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Imam-Ausbildung soll bei Integration helfen

 

Über 90 Prozent der in Deutschland tätigen Imame kommen aus der Türkei. Über die Kultur ihres Gastlandes wissen die islamischen Vorbeter meist nur sehr wenig. Das soll sich nun ändern – mit einem neuen Studiengang.

Niedersachsen will als erstes Bundesland bei der Ausbildung von Imamen neue Wege beschreiten. In drei Jahren soll es in Osnabrück los gehen - dann sollen dort an einem islamischen Institut muslimische Geistliche ausgebildet werden. Das sei längst überfällig, sagt der Göttinger Politikwissenschaftler Bassam Tibi, der sich seit Jahren für einen "Euro-Islam" stark macht. "Wir haben in Deutschland 2600 Moscheen, aber ich kenne keinen einzigen Imam in einer Moschee, der eine europäische Ausbildung hat. Wie sollen die Imame den hier lebenden Muslimen zeigen, wie sie zu leben haben. Dieser Imam würde mir eher sagen: Ich darf mich nicht integrieren", meint Bassam Tibi. Der gebürtige Syrer kritisiert, dass sich die islamischen Geistlichen theologisch und von ihrem traditionalistischen Verständnis her oft nur ihren Herkunftsländern verbunden fühlen.

 

Bülent Ucar, Professor für Islamische Religionspädagogik in Osnabrück, fordert Konsequenzen. Es sei von größter Bedeutung für eine authentische Entwicklung des Islams in Deutschland, dass man auch hier vor Ort Imame ausbilde. "Nur so können wir religiöse Führer haben, die auch über Land und Leute informiert sind, die die kulturellen Sensibilitäten in Deutschland kennen und entsprechend in ihrer Gemeindearbeit reagieren können", unterstreicht Ucar.

Imame als Religionslehrer

Das sieht auch Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) so. In seiner Funktion als Integrationsminister oblag es ihm anzukündigen, dass in Osnabrück Angebote zur Imamausbildung gestartet werden. Zunächst soll ein Weiterbildungsstudiengang angeboten werden. Diejenigen Imame, die aus der Türkei kommen, können dann in Osnabrück drei Semester Religionspädagogik, Staatskunde und auch Deutschkurse belegen.

Bislang läuft die Ausbildung eher umgekehrt: Selbst die türkischstämmigen, deutschen Muslime gehen in die Türkei, um sich dort zum Imam ausbilden zu lassen. Innenminister Schünemann will nun mit der Schura, einer landesweiten Konferenz muslimischer Verbände und dem DITIB, dem staatlichen Verband türkisch-muslimischer Moscheegemeinden, zusammenarbeiten, um die Imamausbildung hier zu etablieren.

 

Niedersachsen sieht sich als Vorreiter. Das Interesse aus anderen Bundesländern zeige, so Schünemann, dass die Imamausbildung künftig wohl auch an weiteren Hochschulen angeboten werde. "Es ist auch daran gedacht, neben dem Bachelor-Studiengang noch einen Master draufzusetzen, um diese Imame auch für den islamischen Religionsunterricht einzusetzen." Das hätte einen doppelten Effekt: einerseits werden dringend islamische Religionslehrer gesucht, andererseits stehen die Moscheegemeinden vor dem Problem, dass sie ihre Imame nicht selbst finanzieren können. In der Regel erhalten die meisten Imame bislang ihr Gehalt aus der Türkei; die Gemeinden kommen nur für Unterkunft und Verpflegung auf. Der Plan des Innenministers: "Wir würden 50 Prozent der Arbeitszeit in der Schule anbieten; damit könnte ein Imam ein Grundgehalt bekommen und damit wären die Moscheegemeinden in der Lage, ihre Imame dann auch selbst anzustellen."

Mühsamer Weg

Allerdings sind die Widerstände bei muslimischen Geistlichen noch sehr groß. Rund ein Fünftel der Imane, die in deutschen Moscheen predigen, gehört einer fundamentalistisch-konservativen Strömung an. So das Ergebnis einer aktuellen Studie des Duisburger Sozialwissenschaftlers Rauf Ceylan. Für viele der in Deutschland tätigen Imame sei nur derjenige ein richtiger Imam, der von Kindesbeinen an in der muslimischen Gemeinschaft des Herkunftslandes ausgebildet worden sei. Integration steht bei der Mehrzahl der muslimischen Geistlichen – so ein Ergebnis der Studie – nicht sehr hoch im Kurs.

 

Autor: Michael Hollenbach

Redaktion: Klaus Krämer

 

© Deutsche Welle, 06.07.2009

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