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[h=1](20.09.2014) Daten zur Religiosität in der Türkei[/h][h=2]DIYANET-STUDIE[/h][h=2]Daten zur Religiosität in der Türkei[/h]Wie religiös sind die Menschen in der Türkei? Eine aktuelle Studie des Religionsamtes Diyanet gibt anhand einer repräsentativen Studie hierzu detaillierte Informationen. Cemil Şahinöz fasst die Ergebnisse zusammen.

Es gibt mehrere Studien über die Religiosität von Muslimen in Deutschland. Was alle gemeinsam haben ist, dass die überwältigende Mehrheit der Muslime – teilweise über 80% – sagt, dass Religion in ihrem Alltag eine große Rolle spielt, unabhängig davon, wie sie die Religion praktizieren.

Nun gibt es auch eine ähnliche Studie aus der Türkei. Diyanet – das Präsidium für Religionsangelegenheiten der Türkeihat in Kooperation mit dem Statistischen Amt der Türkei eine breit angelegte Studie mit dem Titel “Religiöses Leben in der Türkei“ durchgeführt (İkram Arslan, Türkiye´nin %99´u müslüman mı?, 2014). 21632 Personen wurden hierzu befragt. Berücksichtigt wurden alle 81 Provinzen, was noch einmal die Repräsentativität und Aussagekraft der Studie unterstreicht.

Die Studie wurde aufgeteilt in sechs Bereiche: Religiöse Identität, Glaube, Gottesdienst, Religionswissen, Leben und Religion, Religiosität. Einige der Ergebnisse sollen hier wiedergegeben werden.

Rechtsschulen

Schauen wir uns zunächst einmal die Verteilung der Rechtsschulen an. Im Islam gibt es keine Konfessionen wie im Christentum, jedoch Rechtsschulen, die sich zwar nicht in den Glaubensartikeln ändern, jedoch minimal z. B. in den Ausübungen der Gottesdienste.

Wie zu sehen ist und auch zu erwarten war, gehört die Mehrheit der Muslime in der Türkei der hanafitischen Rechtsschule an. 77,5% der Teilnehmer sind hanafitisch, 11,1% sind schafiitisch, 1% Caferitisch, 0,3% malikitisch, 0,1% hanbalitisch. 6,3% geben an, dass sie keiner Rechtsschule angehören und 2,4% wissen ihre Zugehörigkeit nicht.

Glaubenswahrheiten

Bei den Glaubenswahrheiten ergeben sich folgende Ergebnisse: 99,2% der Teilnehmer geben an, dass sie Muslime sind. 98,7% haben keinen Zweifel darüber, dass es einen Schöpfer gibt. 98% bestätigen, dass alles mit Gottes Willen geschieht. 97,7% glauben an die Richtigkeit der Propheten. 96,5% sagen aus, dass alles, was im Koran steht, richtig ist und für alle Zeiten seine Gültigkeit besteht. 96,2% glauben an ein Leben nach dem Tod. 95,3% glauben an die Existenz von Engeln, Dschinn und Teufel.

Hier wird deutlich, dass knapp 100% der Befragten die Glaubenswahrheiten des Islam befürworten. Diese Glaubenswahrheiten sind essentiell im Islam und definieren einen Muslim. Diese Anteile sinken jedoch in Großstädten. Gleiches gilt für steigendes Einkommen. Auch hier gibt es den gleichen negativen Zusammenhang. Die Minderungen sind jedoch minimal.

Gottesdienstliche Handlungen

In Fragen der Orthopraxie gibt es folgende Erkenntnisse: 85% sagen, dass sie die Pilgerfahrt nach Mekka machen würden, wenn sie die Gelegenheit dazu finden. 83,5% geben an, dass sie fasten, wenn es ihre Gesundheit zulässt. 72% der Teilnehmer machen jährlich ihre Zakat-Abgaben. 57,5% besuchen regelmäßig das Freitagsgebet. 42,5% beten fünf-mal am Tag das rituelle Gebet (salat). 16,9% sagen, dass sie das rituelle Gebet (salat) nicht einhalten.

