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Fünfundzwanzigster Blitz - Ein Seelenführer für die Kranken

 

Geschrieben für die Kranken als eine Salbe, eine Tröstung, ein geistiges Rezept, an Stelle eines Besuches am Krankenbett und als ein Wunsch zur Genesung.

 

Erinnerung und Entschuldigung

Dieses geistige Rezept ist schneller als alles bisherige geschrieben worden *. Wir haben bei dieser Abhandlung im Gegensatz zu anderen noch nicht einmal Zeit gefunden für Korrekturen und die sonst übliche Sorgfalt. Auch dabei waren wir so schnell wie bei der Abfassung, so dass wir diese Abhandlung nur einmal durchgelesen haben. Sie wurde gleich als Manuskript gedruckt. Wir haben es nicht mehr für notwendig gehalten, das, was uns so frisch und natürlich als Einfall vom Herzen kam, noch einmal zu überprüfen, um es nicht durch erkünstelte Sorgfalt wieder zu zerstören. Die verehrten Leser, besonders aber die Kranken mögen mir nicht böse sein, wenn ich sie durch einige unbequeme Bemerkungen oder ernstgemeinte Worte und Darstellungen beunruhigt habe. Außerdem bitte ich um ihr Gebet!

 

 

»Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen. Sie sagen, wenn ein Übel sie trifft: ›Von Allah kommen wir und zu Ihm kehren wir wieder zurück.‹« (Sure 2, 156) »Und wenn du krank bist, gibt Er die Genesung!« (Sure 26, 79-80)

In diesem Funken erklären wir kurz »fünfundzwanzig Heilmittel« für die Kranken und die Unglücklichen, die ein Zehntel der Menschheit bilden, als eine wahre Tröstung und heilende Salbe.

 

Erstes Heilmittel: Oh du hilfloser Kranker! Mach dir keine Sorgen! Habe Geduld! Deine Krankheit dient dir nicht zu Kummer und Sorge, sondern zum Heil. Das Leben ist ein Kapital und es vergeht. Wenn es keine Frucht bringt, büßt man es ein. Mag es auch ein ruhiges und sorgloses Leben, das in Gottvergessenheit vergeht, sein! Es vergeht sehr schnell. Die Krankheit lässt dir aus diesem deinem Kapital einen großen Verdienst als Frucht erwachsen. Ja, sie lässt der raschen Vergänglichkeit dieses Lebens keinen Raum, bewahrt es, verlängert es... damit die Früchte bleiben, nachdem es vergangen ist. Als einen Hinweis dafür, dass das Leben durch eine Krankheit verlängert wird, wurde dieses Sprichwort zum Allgemeingut: Im Unglück wird die Zeit sehr lang, im Glück jedoch sehr kurz.

 

Zweites Heilmittel: Oh du ungeduldiger Kranker! Sei geduldig, ja, sogar dankbar! In dieser deiner Krankheit wird jede einzelne Minute zu einer Stunde der Anbetung. Denn es gibt zwei Arten der Anbetung. Die eine ist die positive Art anzubeten, nämlich die bekannte Art des Pflichtgebetes und des Bittgebetes. Die andere Art ist die negative; durch Krankheit und Unglück fühlt der vom Leid Betroffene seine Hilflosigkeit und Schwäche, nimmt zu seinem barmherzigen Schöpfer Zuflucht, fleht inständig zu Ihm, gelangt zu einem reinen, ungeheuchelten, innerlichen Gebet. Ja, ein Leben in Krankheit verbracht, ohne dabei Allah anzuklagen, gilt für den Gläubigen als Anbetung, wofür es eine echte Überlieferung gibt. Auf Grund dieser echten Überlieferung und wahrhaftigen Entdeckung steht sogar fest, dass eine Minute Krankheit bei manchen geduldigen und dankbaren Kranken gleich einer Stunde Anbetung, bei einigen Vollendeten eine Minute gleich einem Tag der Anbetung gilt. Klage deine Krankheit, die dir für eine Minute deines Lebens tausend gibt, und dir zu einem langen Leben verhilft, nicht an, sondern sei dankbar!

 

Drittes Heilmittel: Oh du Kranker ohne Ausdauer! Der Mensch ist nicht in die Welt gekommen, um nach seiner Lust und Laune zu leben. Zeugnis dafür gibt das ständige Kommen und Gehen der Menschen. Die jungen werden alt, und sie alle werden zwischen Tod und Trennung ständig umhergetrieben. Und obwohl der Mensch unter den Lebewesen das vollkommenste, höchste, hinsichtlich seiner Anlagen reichste, ja, sogar der König aller Lebewesen ist, verbringt er dennoch, verglichen mit den Tieren, nur ein trauriges und kummervolles Leben auf der untersten Stufe, weil er ständig über vergangenes Glück und kommendes Unheil nachdenkt. Das heißt, dass der Mensch nicht in diese Welt gekommen ist, nur um sich ein schönes Leben zu machen und ruhig und unbeschwert seine Zeit zu verbringen. Er ist vielmehr hierher gekommen als ein Mensch, in dessen Händen sich ein gewaltiges Kapital befindet, um Handel zu treiben und zu arbeiten für ein immer und ewig glückseliges Leben. Das Kapital, das ihm an die Hand gegeben wurde, ist die Spanne seines Lebens. Gäbe es keine Krankheit, würden ihn Gesundheit und Wohlbehagen zur Gottvergessenheit verleiten... Die Welt erschiene ihm als ein Freudental. Das Jenseits geriete in Vergessenheit. Man möchte nicht an Grab und Tod erinnert werden, möchte das Kapital seines Lebens wie im Leerlauf für hohle Vergnügungen ausgeben, doch die Krankheit öffnet ihm plötzlich die Augen und spricht zu ihm, zu seinem Körper: »Du bist nicht unsterblich, nicht ungebunden, du hast eine Aufgabe. Lass deinen Stolz! Denke an den, der dich geschaffen! Wisse, dass du ins Grab steigen wirst! Bereite dich also darauf vor!« So ist also die Krankheit von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet ein Mahner, der niemals betrügt und ein warnender Lehrer. In dieser Hinsicht sollte man sie nicht anklagen, vielmehr ihr dankbar sein und – wenn es einem zu schwer wird – um Geduld bitten...

