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  • 10 Monate später...

Der Zweiklassen Staat (Karl Lauterbach)

 

 

 

SEIT PISA wissen wir es ja. Das Bildungssystem enthält Mechanismen, die dazu führen, dass die „eigenen Staatsbürger“ bessergestellt sind als Menschen anderer staatlicher oder sprachlicher und kultureller Herkunft. Soziale und ethnische Herkunft haben einen Einfluss auf Schulleistungen und Bildungschancen.

 

Der Politiker Karl Lauterbach zeigt nun in seinem Werk „Der Zweiklassen Staat“, erschienen im rowohlt Verlag, wie die Privilegierten Deutschland ruinieren. Lauterbach, der einer der führenden Sozialexperten Deutschlands ist, deckt auf, wie unsozial und ineffizient die System des Staates arbeiten.

 

Mit empirischen Daten zeigt er, dass Privilegierte den Staat systematisch ausnutzen und Arbeiter- und Migrantenfamilien dabei die Verlierer sind. Daher stellt er die These auf, dass in Deutschland eine zweiklassen Gesellschaft herrscht. Somit fordert Lauterbach eine Umkehr: mehr Bildungschancen für die Ärmsten, gerechte Gesundheits-, Renten- und Pflegesysteme sowie die konsequente Beschneidung der Privilegien, die von Politikern und Lobbys verteidigt werden.

 

Durch seine Erfahrung als Politiker gibt Lauterbach Tatsachen, die bisher unbekannt waren, sehr realistisch und überzeugend wider. Alles in einem ist das Buch eine recht interessante Aufstellung einer Ungerechtigkeit.

 

Ein Muss für jeden, der sich für Gesellschaftsthemen interessiert.

 

 

 

Cemil Sahinöz

 

Erschienen in: Hürriyet - 09.11.2007

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  • 1 Jahr später...

Kinder brauchen Chancen!

 

Reproduziert die Schule soziale Ungleichheit?

 

Jedes Individuum strebt nach einem hohen sozialen Status und hoher Lebensqualität. Um dieses Ziel zu erreichen braucht man Bildung. Nur wer gebildet ist, kann die gesellschaftlichen Möglichkeiten nutzen und die sozialen Risiken minimieren. In unserer Gesellschaft sprechen wir auch gerne vorn Leistungsprinzip, d.h. wir betrachten uns als Leistungsgesellschaft, in der derjenige etwas gilt, also einen hohen sozialen Status besitzt, der etwas leistet. Unabhängig von seiner Herkunft. So weit, so gut.

 

Wie sieht es aber in der Realität aus? Ist die Herkunft in unserem Land wirklich irrelevant für den sozialen Status? Herrscht in der Bundesrepublik Chancengleichheit?

 

Beginnen wir unsere Betrachtungen da, wo - nach Elternhaus und Kindergarten, die ebenfalls einer Betrachtung wert wären, was hier aber zu weit führen würde - der Grundstein für das Leistungsvermögen einer Person gelegt wird, nämlich in der Schule. Theoretisch wird bereits dort schon alleine nach dem Leistungsprinzip differenziert. Doch in der Praxis kann davon keine Rede sein. Im Iglu-Test (der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung) konnte festgestellt werden, dass die Chance eines Gymnasialbesuchs für das Kind eines Managers bei gleicher Leistung 2,63 mal höher ist als für ein Arbeiterkind.

 

Unterproportional vertreten

 

In der Tat ist festzustellen, dass der erreichte Schulabschluss stark von der sozialen und ethnischen Herkunft abhängt. Auch die PISA-Studie 2003 macht deutlich, dass die Bildungschancen von Kindern umso höher sind, je besser ihre Eltern gestellt sind (hoher Abschluss, hohes Einkommen). So wird angenommen, dass Jugendliche, deren Eltern gering verdienen oder geringe schulische und berufliche Qualifikationen haben, im Laufe ihrer Entwicklung Benachteiligung erfahren werden. Tatsächlich erreichen diese Kinder schlechtere schulische Ergebnisse, beteiligen sich weniger an schulischen und außerschulischen Aktivitäten und Verlassen die Schule früher.

 

Migranten sind in diesem Fall besonders betroffen - weil sie Sprache und Kultur weniger beherrschen und zudem meist der Unterschicht angehören. Dies hat zur Folge, dass Migranten überproportional in Sonder- und Hauptschulen und unterproportional in Realschulen und Gymnasien vertreten sind. In der PISA-Studie 2000 wurde bemängelt, dass 20 Prozent der Migrantenkinder in Deutschland elementare Problem beim Lesen hätten. Nach Heilmann und Zitzelsberger werden Schüler/innen, die “in ihrer Entwicklung oder ihrem Lern- und Leistungsvermögen mindestens zeitweise so beeinträchtigt sind, dass sie am Unterricht in der Grundschule nicht mit genügendem Erfolg teilnehmen können” in die Förderklassen verwiesen. Dabei wird nicht abgeklärt, warum oder in welcher Weise diese Beeinträchtigung vorliegt, d.h. es wird nicht berücksichtigt, ob vielleicht die soziale oder ethnische Herkunft zu diesen Beeinträchtigungen führen oder tatsächlich ein mangelndes Leistungsvermögen.

 

Dirigierungsstellefür die Verteilung von Lebenschancen

 

Paul Mecheril von der Universität Bielefeld hierzu: “Fehlende Deutschkenntnisse stellen nach dem Schulrecht keinen legitimen Grund für die Überweisung auf die Sonderschule für Lernbehinderte dar, und im Zweifelsfall sind laut Schulrecht Kinder an Regelschulen zu belassen. So es aber organisatorisch geboten ist, können Schulen fehlende Deutschkenntnisse unter Umgehung schulrechtlicher Erlasse zum Entscheidungskriterium beim Sonderschulaufnahmeverfahren machen.” Theoretisch dürfen Kinder also nicht allein aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse in eine Förderschule verwiesen werden - praktisch schon. Und Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen haben auch erheblich geringere Chancen, weiterführende Schulen, insbesondere die Gymnasien zu besuchen, und gute Schulleistungen zu erzielen - auch wenn sie ansonsten “das Zeug dazu” hätten.

 

Der Soziologe Schelsky, der die Schule als “zentrale Dirigierungsstelle für die Verteilung von Lebenschancen” ansieht, attestiert dieser deshalb, “im höchsten Maße sozial ungerecht zu wirken”. Tatsächlich ist unsere Schule ein System, das soziale Ungleichheit produziert und indirekt unterschiedlich große Lebenschancen verteilt. Denn durch die’ Ungleichbehandlung der Schüler nach ihrer Herkunft verschließt sie einem Teil ihrer Schutzbefohlenen die Tür zu hohen Positionen, da sie diesen trotz entsprechender Qualifikationen nicht die Möglichkeit gibt, die entsprechenden Bildungszertifikate zu erwerben. Wissen ist der Schlüssel zur Zukunft – wenn es nicht gelingt, einem Schüler ein ausreichendes Maß an Wissen und Kompetenzen zu vermitteln, führt dies meist zu sozialer und beruflicher Ausgrenzung.

