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Sucht Friedrich weltanschaulich genehme Bewerber?

 

Die Affäre um Parteibuchwirtschaft im Innenministerium weitet sich aus. Nach Medienberichten soll ein Abteilungsleiter in Friedrichs Ministerium als christlich-konservativer Netzwerker unterwegs sein. Von Ulrich Clauß

Nach parlamentarischen Anfragen von SPD und Grünen im Bundestag wegen angeblicher Parteibuchwirtschaft im Bundesinnenministerium (BMI) bei der Auswahl von Juristen zieht die Angelegenheit nun weitere Kreise. Wie die Wochenzeitung "Zeit" in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, sollen nicht nur Parteimitglieder von CDU und CSU, sondern darüber hinaus dezidiert christliche Bewerber vorgezogen worden sein – entgegen der nach Fachqualifikation erstellten Bewerberrangliste.

"Das Bundesinnenministerium bevorzugt christliche Bewerber. Dahinter steckt der Versuch eines Kulturwandels", titelt das Blatt. Im Zentrum der umstrittenen Vorgänge steht Johannes Paul Fietz (CDU), Leiter der unter anderem für Personalgewinnung zuständigen Zentralabteilung im Hause von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

Die "Welt" hatte nach Einsicht in das ursprünglich im Auftrag des BMI vom Bundesverwaltungsamt unter 470 Bewerbern vorgenommene Ranking zur Besetzung von 24 Juristenstellen eine nachträgliche Bevorzugung von CDU-Mitgliedern, Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie von Bewerbern mit organisatorischer Anbindung an katholisch-konservative Organisationen festgestellt.

Nachts in Heimarbeit Bewerberlisten umgestellt

 

Wie die "Welt" aus Ministeriumskreisen erfuhr, hatte eine Fietz-Mitarbeiterin die Bewerberlisten in Heimarbeit auf weltanschaulich genehme Kandidaten hin durchforstet und umsortiert. Mangelnde Fremdsprachenkenntnisse der auf diesem Wege vorrangig behandelten Bewerber sollen vertuscht und die Gewichtung der Einstellungskriterien, die vom BMI selbst per Erlass aufgestellt wurden, geändert worden sein.

Außerdem sollen behinderte Bewerber erheblich benachteiligt und bei Bewerbungsgesprächen manipulativen Fragestellungen ausgesetzt worden sein. Entsprechende Aussagen von einem Bewerber liegen der Redaktion vor. Das BMI bestritt alle diese Vorwürfe jedoch entschieden. Mit Bezug auf "Welt"-Recherchen zu Praktiken bei Stellenbesetzungen im Hause von Bundesinnenminister Friedrich hatte die SPD von "Plünderungen" des Hauses durch "Unions-Amigos" gesprochen.

"Apparat von innen grundsätzlich verändert"

 

Wie auch schon Recherchen der "Welt" ergeben hatten, steht laut "Zeit"-Bericht BMI-Zentralabteilungsleiter Fietz im Zentrum der Kritik. "Schon seit geraumer Zeit baue Fietz ein konservativ-katholisches Juristennetzwerk im BMI auf und dränge Andersdenkende an den Rand", zitiert das Blatt Mitarbeiter des Innenministeriums.

"Besonders daran sei, dass dieses Netzwerk 'von unten' geknüpft werde, vor allem den Führungsnachwuchs einbinde und sich somit von den – auch in anderen Ministerien üblichen – Parteibuch-Besetzungen 'von oben' unterscheide", heißt es weiter. "Hier wird der Apparat von innen grundsätzlich verändert," ist weiter zu lesen.

Der "heimliche starke Mann" zieht die Fäden

 

Hintergrund sei die weltanschauliche Orientierung von BMI-Zentralabteilungsleiter Fietz, dem "heimlichen starken Mann im Ministerium", wie sich BMI-Mitarbeiter zitieren lassen. Als Mitherausgeber des Anti-Abtreibungsbuches "Auf Leben und Tod" sowie Autor der von zwei Dominikanern herausgegebenen Zeitschrift "Die neue Ordnung" hänge Fietz einer Denkrichtung an, die vor "Selbstsekularisierung der Kirche" warne und nicht im islamischen Fundamentalismus, sondern im Islam allgemein eine Gefahr sehe – und dieser weltanschaulichen Orientierung personalpolitisch im Innenministerium mit dubiosen Mitteln Geltung verschaffe.

"Eine neue Ordnung, so scheint es, hat sich Fietz nun auch im Innenministerium geschaffen", heißt es im Resümee.

Bei der umstrittenen Juristen-Besetzungssaktion im BMI ist es offenbar auch zu massiven Datenschutzverletzungen gekommen. Wie eine dieser Redaktion vorliegende E-Mail des Innenministeriums an einen der Bewerber ausweist, wurden offenbar versehentlich in die Adresszeile von Absage-Mails die E-Mail-Adressen von Dutzenden weiterer Bewerber kopiert.

Auch der Datenschutz wurde missachtet

 

Da diese E-Mail-Adressen aus klarschriftlichen Namen bestehen, waren also Bewerber untereinander über ihre Bewerbungen informiert, was einen Bruch der gebotenen Vertraulichkeit darstellt und ein weiterer Anlass für Schadensersatzklagen abgewiesener Bewerber sein könnte.

Auf neuerliche Anfrage der "Welt" ließ das BMI alle Vorwürfe zurückweisen. Die Einstellungen erfolgten "im Einklang mit Grundgesetz und Bundesbeamtengesetz", hieß es. "Daher spielte auch im aktuellen Juristenauswahlverfahren eine parteipolitische Orientierung ebenso wenig eine Rolle wie die Glaubenszugehörigkeit der Bewerber", so weiter.