 

Viertes Heilmittel: Oh du anklagender Kranker! Was du von Rechtswegen tun solltest, ist, nicht zu klagen, sondern dankbar und geduldig zu sein. Denn dein Körper, deine Organe, deine ganze Konstitution ist nicht dein Eigentum. Du hast sie nicht gemacht... Du hast sie nicht in irgendeiner Werkstatt gekauft. Sie sind also Eigentum eines anderen. Ihr Besitzer verfügt über Sein Eigentum, so wie Er will. Wie im Sechsundzwanzigsten Wort z.B. gesagt wurde: Ein sehr reicher und hochbegabter Künstler stellt, um seine schöne Kunst und seinen kostbaren Reichtum zu zeigen, einen armen Mann für ein Stündchen gegen Honorar als Modell ein, und bekleidet diesen armen Mann mit einem besonders kunstvoll genähten und verzierten Umhang oder Anzug. Dann bestickt und modelliert er daran. Er schneidet, ändert, verlängert, verkürzt, um seine einzigartige Kunstfertigkeit zu zeigen. Wenn nun etwa dieser gegen ein Honorar angestellte, arme Mann zu jenem Herrn sagt: »Sie machen mir Schwierigkeiten... Sie befehlen mir, mich zu beugen und mich wieder aufzurichten und verursachen mir allerlei Umstände... Sie verderben die ganze Schönheit, wenn Sie an diesem Umhang, der mich schmückt, herumschneiden und kürzen.«, hat er dann etwa ein Recht, so zu reden? Kann er sagen: »Sie haben ohne Mitleid und Barmherzigkeit gehandelt!«? Genauso wie in diesem Beispiel ändert dir, oh Kranker, der erhabene Meister deinen Körper – das Hemd, das Er dir angezogen hat – den Er mit erleuchteten Sinnen wie Augen, Ohr, Verstand und Herz ausgestattet hat, um die Ornamente Seiner schönen Namen zu zeigen, dreht und wendet dich unter den verschiedensten Umständen und Situationen. So wie du Seinen Namen der Versorger in deinem Hunger kennengelernt hast, so erfahre nun auch Seinen Namen der Heiler in deiner Krankheit! Weil Schmerz und Unglück einen Teil Seiner Namen erkennen und bestimmen lassen, finden sich in ihnen Funken der Weisheit und Strahlen der Barmherzigkeit und besondere Schönheiten unter diesen Strahlen. Wenn der Vorhang sich öffnet, findest du hinter dem Vorhang der gefürchteten und verabscheuten Krankheit viele liebevolle und schöne Bedeutungen.

 

Fünftes Heilmittel: Oh du Kranker, der du der Nörgelei verfallen bist! Ich bin aus Erfahrung zu der Überzeugung gelangt, dass in unserer Zeit Krankheit für einige eine Wohltat Gottes und ein Geschenk Seiner Barmherzigkeit ist. Obwohl ich dessen nicht würdig bin, kommen seit acht, neun Jahren einige junge Leute in ihrer Krankheit zu mir, damit ich für sie bete. Ich habe bemerkt, dass diejenigen jungen Kranken, die ich gesehen habe, im Gegensatz zu anderen jungen Leuten begonnen haben, an das »Danach« (Jenseits) zu denken. Sie kennen die Trunkenheit der Jugend nicht. Sie retten sich in gewissem Grade davor, sich achtlos tierischer Lust auszusetzen. Ich habe gesehen, dass ihre Krankheiten im Rahmen ihrer Fähigkeit, sie zu ertragen, eine Wohltat Gottes waren, und habe sie darauf aufmerksam gemacht. Ich sagte ihnen immer: »Mein Bruder, ich habe nichts gegen deine Krankheit, und bedauere dich nicht wegen deiner Krankheit, sodass ich für dich beten müsste. Bemühe dich um Geduld in deiner Krankheit bis zu deiner völligen Erweckung! Und wenn die Krankheit ihre Aufgabe erfüllt hat, wird dir der barmherzige Schöpfer um Seinetwillen Genesung schenken.« So sagte ich weiter: »Ein Teil deiner Altersgenossen sind infolge des Unglücks ihrer Gesundheit der Gottvergessenheit verfallen, versäumen das Gebet, denken nicht an das Grab, vergessen Allah... In diesem irdischen Leben erschüttern, ruinieren, ja, zerstören sie vielleicht sogar in einer Stunde oberflächlicher Lust ein unendliches, ewiges Leben. Durch die Brille deiner Krankheit siehst du dein Grab, deine künftige Wohnstatt, in die du in jedem Falle hinabsteigen wirst, und noch dahinter die jenseitigen Wohnstätten, und verhältst dich dementsprechend. Das besagt also, dass für dich die Krankheit Gesundheit ist, doch bei einem Teil deiner Altersgenossen ist Gesundheit eine Krankheit...«

 

Sechstes Heilmittel (Erster Teil): Oh du über Schmerzen klagender Kranker! Ich bitte dich: Denke an dein vergangenes Leben und an die in den vergangenen Tagen dieses Lebens genossenen Vergnügungen und erinnere dich an die Zeiten der Schmerzen und Leiden! In jedem Fall wirst du entweder »oh« oder »ach« sagen. Du wirst entweder mit Herz und Mund sagen »Elhamdu-li’llah« oder aber »weh« oder »ach«. Pass auf, was dich »Elhamdu-li’llah« sagen lässt, ist das Denken an Schmerzen und Unglücksfälle, die nun aber vorüber sind. Denn das macht innerlich froh. Und dafür dankt das Herz. Denn der Schmerz weicht der Erleichterung. Sind Schmerz und Unglück gewichen, lassen sie in der Seele eine Erleichterung als Nachlass zurück. Durch Nachdenken gleichsam wie aufgewühlt, entströmt Erleichterung der Seele... Danksagung gleichsam wie Tropfen. Was dich voll Sehnsucht »oh« und voll Bedauern »ach« sagen lässt, sind die in der Vergangenheit genossenen Freuden und Vergnügungen, die einen beständigen Schmerz in der Seele zurücklassen, nachdem sie vergangen sind; jedesmal, wenn du an sie denkst, wird dieser Schmerz wieder aufgewühlt... Sehnsucht und Bedauern fließen. So kann das unerlaubte Vergnügen eines Tages zuweilen ein Jahr lang einen Schmerz in der Seele hervorrufen. Und der Schmerz, den eine vorübergehende Krankheit von einem Tag hervorgerufen hat, bringt für viele Tage innere Freude über den Lohn und dazu noch die innere Freude darüber, dass der Schmerz vergangen und die Krankheit überstanden ist. Denke also, dass diese zeitweilige Krankheit, die jetzt über deinem Haupte schwebt, ihren Lohn als Ergebnis und als ihr wahres Gesicht hat, sage »Das geht auch vorüber. Ya Hu!« und sei dankbar, anstatt zu klagen.

