Zum Inhalt springen
Qries Qries Qries Qries Qries Qries

Empfohlene Beiträge

Unendlich viel Geld und die unsterbliche Schnecke – eine islamische Betrachtung

 

Unendlich viel Geld und die unsterbliche Schnecke – eine islamische Betrachtung

 

In der modernen Philosophie und Popkultur tauchen immer wieder Gedankenexperimente auf, die den Menschen vor hypothetische Entscheidungen stellen. Eines dieser Experimente lautet: „Du erhältst unendlich viel Geld, aber eine unsterbliche Schnecke wird dich für immer verfolgen. Berührt sie dich, stirbst du.“ Was zunächst wie eine absurde Spielerei wirkt, offenbart bei näherer Betrachtung tiefere Fragen nach dem Sinn des Lebens, der Vergänglichkeit und den Prioritäten des Menschen.

 

Aus islamischer Sicht ist Reichtum kein Selbstzweck, sondern eine Prüfung. Der Koran erinnert uns mehrfach daran, dass Besitz und Reichtum nur eine Versuchung sind und dass der eigentliche Lohn bei Gott liegt. Der Prophet sagte: ‚Die Liebe zur Welt ist der Anfang aller Verfehlungen“ (Tirmidhi, Müslim). Unendlicher Reichtum auf dieser Welt wäre somit nicht automatisch ein Segen, sondern vielmehr eine gewaltige Prüfung, die das Herz vom Wesentlichen ablenken könnte.

 

Die Schnecke in diesem Gedankenexperiment symbolisiert dabei den unausweichlichen Tod, langsam, unaufhaltsam und sicher. Sie kommt, egal wie weit du reist, egal wie hoch deine Mauern sind.

 

Würde ein Muslim dieses Angebot annehmen? Der Prophet Muhammed lehrte uns, dass das Herz nur in der Erinnerung an Gott wahre Ruhe findet. Unendlicher Reichtum ohne innere Zufriedenheit ist wie ein Meerwasser, das den Durst nicht löscht, sondern verstärkt. So heißt es im Koran: „So soll euch das diesseitige Leben nicht täuschen“ (Koran, 35:5)“. Die Angst vor der Schnecke, also vor dem unausweichlichen Ende, würde jeden Luxus überschatten. Denn was nützt ein Palast, wenn dein Herz ständig in Furcht vor dem Tod lebt?

 

Der Islam lehrt eine Balance und ein Gleichgewicht. Weltliche Güter sind erlaubt, ja sogar erwünscht, solange sie nicht zum Hauptziel des Lebens werden. Das Streben nach Reichtum ist legitim, wenn es im Rahmen des Erlaubten geschieht und der Besitz in den Dienst des Guten gestellt wird. Doch unendlicher Reichtum mit einer ewig drohenden Gefahr wäre eine Gefangenschaft, keine Freiheit.

 

Dieses Gedankenexperiment zeigt letztlich die Wahrheit der Koranverse: „Jede Seele wird den Tod kosten“ (Koran, 29:57). Keine Mauer, kein Geld und keine Flucht kann dies verhindern. Die eigentliche Frage ist also nicht: „Wie entkomme ich der Schnecke?“, sondern: „Wie bereite ich mich auf den Moment vor, an dem sie mich erreicht?“

 

Aus islamischer Perspektive wäre die weise Entscheidung daher nicht, das Angebot um jeden Preis anzunehmen, sondern zu erkennen, dass wahrer Reichtum im Herzen liegt, im Glauben, in guten Taten und in der Zufriedenheit mit dem, was Gott dir zuteilt. Denn der Mensch ist nicht geschaffen worden, um ewig vor dem Tod davonzulaufen, sondern um sich auf das ewige Leben vorzubereiten.

 

Dr. Cemil Şahinöz

 

Literatur:

 

·         Müslim: Sahih-i Müslim. İrfan Yayınevi: İstanbul, 2014

·         Tirmidhi: Sünenü’t-Tirmidhi. Çağrı Yayınlar: Istanbul, 1981

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dein Kommentar

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Konto hast, melde Dich jetzt an, um unter Deinem Benutzernamen zu schreiben.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

×
×
  • Neu erstellen...