 

Systematische Benachteiligung

 

In kaum einem anderen Land ist die soziale und ethnische Herkunft so ausschlaggebend für die zukünftigen Lebenschancen von Kindern wie in Deutschland. Zu Recht schreibt Gogolin, dass das Bildungssystem Mechanismen enthält, die dazu führen, dass die “eigenen Staatsbürger” besser gestellt sind als Menschen anderer staatlicher, sprachlicher oder kultureller Herkunft. So werden die eigenen Staatsbürger/innen mit höheren Bildungsniveaus bzw. aus bildungsnahen Schichten systematisch bevorzugt und Kinder aus Migrantenfamilien oder auch Arbeiterfamilien bei der Einschulung in doppelt so hohem Umfang wie Kinder aus mittleren und oberen Schichten zurückgestellt. Auch die Lehrerempfehlungen beim Übergang von der Grundschule in die 5. Klasse fallen zu Gunsten der bildungsnahen Oberschicht aus.

 

Um es einmal salopp zu formulieren: Schreibt ein/e Schüler/in aus der Oberschicht eine “fünf” wird dies als Faulheit eingestuft. Die gleiche Note gilt bei einem/r Schüler/in aus der Unterschicht als Anzeichen für “Dummheit”. Die Gymnasialempfehlungen bestätigen diese Befunde: Die Chance eines Jugendlichen aus den höheren Schichten, das Gymnasium anstelle einer Realschule zu besuchen, ist fast sechsmal so hoch wie für Jugendliche aus der Unterschicht. Vielerorts ist nicht das Leistungsvermögen, sondern das Beherrschen der deutschen Sprache und der deutschen Mittelschichtkultur ausschlaggebend für die Empfehlung für eine höhere Schule.

 

Mittelschichtorientierte Leistungskriterien

 

Denn die Kriterien für Schulerfolg orientieren sich an der deutschen Mittelschichtkultur. Von Kindern aus der Unterschicht und/oder anderen Kulturen wird dadurch eine außerordentlich belastende soziale Anpassungsleistung gefordert, der sie oft nicht gewachsen sind. Desorientierung und Oemotivierung sind das Resultat dieses Konfliktes, was wiederum zu schlechten Schulleistungen und einer “Null-Bock-Haltung” führt. Somit bestimmen nicht die tatsächlichen Fähigkeiten den Schulerfolg, sondern die soziale Anpassung an die mittelschichtorientierten Leistungskriterien.

 

Während also Eltern der Mittel- und Oberschicht ihre Kinder mit kulturellem, wirtschaftlichem und sozialem Kapital fördern, fehlen den Unterschichtfamilien diese Ressourcen. So formuliert Geißler “Der Widerstand der oberen Schichten gegen den sozialen Abstieg ihrer Kinder ist stärker ausgeprägt als der Wille der unteren Schichten zum Aufstieg.” So ist die Angst der Mittel- und Oberschichteltern, den eigenen Status durch einen niedrigen Schulstatus ihrer Kinder zu verlieren, größer als die Hoffnung der Unterschichteltern, ihren eigenen Status durch einen hohen Schulstatus ihrer Kinder zu erhöhen. Denn ein hoher Schulabschluss bedeutet zugleich auch höhere Kosten.

 

Mangelnde Förderung

 

Dazu kommt, dass die Förderung in den verschiedenen Schulformen sehr unterschiedlich ist. In einer höheren Schule wird man besser gefördert. Die Leseleistung wird z.B. im Gymnasium viel stärker gefördert als in anderen Schulen. Auch die Intelligenzentwicklung steigt im stark geförderten Gymnasium. So ist hier ein doppelter Effekt zu sehen: Kinder, die durch ihre soziale und ethnische Herkunft im Schulsystem benachteiligt sind, erhalten nach der Grundschule meist keine Empfehlung für den Besuch einer höheren Schule und werden so auch in der weiterführenden Schule wieder benachteiligt, da sie dort weniger gefördert werden als ihre ehemaligen Mitschüler, die auf das Gymnasium kommen.

 

Der Bielefelder Soziologie Elmar Lange hält diese frühe Übergangsentscheidung nach der 4. Klasse für eine “wesentliche Ursache für die sehr starke schichtspezifische Reproduktion sozialer Ungleichheit in Deutschland. Je früher die Auslese von Schülern stattfindet, desto stärker ist die Produktion beziehungsweise Reproduktion von sozialer Ungleichheit”. Denn ein niedrigerer Bildungsabschluss kann sich ein Leben lang auf die berufliche Karriere und persönliche Entwicklung eines Menschen auswirken.

 

Institutionalisierte Diskriminierung

 

Damit es nicht missverstanden wird: Es ist nicht das Individuum, z.B. der/die Lehrer/in oder der/die Schulleiter/in, der/die diskriminiert, sondern das “Netz von Institutionen”. So erhalten bestimmte soziale Gruppen in spezifischen institutionellen Arrangements systematisch weniger Belohnungen, als klar identifizierbare Vergleichsgruppen. Geißler bezeichnet dies als leistungsunabhängigen sozialen Filter, der im Bildungssystem wirksam ist. Es sind also diese unbewussten Mechanismen institutionalisierter Diskriminierung im System, die abgebaut werden müssen.

 

Wir müssen einen gleichberechtigten Zugang zu gesellschaftlichen Gütern, wie z.B. Bildung sicherstellen, denn Menschen ohne Bildungschancen - seien es Migrantenkinder oder Kinder aus der Unterschicht - werden aus der Gesellschaft ausgegrenzt. Das ist das Gegenteil der viel beschworenen Integration. Diese Ausgeschlossenen haben keine Möglichkeiten, sich an ihrem sozialen Umfeld zu beteiligen. Indem man diese Menschen systematisch aus Bildung und Politik ausschließt, lässt man zu, dass sie sich abgrenzen. Auf Dauer führt dies zu Formung von Parallelgesellschaften, die weder von den Ausgeschlossenen noch von der Mehrheitsbevölkerung gewünscht werden.

 

Chance für die Gesellschaft

 

Dabei können Menschen, die nicht in die Norm der Mehrheitsgesellschaft passen, durchaus eine Chance für die Gesellschaft darstellen. Nehmen wir einmal das Beispiel der Migranten: Selbstverständlich ist die deutsche Sprache Grundvoraussetzung zur Teilhabe an der Gesellschaft. Aber die vorhandene Mehrsprachigkeit ist genauso ein Kapital, dass man sowohl für die Wirtschaft als auch für die Politik und die Gesellschaft positiv und effektiv verwenden kann. Statt aber die vorhandene Mehrsprachigkeit (Türkisch, Russisch) zu fördern, wird eine künstliche Mehrsprachigkeit (Französisch, Englisch) erzeugt. Hier verschwendet man einen großen Teil an Zeit, Geld und Humankapital. Zudem führt die Ausblendung dieser Kompetenz zu folgenschweren Misserfolgen dieser Schüler.

 

Die Ergebnisse der jüngsten Pisa-Studien zeigen, dass sämtliche Schulsysteme sozial selektiv sind. Die Kinder aus Migranten- und Unterschichtfamilien haben wesentlich schlechteren Zugang zu Bildung und sind in höheren Schulen stark unterrepräsentiert. Um eine soziale Spaltung zu vermeiden, muss es unser primäres Ziel sein, gleiche Chancen für alle zu schaffen und Bildungsbenachteiligung zu beseitigen. In privaten, aber auch in öffentlichen Projekten versucht man bereits, diesem Ziel nahe zu kommen. Bestes Beispiel dafür ist das Konzept der Familienzentren des nordrheinwestfälischen Ministers für Generationen, Familie, Frauen und Integration, Armin Laschet.