 

Sechstes Heilmittel (Zweiter Teil *): Oh du mein Bruder, der du an weltliche Vergnügungen denkst und deswegen unter deiner Krankheit leidest! Wenn diese Welt beständig wäre, und es keinen Tod auf unserem Wege gäbe, und die Stürme der Trennung und des Verfalls nicht bliesen, und keine Winter der Seele in der unheildurchbrausten Zukunft wären, würde auch ich mit dir zusammen deinen Zustand bedauern. Aber die Welt wird sicherlich eines Tages zu uns sagen: »Los, raus!«, uns sich unserem Schreien gegenüber die Ohren zuhalten. Bevor sie uns hinauswirft, müssen wir – durch die Krankheit gewarnt – schon von jetzt an auf unsere Liebe zu ihr verzichten... bevor sie uns verlässt, müssen wir uns bemühen, sie von Herzen zu verlassen... Ja, die Krankheit erinnert uns an all dies und sagt: »Dein Körper ist nicht aus Stein oder Eisen, sondern aus verschiedenen Substanzen zusammengesetzt, welche ständig die Neigung haben, wieder auseinanderzufallen. Gib deinen Stolz auf! Begreife deine Schwäche! Erkenne deinen Eigentümer! Wisse um deine Aufgabe! Lerne, warum du in die Welt gekommen bist!«... So flüstert sie dir heimlich in deines Herzens Ohr. Die Freuden und Vergnügen dieser Welt sind also unbeständig. Besonders wenn sie unerlaubt sind, sind sie sowohl unbeständig und leidvoll als auch sündhaft. Weine nicht, weil dir nun deine Krankheit als Vorwand dient, deiner Vergnügungen verlustig zu gehen. Im Gegenteil: Denke während deiner Krankheit über die stille Anbetung, den Dienst und die Belohnung im Jenseits nach, und versuche, froh zu sein!

 

Siebentes Heilmittel: Oh du Kranker, der du die Freude über deine Gesundheit verloren hast! Deine Krankheit lässt den Sinn für Gesundheit als einer Gabe Gottes nicht vergehen, sondern belebt und verstärkt ihn. Denn was beständig vorhanden ist, verliert seine Wirkung. Ja, die Kenner der Wahrheit sagen sogar übereinstimmend:

 

 

»Alle Dinge erkennen sich in ihrem Gegenteil.«

Zum Beispiel: Gäbe es keine Finsternis, könnten wir Licht nicht erkennen und es nicht genießen. Gäbe es keine Kälte, verstünden wir die Hitze nicht, hätten wir keinen Sinn dafür. Gäbe es keinen Hunger, fänden wir keinen Geschmack am Essen. Gäbe es keinen Durst, verspürten wir keine Lust, Wasser zu trinken. Gäbe es kein Unwohlsein, empfänden wir kein Wohlbefinden. Gäbe es keine Krankheit, hätten wir kein Gespür für Gesundheit. Demgemäß möchte der allweise Schöpfer also, dass der Mensch Seine verschiedensten Gaben kosten, jede Art Seiner Gnadenerweise schmecken solle, und ihn daher stets zur Dankbarkeit anleiten. Er hat den Menschen mit sehr vielen Anlagen ausgestattet, damit er all die verschiedenen, unzähligen Arten Seiner Gnadenerweise in der ganzen Welt koste und erfahre. So wie Er Gesundheit und Wohlbefinden gegeben hat, wird Er sicherlich auch Krankheiten, Unwohlsein und Kummer geben. Ich frage dich: »Hättest du nicht diese Krankheit in deinem Kopf, deiner Hand, deinem Bauch, würdest du dann auch Sinn und Geschmack für die Gabe Gottes verspüren und für die Gesundheit deines Kopfes, deiner Hand, deines Bauches danken? Sicherlich würdest du nicht danken, ja, vielleicht noch nicht einmal daran denken. Du würdest mit deiner Gesundheit sorglos umgehen, sie achtlos, ja, leichtfertig aufs Spiel setzen.«

 

Achtes Heilmittel: Oh du Kranker, der du an das Jenseits denkst! Die Krankheit wäscht und reinigt wie eine Seife vom Schmutz der Sünde. Es steht auf Grund einer »wahren Überlieferung« fest, dass die Krankheiten eine Buße für die Sünden sind. Außerdem ist in einem Hadith gesagt: »So wie von einem Baum die reifen Früchte herunterfallen, wenn man ihn schüttelt, so fallen auch von einem Gläubigen die Sünden ab, wenn er in seiner Krankheit vom Fieber geschüttelt wird.« Sünden sind für das ewige Leben wie andauernde Krankheiten. Sie sind außerdem in diesem irdischen Leben wie eine seelische Krankheit für das Herz, das Gewissen, den Geist. Wenn du geduldig bist und nicht klagst, rettest du dich durch diese vorübergehende Krankheit vor sehr vielen, lang andauernden Krankheiten.

Wenn du nicht an die Sünden denkst oder nichts vom Jenseits weißt oder Allah nicht kennst, hast du so eine fürchterliche Krankheit, millionenfach größer als diese deine kleine Krankheit. Ihretwegen sollst du jammern, denn dein Herz, dein Geist und deine Seele steht in Beziehung zu allem irdischen Sein. Durch Trennung und Zerfall werden diese Beziehungen ständig zerschnitten und dir dadurch zahllose Wunden geschlagen. Besonders, weil du nichts vom Jenseits weißt, stellst du dir den Tod als das ewige Nichts vor, und es ist scheinbar so, als sei dein wunder, kranker und zerschlagener Körper so groß wie die Welt. Es ist also zunächst einmal nötig, deine Ansichten zurechtzurücken und ein Heilmittel für deinen Glauben zu suchen, eine sicher wirkende Medizin für die zahllosen Krankheiten dieses deines großen, mit zahllosen Wunden geschlagenen Seelenkörpers und ein Gegengift, das dir sichere Genesung bringen wird.

