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Halal-Ernährungsfragen der Muslime in der Diaspora

Kreuzkontamination und mit Alkohol benetzte Verpackungen

 

In Gesellschaften mit muslimischer Mehrheit gibt es theologische Fragen, die sich für Muslime gar nicht erst stellen. Wenn man z.B. in einem Land mit überwiegend Muslimen in einem Lokal fragt, ob das Fleisch halal geschächtet ist, wird man entweder verdutzt angeguckt oder beleidigt. Der Kellner erwidert dann, „Glaubst du, ich bin kein Muslim?“ Obwohl die Frage nach einer Halal-Schächtung auch in Ländern mit überwiegend Muslimen gerechtfertigt und legitim. Immer wieder gibt es in solchen Ländern Skandale, wie z.B. dass in bestimmten Fleischsorten, Fleisch von ganz anderen Tieren gefunden werden.

 

Für Muslime, die in Ländern mit überwiegend Nichtmuslimen leben, sind solche Fragestellungen schon im Alltag verankert. Da schaut man in die Zutatenliste und kontrolliert Gelatine oder Emulgatoren, Aromen oder Ethanol. Wie eben ein Vegetarier, Veganer, Allergiker oder auch Ex-Alkoholiker, der kein Tropfen Alkohol zu sich nehmen darf.

 

Bei all diesen Fragestellungen ergeben sich aber auch durch Unkenntnis Problematiken. Vor allem da, wo es in der vermeintlich islamischen Welt keine Antworten auf bestimmte Fragen gibt, weil sie eben, wie oben dargestellt, weder gesellschaftlich noch theologisch gestellt werden.

 

Solche Fragestellungen sind gegenwärtig die Themen Kreuzkontamination oder auch mit Alkohol benetzte Verpackungen.

 

Dabei sind das gar keine neuen Fragen. Die Frage der Kreuzkontamination ist uralt. Auch zu Zeiten vom Propheten Adam oder vom Propheten Muhammed konnte man sich die Frage stellen, was passiert, wenn sich Lebensmittel absolut unbewusst vermischen. Solch eine Situation gibt es ja nicht seit der modernen Technik, sondern eben seit es Menschen gibt. Wir finden aber in keiner einzigen Quelle eine solche Fragestellung. Obwohl die Gefährten des Propheten Muhammed ihn sehr viele Details befragt haben, gibt es dazu keine einzige Erzählung. Und auch der Prophet Muhammed hat – wie es ja theologisch völlig legitim ist – das geschächtete Fleisch der Ahl-u Kitap gegessen, obwohl man ja auch hier die Frage stellen könnte: „Oh Prophet, wir essen zwar das geschächtete Fleisch der Ahl-u Kitap, aber diese essen ja auch Sachen, die haram sind, kann es nicht sein, dass bei der Zubereitung diese vermischt werden?“ Eine solche Frage wäre absolut legitim. Sie gibt es aber nicht. Weil der Islam keine Religion der “Unmöglichkeiten“ oder gegen jede menschliche Natur ist. Der Islam beachtet die Lebensrealität und ist lebensförderlich und nicht lebensfeindlich

 

Auch spätere Gelehrte haben sich so eine Frage nie gestellt, weil es den Grundideen des Islams wiederspricht. Denn Kreuzkontaminationen passieren jeden Tag und überall. Ständig. Es ist völlig unmöglich diese zu vermeiden. Daher antworten die Hersteller von Produkten auch immer, dass sie es nie 100% ausschließen können. Wie denn auch. Es geht hier um Partikel, Substanzen, kleinste (mit dem Auge unmöglich ersichtlichen) Teile. Wir sprechen also bei Kreuzkontaminationen von wirklich absolut geringen (!!) Mengen, die vor allem nicht bewusst, sondern unbewusst (!!) in ein Produkt gelangen könnten (!!), weil Partikel davon auf dem Tisch (!!) sind.

 

Die Situation ist also uralt. Aber die Frage ist neu. Woran liegt das? Im Grunde ist dies ein Ergebnis von modernen Gesellschaften im soziologischen Sinne. Mit der Modernisierung und Industrialisierung hat sich der Islam von einer Lebensweise in eine mathematisch-durchdachte, Schablone-artige Weise umgewandelt. Eingebüßt hat dabei der Geist, die Spiritualität der Religion. Dies ist der Hauptfaktor auch für die Entstehung von politischen Verfärbungen des Islams.

 

Ein anderer Faktor sind leider die sozialen Netzwerke. Hier wird vieles unwissend verbreitet, ohne sich mit den Themen und vor allem Inhalten auseinanderzusetzen. Da werden dann z.B. in dieser Thematik uralte Schreiben kopiert, ohne sie inhaltlich verstanden zu haben und in die gesamte Welt verschickt und als “neu“ verkauft. Dies führt wiederum zu Verwirrung.

 

Gleichzeitig haben sich, wie oben schon angedeutet, durch die Auswanderung von Muslimen in Ländern mit überwiegend Nichtmuslimen neue Fragestellungen ergeben. Neue Fragen wurden im Alltag wichtig. Fragen, die in der alten Heimat unbedeutend waren, wie die Frage nach dem Fleisch, dass Eingangs beschrieben wurden.

 

Neue Fragen des Alltags bedürfen neue Antworten. Die Frage nach Halal-Fleisch in der Dönerbude wird für einen Muslim erst dann bewusst, wenn er in der Diaspora lebt. Daher gibt es solche “Diaspora-Fragen“, also Fragen, die im “Ausland“ entstehen. Die meisten dieser Fragen sind sehr wichtig und richtig, manche aber total überflüssig.

 

Zu diesen überflüssigen Fragen gehört auch die Frage nach Verpackungen, die mit Alkohol benetzt sind. „Ist das Produkt in der Verpackung dann noch halal?“ wird dann gefragt… solange man die Verpackung nicht isst!

 

 

Cemil Şahinöz

 

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