Gerade bei der Einhaltung des rituellen Gebetes (salat) gab es seit Jahrzehnten immer wieder spekulative Zahlen. Diese Studie gibt nun einen repräsentativen Einblick hier zu. Während also die jährlichen Rituale (Pilgerfahrt, Fasten, Zakat) vom Großteil praktiziert werden, sinkt der Anteil beim täglichen Gebet (salat).

Diverse Erkenntnisse

Andere interessante Ergebnisse aus der Studie sind: 92,5% machen Fürbittgebete (dua), auch ohne einen speziellen Grund hierfür zu haben. 92% sagen, dass nach der Standesamtlichen Trauung, auch die Trauung vor einem Imam stattfinden muss. 87,5% bezeichnen sich als religiös. 74,4% fühlen sich unwohl, wenn sie keine Gottesdienste machen. 71,6% der Frauen bedecken sich. 69,5% schlachten ein Opfertier zum Opferfest, wenn sie dazu in der Lage sind. 61,5% geben an, dass durch den Laizismus der Islam frei gelebt werden kann. 50,5% sind der Meinung, dass religiöse Gruppen wichtig sind. 47,4% haben ihr meistes religiöses Wissen im Alter von 6 bis 10 Jahren angeeignet.

46% sind der Meinung, dass Gebotenes und Verbotenes im Kontext der Gegenwart noch einmal bedacht werden müsste. 41,9% können den Koran auf Arabisch lesen. 20,9% geben an, dass es egal ist, was oder wie sie glauben, solange sie moralisch korrekt sind. 7,9% sagen, dass es eins der wichtigsten Kriterien für Religiosität es ist, an wichtigen religiösen Tagen Gottesdienste abzuhalten. 7,1% geben an, dass es nicht gegen das (religiöse) Recht eines anderen verstößt, wenn man sich nicht an die Verkehrsregeln hält. 6,4% sind der Meinung, dass es keine Sünde ist, Alkohol in einer Menge zu trinken, dass nicht betrunken macht.

Praktiken aus vorislamischer Zeit

Aus der gleichen Studie geht hervor, dass 11,7% glauben, dass nicht islamkonforme Praktiken nötig sind, um sich vom Einfluss von bösen Blicken zu befreien. Auch hierzu führte Diyanet in den letzten eine Studie durch (vgl. Zeynep Akgün, Hurafeler inanç eksikliğinin göstergesi, 2014). Diese kam zum Ergebnis, dass viele Praktiken einen vorislamischen Hintergrund haben. 1380 unterschiedliche Praktiken konnten dazu festgestellt werden. Die meisten thematisierten die Familie.

Die Bereiche lassen sich aufteilen in: 335 Familie, 319 Glück und Unglück, 272 Beerdigung, 78 Gesundheit, 73 Grabmal, 49 Frühlingsfest Hıdırellez, 39 Leben nimmt einen positiven Weg ein, 36 rituelles Gebet (salat), 31 Böser Blick, 26 Fürbittgebet (dua), 25 Opfer, 23 Pilgerfahrt, 17 Religiöse Tage, 12 Gast, 12 Feiertage, 9 Zauber, Fluch, 9 Dschinn, Geister, 8 Aschura, 7 Gebotenes-Verbotenes, 6 Amulett, 2 Sonnen- und Mondfinsternis.

Die Ergebnisse beider Studien liefern einen wichtigen Einblick in die Religiosität der Türkei. Wo bisher nur spekuliert werden konnte, gibt es nun eine erste repräsentative Studie, mit der sich viele neue Forschungsfelder eröffnen.

 

 

Cemil Sahinöz, IslamIQ, 20.09.2014

http://www.islamiq.de/2014/09/20/diyanet-studie-daten-zur-religiositaet-der-tuerkei/

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