Der kürzeste Weg, dieses Mittel zu finden, besteht darin, den Vorhang deiner Gottvergessenheit durch diese, deine äußerliche Krankheit zu zerreißen, damit dir dahinter das Fenster deiner Schwäche und Hilflosigkeit gezeigt werde, durch das du die Macht und Barmherzigkeit des Allmächtigen in Seiner Majestät kennenlernen wirst. Ja, wer Allah nicht kennt, lädt sich eine Welt voll Unglück auf sein Haupt. Wer Allah kennt, dem ist die Welt von Licht und innerer Freude erfüllt. Er empfindet sie entsprechend dem Grad, der Stärke seines Glaubens. Unter dieser inneren Freude, der Genesung, dem Gespür, das aus dem Glauben erwächst, wird der Schmerz dieser winzig kleinen, äußerlichen Krankheit weggeschmolzen und herausgedrückt.

 

Neuntes Heilmittel: Oh du Kranker, der du deinen Schöpfer kennst! Wenn Schmerz, Angst und Schrecken mit den Krankheiten verbunden sind, so liegt das daran, dass manche Krankheiten zum Tode führen. Weil der Tod – mit den Augen eines Gottvergessenen betrachtet, äußerlich gesehen – schrecklich ist, erregen die Krankheiten, die ihn verursachen können, Schrecken und Panik.

 

Erstens: Wisse und glaube fest daran, dass der Zeitpunkt des Todes feststeht und nicht verrückbar ist! Die am Bette der Schwerkranken weinten und sich dabei doch bester Gesundheit erfreuten, sind gestorben... die Schwerkranken aber fanden Genesung und überlebten...

 

Zweitens: Der Tod ist gar nicht so schrecklich, wie es äußerlich erscheint. Wir haben in vielen Abhandlungen im Lichte des weisen Qur’an mit völliger Sicherheit und in einer Weise, die über jeden Zweifel erhaben ist, bewiesen, dass der Tod für die Gläubigen eine Entlassung aus der Mühsal ihrer Lebensaufgabe bedeutet... also die Befreiung von der Pflicht zu jener Anbetung, welche in der Prüfung auf dem Weltenplatz ein Ausdruck von Bildung und Erziehung ist... ein Anlass, neunundneunzig von hundert Freunden und Verwandten wieder zu treffen, welche in die andere Welt gegangen sind... also ein Fahrzeug, um in die wahre Heimat, die Wohnstatt der ewigen Glückseligkeit einzugehen... eine Einladung heraus aus dem Kerker dieser Welt in die Gärten des Paradieses... dass er bedeutet, an der Reihe zu sein, aus der Freigiebigkeit des barmherzigen Schöpfers den Lohn für seinen eigenen Dienst zu empfangen. Da nun vom Standpunkt der Wahrheit aus dies das Wesen des Todes ist, sollte er nicht als so schrecklich angesehen werden, sondern – im Gegenteil – als Beginn der Barmherzigkeit und Glückseligkeit betrachtet werden. Wenn aber dennoch ein Teil der Gottesleute den Tod fürchtet, so nicht wegen der Schrecklichkeit des Todes, sondern vielmehr, um durch die Fortsetzung ihrer Lebensaufgabe noch mehr Verdienste zu erwerben. Ja, für die Gläubigen steht der Tod an der Schwelle der Barmherzigkeit (Gottes). Für diejenigen aber, die in die Irre gehen, ist er eine Zisterne ewiger Finsternis.

 

Zehntes Heilmittel: Oh du Kranker, der du dir unnötig Sorge machst! Du machst dir Sorgen wegen der Schwere deiner Krankheit. Diese Sorge verschlimmert noch deine Krankheit. Wenn du also in deiner Krankheit nach Erleichterung suchst, bemühe dich, dir keine Sorgen zu machen! Denke also an den Gewinn und den Lohn deiner Krankheit, und daran, dass sie schnell vorübergehen möge; entledige dich deiner Sorgen, schneide die Wurzel deiner Krankheit ab! Ja, Sorge verdoppelt die Krankheit; unter der äußerlichen Krankheit entsteht durch die Sorge im Herzen eine innerliche Krankheit. Auf ihr fußt die äußerliche Krankheit, verbreitet sich weiter. Wenn durch Ergebung, Zufriedenheit und den Gedanken an die Weisheit hinter der Krankheit die Sorge verschwindet, wird dieser äußerlichen Krankheit eine wichtige Wurzel abgeschnitten, sie wird leichter, vergeht zum Teil. Besonders, wenn durch eine Einbildung eine leichte, äußerliche Krankheit von einem Dirhem (wenige Gramm) entstanden ist, wächst sie durch die Sorgen um zehn Dirhem. Beseitigt man die Sorge, vergehen neun Zehntel der Krankheit. So wie Sorge die Krankheit verschlimmert, weil sie ein Zweifel an der Weisheit Gottes ist, eine Kritik an dem Erbarmen Gottes, eine Klage gegen die Barmherzigkeit des Schöpfers, so ist die Verschlimmerung der Krankheit ein Schlag entgegen der ursprünglichen Absicht. Ja, so wie Dankbarkeit die Gnadengabe vermehrt, so steigert Klage die Krankheit und das Unglück. Außerdem ist die Sorge selbst eine Krankheit. Deren Heilmittel besteht darin, die Weisheit der Krankheit zu erkennen. Weil du also schon ihre Weisheit und ihren Gewinn erkannt hast, trage diese Salbe auf deine Sorge auf und mach dich frei. Statt »ach«, sage »oh«, und statt zu bedauern, sage:

 

 

