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Gründung "Muslimisches Forum Deutschland"

 

Konrad Adenauer Stiftung

Berlin, 22. Apr. 2015

 

Auf Initiative der Konrad-Adenauer-Stiftung hat sich das „Muslimische Forum Deutschland“ gegründet.

Dem Forum gehören Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus Wissenschaft, Journalismus und weiteren Gebieten an. Einzigartig ist die ethnische und religiöse Vielfalt des Forums. So zählen neben Sunniten und Schiiten auch Aleviten, Yeziden und christliche Unterstützer zu den Teilnehmern des Forums. Die Teilnehmer des Forums treten für Demokratie und Menschenrechte ein und möchten der Mehrzahl der in Deutschland lebenden und bisher nicht vertretenen Muslime Gehör verschaffen. Hierzu wurde am 11. April 2015 in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin eine Gründungserklärung (s. PDF-Download oben) verabschiedet.

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PRESSEMITTEILUNGEN | 25/2015

 

„Muslimisches Forum Deutschland“ gegründet

 

Berlin, 22. Apr. 2015

Auf Initiative der Konrad-Adenauer-Stiftung hat sich das „Muslimische Forum Deutschland“ gegründet. Dem Forum gehören Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens an, vor allem aus der Wissenschaft und den Medien. Einzigartig ist die ethnische und religiöse Vielfalt des Forums. So zählen neben Sunniten und Schiiten auch Aleviten, Yeziden und christliche Unterstützer zu den Teilnehmern des Forums. Sie treten für Demokratie und Menschenrechte ein und möchten der Mehrzahl der in Deutschland lebenden und bisher nicht vertretenen Muslime Gehör verschaffen. In ihrer Gründungserklärung beschreiben sie es als ihr Ziel, den „humanistisch orientierten Muslimen eine Stimme zu verleihen“. Auf diesem Weg möchten sie als Bürger in Deutschland aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft und der Verteidigung der Menschenrechte mitwirken.

Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung und ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Dr. Hans-Gert Pöttering, sieht das „Muslimische Forum Deutschland“ mit seiner ethnischen und religiösen Vielfalt als eine wichtige Bereicherung in der aktuellen Debatte über den Islam in Deutschland: „Durch die Betonung individueller Freiheitsrechte und durch das klare Bekenntnis zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der europäischen Menschenrechtskonvention gibt dieses Forum einer großen Mehrheit von Muslimen in Deutschland eine Stimme. Ich freue mich sehr, dass die Konrad-Adenauer-Stiftung einen Beitrag dazu leisten kann, Personen des öffentlichen Lebens verschiedener Glaubensausrichtungen in diesem Forum zu vereinen.“

Die Gründungserklärung des „Muslimischen Forum Deutschland“ wurde bereits am 11. April 2015 in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin verabschiedet:

„Wir sind Menschen, die sich als Bürgerinnen und Bürger Deutschlands und zugleich als Muslime sehen. Wir engagieren uns für das friedliche Zusammenleben in einer immer pluraler werdenden Gesellschaft und sind der Auffassung, dass dies durch die Achtung der Menschenrechte, der Freiheit und der Demokratie gewährleistet werden kann. Wir sind offen für die Unterstützung aller, die unsere Werte teilen. Dabei gilt der Gleichheitsgrundsatz ungeachtet der Religionszugehörigkeit, des Migrationshintergrunds, der nationalen und ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts und der sexuellen Orientierung.

Wir haben das Ziel, den humanistisch orientierten Muslimen eine Stimme zu verleihen. Muslime werden oft nur auf ihre Religionszugehörigkeit reduziert. Sie werden oft mit den weltweit verbreiteten Gewalttaten anderer in Verbindung gebracht. Sowohl gegen die Stigmatisierung als auch gegen menschenverachtende Handlungen wollen wir als Bürger in Deutschland in jeder Hinsicht aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft und der Verteidigung der Menschenrechte mitwirken.

Der Islam weist vielfältige theologische, kulturelle sowie strukturelle Ausprägungen auf, die von den bestehenden muslimischen Institutionen in Deutschland nicht in Gänze repräsentiert werden. Die Mehrheit der Muslime ist unterrepräsentiert. Deshalb wollen wir mit unserer Aktion der Politik einen weiteren Ansprechpartner anbieten, der die unartikulierten Positionen von Muslimen in Deutschland wiedergibt.

Wir setzen uns ein für die Etablierung eines Islamverständnisses, das mit unseren Grundwerten und der deutschen Lebenswirklichkeit übereinstimmt. Dieses Islamverständnis soll theologisch fundiert sein und daher dem Selbstverständnis einer bekenntnisgebundenen Sicht auf den Islam gerecht werden und die Rechte und Freiheiten des Individuums wahren.Wir treten weiterhin aktiv gegen jede Form von Intoleranz und für den Schutz von Freiheit ein. Wir verurteilen entschieden jegliche Form der Diskriminierung, Hasspropaganda und menschenverachtenden Äußerungen, die sich gegen einen „Anderen“ richten. Antimuslimische, antisemitische, rassistische, deutschenfeindliche und homophobe Stereotypen und andere menschenverachtende Hassideologien lehnen wir ab. Sowohl Drangsalierung als auch der Hass auf den „Westen“, bzw. jede Form religiös oder ideologisch motivierter Gewalt müssen friedlich bekämpft werden. Weiterhin sollen Klischees, Zuschreibungen und Feindbilder aus den Herkunftsländern aufgearbeitet werden.

Gleichzeitig sollen Rede- und Meinungsfreiheit geschützt und gefördert werden. Offene Diskussionen über kulturelle Unterschiede, Unterschiede zwischen den Religionen und über die Rolle der Religion in der Gesellschaft sollten aus falsch verstandener Toleranz, im Sinne aus „Angst zu verletzen“, nicht im Keim erstickt werden. Wir unterstützen und verteidigen beharrlich das Recht eines jeden Individuums, seinen eigenen Glauben bzw. seine Weltanschauung zu haben und öffentlich zu zeigen. Die allgemeinen Menschenrechte, die europäische Menschenrechtskonvention und das deutsche Grundgesetz bilden den Rahmen, innerhalb dessen sich jeder frei bewegen darf. Wir lehnen religiös begründete Traditionen und Gesetze ab, die im Widerspruch zu den Menschenrechten bzw. zum deutschen Gesetz stehen. Wir übernehmen Verantwortung für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung.

Wir rufen alle Menschen, vor allem Muslime, die unsere Auffassung teilen und sich für die gegenseitige Anerkennung von Menschen einsetzen wollen, auf, sich uns anzuschließen. Wir rufen die politischen Entscheidungs-träger auf, die muslimische Vielfalt in Deutschland zu berücksichtigen und mit uns zusammenzuarbeiten. Angesichts der aktuellen und in ganz Europa zunehmenden Polarisierung sowie der kulturellen und religiösen Spannungen, ist es gerade heute so wichtig wie nie zuvor, die Würde und die Freiheit des Individuums als unser Fundament zu bekräftigen.

Erstunterzeichner der Erklärung (Initiativkreis des Forums):

- Prof. Dr. Mouhanad Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Münster

- Jun.-Prof. Dr. Erdal Toprakyaran, Direktor des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Tübingen

- Jun.-Prof. Dr. Handan Aksünger, Juniorprofessorin für Alevitentum, Akademie der Weltreligionen an der Universität Hamburg

- Lamya Kaddor, Islamwissenschaftlerin, Religionspädagogin und Autorin

- Dr. Marwan Abou Taam, Politikwissenschaftler

- Dr. Ralph Ghadban, Islamwissenschaftler

- Ahmad Mansour, Diplom-Psychologe

- Abderrahmane Ammar, Islamwissenschaftler und Soziologe

- Abdul-Ahmad Rashid, Journalist (ZDF)

- Güner Yasemin Balci, Journalistin und Autorin

- Aladdin Sarhan, Islamwissenschaftler

- Cigdem Toprak, Journalistin

- Ali Yildiz, Jurist, Christlich-Alevitischer Freundeskreis der CDU

- Düzen Tekkal, Journalistin

- Inass Al-Jawari, Studentin

Zum kommissarischen Sprecher des Forums wurde Abdul-Ahmad Rashid (ZDF) bestimmt.

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Hauptabteilung Politik und Beratung Berlin, 23. April 2015 MONITOR RELIGION UND POLITIK GRÜNDUNG MUSLIMISCHES FORUM DEUTSCHLAND Auf Initiative der Konrad-Adenauer-Stiftung hat sich das „Muslimische Forum Deutschland“ gegründet. Dem Forum gehören Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus Wissenschaft, Journalismus und weiteren Gebieten an. Einzigartig ist die ethnische und religiöse Vielfalt des Forums. So zählen neben Sunniten und Schiiten auch Aleviten, Yeziden und christliche Unterstützer zu den Teilnehmern des Forums. Die Teilnehmer des Forums treten für Demokratie und Menschenrechte ein und möchten der Mehrzahl der in Deutschland lebenden und bisher nicht vertretenen Muslime Gehör verschaffen. Hierzu wurde am 11. April 2015 in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin folgende Gründungserklärung verabschiedet.

