yilmaz Geschrieben 10. November 2010 Teilen Geschrieben 10. November 2010 (bearbeitet) Der türkische Botschafter hat Österreich nicht beschimpft, er hat nur klar gesagt, wie es um die heimische Integrationspolitik bestellt ist Aber hallo. Es gibt tatsächlich zur Abwechslung einen Botschafter, der nicht den üblichen Diplomatensprech verwendet und viel bei Cocktail-Empfängen dampfplaudert, aber trotzdem nichts sagt. Kadri Ecved Tezcan sein Name, türkischer Botschafter in Wien. Es ist nicht nur erfrischend, dass ein Vertreter seiner Zunft sich endlich einmal konstruktiv an der politischen Debatte in Österreich beteiligt, sondern er hat hat auch noch Recht mit dem, was er sagt. Gehen wir seine Aussagen durch: Tezcan: "Warum habt ihr 110.000 Türken eingebürgert?" link: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/608981/Tezcan_Warum-habt-ihr-110000-Tuerken-eingebuergert?_vl_backlink=/home/politik/innenpolitik/609016/index.do&direct=609016 Tezcan kritisiert vor allem die verbesserungswürdige österreichische Integrationspolitik. Probleme haben hier in der Vergangenheit alle heimischen Parteien und auch die Vertreter der sogenannten Zivilgesellschaft und die unterschiedlichen Kirchen eingeräumt. Tezcan sagt, Innenministerin Fekter befinde sich in der „falschen Partei“. Eine ÖVP-Ministerin, die erst nach medialer Großaufregung im Kleinformat die Abschiebung von Kindern humaner gestalten wollte, wirkt tatsächlich nicht besonders christlich-sozial. Anm.: siehe u.a. Skandalöse Babyabschiebung beweist Alltagswahnsinn der Ausländergesetze: http://www.gruene.at/menschenrechte/artikel/lesen/67698/ http://de.wikipedia.org/wiki/Asylfall_Familie_Zogaj Drei Halbwaisen vor Abschiebung in die Mongolei: http://www.heute.at/news/oesterreich/bundeslaender/Drei-Halbwaisen-vor-Abschiebung-in-die-Mongolei;art1303,452658 Auch mit seiner Einschätzung von FPÖ und SPÖ liegt Tezcan völlig richtig: „Strache hat keine Idee, wie sich die Welt entwickelt. Ich habe auch noch nie eine sozialdemokratische Partei wie in diesem Land gesehen. Normalerweise verteidigen Sozialdemokraten die Rechte von Menschen, wo immer sie auch herkommen. ‚Wenn wir etwas dazu sagen, bekommt Strache mehr Stimmen.‘ Das ist unglaublich.“ Laura Rudas sollte sich das ausdrucken und in der Parteizentrale aufhängen. Bei der folgenden Aussage untertreibt Tezcan sogar: „Wenn Türken in Wien Wohnungen beantragen, werden sie immer in dieselbe Gegend geschickt, gleichzeitig wirft man ihnen vor, Ghettos zu formen. Und österreichische Familie schicken ihre Kinder nicht an Schulen, in denen ethnische Minderheiten die Mehrheit stellen. So werden Türken in die Ecke gedrängt.“ Tatsächlich ist es nämlich so, dass österreichische Familien schon ihre Kleinkinder nicht in die Kindergärten schicken, in denen zu viele „Ausländer“ sind. Das Sprachproblem erfasst Tezcan auch völlig richtig: „In den letzten 20 Jahren haben uns österreichische Regierungen nicht erlaubt, Lehrer aus der Türkei zu holen, um die Kinder in Türkisch zu unterrichten. Wenn Kinder ihre Muttersprache nicht korrekt lernen, werden sie auch eine andere Sprache nicht gut erfassen.“ Das sagen Sprachwissenschafter in Österreich auch immer wieder. Der Botschafter betont auch, dass er seinen Landsleuten immer wieder erklärt, wie wichtig es sei, Deutsch zu lernen. Dass Tezcan Türkisch als Maturasprache fordert, geht freilich doch eine Spur zu weit, hier gibt es noch Diskussionsbedarf. Bei einer Aussage liegt der türkische Botschafter schließlich nicht ganz richtig, weil er vermutlich noch nicht im tiefsten Kärnten oder in den wildesten Gegenden des Burgenlandes war: „Es ist ein großer Unterschied zwischen Wien und dem Rest Österreichs. Wenn ich Wien verlasse, sind alle gastfreundlicher.“ In Summe hat Tezcan einen wichtigen und inhaltlich interessanten Beitrag zur Integrationsdebatte abgegeben, den die heimische Politik aufgreifen sollte, um das Verhältnis zur Türkei und den türkischen Migranten neu zu ordnen - bzw. überhaupt einmal tiefergehend zu besprechen. Die wehleidige Reaktion – vor allem von Seiten der ÖVP, die vor allem wegen der Kritik an Fekter von „inakzeptablen“ (Pröll, Faymann) und „respektlosen“ (Spindelegger) Aussagen spricht – zeigt, wie richtig er liegt, wenn er sagt: „Warum habt ihr 110.000 Türken eingebürgert? Wie konntet ihr sie als Bürger akzeptieren, wenn es so ein großes Integrationsproblem mit ihnen gibt? Ihr müsst mit ihnen reden.“ Man muss freilich nicht alles gutheißen, was Tezcan sagt. Aber auf die Debatte einlassen sollte sich die heimische Politik schon, auch wenn Maria Fekter noch so "erzürnt" ist, wenn man ihr den Spiegel vorhält. (Rainer Schüller, derStandard.at, 10.11.2010) Bearbeitet 11. November 2010 von yilmaz Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
yilmaz Geschrieben 11. November 2010 Autor Teilen Geschrieben 11. November 2010 Türkischer Botschafter wird nicht „Persona non grata“ Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) wird den türkischen Botschafter in Wien, Kadri Ecvet Tezcan, nach dessen Österreich-Kritik in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ (Mittwoch-Ausgabe) nicht zur „Persona non grata“, zur unerwünschten Person, erklären. Er werde das „ganz bewusst“ nicht tun, da man bei einem Vorfall wie diesem nicht gleich ein ganzes Staatsgebilde infrage stellen solle, so Spindelegger gestern Abend im ZIB2-Interview. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu habe Spindelegger telefonisch versichert, dass die Aussagen Tezcans nichts mit der offiziellen Haltung der Türkei zu tun hätten, sondern der Inhalt des Interviews dessen „Privatmeinung“ gewesen sei. Nach seiner harschen Kritik an Österreichs Integrationspolitik wurde Tezcan gestern ins Wiener Außenministerium zitiert. Tezcan selbst rechtfertigt sich damit, er habe eine Debatte über die „ungerechten Zustände“ im Umgang mit der türkischen Gemeinschaft anstoßen wollen. Inhaltliche Zustimmung zu Botschafter-Kritik Die Art der Kritik sorgte in Österreich für große politische Aufregung. Aber inhaltlich gibt es durchaus Stimmen, die dem türkischen Botschafter darin recht geben, dass bei der Integration der Zuwanderer einiges schiefgegangen ist. Eine davon ist Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. Er sagt, Gemeinden, Länder und Bund hätten versagt. Mehr dazu:http://oe1.orf.at/artikel/261496 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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