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Merkel trifft Obama

45 Minuten Freundlichkeit

Von Günter Bannas, Washington

 

14. April 2010 - In den Katakomben des Convention Centers, dem nach dem ersten frei gewählten Bürgermeister Walter E. Washington genannten größten Gebäude der Stadt, haben der amerikanische Präsident Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel etwa 45 Minuten mit einander geredet, und es war wohl nicht ganz zufällig, dass die Unterredung - nach den offiziösen Mitteilungen jedenfalls - genau fünf Minuten länger währte als die Gespräche Frau Merkels mit dem chinesischen Staatspräsidenten Hu und dem indischen Ministerpräsidenten Singh.

 

Derlei zweiseitige Gespräche gehören zum diplomatischen Protokoll internationaler Konferenzen, wie es die zum Sicherheit nuklearen Materials in der Welt eine war. Als Terminus hat sich der Begriff „bilaterals“ eingebürgert. Und als verbürgt scheint zu sein, dass sich „am Rande“ von Konferenzen nicht unbedingt grobe Unfreundlichkeiten ins Gesicht gesagt werden - sollen doch die eigentlichen Anlässe der Veranstaltungen selber nicht unter Randgeschehnissen leiden. Obama und Frau Merkel also haben freundlich miteinander gesprochen - am Ende eines langen Tages und unmittelbar vor dem Abflug des deutschen Gastes nach Kalifornien.

 

Der Amerikaner und die Deutsche suchten sich einvernehmlich zu präsentieren, auch wenn der gemeinsame Auftritt vor Medien - großen und kleinen Kameras also - nur gefühlte zehn Sekunden währte. Es war auch nicht ein Gespräch „unter vier Augen“, dem Obama und Frau Merkel zu Kopfe vorsaßen.

Dissonanzen in der Vergangenheit

Hochrangig war die amerikanische Delegation - Außenministerin Hillary Clinton, Finanzminister Geithner unter anderen. Die protokollarische Bedeutung des Gesprächs sollte unterstrichen werden. Die unschönen Berichte und die Begebenheiten von früher sollten der Vergangenheit angehören.

 

Frau Merkels Verdikt beispielsweise zählte dazu, dass Obama, als er noch nicht Präsident war, nicht etwa vor dem Brandenburger Tor sprechen solle, woraus lange geschlossen wurde, Frau Merkel könne den Präsidenten nicht leiden, missgönne ihm den Wahlerfolg und halte ihn auf innenpolitischen Feld für einen Konkurrenten - als sei der Präsident ein Sozialdemokrat.

 

Auch die Besonderheit des Besuches Frau Merkels im vergangenen Jahr gehörte dazu, als sie zunächst ein wohlig gefeierte Rede vor den Abgeordneten auf dem Kapitolhügel hielt und auf dem Nachhauseweg erfahren musste, zu ihrer Überraschung sei General Motors nun doch nicht zum Verkauf von Opel bereit, was Obama wiederum Stunden vorher nicht gewusst haben wollte.

Geübte Konversationen aus Video-Konferenzen

Solche Dinge werden ausgeklammert. Zu knapp wäre die Zeit für derlei Beziehungsdebatten. Sie können es auch. Offenbar haben Obama und Frau Merkel einen Gesprächsmodus entwickelt, der in kurzer Zeit viel sagen lässt. Es soll schnell hin und her gehen. Manchmal reichen Stichworte. Es ist hilfreich, dass die beiden - wie vordem auch Frau Merkel mit George W. Bush - regelmäßig sogenannte Video-Konferenzen abhalten. Seit neustem sind es nun Vierer-Konferenzen. Obama spricht dann gleichzeitig mit Frau Merkel, dem französischen Präsidenten Sarkozy und dem britischen Premierminister Brown.

 

Vieles hatten die Berater vorbereitet und über Medien auch bekannt gemacht. Obama also sprach seinen Wunsch erst gar nicht an, dass Deutschland einige Häftlinge aus Guantánamo aufnehmen möge. Er - oder wenigstens seine Berater - dürfte gewusst haben, dass sich einerseits die in der deutschen Innenpolitik mächtigen Bundesländer sperrten, andererseits aber Frau Merkel sein Anliegen unterstütze.

 

Die vom Bundesinnenministerium eingeleitete wohlwollende Prüfung der Sache war im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt beschlossen worden. Auch anderes kam in dem Gespräch nicht zur Sprache - die Strafzahlungen von Daimler wegen Bestechungsgeldern, die nach amerikanischem Recht verhängt worden waren, oder auch die Beschaffung von Tankflugzeugen für die amerikanische Luftwaffe, welchen Auftrag eigentlich schon das europäische Airbus-Unternehmen erhalten hatte. Bilaterale Meinungsverschiedenheiten wurden nicht angesprochen. Multilateral herrschte Konsens.

 

Im Mittelpunkt des Gespräches standen Angelegenheiten des Nahen und Mittleren Osten: Die Lage in Afghanistan, die Notwendigkeit einer verbesserten Ausrüstung der Armee und die Skepsis gegenüber dem einst hofierten Präsidenten Karzai. Sodann die seit Jahren offenen Forderungen, Iran mit einigen Wirtschaftssanktionen von seinem Atom-Programm abzubringen, damit verbunden die komplizierte und nun mit neuem Optimismus scheinbar beantwortete Frage, ob Russland und China dafür zu gewinnen seien und auch die angebliche Analyse, wie Israel reagieren könnte, wenn der Iran sanktionslos aufrüste.

 

Im Gespräch mit Hu kam Ähnliches zur Sprache - und auch der nun für den Juli geplante Besuch Frau Merkels in China. An diesem Samstag werden sich Obama und Frau Merkel wieder begegnen. Der amerikanische Präsident und die deutsche Bundeskanzlerin nehmen an den Trauerfeiern in Krakau in Polen teil.

Text: FAZ.NET

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