 

GRÜNDUNGSERKLÄRUNG DES „MUSLIMISCHEN FORUMS DEUTSCHLAND“ Wir sind Menschen, die sich als Bürgerinnen und Bürger Deutschlands und zugleich als Muslime sehen. Wir engagieren uns für das friedliche Zusammenleben in einer immer pluraler werdenden Gesellschaft und sind der Auffassung, dass dies durch die Achtung der Menschenrechte, der Freiheit und der Demokratie gewährleistet werden kann. Wir sind offen für die Unterstützung aller, die unsere Werte teilen. Dabei gilt der Gleichheitsgrundsatz ungeachtet der Religionszugehörigkeit, des Migrationshintergrunds, der nationalen und ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts und der sexuellen Orientierung. Wir haben das Ziel, den humanistisch orientierten Muslimen eine Stimme zu verleihen. Muslime werden oft nur auf ihre Religionszugehörigkeit reduziert. Sie werden oft mit den weltweit verbreiteten Gewalttaten anderer in Verbindung gebracht. Sowohl gegen die Stigmatisierung als auch gegen menschenverachtende Handlungen wollen wir als Bürger in Deutschland in jeder Hinsicht aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft und der Verteidigung der Menschenrechte mitwirken. Der Islam weist vielfältige theologische, kulturelle sowie strukturelle Ausprägungen auf, die von den bestehenden muslimischen Institutionen in Deutschland nicht in Gänze repräsentiert werden. Die Mehrheit der Muslime ist unterrepräsentiert. Deshalb wollen wir mit unserer Aktion der Politik einen weiteren Ansprechpartner anbieten, der die unartikulierten Positionen von Muslimen in Deutschland wiedergibt. Wir setzen uns ein für die Etablierung eines Islamverständnisses, das mit unseren Grundwerten und der deutschen Lebenswirklichkeit übereinstimmt. Dieses Islamverständnis soll theologisch fundiert sein und daher dem Selbstverständnis einer bekenntnisgebundenen Sicht auf den Islam gerecht werden und die Rechte und Freiheiten des Individuums wahren.

Wir treten weiterhin aktiv gegen jede Form von Intoleranz und für den Schutz von Freiheit ein. Wir verurteilen entschieden jegliche Form der Diskriminierung, Hasspropaganda und menschenverachtenden Äußerungen, die sich gegen einen „Anderen“ richten. Antimuslimische, antisemitische, rassistische, deutschenfeindliche und homophobe Stereotypen und andere menschenverachtende Hassideologien lehnen wir ab. Sowohl Drangsalierung als auch der Hass auf den „Westen“, bzw. jede Form religiös oder ideologisch motivierter Gewalt müssen friedlich bekämpft werden. Weiterhin sollen Klischees, Zuschreibungen und Feindbilder aus den Herkunftsländern aufgearbeitet werden. Gleichzeitig sollen Rede- und Meinungsfreiheit geschützt und gefördert werden. Offene Diskussionen über kulturelle Unterschiede, Unterschiede zwischen den Religionen und über die Rolle der Religion in der Gesellschaft sollten aus falsch verstandener Toleranz, im Sinne aus „Angst zu verletzen“, nicht im Keim erstickt werden. Wir unterstützen und verteidigen beharrlich das Recht eines jeden Individuums, seinen eigenen Glauben bzw. seine Weltanschauung zu haben und öffentlich zu zeigen. Die allgemeinen Menschenrechte, die europäische Menschenrechtskonvention und das deutsche Grundgesetz bilden den Rahmen, innerhalb dessen sich jeder frei bewegen darf. Wir lehnen religiös begründete Traditionen und Gesetze ab, die im Widerspruch zu den Menschenrechten bzw. zum deutschen Gesetz stehen. Wir übernehmen Verantwortung für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Wir rufen alle Menschen, vor allem Muslime, die unsere Auffassung teilen und sich für die gegenseitige Anerkennung von Menschen einsetzen wollen, auf, sich uns anzuschließen. Wir rufen die politischen Entscheidungsträger auf, die muslimische Vielfalt in Deutschland zu berücksichtigen und mit uns zusammenzuarbeiten. Angesichts der aktuellen und in ganz Europa zunehmenden Polarisierung sowie der kulturellen und religiösen Spannungen, ist es gerade heute so wichtig wie nie zuvor, die Würde und die Freiheit des Individuums als unser Fundament zu bekräftigen.

 

ERSTUNTERZEICHNER DER ERKLÄRUNG (INITIATIVKREIS DES FORUMS) - PROF. DR. MOUHANAD KHORCHIDE Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Münster - JUN.-PROF. DR. ERDAL TOPRAKYARAN Direktor des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Tübingen - JUN.-PROF. DR. HANDAN AKSÜNGER Juniorprofessorin für Alevitentum, Akademie der Weltreligionen an der Universität Hamburg - LAMYA KADDOR Islamwissenschaftlerin, Religionspädagogin und Autorin - DR. MARWAN ABOU TAAM Politikwissenschaftler - DR. RALPH GHADBAN Islamwissenschaftler - AHMAD MANSOUR Diplom-Psychologe - ABDERRAHMANE AMMAR Islamwissenschaftler und Soziologe - ABDUL-AHMAD RASHID Journalist (ZDF) - GÜNER YASEMIN BALCI Journalistin und Autorin - ALADDIN SARHAN Islamwissenschaftler - CIGDEM TOPRAK Journalistin - ALI YILDIZ Jurist, Christlich-Alevitischer Freundeskreis der CDU - DÜZEN TEKKAL Journalistin - INASS AL-JAWARI Studentin Zum kommissarischen Sprecher des Forums wurde ABDUL-AHMAD RASHID (ZDF) bestimmt.

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Die Welt

 

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POLITIK FORUM GEGRÜNDET

Liberale deutsche Muslime wollen Islam-Bild ändern

VON KRISTIAN FRIGELJ UND FREIA PETERS

23.04.15

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Einige Gründungsmitglieder des Muslimischen Forums Deutschland (im Uhrzeigersinn, v. l.): Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, Ali Yildiz vom Christlich-Alevitischen Freundeskreis der CDU, Journalistin Cigdem Toprak und Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide

Einige Gründungsmitglieder des Muslimischen Forums Deutschland (im Uhrzeigersinn, v. l.): Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, Ali Yildiz vom Christlich-Alevitischen Freundeskreis der CDU, Journalistin Cigdem Toprak und Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide

Foto: pa/ Eventpress,dpa; CDU,Tavli

Klares Bekenntnis zu Menschenrechten und Grundgesetz: Auf Initiative der Konrad-Adenauer-Stiftung hat sich das Muslimische Forum Deutschland gegründet – ein Gegenentwurf zu den konservativen Verbänden.

Wer sind die deutschen Muslime? Verbände, die für sich in Anspruch nehmen, ihre Interessen zu vertreten, gibt es viele. Aber die meisten Menschen islamischen Glaubens hierzulande sind bislang nicht organisiert. Nun ist ein neues Forum entstanden, das für einiges Aufsehen sorgt: Seine Teilnehmer möchten "der Mehrzahl der in Deutschland lebenden und bisher nicht vertretenen Muslime Gehör verschaffen". Diese ambitionierte Haltung formuliert das Muslimische Forum Deutschland (MFD), das nun mithilfe der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung gegründet worden ist.

 

"Wir setzen uns ein für die Etablierung eines Islamverständnisses, das mit unseren Grundwerten und der deutschen Lebenswirklichkeit übereinstimmt", heißt es in der Gründungserklärung. Dies entspricht Erwartungen an einen gemäßigten "Euro-Islam", der westliche Grundwerte nicht als Gegensatz zum Islam sieht.

Der Islam ist bunt und hat viele Gesichter, die Politik aber neigt dazu, unsere Religion sehr homogen zu erfassen. Das wollen wir ändern

Mouhanad Khorchide

Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Münster

Das MFD setzt damit ein Signal. Seine Mitglieder wollen die Deutungshoheit über muslimisches Leben und Empfinden in der Bundesrepublik nicht mehr dem Koordinationsrat der Muslime (KRM) und seinen Mitgliedsverbänden überlassen: dem Zentralrat der Muslime (ZDM), dem Islamrat, dem Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) und der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib). All diese Verbände gelten als konservativ und repräsentieren das Leben der Muslime in Deutschland nur sehr bedingt.

"Die Idee gab es schon seit mehreren Jahren, jetzt haben wir uns gefunden", sagt Mouhanad Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Münster, der "Welt". "Wir wollen die Vielfalt des Islam sichtbarer machen. Der Islam ist bunt und hat viele Gesichter, die Politik aber neigt dazu, unsere Religion sehr homogen zu erfassen. Das wollen wir ändern." Das Muslimische Forum Deutschland solle aber keine Konkurrenz zu den traditionellen Verbänden sein und auch kein Ersatz – vielmehr eine Ergänzung.

Ein Islam nach deutscher Lebenswirklichkeit

Khorchide war jüngst von den konservativen Verbänden wiederholt scharf kritisiert worden. Der KRM kritisiert Khorchides "Theologie der Barmherzigkeit" und hält eine Zusammenarbeit nicht mehr für möglich; er stellt in seinen theologischen Ausführungen den Gedanken der Barmherzigkeit im Islam voran, während andere Islamwissenschaftler diese Vorrangigkeit anzweifeln.

Seine Teilnahme an dem neuen Forum werden die Verbände als Provokation empfinden. Doch gerade die personelle Zusammensetzung des MFD soll den Unterschied deutlich machen: "Einzigartig ist die ethnische und religiöse Vielfalt des Forums. So zählen neben Sunniten und Schiiten auch Aleviten, Yeziden und christliche Unterstützer zu den Teilnehmern des Forums", lautet die offizielle Selbstbeschreibung. Es handelt sich bei den 15 Erstunterzeichnern vor allem um liberale Muslime, die mit den konservativen Strömungen und Ansichten in den Verbänden Probleme haben und teilweise auch von ihnen abgelehnt werden.

"Mir geht es vor allem um die Vielfalt der türkischstämmigen Bevölkerung, mit denen ich ins Gespräch kommen möchte", sagt Handan Aksünger, Juniorprofessorin für Alevitentum, stellvertretende Direktorin der Akademie der Weltreligionen in Hamburg – ebenfalls Erstunterzeichnerin –, der "Welt". "Die Aleviten waren bis vor Kurzem in Deutschland relativ unsichtbar. Es ist mir als Wissenschaftlerin mit alevitischem Hintergrund ein Anliegen, den moderaten und zumeist nicht organisierten Muslimen in Deutschland eine Stimme zu verleihen sowie die Diskussion voranzutreiben, gesellschaftlich und theologisch."

