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Der ehemalige Christ Nils von Bergner (36) lebt jetzt streng nach den "fünf Säulen des Korans"

 

Warum ein Hamburger Anwalt sich zum Islam bekennt

 

Nils von Bergner

 

in seinem Büro.

 

Fünfmal täglich

 

rollt der 36-Jährige

 

den Gebetsteppich

 

aus und neigt sich

 

gen Mekka.

 

Foto: RÄTZKE

 

Als er ihr zum ersten Mal andeutete, dass er zum Islam übertreten

wolle, dachte Ellen von Bergner (26), ihr Mann mache einen Scherz.

"Ja, mach mal", sagte sie nur und dachte nicht weiter darüber nach.

Einige Monate später gestand der Hamburger Anwalt Nils von Bergner

(36) seiner Frau jedoch, dass es ihm ernst sei. Er habe sich eingehend

mit dem Islam auseinandergesetzt, den Koran gelesen: Er wolle zum

islamischen Glauben übertreten - ob sie etwas dagegen habe? "Zuerst

war ich geschockt", erinnert sich Ellen von Bergner. "Natürlich habe

ich mir Gedanken gemacht, was für Auswirkungen sein Glauben auf mein

Leben hat." Nach vielen Gesprächen einigten sich beide darauf, zu

versuchen, ihre Ehe so tolerant und normal wie möglich zu führen -

er als Moslem, sie als Atheistin. "Allerdings hätte ich nie meine Ehe

aufs Spiel gesetzt", sagt Nils von Bergner.

 

Der 36-Jährige, der seit seinem Glaubensbekenntnis auch den

muslimischen Namen Ahmed Isa (übersetzt: Mohammed Jesus) trägt, ist

einer von mehr als 350 Hamburgern, die 2005 zum Islam konvertierten.

In ganz Deutschland waren es von Juli 2005 bis Juni 2006 rund 4000

Menschen. Das ergab eine Studie, die das Islam-Archiv in Soest im

Auftrag des Bundesinnenministeriums durchgeführt hat. 17 200

Deutsche, die vom christlichen zum muslimischen Glauben gewechselt

haben, leben mittlerweile in Deutschland. "Die meisten von ihnen, rund

70 Prozent, konvertieren, weil sie einen Moslem heiraten", sagt Ahmet

Yazici von der Zentrumsmoschee in St. Georg. "Der Rest besteht

größtenteils aus Deutschen, die sich aus Überzeugung zum Islam

bekennen."

 

Die Bibel steht bei Nils von Bergner weiterhin im Bücherregal - als

von den Muslimen anerkannte heilige Schrift direkt neben dem Koran.

Doch statt - wie früher - einmal abends zu beten, rollt von Bergner

jetzt fünfmal täglich den Gebetsteppich aus. Neigt sich morgens,

mittags, nachmittags, abends und nachts gen Mekka und betet auf

Arabisch: "Gepriesen sei mein Gott, Gott erhört jeden, der ihn lobt."

 

"Das Beten hat mich anfangs am meisten gestört", sagt die Ehefrau.

Doch sie hat sich daran gewöhnt: "Morgens wird zur Zeit des

Sonnenaufgangs gebetet - im Sommer ist das um vier Uhr. Doch mit der

Zeit bin ich nach dem Klingeln seines Weckers wieder eingeschlafen."

 

Nils von Bergner ist ein liberaler Moslem. Seiner Frau zuliebe macht

er viele Kompromisse. Er selbst vermeidet auch die kleinste Menge

Alkohol, holt jedes verpasste Gebet nach und hält sich an die

Fastenregeln des Ramadan. Andererseits verlangt er weder von seiner

Frau noch von seinen Gästen, dass sie in seiner Wohnung die Schuhe

ausziehen oder auf Alkohol verzichten. Und so hat er auch nichts gegen

die drei Katzen seiner Frau, obwohl einige Moslems Katzen als unreine

Tiere betrachten. "Der Koran wird von vielen Theologen unterschiedlich

ausgelegt", sagt der Hamburger. So sei das auch mit dem Tragen eines

Kopftuches: Man solle keine Frau dazu zwingen, dürfe es aber auch

keiner verbieten. Er selber würde niemals auf die Idee kommen, seiner

Frau Vorschriften zu Kleidung oder Lebensführung zu machen.

 

Dafür lässt Ellen von Bergner ihrem Mann die Freiheit als Moslem

streng nach den "fünf Säulen des Koran" zu leben. Dazu gehören das

Glaubensbekenntnis, die Pflichtgebete, der Ramadan, die Armensteuer

(einmal im Jahr vier Prozent des Vermögens spenden) und die

Pilgerfahrt, die Nils von Bergen demnächst unternehmen will. "Diese

festen Regeln und Anweisungen des Islam sind ein Grund dafür, dass

unsere Religion immer beliebter bei Christen wird", sagt Salim

Abdullah, Seniordirektor des Islam-Archivs in Soest. "Sie kommen nicht

zurecht mit dem Dreifaltigkeits-Dogma, sondern suchen klare

nachvollziehbare Regeln". Nils von Bergner bestätigt das: "Die

ethisch-moralischen Grundsätze von Islam und Christentum sind die

gleichen. Mein Glaube hat sich einfach erweitert. Ich habe jetzt das

Gefühl, enger mit Gott in Verbindung zu sein."

 

frg

 

erschienen am 29. Januar 2007

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