»Lobpreis und Dank sei Allah für eine jede Lage.«

Elftes Heilmittel: Oh du ungeduldiger kranker Bruder! Obwohl die Krankheit dir einen Schmerz zufügt, lässt sie dich dennoch seit dem Ende deiner vorigen Krankheit und mit dem Ende dieser Krankheit, den Sinn für das Ideelle und mit der Belohnung den Sinn für das Essenzielle verspüren. In der Zeit, die auf den heutigen Tag, vielleicht auf die jetzige Stunde folgt, gibt es keine Krankheit mehr und sicherlich aus dem Nichts auch keinen Schmerz. Wo kein Schmerz ist, gibt es auch kein Bedauern... Weil du dich auf der falschen Spur bewegst, bildest du dir etwas ein und wirst ungeduldig. Denn weil die äußeren Erscheinungen während der gesamten vor dem heutigen Tag liegenden Zeiten einer Erkrankung vorübergegangen sind, ist zugleich auch der Schmerz vorüber; geblieben ist die Belohnung, die in ihr enthalten war und die Freude an ihrem Ende. Sie müssen dir Gewinn und Freude schenken. Stattdessen aber in Ungeduld und Trauer an sie zu denken, ist Wahnsinn. Die kommenden Tage sind noch nicht gekommen... Jetzt schon an sie zu denken, an einen Tag, der nicht ist, und eine Krankheit, die es nicht gibt, einen Schmerz, den es nicht gibt, sich einzubilden und darüber nachzudenken, Ungeduld und Trauer darüber zu zeigen, dem Nicht-Sein auf drei Stufen des Nicht-Seins den Anstrich des Seins zu verleihen, was ist das, wenn nicht Wahnsinn? Also nochmals: In Anbetracht dieser Tatsache, ist das, was in einer Stunde sein wird, noch irreal: Die Zeit ist irreal, die Krankheit ist irreal, der Schmerz ist irreal. Zerstreue also nicht alle Streitkräfte deiner Geduld, die dir Gott der Gerechte anvertraut hat, zur Rechten und zur Linken, sondern konzentriere sie in dieser Stunde gegen deinen Schmerz und sage »Ya Ssabur!« und harre aus.

 

Zwölftes Heilmittel: Oh du Kranker, dem wegen deiner Krankheit Anbetung und Rezitation versagt bleiben und der du wegen deiner Versagung betrübt bist! Wisse, dass es auf Grund eines Hadith feststeht! »Ein frommer Gläubiger, der wegen seiner Krankheit die täglichen Rezitationen nicht zu beten vermag, erwirbt während der Zeit seiner Krankheit dennoch deren Verdienste.« Für einen Kranken, der das Pflichtgebet so weit wie möglich verrichtet, gilt während der Zeit einer schweren Erkrankung die Krankheit als Ersatz für die unterbliebenen Sunna-Gebete – und zwar als ein aufrichtiges Gebet! – wenn er geduldig ist, sich (Gott) anvertraut und die Pflichtgebete verrichtet. Dennoch lässt die Krankheit den Menschen seine Schwäche und Hilflosigkeit empfinden. Sie bewirkt, dass er in seiner Schwäche und Hilflosigkeit, ausgesprochen mit seinen Worten oder unausgesprochen mit seinen Taten, sein Gebet darbringt. Gott der Gerechte hat dem Menschen eine grenzenlose und eine unendliche Hilflosigkeit gegeben, damit er beständig am Throne Gottes Zuflucht suche, zu Ihm flehend und betend:

 

 

»Sprich: Mein Herr würde sich nicht um euch kümmern, wäre es nicht um eures Gebetes willen.« (Sure 25, 77)

Nämlich: »Wenn ihr nicht betet, welchen Wert habt ihr dann noch?« Entsprechend dem Geheimnis dieses Verses ist die Krankheit eine Ursache des innigen und flehentlichen Gebetes, das der verborgene Sinn der Erschaffung des Menschen ist und der Grund seines Wertes. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, ist es erforderlich, nicht zu klagen, sondern Allah zu danken und den Hahn des Gebetes, den die Krankheit geöffnet hat, nicht zu schließen, nachdem man seine Gesundheit wieder erlangt hat.

 

Dreizehntes Heilmittel: Oh du bedauernswerter Mann, der du über deine Krankheit klagst! Für manche ist eine Krankheit eine bedeutende Fundgrube, ein besonders kostbares Geschenk Gottes. Jeder Kranke kann sich vorstellen, dass seine eigene Krankheit von dieser Art sei. Es ist nun einmal die Stunde des Todes ungewiss. Gott der Gerechte hat dem Menschen, um ihn vor der völligen Verzweiflung und vor der völligen Gottvergessenheit zu bewahren, und damit Er ihn zwischen Angst und Hoffnung im Gleichgewicht halte, und jener sowohl Diesseits als auch Jenseits im Auge behalte, in Seiner Weisheit die Stunde des Todes verborgen. Es kann nun einmal zu jederzeit die Stunde des Todes kommen. Wenn sie den Menschen in seiner Gottvergessenheit ergreift, kann ihm das für sein ewiges Leben sehr zum Nachteil gereichen. Die Krankheit lässt die Gottvergessenheit von ihm weichen und ihn an das Jenseits denken, bringt ihm den Tod zur Erinnerung, bereitet ihn auf diese Weise vor. Was für einen großen Gewinn erhält er so! In zwanzig Tagen erreicht er eine Stufe, die er in zwanzig Jahren nicht erreicht hätte. Hierfür ein kurzes Beispiel:

Unter unseren Freunden – Allah erbarme sich ihrer! – waren zwei Jungen. Der eine war Ilamali Ssabri, der andere Islamköylü Wesirsade Mustafa. Unter meinen Schülern konnten diese beiden nicht lesen und schreiben. Trotzdem habe ich sie zu meinem Erstaunen in ihrer Aufrichtigkeit in Dienst und Glauben immer in vorderster Reihe gesehen!... Den verborgenen Sinn kannte ich damals noch nicht. Nach ihrem Tode verstand ich ihn. Jeder von ihnen hatte eine schwere Krankheit. Diese Krankheit leitete sie auf dem rechten Weg. Im Gegensatz zu den anderen Jungen, die gottvergessen waren, und ihre pflichtgemäßen Gebete vernachlässigten, fand man bei ihnen in hohem Maße ernste Gottesfurcht und Eifer für ihren wichtigen Dienst, sowie eine Haltung, die ihnen für das Jenseits zum Segen wurde. Möge es Allah gefallen, ihnen für die Anstrengungen dieser zwei Jahre Krankheit Millionen von Jahren ewig glückseligen Lebens zu verleihen! Ich verstehe jetzt, dass das Gebet, das ich manchmal für ihre Gesundheit dargebracht habe, im Hinblick auf die Welt ein schlechtes Gebet war. Möge Allah dieses mein Gebet für ihre Gesundheit im Jenseits angenommen haben!