Ob sich Aleviten als Muslime fühlen oder nicht, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Aksünger fühlt sich vor allem als Bürgerin Deutschlands, die für humanistische und demokratische Werte einsteht und darüber mit den Muslimen sowie Nichtmuslimen ins Gespräch kommen möchte.

Auch die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor und Ali Yildiz vom Christlich-Alevitischen Freundeskreis der CDU (CAF) gehören zum Initiativkreis, ebenso wie Journalisten, etwa "Welt"-Autorin Cigdem Toprak. Sie setzen sich ein für "die Etablierung eines Islamverständnisses, das mit unseren Grundwerten und der deutschen Lebenswirklichkeit übereinstimmt", wie es in der Gründungserklärung heißt.

Muslime, die keine Migranten mehr sind

Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung und Ex-Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, hält das Forum für eine Bereicherung: "Durch die Betonung individueller Freiheitsrechte und durch das klare Bekenntnis zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der europäischen Menschenrechtskonvention gibt dieses Forum einer großen Mehrheit von Muslimen in Deutschland eine Stimme."

Liberale Muslime sind all diejenigen, die sich ohne Wenn und Aber zu den Menschenrechten und zum Grundgesetz bekennen. Die Scharia-Vorschriften, die dem widersprechen, lehnen sie ab

Ralph Ghadban

Islamwissenschaftler

Der Berliner Islamwissenschaftler Ralph Ghadban versteht das Forum auch als Kontrast zu den Verbänden. Für ihn sei die Teilnahme eine Selbstverständlichkeit gewesen, sagte er auf Anfrage der "Welt". Ihm habe bisher eine solche liberale Stimme gefehlt. Die muslimischen Verbände würden laut Untersuchungen nur eine Minderheit vertreten. "Auf jeden Fall vertreten sie nicht die liberalen Muslime", meint Ghadban und bietet noch eine Definition: "Liberale Muslime sind all diejenigen, die sich ohne Wenn und Aber zu den Menschenrechten und zum Grundgesetz bekennen. Die Scharia-Vorschriften, die dem widersprechen, lehnen sie ab."

Für Ali Yildiz vom CAF zeigt sich der Unterschied beispielhaft im Streit über den Begriff "Völkermord" an den Armeniern. "Schaut man sich die Haltung einiger türkischer Verbände zur Anerkennung des Genozids an den Armeniern an, so wird die Distanz zu unseren Werten sehr deutlich", sagt Yildiz. Seine Hoffnung ist, dass mithilfe des Forums "eine organisierte muslimische Bewegung entsteht, die sich nicht mehr als Exilorganisation versteht".

Einige der Mitglieder seien Islamfeinde, sagt ein Blogger

Die Gründung ist auch ein Signal innerhalb der Christdemokratie. In den vergangenen Jahren galt das Deutsch-Türkische Forum (DTF) unter Führung des Christdemokraten Bülent Arslan als wichtiger Magnet und als Verbindungsbrücke zu muslimischen Migranten. Neben allen Verdiensten des DTF, Einwanderer und CDU einander näherzubringen, schwelte immer die Kritik, dass liberale Muslime zu wenig berücksichtigt würden. Yildiz etwa zog sich deshalb vor einigen Jahren frustriert aus dem DTF-Vorstand zurück.

 

Cemile Giousouf ist Bundestagsabgeordnete der CDU

Cemile Giousouf ist Bundestagsabgeordnete der CDU

Foto: picture alliance / dpa

Ein wichtiger Dissens war, dass Vertreter der türkischen Nationalistengruppe Graue Wölfe, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, nachsichtig behandelt wurden. Die Vorbehalte haben sich auch nach dem angekündigten Wechsel vom DTF zum Netzwerk Integration unter Vorsitz der muslimischen Bundestagsabgeordneten Cemile Giousouf noch nicht gelegt. Giousouf unterstützt die Gründung des neues Netzwerkes. "Das Forum spiegelt die Heterogenität von Muslimen in Deutschland wider", sagte sie der "Welt". "Ich finde, dass es zu begrüßen ist, dass in einem Forum unterschiedliche Gruppierungen wie Sunniten, Schiiten und Aleviten sowie verschiedene Rechtsschulen vertreten sind." Beteiligen wolle sie sich aber nicht, da kein Politiker Mitglied sei.

Die konservativen muslimischen Verbände wollten bislang keine Stellungnahme abgeben zum Muslimischen Forum Deutschland. Unter einigen Journalisten und Bloggern jedoch wurde die Gründung kritisch gesehen. Einige der Erstunterzeichner seien "durchaus in der Vergangenheit mit islamfeindlichen Ressentiments in Erscheinung getreten", schreibt zum Beispiel Akif Sahin vom "Dunia-Blog". Dies sei ein "Gründungsfehler, der dieses Gremium von Anfang an unattraktiv" mache.

Mit derlei Kritik werden die Erstunterzeichner gerechnet haben. Im Mai wird es eine weitere Sitzung geben, in der über die Geschäftsordnung gesprochen werden soll. "Wir haben noch nicht entschieden, wie sich unsere Arbeit konkret gestalten soll und in welchen Bereichen wir Entscheidungen treffen wollen", sagt Mouhanad Khorchide. "Wir wollten zunächst ein Signal senden."

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Von: Erdal Toprakyaran [mailto:erdal.toprakyaran@uni-tuebingen.de]

Gesendet: Donnerstag, 23. April 2015 18:49

An: Erdal Toprakyaran

Cc: Altuntas, Erdinc (erdinc.altuntas@t-online.de); 'ali.ipek@ditib.de'; murmugan@gmail.com; Fatih Sahan (shnfatih@gmail.com); 'kazim@Per-Immobilien.de'; 'yavuz.kazanc@t-online.de'; Eksin, Harun (docsin12@t-online.de); edmin.atlagic@igbd.eu; Alihodzic, Bernes (bernes.alihodzic@gmail.com); 'zenahir.mrakovic@igbd.eu'; Bilal Hodzic (biho_99@yahoo.com); 'kuvvet@live.de'; 'mehmetkemal@live.de'; 'uzeirovs@stud.uni-frankfurt.de'; 'fatmatuerk@yahoo.com'; 'nurullah1aydin@hotmail.com'; 'sahinarslan.murat@googlemail.com'; 'takim@uni-frankfurt.de'; 'said.ahmetovic@web.de'; 'H.kader.Zengin@divinity.ankara.edu.tr'; 'nakin@comu.edu.tr'; ibrahimdzafic@yahoo.de; Gurcan Mert (gurcan.mert@ditib.de); Hamdan, Hussein, Dr., Akademie R-S; Engler, Bernd; bekir.alboga; nevzat.asikoglu; g.mert@ditib.de; Taner Y�ksel; alidere; Oezsoy; Bekim.agai; Harry Behr; bodenstein; Muhittin Soylu; Mouez.khalfaoui@zith.uni-tuebingen.de; Ayten Kilicarslan; Rashid.A

Betreff: Muslimisches Forum

 

Sehr geehrte Verbandsvertreterinnen und Vertreter, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitglieder des Beirats,

 

Sie haben vielleicht schon mitbekommen, dass heute in der "Zeit" die Gr�ndung eines "Muslimischen Forums Deutschland", das von der Konrad-Adenauer-Stiftung (anschub)finanziert wird, bekanntgegeben wurde. Auch haben andere Medien dar�ber berichtet. Leider kursieren bereits jetzt etliche Falschmeldungen und irritierende Aussagen (auch Seitens der Initiatoren) durch die Medien.

Deshalb m�chte ich Sie auf den Originaltext aufmerksam machen:

 

http://www.kas.de/wf/de/33.41089/

 

Falls Sie dazu Fragen haben, k�nnen Sie sich entweder an mich, oder auch an den Pressesprecher des Forums, Herrn Abdul-Ahmad Rashid (in

CC) wenden. Es lohnt sich vielleicht kurz an dieser Stelle auf die zentralsten Falschmeldungen einzugehen:

 

1. An diesem Forum k�nnen selbstverst�ndlich alle Muslime und am Islam Interessierte teilnehmen.

2. Das Forum ist nicht gegen die gro�en Verb�nde gerichtet und stellt keinen Ersatz und auch keine Konkurrenz dar. So etwas w�re vermessen!

3. Das Forum ist an einer harmonischen Zusammenarbeit mit den Verb�nden interessiert. Deren sehr wichtige Arbeit wird gew�rdigt, auch wenn einige Initiatoren des Forums sich bereits irritierend ge�u�ert haben.

4. Deshalb ist eine Mitwirkung von Leuten wie mir, Herrn Rashid und auch von Herrn Khorchide sehr wichtig, da wir sehr um Ausgleich bem�ht sind.

4. Der Islam-Diskurs soll nicht geschw�cht, sondern gest�rkt werden.

5. Es gibt so viele Probleme (Islamophobie, Krieg, Terror, Umweltzerst�rung, Fl�chtlingswellen), dass Verb�nde und Forum diese nur gemeinsam l�sen k�nnen.

 

Ich w�nsche Ihnen allen eine gesegnete Nacht der "W�nsche" (Laylat

al-Ragha�ib) und verbleibe mit herzlichen Gr��en Ihr Erdal Toprakyaran

 

 

 

***************************

Jun.-Prof. Dr. Erdal Toprakyaran

Gesch�ftsf�hrender Direktor

Zentrum f�r Islamische Theologie

Lehrstuhl f�r Islamische Geschichte und Gegenwartskultur Universit�t T�bingen R�melinstr. 27 72070 T�bingen

Tel.: +49 7071/ 29-75392

Fax: +49 7071/ 29-5584

E-Mail: erdal.toprakyaran@uni-tuebingen.de

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22. April 2015, 18:03 Uhr

Neue Initiative von Muslimen

Ansprechpartner im Namen Allahs

Lamya Kaddor

Ein Forum für "Menschen, die sich als Bürger Deutschlands und zugleich als Muslime sehen": Wissenschaftlerin Lamya Kaddor ist Gründungsmitglied. (Foto: dpa)

Mehrere muslimische Intellektuelle in Deutschland haben mit der Hilfe der Konrad-Adenauer-Stiftung eine neue Plattform für Muslime gegründet.

