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25.09.2008 Überlegungen für neue Muslime über den anfänglichen Umgang mit der Göttlichen Offenbarung. Von A.A. El Hadad

Qur’an: Anleitung für die Muslime

(iz). Die Rolle, die der Qur’an für die Muslime als Anleitung spielt, kann man mit keinem anderen Buch der Menschheit vergleichen. Man kann sogar ­behaupten, dass es keine Religion gibt, die mit einem Buch und dessen ­Sprache so intensiv verbunden ist wie der Islam. Islam, Qur’an und Arabisch gehören zusammen, man kann aber auch Muslim sein, ohne Arabisch zu lernen oder Araber zu sein. Allerdings ist es auf der anderen Seite die Pflicht eines jeden Muslims, etwas vom Qur’an auswendig zu lernen, da man sonst weder seine Religion praktizieren noch seinen Glauben vertiefen kann.

 

Was aber macht man, wenn man neu zum Islam ­gekommen ist oder ein ­Muslim ist, der aus einem nicht-arabisch ­sprechenden Kulturkreis kommt? Die Antwort darauf war immer die Übersetzung der Bedeutung des Qur’an.

 

Ist es erlaubt?

 

Die Frage danach, ob es erlaubt sei, den Qur’an zu übersetzen und die Frage nach der Autorität dieser Übersetzung, gehört zu einer sehr alten Diskussion, und viele islamische Gelehrte waren schon zu Zeiten der Ausbreitung des Islams über die arabische Halbinsel hinaus in der Lage, diese Fragen zu beantworten. Aus einem ganz einfachen Grund kann uns die Darstellung dieser Meinungen in unserer modernen Zeit leider nicht so viel helfen, und zwar weil damals die neu zum Islam konvertierten Völker Aspekte der arabischen Sprache übernahmen, was das Problem von Grund auf gelöst hatte.

 

Ohne einige dieser Meinungen darzustellen, können wir eine entscheidende Frage stellen: Hat der Prophet die ­Erlaubnis gegeben, den Qur’an übersetzen zu lassen?

 

Die Antwort finden wir logischerweise in solchen Situationen, in denen der Prophet mit nicht Arabisch sprechenden Menschen zu tun hatte. Ein klares Beispiel dafür sind die Briefe, die der Gesandte Allahs zu Herrschern der Nachbarkönigreiche, wie dem Oströmischen Reich, Ägypten, Äthiopien oder dem Persischen Reich entsandt hatte.

 

Die Botschaften, vor allem an den oströmischen Kaiser und die Könige von Ägypten und Äthiopien wegen ihrem christlichen Hintergrund, enthalten einige Verse des Qur’an, die bei der Vorlesung der Botschaft vor den Königen übersetzt worden sind. Natürlich hat der Prophet diesen Prozess vermutet. Und auch als seine Botschafter zurückgekommen sind und von der ganze Reise berichteten, hat der Prophet keinen Widerspruch geäußert.

 

Als Beispiel hierfür möchte ich an dieser Stelle die deutsche Übersetzung des Originaltextes zitieren: „Von Allahs Diener und Gesandten Muhammad an den Kaiser des griechischen Volkes: Gegrüßt seien diejenigen, die auf dem rechten Weg sind. Hiermit fordere ich dich auf, in den Islam einzutreten. Wenn Du den Islam annimmst, dann bist Du erlöst und Allah gibt Dir im Jenseits zweifache Belohnung. Wenn Du meiner Aufforderung nicht nachkommst, so sollen die Sünden des Dir unterworfenen Volkes Dir auferlegt sein. ‘Sprich: O Leute der Schrift! Kommt herbei! Einigen wir uns darauf, dass wir Allah allein dienen und nichts neben ihn stellen und dass die einen von uns die anderen nicht zu Herren neben Allah annehmen. Und wenn sie den Rücken kehren, dann sprecht: Bezeugt, dass wir Gottergebene (Muslime) sind.’ (Al ‘Imran, 64)“

 

Diese authentischen Briefe der islamischen Literatur-Quellen schließen jeden Zweifel an der Erlaubnis der Qur’anübersetzung aus.

 

Belohnung für die Lektüre der Übersetzung?

 

Auf der anderen Seite stellt sich allerdings die Frage, ob man diese Übersetzung auch als Qur’an annehmen kann. Geklärt werden muss hier, ob wir die Übersetzung, im religiösen Sinne, wie das Original benutzen können, oder nicht. Kann man mit der Übersetzung die Belohnungen Allahs erlangen?

 

Auf diese Frage haben viele muslimische Gelehrte mit unterschiedlichsten, zu ihrer jeweiligen Zeit passenden, Meinungen reagiert. Es gibt zwei logische Möglichkeiten, diese Frage zu analysieren: 1. Die Übersetzung gilt nicht als Qur’an. Die zweite Möglichkeit behauptet das Gegenteil, obwohl alle Gelehrte einig sind, dass man eine Übersetzung nicht während des Gebets [salat] selbst benutzen kann. Bei der ersten Möglichkeit werden wir uns an der Tatsache stoßen, dass viele Muslime kein Arabisch können und ihr rituelles Leben demnach nicht akzeptabel sein kann. Das jedoch ist gegen die bekannte islamische Regel: „Allah belastet niemand über Vermögen. Jedem wird zuteil, was er verdient hat.“ (Al-Baqara, 286), was uns zu der zweiten Möglichkeit bringt.