So haben diese zwei Personen nach meiner Überzeugung einen solchen Gewinn erhalten, einen solchen Verdienst, wie sie ihn in einem zehnjährigen Leben voll Gottesfurcht nicht hätten erwerben können. Hätten diese beiden wie ein Teil der Jugendlichen auf ihre Jugend und Gesundheit vertraut, sich gottvergessend in Ausschweifungen geworfen, dann hätte auch der Tod sie genau in diesem ihrem Sündenpfuhl beobachtet und ergriffen, und sie hätten ihre Gräber statt in eine Schatzkammer des Lichts in eine Grube von Schlangen und Skorpionen verwandelt.

Weil also Krankheiten einen solchen Gewinn bringen, sollte man nicht über sie klagen, sondern in Ergebung, Geduld, ja, sogar in Dankbarkeit auf die Barmherzigkeit Gottes vertrauen.

 

 

 

Vierzehntes Heilmittel: Oh du Kranker, über dessen Augen sich der Vorhang der Nacht herniedergesenkt hat! Wenn du wüsstest, welches Licht dem Gläubigen erstrahlt, und was für ein geistiges Auge er besitzt – hinter dem Vorhang, der sich über seine Augen gesenkt hat – du müsstest »hunderttausend Mal Dank dem barmherzigen Herrn!« sagen. Ich will dir das durch ein Erlebnis erklären. Wie eine lindernde Salbe biete ich es dir an.

Eines Tages erblindete die Tante meines Dieners Süleyman aus Barla, der mir acht Jahre in voller Hingabe und Treue gedient hatte. Ich hatte niemals etwas an ihm auszusetzen gehabt. Diese aufrichtige Frau sagte zu mir: »Bete für mich, damit meine Augen geöffnet werden.« Und dabei meinte sie es mit mir hundert Mal besser als mir zukam. Sie passte mich an der Tür der Moschee ab. So machte ich mich denn zum Fürsprecher dieser guten Frau in ihrer tiefen und aufrichtigen Gläubigkeit und betete inständig: »Herr, erkenne ihre aufrichtige Frömmigkeit an und öffne ihre Augen.« Zwei Tage später kam ein Augenarzt aus Burdur und öffnete ihre Augen. Vierzig Tage später schlossen sich ihre Augen abermals. Ich war sehr betroffen. Ich betete viel... Möge Allah diese Gebete für sie im Jenseits annehmen! Es wäre sonst dieses mein Gebet für sie ein sehr schlechtes und völlig falsches Gebet gewesen. Denn bis zu ihrem Ableben blieben ihr noch vierzig Tage. Nach vierzig Tagen – Allah möge sich ihrer erbarmen! – verschied sie.

Also anstatt vierzig Tage lang Barlas trauernde Weinberge mit den betrübten Augen des Alters zu betrachten, durfte die Verstorbene nun im Grabe vierzigtausend Tage die Weinberge des Paradieses schauen. Denn ihr Glaube war stark und ihre Aufrichtigkeit fest. Ja, ein Gläubiger vermag, wenn sich der Vorhang über seine Augen herniedersenkt, und er mit verschlossenen Augen ins Grab steigt, über seine Stufe hinaus und bei weitem mehr als die übrigen Bewohner des Grabes die Welt des Lichtes zu schauen, wie wir in dieser Welt viele Dinge sehen... die blinde Gläubige nicht sehen. Im Grabe sehen diese Blinden, wenn sie im Glauben verstorben sind, entsprechend ihrer Stufe mehr als die übrigen Bewohner des Grabes. Sie schauen wie mit einem weitreichenden Fernglas – ihrer Stufe entsprechend – aus dem Grabe die Gärten des Paradieses, wie in einem Film.

Wenn du also geduldig und dankbar bist, kannst auch du ein solches innerliches Auge hinter dem Vorhang vor deinen äußerlichen Augen finden, ein Auge, das so voll ist von Licht und welches in das Paradies über den Himmeln hinüberblickt und es betrachtet, auch wenn du unter der Erde liegst. So ist also der Augenarzt, der diesen Vorhang vor deinen Augen aufzuheben vermag, dich mit diesen Augen schauen lässt, der weise Qur’an.

 

Fünfzehntes Heilmittel: Oh du Kranker, der du ächzt und stöhnst! Betrachte nicht das Äußerliche deiner Krankheit und sage nicht »ach!«. Betrachte ihren Sinn und sage »oh!«. Wenn Krankheit nicht etwas Schönes bedeuten würde, hätte der Schöpfer in Seiner Barmherzigkeit Seinem vielgeliebten Diener und Anbeter nicht die Krankheiten gegeben. Ja, eine Echte Überlieferung sagt sogar:

 

Das heißt: »Diejenigen, welche am stärksten von Unglück und Mühsal geplagt sind, sind diejenigen, welche auch die besten und vollkommensten unter den Menschen sind.« Allen voran der Dulder Hiob (Friede sei mit ihm), die Propheten, dann die Heiligen und danach alle Rechtschaffenen betrachteten die Krankheiten, unter denen sie zu leiden hatten, als wahre Anbetung und ein Geschenk der Barmherzigkeit (Gottes), und dankten in Geduld. Sie haben sie wie eine Operation angesehen, die von dem barmherzigen Schöpfer, dem Erbarmer ausgeht. Oh du Kranker, der du »ach!« und »weh!« schreist!, wenn du in die Schar der Erleuchteten eingereiht werden möchtest, sei geduldig und dankbar! Wenn du aber anklagst, werden sie dich nicht in ihre Gemeinschaft aufnehmen. Du wirst in die Grube der Gottvergessenen stürzen... Du wirst einen dunklen Weg gehen. Ja, ein Teil der Krankheiten, welche zum Tode führen, gilt als ein Martyrium der Seele und verleiht einen Grad von Heiligkeit, der dem eines Bekenners entspricht. Kurzum:

Es gibt besonders gesegnete Krankheiten, wie solche, die bei Geburt eines Kindes auftreten *, Ertrinken, Verbrennen, Bauchhöhlenvereiterung sowie Seuchen, die mit dem Tode den Grad der Heiligkeit verleihen. Und weil die Krankheit die Liebe zur Welt und das Interesse an ihr schwächt, mildert sie den Schmerz, der für Weltleute wegen der mit dem Tod verbundenen Trennung von der Welt besonders traurig und bitter ist, ja, lässt den Tod zuweilen sogar herbeisehnen.