 

Cemil Sahinöz

 

erschienen in: Zukunft. Nr.6, Dezember 2006, S.68-71

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http://www.bildblog.de/3999/die-auslaender-machen-uns-unser-pisa-schief/

 

BILDblog.de

Die Ausländer machen uns unser Pisa schief

 

http://www.bildblog.de/wp-content/2008/pisaquote.jpg

 

Während andere noch über die Aussagekraft der neuen Pisa-Studie streiten oder nach Ursachen für ihre Ergebnisse suchen, ist "Bild" heute schon einen Schritt weiter und präsentiert eine mögliche Lösung, wie man das Abschneiden Deutschlands verbessern kann:

 

Würden nur die Schüler, die deutsche Eltern haben, gemessen werden, schnitten alle Bundesländer im internationalen Bildungsvergleich deutlich besser ab — sieben wären unter den PISA-Top-Ten bei Naturwissenschaften (beim Lesen ist das Bild ähnlich).

 

"Bild" illustriert das mit einer Grafik (Ausriss rechts), die die deutlich schlechteren Ergebnisse von Kindern mit Migrationshintergrund noch extremer wirken lässt, weil die Skala nicht beil null beginnt, und stellt angesichts dessen die scheinbar naheliegende Frage:

 

 

 

Natürlich, kommentiert die Seite "Lehrerfreund" süffisant, denn die Vorteile lägen auf der Hand:

 

Die deutschen SchülerInnen würden bessere PISA-Noten holen, und die Welt würde entzückt auf die Nation Goethens blicken. Außerdem könnte man in kleineren Klassen unterrichten, die Kosten für den Schulbetrieb würden sinken, und kein Mehmed würde mehr einem Fritz das Pausenbrot auf erpresserische Art und Weise entwenden.

 

In dieser idyllischen, rein deutschen Welt müsste man nurmehr das Problem lösen, was man mit den zahllosen Ausländerkindern macht. Sie in reine Ausländerklassen zu stecken brächte nichts - denn bei PISA wären sie wieder dabei und würden den Schnitt drücken. Alternativ könnte man ihnen einfach kategorisch den Zugang zur allgemeinen Schulbildung verwehren. Dann würden sie analphabetisch auf der Straße rumhängen, kiffen und alte Omas ausrauben — und die Boulevardpresse hätte eine neue Schlagzeile: "Brauchen wir eine Ausländer-Quote für alle deutschen Straßen?".

 

Mit Dank an Berthold!

 

 

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Sehr schön. Bild zeigt sein wahres rassistisches Gesicht. Als ob die ausländischen Kinder nicht zu dieser Gesellschaft gehören, als ob nur die "rein" deutschen Kinder eine gute Ausbildung verdienen, als ob die ausländischen Kinder von "unreinen" deutschen Lehrer ausgebildet werden...! Welchen Unterschied hat das mit Hitlers Lehre? Eine Isolation, eine Abgrenzung, Abspaltung.

 

Wenn man schon hauptsächlich rassistisch ist verliert man doch den Faden der Logik. Der blinde Stolz vermeidet auch das in Wirklichkeit die deutschen Kinder (rein deutsche! :-) ) doch zu den schlechtesten in Europa gehören. Die deutsche Bildungssystem ist veraltet und unmodern. Die Unis sind so zurückgeblieben, dass kein Akademiker hier seine Bildung fortsetzen möchte. Allein die Uni-Struktur ist unpassend zu den Rest der Welt. Statt die ausländischen Kinder zu beleidigen sollten sich einige Kopf machen um das Bildungssystem zu verbessern und die Diskriminierung der ausländischen Kinder zu vermeiden. Die meisten ausländischen Kinder rotten in Schulen aus, wo es kaum Lehrer gibt, ständig Stunden ausfallen. Die Migrantenkinder rotten in Ghettoschulen aus und werden in guten Schulen nicht aufgenommen. Bild sollte mal de Augen aufmachen und merken dass die reale Welt nicht so ist.

 

 

Vesselam

 

Adem

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Was soll man dazu sagen, richtig Bildlike halt. :-) Wie Volker Pispers auch sagte: "Gut dass einige Deutsche schon deutsch sind, denn wenn sie den Einbürgerungstest über Allgemeinbildung machen müssten, wären sie alle durchgefallen." Anstatt sich mal die Bahnhöfe mit den kiffenden, alkoholisierten, obdachlosen Jugendlichen, die Einheimische sind, anzugucken und versuchen dieses Problem zu lösen, zeigen sie mit dem berühmten deutschen Zeigefinger auf die Ausländer. Alles Ablenkungspolitik von eigentlichen Problemen und Schaffung von Feindsbildern- die dürfen natürlich nicht fehlen.
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Was soll man dazu sagen, richtig Bildlike halt. :-) Wie Volker Pispers auch sagte: "Gut dass einige Deutsche schon deutsch sind, denn wenn sie den Einbürgerungstest über Allgemeinbildung machen müssten, wären sie alle durchgefallen." Anstatt sich mal die Bahnhöfe mit den kiffenden, alkoholisierten, obdachlosen Jugendlichen, die Einheimische sind, anzugucken und versuchen dieses Problem zu lösen, zeigen sie mit dem berühmten deutschen Zeigefinger auf die Ausländer. Alles Ablenkungspolitik von eigentlichen Problemen und Schaffung von Feindsbildern- die dürfen natürlich nicht fehlen.

 

Na ja Bild.... was die schreiben sollte man eigentlich gar nicht ernst nehmen, leider lesen zu viele dieses Schandblatt...

Wissen hat doch nichts mit Nationalität zu tun, sondern hauptsächlich mit der Bereitschaft zu lernen... und man findet sicher genau so viele faule Deutsche Schüler wie umgekehrt fleissige Ausländer...

Und was die Sprache betrifft, da sind oft die Eltern von ausländischen Kindern Schuld, wenn zuhause nur türkisch/griechisch/italienisch/etc gesprochen wird, und das Kind dann mit 6 Jahren in die Schule kommt, tut es sich schwerer mit der Sprache als ein Kind das mit der deutschen Sprache aufgewachsen ist, oder zweisprachig aufgewachsen ist... vor allem wenn es dann zu hause wieder nur die Muttersprache hört.

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  • 3 Wochen später...

Nicht Teil des Auftrags

IGLU- und Timss-Forscher bescheinigen deutschen Grundschülern gute Lese- und Rechenleistungen. Fragen nach Strukturreform ausgespart

Von Ralf Wurzbacher

 

Das Wörtchen PISA treibt deutschen Bildungspolitikern für gewöhnlich den Angstschweiß auf die Stirn. Die internationale Grundschul-Lesestudie IGLU dagegen steht bei den politisch Verantwortlichen hoch im Kurs, denn sie bescheinigt Deutschlands Zehnjährigen ziemlich verläßlich akzeptable bis gute Leistungen. Als am Dienstag in Berlin der IGLU-Bundesländervergleich vorgestellt wurde, nutzte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) die Gelegenheit, sich ausgiebig selbst zu feiern. Die Ergebnisse zeigten, daß »die Bildungsreform« greife und sich an den Schulen »viel bewegt« habe.

 

In punkto Lesekompetenz und Textverständnis können sich hiesige Viertkläßler tatsächlich sehen lassen. Im überstaatlichen Vergleich rangiert die BRD immerhin auf dem elften Rang unter insgesamt 45 Staaten und Regionen. Thüringen als innerdeutscher Sieger schafft es international sogar auf Platz zwei hinter Rußland. Selbst die Schlußlichter Berlin, Hamburg und Bremen liegen noch im EU-Durchschnitt. An IGLU-2006 nahmen erstmals alle Bundesländer teil, fast 8000 Schüler an über 400 Schulen wurden getestet. Alle sieben Bundesländer, die bereits bei der Vorgängerstudie im Jahr 2001 mitgemacht hatten, schnitten besser ab als seinerzeit. Mit jeweils dem zwölften Platz in den Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften bei 40 Teilnehmerstaaten attestiert auch die sogenannte Timss-Studie Deutschlands Grundschülern Kompetenzen über dem Durchschnitt. Die Untersuchung war ebenfalls am Dienstag veröffentlicht worden.