Das "Muslimische Forum Deutschland" soll nach den Worten des kommissarischen Sprechers, ZDF-Journalist Abdul-Ahmad Rashid, eine Plattform für Muslime mit Spaß an der Debatte sein.

Sechs Frauen und neun Männer haben als erste die Gründungserklärung des Forums unterzeichnet, darunter islamische Theologen, Wissenschaftler, Pädagogen, Journalisten, Schiiten und Sunniten, sowie Nichtmuslime.

Das Forum richtet sich zwar auch an fromme Muslime. Die islamischen Verbände mit ihrer eher konservativen Theologie oder ihrer immer noch engen Bindung an die Türkei sind ihnen aber fremd.

Die bestehenden Verbände, die sich im Koordinationsrat der Muslime zusammengeschlossen haben, sollen nicht erfreut sein über die Gründung.

Von Matthias Drobinski

Eigentlich, sagt Abdul-Ahmad Rashid, ist es noch zu früh für dieses Gespräch. "Nach zwei Treffen große Visionen, das geht nicht", sagt der ZDF-Journalist, den man in einer Drehpause erwischt. Es gebe jetzt halt eine Plattform für Muslime mit Spaß an der Debatte. Der palästinensisch-israelische Psychologe, Autor und Islamismus-Experte Ahmad Mansour aus Berlin habe die Idee gehabt, die Konrad-Adenauer-Stiftung habe mit ihrer Infrastruktur geholfen, so gebe es jetzt das "Muslimische Forum Deutschland", das an diesem Donnerstag der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Und er, Rashid, sei halt der kommissarische Sprecher.

 

Man kann das so sehen, man kann aber auch sagen: Das "Muslimische Forum" zeigt, dass der Islam nicht nur Probleme für Deutschland bereithält. Sechs Frauen und neun Männer haben als Erste die Gründungserklärung des Forums unterzeichnet, zu ihnen gehören die Islamwissenschaftlerin, Religionspädagogin und Autorin Lamya Kaddor und Mouhanad Khorchide, der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Münster, dazu islamische Theologen, Wissenschaftler, Pädagogen, Journalisten. Sie sind Endzwanziger und Mittvierziger, Sunniten, Schiiten, Aleviten, sogar ein libanesischer Christ und eine Jesidin machen mit. "Beste islamische Vielfalt", sagt Rashid. Traditionellen Muslimen würde die Mischung jedoch Bauchschmerzen bereiten.

 

Scotland Heads Towards The Vote

Großbritannien vor der Wahl

Wer hat Angst vor den Schotten

Das Forum zeigt auch, wie sehr sich die junge Elite des muslimischen Deutschland geändert hat. Die ersten Migranten und Zuwandererkinder studierten Maschinenbau oder Medizin, Berufe, die man überall auf der Welt ausüben kann. Die Unterzeichner hingegen entstammen der ersten Generation muslimischer Intellektueller, die Deutschland und seine Gesellschaft deuten und mitgestalten wollen. Die islamischen Verbände mit ihrer eher konservativen Theologie oder ihrer immer noch engen Bindung an die Türkei sind ihnen fremd. Dabei sehen sich die meisten Unterzeichner durchaus als religiös, einige eher skeptisch, andere dezidiert fromm - nur wollen sie eben ihren eigenen Weg finden.

 

"Die Mehrheit der Muslime ist unterrepräsentiert"

 

"Wir gründen keine Moscheen, wir rollen keine Gebetsteppiche aus", sagt Lamya Kaddor, "wir wollen den Islam gesprächsfähig machen." "Wir sind Menschen, die sich als Bürgerinnen und Bürger Deutschlands und zugleich als Muslime sehen", schreiben sie in ihrer Gründungserklärung. Man wolle den "humanistisch orientierten Muslimen" eine Stimme verleihen, die in den Verbänden keinen Platz hätten. Das Forum trete gegen jede Form von Intoleranz, Diskriminierung und Menschenverachtung ein, gegen "antimuslimische, antisemitische, rassistische, deutschenfeindliche und homophobe Stereotypen". Und man wolle "der Politik einen weiteren Ansprechpartner anbieten, der die unartikulierten Positionen von Muslimen in Deutschland wiedergibt."

 

Nun repräsentiert das Forum mit seinen Professoren und Intellektuellen ebenfalls nur eine Minderheit der Muslime - die bestehenden Verbände, die sich im Koordinationsrat der Muslime zusammengeschlossen haben, sollen dennoch nicht erfreut sein über die Gründung. Sie befürchten, in die demokratiefeindliche Ecke gestellt zu werden. Sie befürchten noch mehr, künftig das knappe Gut der politischen Kontakte und der öffentlichen Aufmerksamkeit mit den Neuen teilen zu müssen. "Da gib es Sorgen", sagt Rashid, "dabei wollen wir gar keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung sein: Wir können Debatten führen und anstoßen, die die Verbände gar nicht anstoßen können."

 

Scotland Heads Towards The Vote

Großbritannien vor der Wahl

Wer hat Angst vor den Schotten

Auch dass das Muslimische Forum Deutschland mit Hilfe der Konrad-Adenauer-Stiftung gegründet wurde, stößt auf Kritik: Mischt sich da nicht die Politik zu sehr in religiöse Angelegenheiten ein? Oder will die CDU-nahe Stiftung jene Muslime sammeln und vereinnahmen, die ihnen ins Bild passen? Keinesfalls, sagt Petra Bahr, die bei der Stiftung die Hauptabteilung Politik und Beratung leitet und erst kürzlich von der Evangelischen Kirche in Deutschland auf den Posten gewechselt ist. Auf die Frage, welcher Islam zu Deutschland gehören soll, dürften aber nicht nur die offiziellen Islamverbände antworten oder die, die keine Muslime sind. "Außerdem ist uns wichtig, dass aus der Kritik an religiösen Strömungen kein religionsfeindliches Klima in Deutschland wird", sagt sie.

 

"Eigentlich bräuchten die Muslime eine eigene unabhängige Stiftung", sagt Lamya Kaddor. Die Adenauer-Stiftung war wichtig, sagt Rashid, "aber jetzt müssen wir selber laufen". Wohin? Sein Traum sei ja, irgendwann einen großen Muslimtag zu veranstalten, sagt Rashid, ähnlich den Kirchen- und Katholikentagen - "gerne mit den Verbänden".

 

Süddeutsche Zeitung

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Muslime beim Gebet

© dpa

Junge Muslime in Deutschland

© dpa

23.04.2015

 

Islamexperte sieht neues muslimisches Forum kritisch

"Das ist keine Religionsgemeinschaft"

Reformfreudige interlektuelle Muslime haben sich zum neuen "Muslimischen Forum Deutschland" zusammengeschlossen. Eine Einordnung fällt noch schwer, wie Dr. Thomas Lemmen, Experte für christlich-islamischen Dialog im Erzbistum Köln, im domradio.de-Interview betont.

 

domradio: "Wir gründen keine Moscheen, wir rollen keine Gebetsteppiche aus, wir wollen den Islam gesprächsfähig machen". Das sagt die Religionspädagogin Lamya Kaddor, die das Forum mit gegründet hat". Was sagen Sie? Ist das eine gute Idee?

 

Dr. Thomas Lemmen: Das ist eine Interessenvertretung liberaler Muslime. Natürlich haben sie das Recht, sich zu einer solchen Interessenvertretung zusammen zu schließen. Aber eines ist ganz klar: Das ist keine Religionsgemeinschaft. Es ist keine Alternative zu den Moscheeverbänden, sondern es ist eine zusätzliche Vertretung. Und mehr schadet in dem Fall nicht.

 

domradio: Vielleicht ein Wort zu dem liberalen Islamverständnis, das dieses Forum ausmacht?

 

Dr. Thomas Lemmen: Es ist nicht ganz unproblematisch, weil dahinter die Organisation "Liberal-Islamischer Bund" steht. Das erweckt das Zeichen der Spaltung der Community, weil der Eindruck erweckt wird, man sei besser, man sei liberaler und demokratiefähiger. Damit wird im Grunde den anderen unterstellt, man sei nicht so. Es wäre besser, wenn dieser Diskurs mit den Moscheegemeinden und in den Moscheegemeinden stattfinden würde als außerhalb durch ein separates Forum.

 

domradio: Die Gründer des neuen muslimischen Forums wollen nach eigener Aussage die Mehrheit der Muslime in Deutschland vertreten. Für wie repräsentativ halten Sie das Forum?

 

Dr. Thomas Lemmen: Viele sagen, sie vertreten die Mehrheit. Und wenn man all die zusammenzählen würde, würde man auf 250 Prozent der Muslime in Deutschland kommen. Es gibt keine Untersuchungen, die diesen Anspruch belegen würden. Die sogenannte schweigende Mehrheit hat bisher keine Strukturen geschaffen und ich glaube nicht, dass das muslimische Forum das schaffen wird.

 

domradio: Unterstützt wurde die Gründung von der CDU-nahen Adenauer-Stiftung. Das sehen Beobachter kritisch. Ist diese Nähe zu einer bestimmten politischen Partei ein Problem?