 

Sechzehntes Heilmittel: Oh du Kranker, der du dich über Langeweile beklagst! Krankheit lehrt tiefe Hochachtung und erzieht zu innigem Mitleid, zwei sehr gute Eigenschaften, die für das menschliche Gemeinschaftsleben von ganz besonderer Wichtigkeit sind. Denn sie bewahren ihn vor der Selbstzufriedenheit, die den Menschen zu Unbarmherzigkeit und Grausamkeit führt. Denn:

 

 

»Fürwahr ist der Mensch rebellisch und denkt, er sei sich selbst genug.« (Sure 96, 6-7)

Der Sinn dieser Qur’anverse lehrt, dass eine eigensinnige Seele, die sich in einem aus Gesundheit und Wohlbefinden entstandenem Zustand der Selbstzufriedenheit befindet, kein Gefühl der Achtung mehr gegenüber der Hochachtung gebietenden Brüderlichkeit verspürt. Auch empfindet sie nicht die geschuldete Barmherzigkeit und Güte gegenüber diejenigen, die unter Unglück und Krankheit leiden. Sobald er aber krank wird, begreift er unter dieser Krankheit seine Schwäche und Armseligkeit, und bezeigt seinen Brüdern die gebührende Hochachtung. Er empfindet Achtung gegenüber den gläubigen Brüdern, die kamen, ihn zu besuchen oder ihm zu helfen. Und er empfindet Erbarmen gegenüber denen, die vom Unglück geplagt sind, jene aus mitmenschlichem Empfinden entstandene mitmenschliche Güte, die zugleich einer der wichtigsten Charakterzüge des Islam ist. Er vergleicht die Leidenden mit sich selbst. Sie tun ihm von ganzem Herzen leid, er erbarmt sich ihrer, hilft ihnen, wo er kann, zumindest durch sein Gebet, besucht sie zumindest nach islamischem Brauch, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen, und erwirbt so einen Verdienst.

 

Siebzehntes Heilmittel: Oh du Kranker, der du darüber klagst, dass du wegen deiner Krankheit keine guten Werke mehr tun kannst! Sei dafür dankbar, dass dir die Krankheit die Türe zu guten Werken geöffnet hat, die frei sind von allen Hintergedanken! Krankheit ist das wichtigste Fahrzeug zur Annahme seiner Gebete für einen Kranken und für die, die ihn um des Wohlgefallens Gottes pflegen, zusammen mit den Verdiensten, die sie beständig erwerben. Ja, Kranke zu pflegen ist für Gläubige ein hohes Verdienst. Sich nach dem Wohlergehen der Kranken zu erkundigen und sie zu besuchen, ohne ihnen lästig zu fallen, ist ein »lobenswerter Brauch« und eine Buße für die Sünden. Es gibt ein Hadith, das sagt: »Bittet die Kranken um ihr Gebet, denn ihre Gebete werden angenommen.« Besonders dann, wenn der Kranke ein Verwandter ist, der eigene Vater oder die eigene Mutter, ist der Dienst an ihnen bedeutsam wie ein Gottesdienst und birgt in sich bedeutsamen Lohn. Das Herz der Kranken zufriedenzustellen, ihnen Tröstung zu bringen, ist wie ein bedeutsames Almosen. Glücklich ist der Sohn, der sich um Vater und Mutter in ihrer Krankheit kümmert, ihre empfindsamen Herzen zufriedenstellt, und sie um ihre Gebete bittet. Ja, vor jenem treuen Bild, das die Haltung eines Sohnes, der in völliger Hochachtung und selbstloser Liebe, wie sie eines Sohnes würdig sind, die selbstlose Liebe seiner Eltern, welche die am höchsten zu achtende Grundlage menschlichen Gemeinschaftslebens ist, in den Tagen ihrer Krankheit erwidert, und menschliche Erhabenheit und Größe zeigt, rufen sogar auch die Engel »Mascha-a’llah , Barek-a’llah!« rühmend und preisend aus. Es gibt tatsächlich während einer Krankheit sehr angenehme und erfreuliche Genüsse, welche durch die selbstlose Liebe, das Mitleid und die Barmherzigkeit um ihn herum sichtbar werden, und den Schmerz der Krankheit zu nichts werden lassen.

Dass sein Gebet angenommen wird, ist für einen Kranken eine Angelegenheit von einiger Wichtigkeit.

Ich habe seit dreißig, vierzig Jahren um die Heilung von einer Krankheit, die Rheuma heißt, gebetet. Ich habe verstanden, dass die Krankheit geschickt wurde um des Gebetes willen... Ich habe verstanden, dass das Gebet erst im Jenseits seine Frucht bringt, weil das Gebet nicht durch das Gebet, d.h. das Gebet nicht durch sich selbst aufgehoben werden kann *. Die Krankheit ist auch selbst eine Art Anbetung, und der in ihr seine Schwäche begreift, nimmt am Throne Gottes seine Zuflucht. Es kam mir deshalb während der dreißig Jahre, die ich um Genesung betete, ohne dass mein Gebet äußerlich sichtbar angenommen worden wäre, niemals in den Sinn, das Gebet aufzugeben. Denn Krankheit ist eine Zeit des Gebetes, Heilung nicht die Folge des Gebetes. Wenn also der barmherzige Arzt und Herr Genesung schenkt, schenkt Er sie aus Seiner Fülle. Wenn aber das Gebet nicht in der von uns gewünschten Form erhört wurde, kann man nicht sagen, es sei nicht angenommen worden. Der allweise Schöpfer weiß es besser und schenkt zu unserem Wohlergehen, was uns zum Besten dient. Manchmal verwandelt Er ein dem Weltlichen zugewandtes Gebet, erhört es um unseres Heiles willen im Jenseits... und solcherart nimmt Er es an. Wie dem auch immer sei... Ein Gebet, das durch das Geheimnis der Krankheit an Reinheit gewinnt, ist besonders dann, wenn es aus Armseligkeit, Schwäche und dem Gefühl der Blöße und Bedürftigkeit erwächst, nahe daran, angenommen zu werden. Krankheit wird so zum Angelpunkt der Reinheit eines solchen Gebetes. Sowohl der fromme Kranke als auch die Gläubigen, welche ihn pflegen, sollten die Möglichkeit zu einem solchen Gebet wahrnehmen.