 

Allerdings, und das war am Dienstag kein Thema, können Deutschlands Schüler dieses Niveau in ihrer weiteren Schullaufbahn nicht halten: Die PISA-Studie hat sogar nachgewiesen, daß viele 15jährige schlechter lesen als Grundschüler. Angesichts dreier deutscher PISA-Schlappen ist es naheliegend, IGLU und Timss als Beleg für die Überlegenheit eines integrierten Schulsystems zu betrachten. »Die frühe Aufteilung zehnjähriger Kinder in unterschiedliche Schulformen muß endlich aufhören«, forderte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) denn auch nach Vorlage der Studien. Und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sieht die »gravierendsten Probleme« dann entstehen, wenn die Zusammensetzung der Klassen von sozialer und ethnischer Herkunft bestimmt wird.

 

Die Forderung nach einer Schul­strukturreform ist allerdings politisch unerwünscht, mehr noch: Sie wird gezielt unterdrückt. Denn eigentlich haben die IGLU-Forscher auch »schlechte Nachrichten« parat. Nur durften sie am Dienstag nicht damit rausrücken. Beispielsweise hat die deutsche Gesamtauswertung vor einem Jahr gezeigt, daß Kinder aus der Mittel- und Oberschicht viel leichter eine Empfehlung zum Besuch des Gymnasiums erhalten als solche mit sozial schwacher Herkunft. Das Team um IGLU-Leiter Wilfried Bos hat entsprechende Daten auch für die Bundesländer erhoben. Die sollen aber erst im Frühjahr in Fachbüchern publiziert werden. Marianne Demmer von der GEW brandmarkte das als »Vogel-Strauß-Politik«. Der »große Makel« der Grundschule dürfe nicht in wissenschaftlichen Fachzeitschriften versteckt werden.

 

Wie Spiegel online berichtete, wollen die Kultusminister auch die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt zum Wechsel auf eine weiterführende Schule nicht öffentlich, sondern in Expertengremien behandeln lassen. »Ich nehme an, daß einige Länder das nicht wissen wollen«, weil das Thema soziale Sprengkraft berge, zitierte das Magazin Renate Valtin, Mitglied im IGLU-Konsortium. Auf die Frage, warum das Konsortium entsprechende Daten nicht veröffentlicht, sagte sie: »Das war nicht Teil des Auftrages.«

 

http://www.jungewelt.de/2008/12-11/039.php

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  • 1 Jahr später...

Eine kritische Analyse des deutschen Schulsystems.

 

 

Wie soziale und ethnische Herkunft die Bildungschancen beeinflussen

 

 

Jedes Individuum strebt nach einem hohen sozialen Status, was parallel Anerkennung mit sich bringt. Durch einen hohen sozialen Status steigt die Lebensqualität. Diesen hohen Status erreicht man mit Bildung. „Bildung ist in der modernen Gesellschaft weiterhin eine wichtige Voraussetzung dafür, gesellschaftliche Chancen wahrzunehmen und soziale Risiken zu minimieren“ (Geißler, 2002, S.343). Nun ist hoher Status allerdings begrenzt verfügbar. Treffender als Luhmann hätte man es nicht formulieren können: „Führungspositionen sind chronisch knapp.“ So gilt offiziell das Leistungsprinzip als akzeptiertes Selektionskriterium, was Führungspositionen legitimiert. Die guten Plätze bekommen nur die Guten. Falls aber keine Chancengleichheit für alle geschaffen ist, falls also nicht alle die gleichen Chancen haben, „gut“ zu sein, ist das Leistungsprinzip als Selektionskriterium nicht legitim. Chancengleichheit bedeutet, dass ausschließlich nach dem Leistungsprinzip differenziert wird (Lange, 2004, S.86) und dass andere Merkmale, wie zum Beispiel Herkunft oder Religion keine Rolle spielen.

 

So hat das Erziehungssystem die Aufgabe, allein nach dem Leistungsprinzip zu differenzieren. Die gesellschaftliche Funktion der Schule ist also Selektion. Der Soziologe Schelsky sah die Schule daher als „zentrale Dirigierungsstelle für die Verteilung von Lebenschancen und attestierte ihr, im höchsten Maße sozial ungerecht zu wirken“ (Rolff, 2005; vgl. Schelsky, 1961). Auf diese Weise wird sie zu einem System, das soziale Ungleichheit produziert und indirekt unterschiedlich große Lebenschancen verteilt. Hohe Positionen werden geschlossen und sind nur Individuen mit passenden Bildungszertifikaten zugänglich (Groß, 2000, S.383). Wissen wird also zum Schlüssel für die Zukunft. Somit führt Nichtwissen und Nichtbeherrschen von Kompetenzen immer häufiger zu sozialer und beruflicher Ausgrenzung (Forum Bildung, 2001, S.30). Nach Max Weber (1980) kann jedes beliebige Personenmerkmal als Schließungsmittel eingesetzt werden. Falls aber das Erziehungssystem “Gleiche“ produzieren sollte, übernimmt das Beschäftigungssystem die Selektionsfunktion, zum Beispiel mit Eingangsprüfungen oder Bewerbungsgesprächen (Lange, 2004, S.86).

 

Laut PISA 2000 haben 20 Prozent der Migranten in Deutschland elementare Probleme beim Lesen. Nach Heilmann und Zitzelsberger werden Schüler/innen, die ,,in ihrer Entwicklung oder ihrem Lern- und Leistungsvermögen mindestens zeitweise so beeinträchtigt sind, dass sie am Unterricht in der Grundschule nicht mit genügendem Erfolg teilnehmen können“, (1987, S.220) in die Förderklassen verwiesen, wobei nicht geklärt ist, in welcher Weise diese Beeinträchtigung vorliegt.

 

Sicherlich gehören soziale und ethnische Herkunft nicht zu diesen Beeinträchtigungen. Trotzdem sehen wir in vielen Studien, dass gerade diese beiden Merkmale die Bildungschancen und Schulleistungen erheblich beeinflussen. Zahlreiche empirische Studien wie auch PISA 2000 und 2003, zeigen, dass die soziale Herkunft in Deutschland wie in keinem anderen Land der Welt über die zukünftigen Lebenschancen der Kinder entscheidet. Zu Recht schreibt Gogolin (2002, S.154), dass das Bildungssystem Mechanismen enthält, die dazu führen, dass die „eigenen Staatsbürger“ besser gestellt sind als Menschen anderer staatlicher oder sprachlicher und kultureller Herkunft.

 

So werden die eigenen Staatsbürger/innen mit höheren Bildungsniveaus beziehungsweise aus bildungsnahen Schichten systematisch bevorzugt und Kinder aus Migrantenfamilien oder auch Arbeiterfamilien bei der Einschulung in doppelt so hohem Umfang wie Kinder aus mittleren und oberen Schichten zurückgestellt (Deutsches PISA-Konsortium, 2001, S.359). Auch die Lehrerempfehlungen (beim Übergang von der Grundschule in die 5. Klasse) fallen zu Gunsten der bildungsnahen Oberschicht aus. Um es einmal salopp zu formulieren: Schreibt ein/e Schüler/in aus der Oberschicht eine “fünf“ wird es als faul eingestuft. Die gleiche Note ist bei einem/r Schüler/in aus der Unterschicht ein Anzeichen für “Dummheit“ (Lange, 2004, S.111). Faulheit kann korrigiert werden, Dummheit nur schwer.