 

Dr. Thomas Lemmen: Ich finde das ziemlich unmöglich. Wie kann die Adenauer-Stiftung hingehen und einen Prozess unterstützen, der zu einer Herausbildung einer neuen islamischen Struktur führt? Auf der Seite sagt man, wir wollen nicht, dass sich die Türkei als Staat in die Religionsangelegenheiten der Muslime einmischt. Und auf der anderen Seite geht eine Stiftung, die einer Partei nahe steht, hin und unterstützt einen solchen Prozess. Das finde ich nicht vereinbar mit dem Prinzip der Trennung von Staat und Religion in Deutschland. Um es zu konkretisieren: Ich finde es gut, dass sich Leute zusammenschließen und sagen, wir sind eine Interessenvertretung von Muslimen, die ein bestimmtes Islamverständnis haben. Aber das sollen sie ohne Unterstützung der Politik und einer Partei machen und als Muslime sind sie damit ein Gesprächspartner. Aber ich finde, dieser Diskurs sollte nicht außerhalb der Community stattfinden. Ich finde es auch problematisch, dass Sunniten, Schiiten, Aleviten und Jesiden dabei sind. Die Aleviten sagen von sich, sie seien keine Muslime. Die Jesiden sind per Definition keine Muslime. Also werden da im Grunde in ein muslimisches Forum ganz unterschiedlichste Gruppen reingepackt, von denen gar nicht klar ist, wo sie in der Community stehen. Das macht es noch einmal schwieriger.

 

domradio: Gibt es jetzt schon Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem neuen muslimischen Verband?

 

Dr. Thomas Lemmen: Nein. Dieser Verband ist ja erst eine knappe Woche alt. Da gibt es keine Beziehungen. Es gibt zu Personen Beziehungen, die in diesem Forum mitwirken. Zu Professor Khorchide beispielsweise. Auch auf der wissenschaftlich theologischen Ebene haben wir Beziehungen. Aber die Frage ist, ob wir uns als Kirche in diese Diskussion einbringen müssen, denn das ist eine innerislamische Diskussion. Und da können wir allenfalls gefragt werden, aber keinen aktiven Part spielen.

 

Das Interview führte Hilde Regeniter.

 

(dr)

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ISLAMISCHE ORGANISATIONSLANDSCHAFT

Neues „Muslimisches Forum“ laut Experten schwer einzuordnen

 

Das neu gegründete „Muslimische Forum Deutschland“ ist laut Experten schwer einzuordnen. Die großen Islamverbände reagierten abwartend.

 

24

04

2015

11

Wer soll für die Muslime sprechen? © by Alex de Carvalho auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Wer soll für die Muslime sprechen? © by Alex de Carvalho auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Zu dem „Muslimische Forum Deutschland“ haben sich Muslime, Aleviten und Jesiden auf Initiative der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) zusammengeschlossen. Der liberale Islam solle so eine eigene Plattform erhalten, teilte die KAS mit. „Die Mehrheit der Muslime ist unterrepräsentiert“, heißt es in der Gründungserklärung des Forums.

 

„Deshalb wollen wir mit unserer Aktion der Politik einen weiteren Ansprechpartner anbieten, der die unartikulierten Positionen von Muslimen in Deutschland wiedergibt.“ Unter den Erstunterzeichnern sind der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Münster, Mouhanad Khorchide, und der Direktor des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Tübingen, Erdal Toprakyaran.

 

„Es ist eine zusätzliche Vertretung. Und mehr schadet in dem Fall nicht“, sagte der Aachener Theologen und Islam-Experte Thomas Lemmen dem Kölner domradio. Das liberale Islamverständnis des Forums sei jedoch nicht unproblematisch. „Das erweckt das Zeichen der Spaltung der Community, weil der Eindruck erweckt wird, man sei besser, man sei liberaler und demokratiefähiger“, so der Experte.

 

Kritik an der Unterstützung der KAS

Scharfe Kritik äußerte Lemmen an der Entstehungsgeschichte des Zusammenschlusses. Es sei „ziemlich unmöglich“, dass die KAS einen Prozess unterstütze, der zu einer Herausbildung einer neuen islamischen Struktur führe. Das sei unvereinbar mit dem Prinzip der Trennung von Staat und Kirche in Deutschland.

 

Der Vorsitzende der KAS, Hans-Gert Pöttering, hatte das Forum als Bereicherung in der aktuellen Debatte über den Islam in Deutschland bezeichnet. Besonders hob er „die Betonung individueller Freiheitsrechte“ und „das klare Bekenntnis zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der europäischen Menschenrechtskonvention“ hervor. Auch der Kirchenbeauftragte der Unionsfraktion im Bundestag, Franz Josef Jung (CDU), begrüßte das Forum. Es schließe eine Lücke in Deutschland. (KNA)

 

Islamiq 24.04.2015

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Lamya Kaddor und Mouhanad Khorchide

Foto: dpa/Oliver Berg/WWU/Peter Grewer

Lamya Kaddor und Mouhanad Khorchide sind Gründungsmitglieder des "Muslimischen Forum Deutschland".

Die Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützt das neue gegründete "Muslimische Forum Deutschland". Welche Rolle der Kreis aus liberalen Muslimen und Islamforschern spielen wird, ist noch offen. Aber die Frage, wer in Deutschland eigentlich die Muslime vertritt, bekommt dadurch neuen Schwung.

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Auf Initiative der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) haben "Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus Wissenschaft, Journalismus und weiteren Gebieten" das Muslimische Forum Deutschland (MFD) gegründet. Sie möchten "mehr Farbe in die Debatten" rund um den Islam bringen und "der Mehrzahl der in Deutschland lebenden und bisher nicht vertretenen Muslime Gehör verschaffen", heißt es in einer Erklärung der KAS.

Canan Topçu

Canan Topçu ist Journalistin und widmet sich seit vielen Jahren den Themen Migration, Integration und Islam. Sie lebt in Hanau und arbeitet für unterschiedliche Medien.

Kaum war diese Nachricht im Umlauf, sorgte sie auf politischer Ebene und in muslimischen Communities für Diskussionen. Es gibt Kritik, von Muslimen und Nicht-Muslimen, von Laien und Sachkundigen. Es gibt aber auch Zustimmung, nicht zuletzt von jungen Muslimen, die sich von den etablierten islamischen Verbänden nicht vertreten fühlen und sich einen anderen als den bisherigen Islam-Diskurs wünschen.

Das im April in Berlin gegründete Forum versteht sich nach Auskunft des Interimssprechers Abdul-Ahmad Rashid als "Plattform für muslimische Themen". Ein langfristiges Ziel sei, Ansprechpartner für die Politik zu werden. Gründungsmitglieder sind prominente Muslime wie die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor und Professor Mouhanad Khorchide. Nicht alle Erstunterzeichner des Netzwerks sind Muslime, wie etwa die jesidische Journalistin Düzen Tekkal. Eben diese Zusammensetzung wirft bei Kritikern die Frage auf, warum Nicht-Muslime in einem Gremium mitwirken, das sich auf politischer Ebene an Diskussionen über islamische Theologie und religiöse Praxis von Muslimen beteiligen möchte. Die Forumsmitglieder haben darüber intensiv diskutiert und sich bewusst dafür entschieden, da das Thema Islam ein "gesamtgesellschaftliches" ist. "In der Deutschen Islamkonferenz, die vom Bundesinnenminister ins Leben gerufen wurde, sitzen ja auch nicht nur Muslime", heißt es dazu aus dem Forum.

Aufgabe der Stiftung: Gesellschaftlich relevante Debatten anstoßen

 

Für Kritik sorgt zudem, dass die Initiative von der KAS ausging; die Stiftung mische sich in "inner-islamische Angelegenheiten" ein und wolle einen "politikgefälligen Islam nach deutschem Geschmack" durchsetzen. Als Beleg gilt den Kritikern unter anderem die Gründungserklärung des MFD, in der es heißt: "Wir setzen uns ein für die Etablierung eines Islamverständnisses, das mit unseren Grundwerten und der deutschen Lebenswirklichkeit übereinstimmt. Dieses Islamverständnis soll theologisch fundiert sein und daher dem Selbstverständnis einer bekenntnisgebundenen Sicht auf den Islam gerecht werden und die Rechte und Freiheiten des Individuums wahren."

Dass eine politische Stiftung die "Initialzündung" für eine Plattform gibt, auf der sich Experten mit unterschiedlichen Kompetenzen über gesellschaftlich relevante Themen austauschen, ist aus Sicht der MFD-Mitglieder nicht verwerflich. Und aus Sicht der Stiftung auch nicht ungewöhnlich, "gehört es doch zu einer der wichtigen Aufgaben von politischen Stiftungen, gesellschaftlich relevante Debatten anzustoßen und mitunter auch die Infrastruktur für zivilgesellschaftliche Dialogplattformen zur Verfügung zu stellen", sagt Thomas Volk von der KAS-Stiftung: "Wir sehen unsere Aufgabe darin, weltweit Demokratie und Rechtstaatlichkeit zu fördern und sind schon seit vielen Jahren im Interreligiösen Dialog aktiv." Hinter der vielfach kritisierten "Finanzierung" des Forums durch die KAS steckt nicht mehr, als dass die Stiftung für Fahrt- und Übernachtungskosten von Forumsteilnehmern aufgekommen ist. "Wir finanzieren keine Geschäftsstelle, sondern haben Kosten übernommen, wie wir sie auch auch bei Seminaren übernehmen", erklärt Volk.

 

Evangelisch, 22.05.2015

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Muslimisches Forum Deutschland

Mehr Farbe für die Islam-Debatte?

Das jüngst gegründete "Muslimische Forum" will der Mehrzahl der in Deutschland lebenden und bisher nicht vertretenen Muslime Gehör verschaffen. Doch Kritiker attestieren der Organisation, sich in "innerislamische Angelegenheiten" einzumischen, um einen "politikgefälligen Islam nach deutschem Geschmack" durchzusetzen. Von Canan Topçu

Die Idee für das Ende April in Berlin gegründete Forum stammt von dem Psychologen und Islamismus-Experten Ahmad Mansour. Angeschlossen haben sich ihm bisher 15 Personen, "die beruflich, biographisch und privat mit dem Themenspektrum des Islams befasst sind". Ein Motiv zum Mitmachen lautet, die Deutungshoheit über den Islam in Deutschland nicht den etablierten islamischen Verbänden zu überlassen.

