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Löhner Familie trauert um totgeprügelten Vater

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Susanne Barth

Aktualisiert am NW, 18.05.2015, 20:42 Uhr

Obduktion: 49-Jähriger starb an Schädelhirntrauma

 

Harun Aydurmus liebte das Kochen.

HARUN AYDURMUS LIEBTE DAS KOCHEN.

Löhne. 49 Jahre alt ist Harun Aydurmus geworden. Der Familienvater ist nach der Prügelattacke am Bahnhof in Löhne an einem Schädelhirntrauma gestorben. Die Familie hatte sich Samstagabend entschlossen, die Maschinen auszuschalten. Ehefrau Yasime und die sechs Kinder trauern. Inzwischen gibt es erste Hinweise darauf, wie stark der mutmaßliche Haupttäter (26) angetrunken war – was Folgen für ein späteres Strafverfahren hätte.

 

Gerahmte Fotos von Harun Aydurmus stehen auf dem Regal im Wohnzimmer, der letzte Blumenstrauß mit pinkfarbigen Rosen an seine Ehefrau in einer Vase. Anekdoten bringen sie trotz der schweren Zeit immer wieder zum Lachen: „Wir wollen uns an die schönen Dinge erinnern. Das hilft uns durch die Trauerphase“, sagt Tochter Songül. „Er ist überall, er hat uns viele Erinnerungen hinterlassen“, so die 25-Jährige. Sie sitzt gemeinsam mit ihren Schwestern Sibel (28) und Selim (11), den Brüdern Kaan (14) und Kerem Murat (8), Mutter Yasime und Oma Nazmiye auf dem Sofa und erzählt.

 

Trauern um Harun Aydurmus: Familie und Freunde sitzen im heimischen Wohnzimmer des sechsfachen Familienvaters zusammen. - © Susanne Barth

TRAUERN UM HARUN AYDURMUS: FAMILIE UND FREUNDE SITZEN IM HEIMISCHEN WOHNZIMMER DES SECHSFACHEN FAMILIENVATERS ZUSAMMEN. | © SUSANNE BARTH

Über die Witze, die ihr Vater immer gerissen hat („i love evribodi“), über seine Leidenschaft zum Kochen und zum Schreiben („wir haben in seinem Schrank viele Liebesbriefe und Gedichte gefunden“), von seiner lebensbejahenden Art, seinem offenen Wesen.

 

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Tochter unter Schock

 

„Er wollte aus jedem Tag etwas Gutes ziehen und das wollen wir jetzt auch machen“, sagt Sibel. Die älteste Tochter steht immer noch unter Schock. „Es ist so ein sinnloser Tod, ich kann es nicht verstehen“, sagt sie mit Tränen in den Augen. Dennoch sagt die 28-Jährige, die in Bielefeld lebt, auch, dass sie keinen Hass gegenüber den Tätern verspüre. „Ich spüre nichts, ich bin nur leer.“

 

Harun Aydurmus wurde am vergangenen Donnerstag Opfer einer Prügelattacke. Am Vatertag war er den Tag über mit seinen jüngsten Kindern in Herford schwimmen. Abends gegen 21 Uhr hat er seine Tochter Selma, die ebenfalls in Bielefeld lebt, zum Bahnhof gebracht. Nachdem der 49-Jährige sie aus dem Wagen gelassen hat, ging Selma in die Bahnhofshalle, um sich ein Ticket zu kaufen. Ihr Vater fuhr zur Ausfahrt, wo eine fünfköpfige Gruppe ihn daran hinderte, den Parkplatz zu verlassen.

 

Daraufhin sei es zum Streit gekommen. Wie die Polizei bestätigte, wurde Harun Aydurmus von fünf russisch-stämmigen Männern angegriffen. Zum Verhängnis wurde ihm der Spatenstiel, mit dem er sich gegen seine Angreifer wehren wollte. Gegen die Übermacht konnte er nicht viel ausrichten.

 

Mehrfach auf den Kopf geschlagen

 

Die Männer entrissen ihm den Spaten und attackierten ihn. Der 26-jährige Hauptverdächtige aus Bad Salzuflen habe ihn damit mehrfach auf den Kopf geschlagen. Dabei erlitt der Deutschtürke, der seit seinem elften Lebensjahr in Löhne wohnt, so schwere Kopfverletzungen, das sie später zum Tod führten.

 

„Es gibt bisher keine Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund“, erklärte Christoph Mackel, der Sprecher der Bielefelder Staatsanwaltschaft. Der mutmaßliche Haupttäter war am Freitag von der Polizei vernommen worden. Er stand zur Tatzeit massiv unter Alkohol. Etwa 2,3 Promille pustete er mehr als eine Stunde nach dem Übergriff am Löhner Bahnhof. Das Ergebnis der Blutprobe, das aber entscheidend ist, liegt noch nicht vor. „Angesichts dieses Wertes stellte sich die Frage der verminderten Schuldfähigkeit“, so Lutz Klose, der Strafverteidiger des Bad Salzuflers.

 

Gegen die weiteren Beteiligten aus der Gruppe, die das Opfer unter anderem getreten haben sollen, werde wegen Körperverletzung und Nötigung ermittelt. Abschließend, so Staatsanwalt Mackel, werde er aber erst dann entscheiden, wenn die Zeugenaussagen vorliegen.

 

Der 26-Jährige habe gesagt, dass er das Opfer nach seiner Erinnerung nicht mit dem Spatenstiel geschlagen habe. Das Opfer müsse gestürzt sein und sich dabei die Kopfverletzungen zugezogen haben.

 

Ergebnis der Obduktion

 

Nach dem ersten Obduktionsergebnis, das am Montag vorgelegt wurde, starb Harun Aydurmus an einem Schädelhirntrauma. Weitere Untersuchungen stehen aber noch aus.

 

Sein Mandant sei bisher auch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten, so Strafverteidiger Klose weiter. Der 26-Jährige habe seine Schule und seine Ausbildung absolviert und sei dann wegen seiner Leistung auch von seinem Ausbildungsbetrieb übernommen worden. Bislang habe sich der 26-Jährige nichts zu Schulden kommen lassen. Es sei das schreckliche Ende eines Vatertagsausflugs.

 

Am Dienstag verabschiedet seine Familie Harun endgültig. Die Trauerfeier beginnt um 12.30 Uhr in der Moschee an der Werster Straße. Dort wird er unter Gebeten traditionell gewaschen, bevor er auf dem muslimischen Friedhof in Mahnen beigesetzt wird.

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