 

Die Gymnasialempfehlungen bestätigen diese Befunde: Die Chance eines Jugendlichen aus den höheren Schichten, das Gymnasium anstelle einer Realschule zu besuchen, ist fast sechsmal so hoch wie für Jugendliche aus der Unterschicht (Deutsches PISA-Konsortium, 2004, S.246). Diese Gymnasialempfehlung hängt sehr stark von der Sozialschichtzugehörigkeit der Bezugsperson ab (BMBF, 2004, S.41). In IGLU konnte festgestellt werden, dass die Chance eines Gymnasialbesuchs für ein Kind eines Managers bei gleicher Leistung 2,63mal höher ist, als für ein Arbeiterkind (vgl. Bos u.a., 2003). In der Tat ist festzustellen, dass der erreichte Schulabschluss stark von der sozialen Herkunft abhängt.

 

PISA 2003 stellt auch ganz klar dar, dass je besser die Eltern gestellt sind (berufstätig, hoher Abschluss, kulturell und ökonomisch gut), desto höher auch die Bildungschance ihrer Kinder ist. So wird angenommen, dass Jugendliche, deren Eltern gering verdienen oder geringe schulische und berufliche Qualifikationen haben, im Laufe ihrer Entwicklung Benachteiligung erfahren werden. Und diese Kinder erreichen geringe schulische Ergebnisse, beteiligen sich weniger an schulischen und außerschulischen Aktivitäten und Verlassen die Schule früher (Deutsches PISA-Konsortium, 2001, S.247).

 

Wenn wir nun diese Erkenntnisse mit unseren Ergebnissen aus der Forschung “Chancen(un)gleichheit in der Schule“ vergleichen, stellen wir fest, dass Migranten in diesem Fall besonders hart getroffen sind. Das Problem der Spätaussiedler ist zum Beispiel, dass sie zwar meistens einen deutschen Pass haben, aber häufig sehr wenig Deutsch sprechen. Das Problem der Ausländer liegt hier an zwei Faktoren (Block, Klemm, 2005): „Sie sind Minorität und Unterschicht zugleich.“ Dies hat zur Folge, dass Migranten überproportional in Sonder- und Hauptschulen und unterproportional in Realschulen und Gymnasien vertreten sind.

 

So werden „Sprachliche Defizite“ zu Problemen für die Migranten. Mecheril (2004, S.158ff) hierzu: „Fehlende Deutschkenntnisse stellen nach dem Schulrecht keinen legitimen Grund für die Überweisung auf die Sonderschule für Lernbehinderte dar, und im Zweifelsfall sind laut Schulrecht Kinder an Regelschulen zu belassen. So es aber organisatorisch geboten ist, können Schulen fehlende Deutschkenntnisse unter Umgehung schulrechtlicher Erlasse zum Entscheidungskriterium beim Sonderschulaufnahmeverfahren machen.“ Es darf also offiziell nicht mehr passieren, dass die Zuweisung der Migranten in die Förderschule allein schon durch die fehlende Kenntnis der deutschen Sprache erfolgt. „Sprachliche Defizite“ dürfen nicht als „Lernbehinderung“ behandelt werden. Allerdings wird ihnen gerade dieses Defizit zum Problem. „Kinder, die die deutsche Sprache nur unzureichend beherrschen, haben erheblich geringere Chancen, weiterführende Schulen, insbesondere die Gymnasien zu besuchen, und gute Schulleistungen zu erzielen“ (Lange, 2004, S.61ff).

 

Hier zwei der hunderten von Beispielen, die bei der Stelle registriert sind:

 

Eine ausländische Frau berichtet: „Meine Tochter hatte in der vierten Klasse ein Zeugnisdurchschnitt von 1,7. Ihr Lehrer hatte uns empfohlen, unser Kind auf ein Gymnasium zu schicken. Der Rektor des Gymnasiums in unserer Nähe war aber anderer Meinung. Unsere Tochter würde ´Probleme mit der deutschen Sprache´ bekommen. Auch den Lehrer konnte er damit überzeugen. Unsere Tochter geht nun auf eine Realschule, weil wir einfach zu wenig Kenntnis vom Schulsystem haben und uns nicht wehren konnten!“

 

Ein ausländischer Mann erzählt: „Vor ca. zehn Jahren sollten meine zwei Söhne auf die Sonderschule […] weil sie angeblich nicht gut Deutsch konnten. Ich habe dies nicht akzeptiert und meine Söhne in die Türkei geschickt. Jetzt ist einer meiner Söhne Arzt und der andere Rechtsanwalt.“

 

Diese und viele andere Fallbeispiele zeigen, dass vielerorts nicht die Intelligenz entscheidet, sondern die deutsche Sprache. Sie ist ausschlaggebend für die Einweisung in eine bessere Schule.

 

Gleichzeitig ist die Förderung in verschiedenen Schulformen sehr unterschiedlich. In einer besseren Schule wird man besser gefördert. Die Leseleistung wird zum Beispiel im Gymnasium viel stärker gefördert als in anderen Schulen. Auch die Intelligenzentwicklung steigt im stark geförderten Gymnasium. So ist hier ein doppelter Effekt zu sehen: Die Schulleistung hängt ab von a) der sozialen und ethnischen Herkunft und b) der Art der besuchten Schule.

 

Diese Sortierung in die verschiedenen Schulformen im frühen Alter hat einen negativen Effekt auf die Leistungen. Die Selektion findet zu früh statt. „Je früher die Auslese von Schülern stattfindet, desto stärker ist die Produktion beziehungsweise Reproduktion von sozialer Ungleichheit“ (Rolff, 2005). So sieht der Soziologie Elmar Lange (2004, S.113) diese frühe Übergangsentscheidung nach der 4. Klasse als eine „wesentliche Ursache für die sehr starke schichtspezifische Reproduktion sozialer Ungleichheit in Deutschland“. Die Kinder werden dadurch früh beeinflusst und die Chancen, weiterführende Schulen zu besuchen, sind für Arbeiterkinder dann doppelt so gering. Parallel dazu beeinflusst die schulische Karriere die berufliche Karriere ebenfalls.

 

Zudem ist die Schulkultur an der Mittelschichtnorm orientiert. Die Kriterien für Schulerfolg orientieren sich an der Elitekultur (Schimpl-Neimanns, 2000, S.639). Von Kindern aus der Unterschicht wird dadurch eine außerordentlich belastende soziale Anpassungsleistung erfordert. Denn zu Hause herrscht die Unterschichtnorm, in der Schule die Mittelschichtnorm (Lange, 2004, S.108ff). Kinder aus bildungsfernen Milieus sind dadurch den Anforderungen des Bildungssystems nicht gewachsen und können diesem Konflikt nicht standhalten. Desorientierung und Demotivierung sind das Resultat dieses Konfliktes, was wiederum zu schlechten Schulleistungen und zur Gleichgültigkeit der Bildung führt. Somit bestimmen nicht die tatsächlichen Fähigkeiten den Schulerfolg, sondern die soziale Passung mit den „mittelschichtorientierten“ Leistungskriterien (Grundmann, 1999, S.346).