Gründungsmitglieder sind prominente Muslime wie die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor und der Theologe Mouhanad Khorchide, aber auch weniger bekannte Personen. Nicht alle Erstunterzeichner des Netzwerks sind Muslime, die Journalistin Düzen Tekkal etwa ist Jesidin.

Eben diese Zusammensetzung wirft bei Kritikern die Frage auf, warum Nicht-Muslime in einem Gremium mitwirken, das sich auf politischer Ebene an Diskussionen etwa über islamische Theologie und die religiöse Praxis von Muslimen beteiligen möchte. Die Forumsmitglieder haben darüber intensiv diskutiert und sich bewusst dafür entschieden, auch Nicht-Muslime aufzunehmen, da das Thema Islam ein "gesamtgesellschaftliches" sei. "An der Deutschen Islamkonferenz, vom Bundesinnenminister ins Leben gerufen, nehmen ja auch nicht nur Muslime teil", heißt es dazu aus dem Forum.

Kritik an der Konrad-Adenauer-Stiftung

Für Kritik sorgt zudem die Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Sie mische sich in "innerislamische Angelegenheiten" ein, um einen "politikgefälligen Islam nach deutschem Geschmack" durchzusetzen, lautet ein Vorwurf aus muslimischen Kreisen.

Politologe Ralph Ghadban. Foto: DW

Zu den Erstunterzeichnern des von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung initiierten „Muslimischen Forums Deutschland“ gehört der Politologe und Islamkritiker Ralph Ghadban.

"Ziemlich unmöglich": So kommentiert der katholische Theologe Thomas Lemmen die KAS-Initiative. Dass eine parteinahe Stiftung einen Prozess unterstütze, "der zur Herausbildung einer neuen islamischen Struktur führt", sei "mit dem Prinzip der Trennung von Staat und Religion in Deutschland" nicht vereinbar, meint der Experte für den christlich-islamischen Dialog.

Die Forumsmitglieder hingegen finden es nicht verwerflich, dass eine politische Stiftung die "Initialzündung" für eine Plattform gibt, auf der sich Experten mit unterschiedlichen Kompetenzen austauschen.

Aus Sicht der Adenauer-Stiftung ist das keineswegs ungewöhnlich. Es sei eine "der wichtigen Aufgaben von politischen Stiftungen, gesellschaftlich relevante Debatten anzustoßen und mitunter auch die Infrastruktur für zivilgesellschaftliche Dialogplattformen zur Verfügung zu stellen", heißt es bei der Stiftung.

Dazu sagt Thomas Volk, KAS-Koordinator für den Bereich Islam und Religionsdialog: "Wir sehen unsere Aufgabe darin, weltweit Demokratie und Rechtstaatlichkeit zu fördern und sind schon seit vielen Jahren im interreligiösen Dialog aktiv." Die Stiftung finanziere ja keine Geschäftsstelle, sondern habe lediglich Fahrt- und Übernachtungskosten übernommen.

Umstrittene Zusammensetzung des Forums

Verwundert über die Zusammensetzung des Forums sind wiederum Vertreter islamischer Verbände: Zu den Erstunterzeichnern gehören der "islamkritische Wissenschaftler" Ralph Ghadban und eben auch Mouhanad Khorchide, Professor für Islamische Theologie an der Universität Münster.

Khorchide war im Dezember 2013 wegen seiner historisch-kritischen Methode zur Interpretation des Korans in die Kritik geraten. Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) hatte – erfolglos - seine Abberufung als Leiter des Zentrums für Islamische Theologie in Münster gefordert, weil seine Auslegung des Korans mit einer bekenntnisgebundenen islamischen Theologie unvereinbar sei. Dieser Konflikt ist noch ungelöst, war aber beiseite gelegt worden – auch, weil die vier im Koordinationsrat vertretenen Verbände (Ditib, Zentralrat der Muslime, Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland und Verband der Islamischen Kulturzentren) derzeit mehr mit sich selbst und mit der Zukunft ihrer Organisation befasst sind.

Der Koordinationsrat war vor fast zehn Jahren auf Wunsch der Politik entstanden, damit die vier Verbände langfristig in einer vom Staat anerkannten islamischen Religionsgemeinschaft aufgehen und so ein Ansprechpartner entsteht - für Fragen unter anderem zum islamischen Religionsunterricht. Daraus ist aber nichts geworden. Dieses Gremium ist faktisch funktionslos – nicht weil es etwa Zwist um theologische Grundsätze gäbe. Vielmehr konkurrieren die vier Verbände miteinander um die Frage, wer als Vertreter "der" Muslime in Deutschland und als "der" Ansprechpartner der Politik mehr Gewicht bekommt.

Theologe Dr. Thomas Lemmen. Foto: chrislages

Verstoß gegen das staatliche Neutralitätsgebot? "Wie kann die Adenauer-Stiftung hingehen und einen Prozess unterstützen, der zu einer Herausbildung einer neuen islamischen Struktur führt“, fragt Dr. Thomas Lemmen, Experte für christlich-islamischen Dialog im Erzbistum Köln.

Islamverbände demonstrieren Gelassenheit

Dass ein neues Forum entsteht, derweil im Koordinationsrat über neue Organisationsformen diskutiert wird: Diese Entwicklung wird von Verbandsfunktionären mit demonstrativer Gelassenheit kommentiert.

Öffentlich geäußert, hat sich bisher nur Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime (ZMD). "Schon in der Vergangenheit sind immer wieder muslimische Think Tanks von Stiftungen oder Akademien initiiert oder gegründet worden." Dahinter verberge sich nach Einschätzung des ZMD-Vorsitzenden der Wunsch, beim Thema muslimisches Leben in Deutschland mitzumischen.

Andere Verbandsfunktionäre äußern ihre Kritik an der Gründung des Forums und auch an der Teilnahme von Mouhanad Khorchide hinter vorgehaltener Hand. Beides wird als ein "erneuter Versuch" gedeutet, theologische Grundsätze des Islams öffentlich in Frage zu stellen.

Khorchide selbst erklärte sein Engagement in einem Zeitungsinterview so: "Der Islam ist bunt und hat viele Gesichter, die Politik aber neigt dazu, unsere Religion sehr homogen zu erfassen. Das wollen wir ändern." Das Forum wolle die Vielfalt des Islams sichtbarer machen, aber keine Konkurrenz zu den traditionellen Verbänden sein und auch kein Ersatz, vielmehr eine Ergänzung, so Khorchide - wissend, dass seine Lehrerlaubnis auch vom Wohlwollen der Verbände abhängt.

Gründungserklärung sorgt für Missverständnisse

Die Gründungserklärung des Forums sei missverständlich formuliert und grenze Muslime aus, die in den großen Dachverbänden organisiert seien: Zu diesem Urteil kommt der Sprecher des Deutschen. Die Erklärung, dass sich das Muslimische Forum Deutschland für die Etablierung eines Islamverständnisses einsetzen wolle, "das mit unseren Grundwerten und der deutschen Lebenswirklichkeit übereinstimmt", impliziere indirekt, dass alle anderen Muslime nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stünden.

Dass die "nach intensiver Diskussion, sogar um einzelne Begriffe", entstandene Gründungserklärung für Aufregung sorgen würde, das war den Forumsmitgliedern bewusst. Um nicht als ein Vorstoß von liberalen Muslimen missverstanden zu werden, verzichteten sie daher auf den Begriff "liberal". Im Text taucht er kein einziges Mal auf.

Trotzdem bewerten Islam-Experte Lemmen und andere das Forum als einen Zusammenschluss von liberalen Muslimen. Darauf wollen die Gründungsmitglieder aber auf keinen Fall reduziert werden. Ende Mai werden sie sich wieder in Berlin treffen, um sich unter anderem über die organisatorischen Strukturen auszutauschen. In welche Richtung es gehen wird, ist nach Auskunft von Erstunterzeichnern noch unklar.

Fest steht aber, dass sie "mehr Farbe in die Islam-Debatten" bringen wollen. "Das ist ein hochgestochenes Ziel", sagt Abdul-Ahmad Rashid. Der ZDF-Journalist fungiert derzeit als Interimssprecher des Forums. "Wir sind aber bescheiden genug, um zu wissen, dass es einen langen Atem braucht."

Canan Topçu

© Qantara.de 2015

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Inland

 

Muslimisches Forum

Der Islam und die deutsche Wirklichkeit

 

Von JULIAN STAIB, BERLIN

22.06.2015 •Das kürzlich gegründete „Muslimische Forum Deutschland“ will den humanistisch orientierten Muslimen eine Stimme verleihen. Die Idee sorgt für Aufsehen, doch was steckt dahinter?

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Ahmad Mansour - Der Sprecher des neu gegründeten Vereins "Muslimisches Forum Deutschland " spricht in Berlin mit Julian Staib.

© JENS GYARMATY, F.A.Z.

Differenzen zulassen: Ahmad Mansour in Berlin-Schöneberg

Bisher ist das alles nur ein Versprechen. Das Versprechen eines Zusammenschlusses deutscher Muslime, der so liberal ist, dass Schiiten, Sunniten, aber auch Aleviten, Yeziden, ja sogar Christen zu den Erstunterzeichnern der Gründungserklärung des „Muslimischen Forums Deutschlands“ gehören. Und der, wie in es in dem Dokument heißt, offen ist für Unterstützung ungeachtet „des Migrationshintergrundes, der nationalen und ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts und der sexuellen Orientierung“.