Zuvor schon hatte BMI-Staatssekretär Christoph Bergner (CDU) im Bundestag gleichlautende Vorwürfe zurückgewiesen und stritt dabei die mehrfach dokumentierte Existenz von Bewerberranglisten im Ministerium schlicht ab.

 

Welt, 22.05.2013

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08.05.13[h=2]CDU-Bevorzugung[/h][h=1]"Ministerium zum Plündern für Unions-Amigos frei"[/h]Nach "Welt"-Recherchen zur Bevorzugung von CDU-Parteimitgliedern bei Stellenbesetzungen im Bundesinnenministerium spricht die SPD von "Plünderungen" des Hauses durch "Unions-Amigos". Von Ulrich Clauß

 

Recherchen der "Welt" zur Bevorzugung von CDU-Parteimitgliedern bei der Besetzung von 24 Juristenstellen im Bundesinnenministerium (BMI) werden jetzt ein parlamentarisches Nachspiel haben. So bereitet die SPD-Fraktion im Bundestag eine Anfrage an die Bundesregierung vor, um dem Verdacht der Parteibuchwirtschaft im BMI nachzugehen.

Die SPD wirft Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in diesem Zusammenhang vor, "sein Ministerium zum Plündern für seine Unions-Amigos freizugeben", wie der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, zur "Welt" sagte. Zu den Ungereimtheiten der Personalpolitik im Hause Friedrichs sagte Hartmann weiter: "Das ist Vetternwirtschaft, wie sie selbst in Bayern kaum noch denkbar ist." Die SPD fordere bis zur Klärung der schwerwiegenden Vorwürfe Stopp und Aussetzung des Verfahrens.

Die "Welt" hatte nach Einsicht in das ursprünglich im Auftrag des BMI vom Bundesverwaltungsamt unter 470 Bewerbern vorgenommene Ranking eine nachträgliche Bevorzugung von CDU-Mitgliedern und Stipendiaten der Konrad-Adenauer Stiftung festgestellt. Außerdem sollen behinderte Bewerber massiv benachteiligt und bei Bewerbungsgesprächen manipulativen Fragestellungen ausgesetzt worden sein. Entsprechende Aussagen von einem Bewerber liegen der Redaktion vor.

[h=2]Laut Obfrau handelte BMI "wortwörtlich parteiisch"[/h]Gestützt wurden diese Recherchen durch eine entsprechende Eidesstattliche Erklärung der Behinderten-Obfrau des BMI. Diese hatte zu den Bewerberrochaden im Hause von Hans-Peter Friedrich erklärt: Das BMI sei "ohne nachvollziehbare Gründe von der durch das Bundesverwaltungsamt erstellten Liste" abgewichen – "im wahrsten Sinne des Wortes parteiisch".

In der Anfrage, die nun am Mittwoch von der SPD-Fraktion auf den Weg gebracht wird, heißt es: "Nach einem Bericht der Zeitung 'Die Welt' vom 7. Mai 2013 soll es bei einem Juristenauswahlverfahren im Bundesministerium des Innern zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein, die Zweifel an einer Personalauswahl gemäß Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes nach der 'Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung' der Bewerberinnen und Bewerber begründen."

Die insgesamt 21 Fragen umfassende SPD-Anfrage zielt unter anderem auf die Klärung der Rolle von BMI-Ministerialdirektor Fietz (CDU), dem Leiter der Zentralabteilung von Hans-Peter Friedrichs Ministerium. In der Verantwortung von Fietz soll es zu den nicht nachvollziehbaren Umstellungen in den Bewerberranglisten zu Gunsten von CDU-Mitgliedern gekommen sein.

[h=2]Bewerber trotz Täuschungsversuch nicht ausgeschlossen[/h]Des weiteren versucht die SPD mit der Anfrage zu klären, wie es zur Auswahl von Bewerbern mit ganz offensichtlich mangelnden Fremdsprachenkenntnissen kommen konnte und fragt: "Wie begründet es das BMI, dass Bewerberinnen und Bewerber, die offensichtlich unzutreffende Angaben über ihre Sprachkenntnisse gemacht und damit mindestens versucht haben, sich die Teilnahme am sog. Assessment Center durch Täuschung zu erschleichen, nicht vom weiteren Verfahren ausgeschlossen und durch Nachrücker ersetzt wurden?"

Weiter will die SPD-Fraktion in der Anfrage wissen, wie es zu erklären sei, "dass mindestens die Hälfte aller erfolgreichen Bewerberinnen und Bewerber über eine oder mehrere der folgenden Eigenschaften verfügen: Mitgliedschaft bzw. Funktionärstätigkeit in der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands oder der Christlich-Sozialen Union in Bayern, Verwandtschaft mit Abgeordneten oder Berufstätigkeit für Abgeordnete dieser Parteien oder für die Konrad-Adenauer-Stiftung?"

"Welt"-Recherchen zufolge wurden bei der Änderung der Bewerberreihenfolge im BMI zu Gunsten von Unions-Sympathisanten oder -Mitgliedern K.-O.-Kriterien ignoriert, die zuvor selbst vom BMI per Erlass festgelegt worden waren. Das Bundesinnenministerium hat bislang jede Unregelmäßigkeit bei dieser größten Einstellungswelle von Juristen in der jüngeren Geschichte des Hauses abgestritten.

 

 

Welt, 08.05.2013

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