 

Während also Eltern der Oberschicht ihre Kinder mit kulturellem, ökonomischem und sozialem Kapital (vgl. Bourdieu, 1983) fördern, fehlen den Unterschichtfamilien diese Ressourcen. So formuliert Geißler (2002, S.357): „Der Widerstand der oberen Schichten gegen den sozialen Abstieg ihrer Kinder ist stärker ausgeprägt als der Wille der unteren Schichten zum Aufstieg.“ So ist die Angst der Mittel- und Oberschichteltern, den eigenen Status durch einen niedrigen Schulstatus ihrer Kinder zu verlieren, größer als die Hoffnung der Unterschichteltern, ihren eigenen Status durch einen hohen Schulstatus ihrer Kinder zu erhöhen (Lange, 2004, S.113). Denn ein hoher Schulabschluss bedeutet zugleich auch höhere Kosten.

 

Damit es nicht missverstanden wird: Es ist nicht das Individuum, etwa der/die Lehrer/in oder der/die Schulleiter/in, der/die diskriminiert, sondern das „Netz von Institutionen“ (Bommes, Radtke, 1993, S.496). So erhalten bestimmte soziale Gruppen in spezifischen institutionellen Arrangements systematisch weniger Belohnungen, als klar identifizierbare Vergleichsgruppen (Gomolla, 1998, S.129). Geißler (2002, S.354) bezeichnet dies als leistungsunabhängiger sozialer Filter, der im Bildungssystem wirksam ist.

 

Diese diskriminierenden Mechanismen setzen sich jenseits bewusster Intentionen der Handelnden durch. Sie sind in die Strukturen der Schule eingebaut; genauer: Ethnische Diskriminierung ist in den Prozess des Organisierens von Schule eingebaut und wird nach Opportunität benutzt (Lentz, Radtke, 1994, S.190).

 

Es sind also diese unbewussten Mechanismen institutionalisierter Diskriminierung3 im System, die abgebaut werden müssen.

 

 

Cemil Sahinöz, Islamische Zeitung, 04.11.2010

http://www.islamische-zeitung.de/?id=13953

 

 

Literatur:

 

Baumert J., Schümer G.: Familiäre Lebensverhältnisse, Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb im nationalen Vergleich. In.: Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000 – Die Länder der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich. Leske + Budrich: Opladen, 2002, S.159-202

 

Baumert J., Watermann R., Schümer G.: Disparitätten der Bildungsbeteiligung und des Kompetenzerwerbs. Ein institutionelles und individuelles Mediationsmodell. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft. 6.Jahrg., Heft 1/2003, S.46-73

 

Block R., Klemm K.: Gleichwertige Lebensverhältnisse im Bundesgebiet? Demografische, ökonomische, institutionelle und familiale Bedingungen des Lernens im Bundesländervergleich. In: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (Hrsg.): PISA verstehen. Hintergrundinformationen zum PISA-Bundesländervergleich 2003. Frankfurt 2005.

 

BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung): Bildung und Lebenslangen – Auswertungen und Analysen für den zweiten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. BMBF: Berlin, 2004

 

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Bos W., Lankes E.M., Prenzel M., Schwippert K., Walther G., Valtin R. (Hrsg.): Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Waxman: Münster, 2003

 

Bourdieu P.: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapitel, soziales Kapital. In: Kreckel R. (Hrsg.): Soziale Ungleichheiten. Soziale Welt, Sonderband 2, 1983, S.183-198

 

Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000 – Die Länder der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich. Leske + Budrich: Opladen, 2002 Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Leske + Budrich: Opladen, 2001

 

Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2003. Der Bildungsstand der Jugendlichen in Deutschland – Ergebnisse des zweiten internationalen Vergleichs. Waxmann: Münster, 2004

 

Ericson R., Jonsson J.O.: Explaining Class Inequality in Education: The Swedish test Case. In: Ericson R., Jonsson J.O. (Hrsg.): Can Education be Equalized? The Swedish Case in Comparative Perspektive. Westview Press, Boulder, 1996, S.1-63

 

Forum Bildung: Ergebnisse des Forum Bildung I. Empfehlungen des Forum Bildung. Forum Bildung: Bonn, 2001

 

Geißler R.: Die Sozialstruktur Deutschlands. 3., grundlegend überarbeitete Auflage. Westdeutscher Verlag: Wiesbaden, 2002

 

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Gogolin I.: Sprachlich-kulturelle Differenz und Chancengleichheit – (un-) versöhnlich in staatlichen Bildungssystemen? In: Lohmann I., Rilling R. (Hrsg.): Die verkaufte Bildung. Kritik und Kontroversen zur Kommerzialisierung von Schule, Weiterbildung, Erziehung und Wissenschaft. Leske + Budrich: Opladen, 2002, S.153-168

 

Gomolla M.: Institutionelle Diskriminierung in der Schule. In: Das Argument, 40.Jg., H.1-2, 1998, S.129-143

 

Gomolla M., Radtke F.-O.: Institutionalisierte Diskriminierung von Migrantenkindern. Opladen: 1999

 

Groß M.: Bildungssysteme, soziale Ungleichheit und subjektive Schichteinstufung. Die institutionelle Basis von Individualisierungsprozessen im internationalen Vergleich. In: Zeitschrift für Soziologie. Jg.29, Heft 5, Oktober 2000, S.375-396

 

Grundmann M.: Bildungserfahrung, Bildungsselektion und schulische Leistungsbewertung. In: Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation. 19.Jg., 1999, H.4, S.339-353

 

Heilmann S., Zitzelsberger W.: Die sonderpädagogischen Diagnose- und Förderklassen in Bayern – Schulversuch. In: Die Sprachheilarbeit 32 (1987), S.219-224

 

Lange E.: Soziologie des Erziehungswesens. 2., überarbeitete Auflage. VS Verlag: Wiesbaden, 2004

 

Lentz A., Radtke F.-O.: Bildungsghettos – Institutionalisierte Diskriminierung von Migrantenkindern in der Grundschule. In: Unterrichtswissenschaft. Zeitschrift für Lernforschung. Jhr. 22, 1994, Heft 2, S.182-191

 

Mecheril P.: Einführung in die Migrationspädagogik. Beltz-Verlag: Weinheim, Basel, 2004

 

Radtke F.-O.: Mechanismen ethnischer Diskriminierung in der Grundschule. In: Kersten R,. Doron K., Sargut S. (Hrsg.): Ausbilden statt Ausgrenzen. Jugendliche ausländischer Herkunft in Schule, Ausbildung und Beruf. Frankfurt/Main, 1996, S.121-131

 

Rolff H.-G.: Die Chancen nutzen. Im deutschen Bildungssystem darf kein Kind zurückbleiben – nicht nur aus sozialen, auch aus ökonomischen Gründen. In: Frankfurter Rundschau, 8.8.2005

 

Schelsky H.: Die Bedeutung des Klassenbegriffes für die Analyse unserer Gesellschaft. In: Jahrbuch für Sozialwissenschaft, Zeitschrift für Wirtschaftswissenschaften. Band 12, 1961, S.237-269

 

Schimpl-Neimanns B.: Soziale Herkunft und Bildungsbeteiligung. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 52, Heft 4, 2000, S.636-669

 

Weber M.: Wirtschaft und Gesellschaft. J.C.B.Mohr: Tübingen, 1980

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BILD:

Bildungs-Experte kritisiert „gescheiterte Integrationspolitik“ +++ „Wir brauchen mehr Sprachförderung und die Ganztagsschule“

 

 

Grund: Die Ergebnisse der jüngsten Pisa-Studie belegen, dass deutsche Schüler besonders beim Lesen schlecht abschneiden. Auch wenn sich die Ergebnisse der deutschen Schüler in Mathematik und Naturwissenschaften leicht verbessert haben, kann Deutschland erneut nicht in die Spitzengruppe des internationalen Bildungs-Vergleichs einziehen, sondern bleibt Mittelmaß.

