee-Minarett in Form eines Kirchturms vorstellen und kann mir fast jede Kirche als Moschee vorstellen. Natürlich ohne Kreuze, bildliche Darstellungen, Statuen oder dergleichen. Architektonisch habe ich damit keine Probleme, ich könnte mich dort auch als Muslim wohl fühlen.“

 

Dass die Art der Architektur eine entscheidende Rolle bei Konflikten um Moscheebauten spiele, glaubt Shakil Ahmed allerdings nicht. „Ich denke, es ist mehr ein gesellschaftliches Problem. Man erkennt einfach, dass der Islam an Präsenz gewinnt, und das ist etwas, was die Leute vielleicht beunruhigt. Es ist auch eine neue Generation von Muslimen entstanden, die gewisse Ansprüche in ihrem Heimatland Deutschland stellt. Ich möchte hier als Muslim leben können, mich darstellen können, ich möchte einen Ort haben, an den ich mich zurückziehen, an dem ich mein Gebet verrichten kann, als deutscher Muslim; und das ist meiner Meinung nach das legitime Recht jedes Deutschen in Deutschland, wie das Grundgesetz es gewährt.“

 

Der erfolgreiche Architekt hält es für wichtig, sich als Muslim zunächst einmal mit dieser Gesellschaft zu identifizieren. Die Probleme, die Muslime in Deutschland haben, sind aus seiner Sicht relative Probleme, die normal seien für eine Minderheit, die sich mit der Zeit etabliert und entwickelt. „Die Muslime leben erst seit maximal 50 Jahren in Deutschland, und es wird besser werden, die Zukunft sieht positiver aus“, meint er. Um als Muslime in dieser Gesellschaft erfolgreich zu sein, sei etwa eine positive Einstellung zu Bildung wichtig, und dass die Eltern auf einen höchstmöglichen Bildungsabschluss ihrer Kinder hinwirkten. Die gegenwärtigen Probleme seien überwiegend hausgemacht und auf eigene Fehler zurückzuführen. So könne es nicht angehen, dass noch immer nicht in allen Moscheen die Freitagsansprache zumindest teilweise auf Deutsch gehalten werde. Shakil Ahmed würde dies am liebsten notfalls sogar per Gesetz durchsetzen.

 

Letztlich sei maßgeblich, mit welchen Mitteln man arbeite, ob diese halal, transparent und ehrlich seien, und ob es die Mittel seien, die einem zustünden. „Und wenn man sich in diesem Rahmen bewegt, hat man nur Erfolg. Ich kenne keinen Misserfolg. Wenn ein Rückschlag kam, dann war es für mich nichts Negatives, sondern ein Lernprozess auf dem Weg. Es hat bei uns etwas gefehlt, sodass dieser Schlag kam, weil wir noch nicht so weit waren“, meint Shakil Ahmed. „Die Gesellschaft hat sich gewandelt, und das ist erst der Anfang.“ Die wirtschaftlichen Probleme beispielsweise, die man derzeit in Deutschland habe, könnten viel mehr reduziert werden, wenn mit den hier lebenden Migranten auch kommerziell mehr kooperiert würde, und auch mit ihren Herkunftsländern. „Was bisher in den muslimischen Ländern ökonomisch gemacht wird, ist nur ein Bruchteil dessen, was die Deutschen dort machen könnten. Die Deutschen sind dort sehr beliebt, sie sind eine Alternative zu England und den USA. Und die deutschstämmigen Muslime spielen bei all dem auch eine wichtige Rolle“, meint Shakil Ahmed.

 

IZ

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