 

Als Bestätigung für die zweite ­Möglichkeit kann man die Übersetzung von einer Überlieferung des Propheten zitieren, in der er sagte: „Wer den Qur’an fließend rezitiert, gehört zu den ­rechtschaffenen Sendboten, Edlen und ­Tugendhaften. Und wer stockend Qur’an liest, weil es ihm schwer fällt, bekommt doppelt Belohnung.“ (Sahih Al-Bukhari)

 

Von dieser Überlieferung ausgehend können wir feststellen, dass diejenigen, denen das Lesen des Qur’ans schwer fällt, zwei Belohnungen bekommen. Wie wäre es denn, wenn sie die Originalsprache überhaupt nicht beherrschten? Wie viele Belohnungen möge Allah ihnen dann erst geben? Kann man das Wunder des Qur’an auch spüren, wenn man kein Arabisch kann? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir zuerst wissen, worin genau das Wunder des Qur’an besteht?

 

Zunächst sollte in Betracht gezogen werden, dass Allah im Qur’an Begeisterung erzeugen will, dass die Menschen den Qur’an studieren und nachdenken. Allah sprach: „Studieren sie den Qur’an denn nicht? Wenn er von einem anderen als Allah stammte, fänden sie in ihm gewiss viele Widersprüche.“ (An-Nisa, 82)

 

Allah hat uns mitgeteilt, dass der Qur’an passend für jede Zeit und für alle Menschen ist. Jeder kann den Qur’an lesen und mit Sicherheit einen der Aspekte seines wunderbaren Charakters entdecken; sowohl der primitive Nomade in der Wüste von Arabien im fünften Jahrhundert als auch der hochgebildete Europäer im 21. Jahrhundert. Jeder kann einen Aspekt finden, der ihn berührt und jeder darf seinem Verständnis vertrauen und die innerliche Ruhe [sakina] finden.

 

Natürlich zählt der unvergleichliche rhetorische Stil des Qur’an zu einem der strahlenden Aspekte seines Wunders. Aber das schließt keinesfalls die anderen Aspekte aus! Der Qur’an ist ein umfassendes Buch, dessen Wirkung an jedem Ort und zu jeder Zeit zu begreifen ist. Das Wunder des Qur’an ist nicht nur dessen sprachlicher Stil, sondern vielmehr der Qur’an selbst: Von seiner einzigartigen Autorität, die Buchstabe für Buchstabe seit vierzehn Jahrhunderten bis heute ohne Veränderungen überliefert wurde, über die Fähigkeit normaler Menschen, den ganzen Text Wort für Wort auswendig zu lernen, sogar ohne die Sprache zu verstehen, bis hin zu wissenschaftlichen Tatsachen, in denen man immer wieder entdecken kann, was über die Jahrhunderte in seinen Versen verborgen lag; diese Tatsachen sind in einem rhetorischen Stil geschrieben, der die Literatur und die Naturwissenschaft zum ersten mal verbindet. Allah sagt : „Und die Sonne läuft zielstrebig auf ihrer Bahn. Das ist die Anordnung des Mächtigen, des Wissenden.“ (Ya Sin, 38)

 

Ein weiterer Aspekt ist zudem, dass der Qur’an frei von Widersprüchen ist. So kann man ruhigen Gewissens daran glauben, dass er das Wort Allahs, des Allwissenden, ist. Er enthält historische Tatsachen, die nicht zu leugnen sind und gesellschaftliche und rechtliche Bestimmungen, die für jede Zeit und jeden Ort passend sind. Und nicht zuletzt enthält er Antworten auf die existenziellen Fragen der Menschheit, die kein Buch vorher beantwortet hat, zum Beispiel die Frage, warum Gott das Unrecht in der Welt zulässt. Und Allah antwortet in diesem Aspekt: „Meine bloß nicht, dass ­Allah das Verhalten der Ungerechten unbeachtet lässt. Siehe, er säumt mit ihnen nur bis zum Tage, an dem die Blicke starr werden.“ (Ibrahim, Vers 42)

 

Vor allem aber soll das Gefühl, dass ­Allah über sich selbst spricht, die Menschen zu ihm einladen. So sagt er: „Und wenn dich Meine Diener nach Mir fragen, siehe, Ich bin nahe. Ich will dem Ruf des Rufenden antworten, sobald er Mich ruft. Doch auch sie sollen Meinen Ruf hören und an Mich glauben; vielleicht schlagen sie den rechten Weg ein.“ (Al-Baqara,186)

 

Es gibt noch vieles mehr, worüber Muslime als auch Nichtmuslime unzählige Bücher geschrieben haben, in denen jeder selbst seine Untersuchung des Qur’an fortsetzen kann. Im überragenden Sinne besteht das Wunder des Qur’an auch darin, dass er das Absolute in unserer relativierten Welt darstellt. Der Qur’an ist demnach das einzige Buch in der Menschheitsgeschichte, das die absolute Wahrheit in vielen Gesichtern darstellen kann. Nehmen Sie also eine Übersetzung seiner Bedeutung, lesen Sie darin und lassen Sie sich überraschen. Mit Sicherheit findet sich darin eine Stelle, die bezaubert und Neugierde weckt. Egal welchen kulturellen oder welchen Bildungshintergrund die Menschen haben; Der Qur’an ist das unerschaffene Wort ­Allahs, und Er weiß genau, wie Er sich darin offenbart. Und wie Er die Menschen in ersten Sura des Qur’an lehrt, wie sie beten, wenn sie rezitieren: „Dir dienen wir und zu Dir rufen wir um Hilfe. Leite uns den Pfad derer, denen Du gnädig bist, nicht derer, denen Du zürnst, und nicht der Irrenden“ (Al-Fatiha, 5-7)

 

ws

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