 

Der Chef des Deutschen Philologenverbandes (DPhV), Heinz-Peter Meidinger, sagte dazu BILD.de: „Der relativ hohe Migranten-Anteil an unseren Schulen ist mitverantwortlich für das schlechte Ergebnis der Deutschen bei der Pisa-Studie“. Für den Bildungs-Experten sind vor allem „ihre Sprachdefizite das Problem“.

 

Laut Meidinger ist der Grund dafür „die gescheiterte Integrationspolitik in Deutschland, die über mehr als zwanzig Jahre lang versäumt hat, das Problem der Sprachkenntnisse bei Einwanderern zu thematisieren und systematisch anzugehen.“

 

 

Lesen als Kernkompetenz für Bildung kann laut Meidinger „nicht von der Schule allein verbessert werden. Da ist der Einfluss des Elternhauses viel wichtiger“. Doch in vielen Einwanderer-Familien sei „die Sprachkompetenz der Eltern noch schlechter als die ihrer Kinder“.

 

Das führt laut Meidinger im Ergebnis dazu, dass Kinder aus sozial schwachen, bildungsfernen Migranten-Familien deutlich schlechtere Chancen auf einen erfolgreichen Schulabschluss haben als Kinder aus sozial bessergestellten, bildungsnahen Familien. „Dasselbe gilt natürlich auch für Kinder ohne Migrationshintergrund“, sagt der Bildungs-Experte weiter.

 

 

Als langfristige Lösung des Problems schlägt Meidinger deshalb verstärkte Investitionen in die frühkindliche Bildung und in Ganztagsschulen vor: „Wir brauchen endlich eine flächendeckende Sprachförderung von Kleinkindern in der Vorschule und eine bundesweite Einführung der Ganztagsschule. Besonders hier hat die deutsche Bildungspolitik bisher versagt.“

 

 

Laut Meidinger ist der Grund dafür „die gescheiterte Integrationspolitik in Deutschland, die über mehr als zwanzig Jahre lang versäumt hat, das Problem der Sprachkenntnisse bei Einwanderern zu thematisieren und systematisch anzugehen.“

Lesen als Kernkompetenz für Bildung kann laut Meidinger „nicht von der Schule allein verbessert werden. Da ist der Einfluss des Elternhauses viel wichtiger“. Doch in vielen Einwanderer-Familien sei „die Sprachkompetenz der Eltern noch schlechter als die ihrer Kinder“.

 

Das führt laut Meidinger im Ergebnis dazu, dass Kinder aus sozial schwachen, bildungsfernen Migranten-Familien deutlich schlechtere Chancen auf einen erfolgreichen Schulabschluss haben als Kinder aus sozial bessergestellten, bildungsnahen Familien. „Dasselbe gilt natürlich auch für Kinder ohne Migrationshintergrund“, sagt der Bildungs-Experte weiter.

 

 

Als langfristige Lösung des Problems schlägt Meidinger deshalb verstärkte Investitionen in die frühkindliche Bildung und in Ganztagsschulen vor: „Wir brauchen endlich eine flächendeckende Sprachförderung von Kleinkindern in der Vorschule und eine bundesweite Einführung der Ganztagsschule. Besonders hier hat die deutsche Bildungspolitik bisher versagt.“

 

Als Konsequenz aus dem ernüchternden Ergebnis der Pisa-Studie startet der Bund ein weiteres Programm zur Leseförderung!

Mit der Aktion „Lesestart“ sollen Kinder aus sozialen Brennpunkten bereits vor der Einschulung an Bücher herangeführt werden und zum Selberlesen ermuntert werden, sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU).

Der Bund unterstützt das Programm mit 26 Millionen Euro.

 

• WAS MISST DIE PISA-STUDIE?

 

Bei der Pisa-Studie werden die Leistungen von Schülern im Alter von 15 Jahren analysiert und international verglichen. Das Kürzel „Pisa“ steht für „Programme for International Student Assessment“ (dt.: Programm zur internationalen Schülerbewertung).

Forscher erstellen die Studie seit 2000 in einem Rhythmus von drei Jahren. Die Erhebung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gilt als einziger internationaler Leistungsvergleich von Schülern gegen Ende ihrer Pflichtschulzeit.

 

 

Bei jeder Untersuchung wird ein bestimmter fachlicher Schwerpunkt abgefragt. 2000 stand die Lesekompetenz der Schüler im Mittelpunkt, 2003 mathematische Kenntnisse und 2006 das naturwissenschaftliche Verständnis der Jugendlichen. 2009 lag der Fokus erneut auf dem Lesen.

Für die jüngste Studie wurden rund 470 000 Schüler in 65 Ländern getestet – darunter alle 34 OECD-Länder. In Deutschland beteiligten sich rund 5000 Jugendliche an 223 Schulen. Pisa 2009 ist die größte der bisherigen vier Studien.

 

• WARUM IST DEUTSCHLAND MITTELMASS?

Auch neun Jahre nach der ersten Pisa-Studie hat Deutschland immer noch Aufholbedarf, ist das Land noch nicht zur Spitzengruppe aufgerückt!

 

 

Die erste Pisa-Studie 2000 hatte in Deutschland einen Schock ausgelöst. Die Leistungen der deutschen Schüler lagen damals in allen abgefragten Testfeldern deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Länder. Etwa 20 Prozent der 15-Jährigen konnten nur auf Grundschulniveau lesen und rechnen. Und: In kaum einem anderen Land hing die Leistung der Schüler so stark von ihrer sozialen Herkunft ab wie hier.

Deutschland hatte sich bei der zweiten Studie von 2003 ins Mittelfeld vorgearbeitet. 2006 erreichten die deutschen Schüler in Naturwissenschaften sogar erstmals einen Rang oberhalb des OECD-Durchschnitts. In der Mathematik und beim Lesen blieben sie dagegen Mittelmaß.

 

 

Nach dem Pisa-Schrecken vor zehn Jahren hatte die Politik zahlreiche Reformen angestoßen – unter anderem die Stärkung der frühkindlichen Bildung und den Ausbau der Ganztagsschulen. Die Neuerungen brauchen jedoch Zeit, um zu wirken.

Quelle:

 

http://www.bild.de/BILD/politik/2010/12/06/pisa-studie-philologen-chef-meidinger-migranten-ziehen/pisa-ergebnisse-bei-der-lesekompetenz-nach-unten.html

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  • 4 Wochen später...

Türkische Kinder in der Schule: Starker Ehrgeiz, schwache Leistung

 

29.12.2010, 09:05

Von Tanjev Schultz

 

Türkische Einwanderer setzen laut einer Studie große Hoffnungen ins deutsche Schulsystem, überschätzen aber oft die Fähigkeiten ihrer Kinder.

 

Türkische Einwanderer sind sehr ehrgeizig und haben für ihre Kinder hohe Bildungsziele. Viele sind jedoch wenig informiert über das deutsche Bildungssystem und neigen dazu, die Schulleistungen ihrer Kinder zu überschätzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine noch unveröffentlichte Studie von Wissenschaftlern der Universität Bamberg. Viele Migranten hätten nur wenig Einblick in den Schulalltag; das Fördern der Kinder würden sie den Lehrern überlassen.