 

Das Aufsehen, für welches die Gründung sorgte, zeigt, welch ein Vakuum dieser Zusammenschluss füllt. Wie viel Platz offenbar neben den bestehenden muslimischen Verbänden in Deutschland vorhanden ist. Aber Form und Inhalte des Forums bleiben auch anderthalb Monate nach der Gründung diffus. Es gibt viel Aufmerksamkeit, eine wenig aussagekräftige Gründungserklärung – und noch nicht einmal eine Telefonnummer.

 

„Wir sind ganz, ganz am Anfang“, sagt Ahmad Mansour. Mansour ist seit einigen Tagen Sprecher des Forums, und an ihm ist leicht zu erkennen, wie weit dieser Verbund entfernt ist von den konservativen Verbänden, die bisher für die Muslime in Deutschland sprachen. Mansour wuchs in Israel in einer arabischen Familie auf, als Jugendlicher stand er radikalen Islamisten nah, dann löste er sich von ihnen, studierte in Tel Aviv und Berlin Psychologie und arbeitet heute im Bereich der Salafismusprävention. Zum Gespräch im Berliner Stadtteil Schöneberg kommt der großgewachsene Mann in Lederjacke und T-Shirt.

 

Jugendlichen eine Alternative zum Salafismus bieten

 

Mansour arbeitet unter anderem bei Hayat (türkisch: „Leben“), in der „Beratungsstelle Deradikalisierung“. An ihn können sich Eltern wenden, deren Kinder sich entweder gerade radikalisieren, sich schon ins Ausland in den Dschihad abgesetzt haben oder zurückkehren wollen. Zurzeit rufen sehr viele Eltern an. Manche Jugendliche radikalisierten sich, weil sie sich in den Verbänden und Moscheevereinen nicht angesprochen fühlten, sagt Mansour. „Es gibt Inhalte, die in dem Mainstream-Islamverständnis vorhanden sind, die die Radikalisierung begünstigen.“

 

Er nennt eine ganze Reihe von Themen: das Beharren auf der Opferrolle, unterschwelliger Antisemitismus, das Fehlen einer theologischen Debatte, Geschichtsklitterung, die Tabuisierung der Sexualität, die Angstpädagogik, aber auch der Buchstabenglaube, das Verbot kritischer Fragen. Diese Inhalte müssten diskutiert werden, um für Jugendliche auf der Suche nach Spiritualität eine Alternative zu den Salafisten zu bieten, sagt Mansour.

 

In der Gründungserklärung heißt es, das Forum wolle sich für ein Islamverständnis einsetzen, „das mit unseren Grundwerten und der deutschen Lebenswirklichkeit übereinstimmt“. Zudem habe das Forum zum Ziel, „den humanistisch orientierten Muslimen eine Stimme zu verleihen“. Heißt das im Umkehrschluss, dass sich die bestehenden muslimischen Verbände, die Türkisch-Islamische Union (Dtitib) etwa, der Zentralrat der Muslime in Deutschland oder der Verband der Islamischen Kulturzentren, außerhalb der Grundwerte und der Lebenswirklichkeit aufhalten?

 

Es müsse sich ein deutscher Islam etablieren

 

„Wir sehen uns nicht als Konkurrenz zu den bestehenden muslimischen Verbänden“, sagt Mansour. „Wir haben auch nicht vor, alle Muslime in Deutschland zu repräsentieren.“ Aber es müsse sich ein deutscher Islam etablieren, „der sich ohne Wenn und Aber zu Demokratie und Menschenrechten bekennt“. Einen „offenen, Zweifel und Fragen zulassenden Islam“ fordert Mansour. „Einen Islam, der Differenzen zulässt und aushält.“

 

„Der Islam ist in Deutschland viel bunter, als die Verbände ihn darstellen“, sagt auch Mouhanad Khorchide, Islamwissenschaftler an der Universität Münster. Er leitet zusammen mit einem Tübinger Kollegen die Arbeitsgruppe des Forums für theologische Fragen. „Es fehlt eine Vertretung, die den Koran in seinem historischen Kontext versteht und ihn im 21. Jahrhundert lebendig macht.“ Khorchide hatte schon früher eine Modernisierung des Islams gefordert, woraufhin die Verbände vergeblich auf seine Absetzung drangen.

 

Anders als die großen Kirchen und die jüdische Gemeinde besitzen Muslime in Deutschland keinen zentralen Ansprechpartner, und die bestehenden Verbände arbeiten wenig zusammen. Was sie eint, ist ein Misstrauen gegenüber der deutschen Öffentlichkeit. Das Gefühl, selten beachtet und oft missverstanden zu werden.

 

Adenauer-Stiftung unterstützt das Forum

 

Bei der Mahnwache am Brandenburger Tor nach den Pariser Anschlägen standen zwar Vertreter der Verbände neben jenen der Bundesregierung. Mansour kritisiert das. Mahnwachen und die Ablehnung von Terror machten die Verbände noch nicht zu wirklichen Partnern. „Sie sind unsere Partner, was die Deradikalisierungsarbeit angeht. Aber sie sind noch nicht die Partner für die Präventionsarbeit.“

 

Von Seiten der Verbände wiederum wird das Forum mit Argwohn beäugt. Kritisiert wird vor allem, dass die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) die Gründung unterstützte. „Wenn die Konrad-Adenauer-Stiftung beabsichtigt hat, hier eine Religionsgemeinschaft zu gründen, ist das bar jedes deutschen Rechtsverständnisses“, sagt der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek. Schon in der Vergangenheit habe es eine Reihe solcher „politisch unterstützter Thinktanks“ gegeben. In sozialen Netzwerken heißt es dazu, die CDU wolle sich hier offenbar ihren „kuscheligen Wunschmuslim backen“.

 

Ein staatlicher Eingriff in die Religionsfreiheit? Ein von dieser Seite doch erstaunlicher Vorwurf, wenn man bedenkt, dass Ditib, der größte muslimische Verband, als verlängerter Arm der türkischen Religionsbehörde Geld, Imame und sogar zum Teil den Inhalt der Predigten aus Ankara erhält. Der Vorwurf, eine staatsnahe Stiftung gründe sich den ihr gemäßen Verein, ist schlicht falsch, sagt Petra Bahr, Leiterin der Abteilung Politik und Beratung bei der KAS. Politische Stiftungen seien weder Staat noch Partei. Zudem habe die Stiftung „eine Plattform zur Verfügung gestellt, aber weder Einfluss auf die Auswahl der Teilnehmer noch auf die Inhalte genommen oder sie gar für die Gründung bezahlt“.

 

„Wir sind kein Produkt der Konrad-Adenauer-Stiftung“, betont auch Mansour. Er habe bei vielen Stiftungen um Unterstützung gebeten. Die KAS habe keinen Einfluss genommen, nur die Treffen finanziell ermöglicht. Doch ganz glücklich ist man mit der Zusammenarbeit offenbar nicht. Auch nicht damit, dass die KAS die Gründung medial verbreitete. Weiterhin ist alles, was es zu dem Forum gibt, die Gründungserklärung – und die ist nur über die Website der CDU-nahen Stiftung abzurufen. „Auf Initiative der Konrad-Adenauer-Stiftung hat sich das ,Muslimische Forum Deutschland‘ gegründet“, steht unter dem Link. „Einige im Forum hätten mit dem Auftreten an die Öffentlichkeit etwas warten wollen“, sagt Abdul-Ahmad Rashid, ZDF-Journalist und Vorgänger Mansours als Sprecher des Forums.

 

Forum will nun seine Positionen ausarbeiten

 

Rashid ist nicht der einzige Journalist unter den Erstunterzeichnern der Gründungserklärung. Von einigen Seiten wird die Befürchtung geäußert, dass das Forum zwar viel Beachtung in den Medien finden wird, aber wenig in den muslimischen Gemeinden. In den nächsten Monaten würden daher in Gruppenarbeit Thesen ausgearbeitet, sagt Mansour: unter anderem zu den Themen Jugendarbeit, Radikalisierung, innere Sicherheit, Frauenrechte, Theologie, Menschenrechte und nicht zuletzt zur Vielfalt der Religionen. Im Herbst sollen die Ergebnisse präsentiert werden. Es sei eine riesige Aufgabe, daraus etwas zu machen, was auf Dauer funktioniere und die Debatten im Land ändere.

 

Was das sein soll, ist aber offenbar weiterhin unklar. Manchen schwebt ein Thinktank vor, anderen, wie Khorchide, eine Religionsgemeinschaft. Rashid wiederum wünscht sich, dass das alles in einen „Deutschen Muslimtag“ mündet, vergleichbar mit den großen Kirchentagen. „Das Projekt eines Islams deutscher Prägung wird noch lange dauern“, sagt Rashid.

 

Frankfurter Allgemeine

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Darum liegt Ahmad Mansour mit der "Generation Allah" falsch

vor 3 Tagen | Aktualisiert vor 2 Tagen

Mehmet Celebi Mitglied Manifest der Vielfalt

 

Getty

Ist es ein Zufall oder ist es Deine neue Rolle als Sprecher des durch die Konrad-Adenauer-Stiftung gegründeten „Muslimischen Forums in Deutschland" oder ist es vielleicht sogar eine Roadshow für Dein im Oktober erscheinendes Buch mit dem reißerischen Titel „Generation Allah" oder aber Deine Funktion als Programm Direktor in der „European Foundation for Democracy", die Dir unter die Arme greift?

Ahmad Mansour (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Journalisten von AlJazeera, der in Berlin von deutschen Behörden festgenommen wurde), Du hangelst dich in jedem Falle von einer Schlagzeile zur nächsten und erklärst uns Leien, wie schlimm es eigentlich um uns Muslime steht.

Wie sehr wir einen liberalen, von der islamischen Tradition losgelösten Islam brauchen, warum die meisten Muslime potentielle Terroristen sind. Läuft bei Dir. Aber wie gut kennst Du uns eigentlich? Und was ist das für ein Forum, für das Du sprichst?

Als das „Muslimische Forum in Deutschland" gegründet wurde, gab es die Werbung gratis dazu.