 

Beschreibung: Kolat will auch Tuerkisch als Fremdsprache an deutschen SchulenBild vergrößern

 

Deutsche und türkische Zeichnungen in einer Klasse: Erwartungen von Migranten an die Bildungskarriere ihrer Kinder sind oft höher als die Erfolge. (© ddp)

 

Unter türkischen Einwanderern, die oft nur wenige Jahre eine Schule besucht haben, ist der Wunsch verbreitet, dass ihre Kinder studieren und einen angesehenen Beruf ergreifen, zum Beispiel Anwalt oder Arzt. Die Studie zeigt, dass sie schneller als andere Eltern davon überzeugt sind, dass ihr Kind das Abitur schaffen werde. Sie attestieren ihren Söhnen und Töchtern auch mehr Freude an der Schule als andere Eltern.

 

Die Untersuchung der Soziologen Ilona Relikowski, Erbil Yilmaz und Hans-Peter Blossfeld beruht auf einer Befragung von mehreren hundert Migranten und mehr als tausend einheimischen Müttern und Vätern in Hessen und Bayern. Zusätzlich wurden ausführliche Interviews mit türkischen Eltern geführt. Darin zeigte sich, wie ausgeprägt der Wunsch nach einem sozialen Aufstieg für die Kinder ist. So sagte ein Vater in den Interviews: "Wir sollten mit dieser Tradition endlich brechen: Großvater ist ein Arbeiter. Der Sohn ist ein Arbeiter. Der Enkel ist ein Arbeiter. Das reicht." Eine vorige Woche publizierte Umfrage der Bertelsmann-Stiftung hat ebenfalls gezeigt, dass Migranten karriereorientierter und interessierter am beruflichen Fortkommen sind als der Durchschnitt der Bevölkerung.

 

Weitere Studien belegen, dass Türken sehr hohe Erwartungen an die Schulleistungen haben und ihre Kinder zum Lernen vergleichsweise stark motiviert sind. Dennoch verlassen die Kinder türkischer Einwanderer die Schule überdurchschnittlich oft ohne Abschluss oder nur mit einem Hauptschulabschluss. Bei den jüngsten Pisa-Tests hatten Kinder türkischer Einwanderer etwa beim Lesen im Durchschnitt einen Rückstand von mehr als zwei Schuljahren.

 

Türkische Eltern könnten wegen fehlender eigener Erfahrungen die Leistungen ihrer Kinder möglicherweise "nur sehr bedingt einschätzen", heißt es in der Bamberger Studie. Das "starke Streben nach einem Abitur" könne außerdem damit zusammenhängen, dass in der Türkei berufliche Ausbildungen nicht einen so hohen Stellenwert hätten wie in Deutschland und höhere Berufspositionen allein über ein Studium möglich seien.

"Wenn du ertrinkst, ertrinke in großen Gewässern"

 

Die Autoren verweisen darauf, dass in der Türkei die Eltern "im Bildungsprozess eine eher passive Rolle" einnehmen würden und es Hinweise gebe, dass sie diese Haltung auch auf das deutsche Schulsystem übertragen. Die Studie erscheint in Kürze in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, einer führenden Fachzeitschrift.

 

An vielen Schulen klagen die Lehrer darüber, dass türkische Eltern nicht zu Informationsabenden kämen. Manche Pädagogen gehen deshalb dazu über, die Eltern direkt anzusprechen und sie beispielsweise zu Hause zu besuchen. Außerdem wollen die Kultusminister der Länder verstärkt Migranten für die Lehrer-Laufbahn gewinnen und auf diese Weise mehr positive Vorbilder in die Klassenzimmer bringen. Türkische Einwanderer sollen besser über das deutsche Schulsystem aufgeklärt werden. Pädagogen, Imame und Vertreter türkischer Organisationen könnten dabei eine wichtige Rolle spielen.

 

Der Ehrgeiz der Eltern und ihr Wille, den Kindern einen sozialen Aufstieg zu ermöglichen, bieten gute Voraussetzungen, um türkische Schüler zu besseren Leistungen zu führen. Zugleich müssten die Familien vor herben Enttäuschungen bewahrt werden und lernen, realistische Ziele für ihre Kinder zu setzen und deren Fähigkeiten nicht zu überschätzen. Oft trauen türkische Eltern ihren Kindern viel mehr zu, als diese - ohne zusätzliche Hilfe - leisten können. Ein Vater, der für die Studie befragt wurde, zitierte das Sprichwort: "Wenn du ertrinkst, dann ertrinke in großen Gewässern."

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  • 2 Jahre später...

Neue PISA-Studie

[h=3]Deutsche Schüler werden besser[/h]Deutschlands Schülerinnen und Schüler haben in der aktuellen PISA-Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) besser abgeschnitten als noch 2009. Erstmals lagen die Leistungen der 15-Jährigen in allen drei getesteten Bereichen Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften im internationalen Vergleich deutlich über dem Durchschnitt, teilte die OECD mit.

Der Schwerpunkt der diesjährigen Studie war das Fach Mathematik. Hier waren die deutschen Schülerinnen und Schüler dem Durchschnitt der getesteten Neuntklässer umgerechnet ein halbes Schuljahr voraus. Vor allem leistungsschwache und sozial benachteiligte Schüler schnitten bei dem im vergangenen Jahr vorgenommenen Test besser ab als im Jahr 2003, als das letzte Mal Mathematik im Zentrum der Untersuchung stand. Als problematisch wertete die OECD allerdings, dass die Jungen deutlich besser als die Mädchen in Mathe abschneiden. Dieser Abstand vergrößerte sich seit 2003 noch.

 

[h=4]Asiatische Schüler sind die besten[/h]Spitzenreiter bei der aktuellen PISA-Studie sind die südostasiatischen Länder. In Mathematik finden sich unter den zehn besten Teilnehmern sieben Länder und Regionen aus Asien. Die mit Abstand höchste Punktzahl verzeichnete das chinesische Schanghai, wo die 15-Jährigen umgerechnet fast drei Schuljahre besser abschneiden als im OECD-Durchschnitt. Aber auch die Schüler aus der Schweiz und den Niederlanden finden sich in der weltweiten Mathe-Leistungstabelle unter den zehn Erstplatzierten.

An der Studie nahmen in diesem Jahr rund 510.000 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 15 und 16 Jahren teil, davon rund 5000 aus Deutschland. Insgesamt beteiligten sich 65 Staaten und Regionen.

[h=4]"PISA-Schock" führte zu zahlreichen Reformen[/h]Bei der Veröffentlichung der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 hatten deutsche Schülerinnen und Schüler deutlich schlechter abgeschnitten, vor allem in der wichtigen Disziplin Lesen/Textverständnis. Die Bekanntgabe der Ergebnisse hatte in der Öffentlichkeit den sogenannten "PISA-Schock" ausgelöst. Die Kultusminister der Länder hatten daraufhin zahlreiche Schulreformen auf den Weg gebracht, unter anderem einheitliche Bildungsstandards für alle 16 Bundesländer.

Die PISA-Tests werden alle drei Jahre von der OECD in Paris veranstaltet. An der Studie haben sich alle 34 in der OECD zusammengeschlossenen Industrienationen sowie 31 Partnerländer beteiligt. Die Teilnehmerstaaten repräsentieren über 80 Prozent der Weltwirtschaft.

 

 

Tagesschau, 03.12.2013

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