Immerhin hieß es auf der Webseite der KAS „Auf Initiative der Konrad-Adenauer-Stiftung hat sich das ,Muslimische Forum Deutschland' gegründet.". Das muss schon was heißen, wenn eine parteinahe Stiftung den Geldbeutel öffnet um ein neuen Spieler auf dem Markt zu platzieren.

Was genau Eure Absicht ist, wird die Zeit zeigen. Eure Vielfältigkeit bestehend aus Yeziden, Christen, „Islamkritikern" und auch ein paar Muslimen spiegelt sich zumindest in den diskutierten Alternativen wieder, die derzeit von einer Religionsgemeinschaft bis zu einem geselligen Get-Together reichen.

Und bei allen berechtigten Bedenken, die entstehen, wenn eine parteinahe Stiftung mein deutsches Rechtsverständnis durcheinander bringt, finde ich es ok, wenn all diejenigen, die auf der Suche nach einem Luther für den Islam sind, einen Sandkasten haben, in dem sie einen TÜV-fähigen Islam formen können.

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Dieses Szenario über Folgen des Grexit für Urlauber wird jetzt brennend aktuell

Denn am Ende entscheiden die Muslime, welchen Weg sie folgen möchten. Aber genau so ok ist auch, dass ich als in Deutschland verorteter Muslim, den Du bereits im Flugzeug nach Syrien siehst, einige Punkte Deiner Aussagen in der FAZ oder auf web.de richtigstellen, bzw. kommentieren muss.

Ich weiß zwar nicht wo ich anfangen soll, dennoch werde ich versuchen mich auf wenige Tausend Zeichen zu begrenzen.

Was Du als Mainstream-Islam bezeichnet sind die 4 Rechtsschulen im Islam, zu denen mehr als 85% der Muslime weltweit zählen.

Wir sind genervt, wir, die dritte Generation der eingewanderten Muslime in Deutschland, wir können das Wort Integration nicht mehr hören. Das Integrations-Business hat mittlerweile Ausmaße erreicht, dass man schon fast von „Too Big To Fail" reden kann.

Auch wenn mir bis heute, nach all den Jahren an Erfahrung mit „Integrationsverweigerern", die einfach keine Deutsche werden wollen, immer noch niemand einheitlichen definieren kann, was Integration bedeutet, läuft das Geschäft zu gut, um es abzuwickeln oder zumindest in Frage zu stellen.

Aber gut, wir haben uns daran gewöhnt, ich persönlich höre das Wort schon gar nicht mehr bzw. schalte ab, sobald es fällt.

Doch ein neues Geschäft zieht gerade auf und wird sicher bald florieren und die Umschulung von Integrationsexperten auf Islam-Experten ermöglichen: Die Extremismusprävention.

Und während Du und Deine Freunde im MFD über einen „humanistischen" Islam in Deutschland sprecht, wissen wir Mainstream-Muslime was auf uns zukommen.

Der Beweis, dass wir „integriert" sind, wird nicht mehr reichen, jetzt müssen wir auch beweisen, dass wir kein Ticket nach Syrien kaufen werden. Und natürlich wirst Du gemeinsam mit Deinen Freunden definieren, wie der Beweis aussehen muss, wie wir zu „humanistisch orientierten Muslimen" werden.

Aber dann halte ich kurz inne, stelle mir Dich gemeinsam mit Kelek, Khorchide und Co. vor, wie sehr Ihr doch von der muslimischen Realität in Deutschland entfernt seid, wie ihr es immer wieder schafft mit vermeintlicher „Islamkritik" und Forderungen nach Reformen im Islam die politische Landschaft in Deutschland von links nach rechts hinter Euch zu scharen.

Nein Ahmad, Ihr seid „kein Produkt der Konrad-Adenauer-Stiftung", Ihr seid Nutznießer eines Rechtsrucks, der Euch eine Bühne bietet, solange Ihr die Schlagwörter wie „deutscher Islam" wiederkäut.

Aber bei der Definition dieser Worte müsst auch Ihr zucken, denn Ihr könnt nicht aussprechen, was Ihr eigentlich sagen wollt. Noch nicht.

Und Ahmad, wir beharren nicht auf der „Opferrolle", wir sind nicht Opfer sonder Bürger, Muslime in Deutschland, die weiterleben, die ihre Höhen und Tiefen haben, die aus einer Gastarbeitergeneration Arbeitgeber, Akademiker, Politiker oder Künstler hervorgebracht haben, Menschen die ohne Finanzierung von Stiftungen und „demokratischen" Think-Tanks über 2.500 Moscheegemeinden aufgebaut haben.

Wir sind stark lieber Ahmad, wir sind Muslime in Deutschland, für Deutschland.

Die „Generation Allah", wirklich?

Ich frage mich, woher kommen stets diese tollen reißerischen Titel? „Deutschland schafft sich ab", „Zum Töten bereit" oder „Generation Allah". Du merkst Ahmad worauf hinaus möchte?

Du sprichst von einem „problematischem Gottesbild", vermittelt in den allermeisten Verbänden in Deutschland, etwas was nichts in einer Demokratie verloren hat. Ein Gottesbild, was vor allem von „Angstpädagogik" geprägt ist.

Paradox, dass Du und Deine Freunde das immer betonen, während Eure Bücher durchzogen sind von Panikmache und Angsterziehung.

In einer scheinbar an radikalisierte muslimische Jugendliche verlorenen Gesellschaft, präsentiert Ihr Euch als alleinige Versteher und Lösungspartner des Problems. Dass das die Aufträge des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge beflügelt, ist gewiss.

Aber auch der gesellschaftliche Schaden ist immens, denn deine Definition für „Radikalität" ist so schwammig, dass die meisten Muslime in Deutschland in das Raster bzw. Kundenklientel passen, die muslimischen Verbände werden plötzlich zur Zielscheibe und das MFD kann dann doch noch zu einer Alternative werden. Es ist ein einfaches Weltbild mit guten und schlechten Muslimen, ähnlich einfach wie das der Salafisten.

Und zur „Generation Allah" lieber Ahmad, ja es ist korrekt, wir haben ein Problem mit der radikalen Strömung des Salafismus und ja wir haben Jugendliche auf der Straße, die wir nur schwer erreichen und die ein gefundenes Fressen für die Face-to-Face oder digitale Radikalisierung durch salafistische Wanderprediger sind.

Die Frage, warum Du mit subtiler Panikmache diese Jugendlichen zur einer ganzen „Generation" zählst und dem ganzen mit dem Namen des Schöpfers etwas mehr Brisanz verleihst, stelle ich nicht mehr.

Schuster bleib bei Deinen Leisten - lieber Ahmad, Du bist kein Islam-Experte.

Nach der Pflicht kommt die Kür und nach der Extremismusprävention kommt die Islam-Reform.

Ob wir einen Luther im Islam brauchen? Ein Freund antwortete einst auf diese Frage mit „Nein, wir lehnen Antisemitismus ab". Stattdessen brauchen wir mehr deutschsprachige Gelehrte im Islam, die gemäß der islamischen Gelehrtentradition, eine von Muslimen anerkannte und respektierte Idschaza, eine Lehrerlaubnis, haben.

Gelehrte, die eben nicht zuerst das Ziel definieren, um dann den Koran und die Hadithe zielgerecht auszulegen.

Letzteres, lieber Ahmad, nämlich die willkürliche Koranexegese losgelöst von der islamischen Gelehrtentradition, ist die Methode der Salafiten, aber auch der vermeintlich liberalen Muslime und Modernisten.

Auch das Schwarz-Weiß-Denken, die Einteilung der Welt in Gut und Böse oder die Aussortierung „guter" Muslime von den „schlechten" Muslimen, sind Denkmuster, die vermeintlich „liberale" Muslime mit den Salafiten gemein haben.

Das Ergebnis dieser Denkweise sind u.a. Deine Schlussfolgerungen über das „problematische Gottesbild" der meisten Muslime in Deutschland, das Gottesbild, „wo Gott bestraft, wo Gott mit der Hölle droht." Natürlich hast Du das politisch korrekte Gottesbild durchdrungen und wirst uns mit Deinem Buch und Deinen dutzenden Talk-Show-Auftritten erhellen.

Die Zielgruppe bleibt die gleiche, wie bei den Salafiten, die labilen jungen Muslime, denen sozialer Halt in einem ignoranten Umfeld fehlt und alle Anhänger der „Wenn-der-Islam-bleibt-dann-so-wie-wir-ihn-wollen" Fraktion, denen der Islam wieder Zusammenhalt von links nach rechts gegeben hat.

Auch die Reaktion bleibt die gleiche, nämlich werden die labilen jungen Muslime in ihren Feindbildern bestätigt, weil Du sie nicht dort abholst, wo es nötig ist und die Anti-Islam-Bewegung fühlt sich in Ihrem unersättlichen Drang bestätigt, Khorchide oder einen Protagonisten doch als Luther zu etablieren. Der Gesellschaft und den Mainstream-Muslimen ist nicht geholfen.

Sie sind verwirrter als zuvor, vielleicht sogar eingeschüchtert und meiden nun den „Anderen".

Ich sage, Schuster bleib bei Deinen Leisten, überlasse die Theologie den muslimischen Gelehrten und stelle Dir die Frage, warum die Jugend in meinem Land keine Lust mehr auf politische Teilhabe, Familie, Aufopferungsbereitschaft, Ehrenamt, Juden, Moslems, Ausländer oder Deutsche hat, sich in allerlei Extremitäten stürzt und durch die demonstrative Nicht-Teilhabe an der Gesellschaft, still gegen die fehlenden Inhalte der gesellschaftlichen Ordnung rebelliert.

Du wirst erkennen, dass die Motivation die Gleiche ist, aber je nach Herkunft oder Umfeld ein anders Label hat, sei es NSU, PEGIDA oder die Salafiten.

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