 

Achtzehntes Heilmittel: Oh du Kranker, der du aufgehört hast zu danken und begonnen hast zu klagen! Die Klage entsteht aus einem Rechtsanspruch. Es ist keines deiner Rechte verletzt worden, sodass du zu klagen hättest. Ja, es gibt noch viele Dankansprüche, deren Erfüllung du noch nicht nachgekommen bist. Ohne den Rechtsanspruch Gottes, des Gerechten zu erfüllen, versuchst du, dir dein Recht einzuklagen, so als ob du selber Ihm gegenüber einen Rechtsanspruch hättest. Du darfst nicht aufschauen zu denen, die sich auf einer höheren Stufe befinden als du und gesund sind, und dich dabei beklagen. Deine Aufgabe besteht vielmehr darin, in Dankbarkeit auf jene hilflosen Kranken hinunterzublicken, die sich hinsichtlich deines eigenen Gesundheitszustandes eine Stufe unter dir befinden. Hast du dir deine Hand gebrochen, schaue auf jene, die ihre Hand verloren haben! Fehlt dir ein Auge, schaue auf die Blinden, die gar keine Augen haben! Allah danke! Es gibt niemanden, der das Recht hätte, auf Gnadengaben zu schauen, die über ihn selbst hinausreichen. Im Unglück hat jedermann lediglich das Recht, auf diejenigen zu schauen, die sich – vom Standpunkt seines eigenen Unglücks aus betrachtet – unter ihm befinden, um dankbar zu sein. Dieses Geheimnis wurde in einigen Abhandlungen mit einem Beispiel erklärt. Es folgt hier eine kurze Zusammenfassung:

Ein Herr lässt einen bedauernswerten Menschen in einem Minarett emporsteigen. Auf jeder Stufe des Minarettes erweist er ihm jeweils wieder eine andere Wohltat, überreicht ihm ein Geschenk. Und auch als er ganz oben angekommen ist, legt er ihm noch ein besonders großes Geschenk in den Arm... Doch wenn nun dieser ungehobelte Kerl alle die Geschenke vergisst, die er auf diesen Stufen empfangen hat, und – obwohl er eigentlich für diese verschiedenen Geschenke ein Gefühl aufrichtiger Dankbarkeit zum Ausdruck bringen sollte – diese geringschätzt und ohne zu danken nach oben schaut und sagt: »Ach wenn doch dieses Minarett noch höher wäre, könnte ich noch höher hinaufsteigen! Warum ist es denn nicht so gewaltig hoch wie dieser Berg oder ein anderes Minarett?«, und zu klagen begänne, was wäre das doch für eine große Undankbarkeit und Ungerechtigkeit! Desgleichen gilt: Der Mensch trat aus dem Nichtsein ins Dasein. Er blieb nicht Stein. Er blieb nicht Baum. Er blieb nicht auf der Stufe eines Tieres stehen. Er wurde Mensch. Er wurde Muslim. Er erfreute sich lange Zeit seiner Gesundheit. Es erging ihm wohl. Obgleich er damit Gnadengaben in hohem Maße erhalten hatte, entglitten sie wieder seinen Händen durch manche Störungen oder, weil er sich einiger Gnadengaben wie Gesundheit und Wohlergehen nicht würdig erwiesen hatte, oder durch seine Böswilligkeit, durch Missbrauch oder seine Hand vermochte sie nicht mehr zu erreichen. Nun klagt er, zeigt sich ungeduldig, sagt: »Was habe ich getan, dass mir solches widerfuhr?« und kritisiert mit dieser Haltung Gott den Herrn. Das ist schlimmer noch als eine äußerliche Krankheit, eine Erkrankung der Seele. Ähnlich wie ein Kämpfer, der mit gebrochener Hand weiter kämpft, verschlimmert er sein Übel noch durch seine Klage.

 

 

»Sie sagen, wenn ein Übel sie schlägt: Von Allah sind wir und zu Ihm werden wir wieder zurückkehren.« (Sure 2, 156)

Vernünftig ist, wer mit diesem Geheimnis sich in Geduld ergibt, bis diese Krankheit ihre Aufgabe erfüllt hat und vorübergeht...

 

Neunzehntes Heilmittel: Alle Namen Gottes, der vollkommen ist in Seiner Schönheit, sind, wie der Titel »Die schönsten Namen« Gottes, des Einzigartigen, anzeigt, vollendet und schön. Innerhalb des Seins aber ist das Leben der feinste, schönste, umfassendste Spiegel der Einzigartigkeit (Gottes). Der Spiegel der Schönheit ist schön. Der Spiegel, welcher den Wert der Schönheit aufzeigt, verschönert sich, denn was an Schönheit in diesen Spiegel hineinfällt, ist schön. So ist auch das, was ins Leben hineinkommt, vom Standpunkt der Wahrhaftigkeit betrachtet, schön. Denn es zeigt die schönen Ornamente der schönen Namen (Gottes), die schön sind. Das Leben, verliefe es in Gesundheit und stetem Wohlergehen, wäre eintönig, die Spiegelung unvollständig. Ja, es wäre in dieser Hinsicht wie nichtig, gleichsam eine Negation, ließe Hohlheit empfinden und Langeweile aufkommen. Der Wert des Lebens würde gemindert. Der Sinn des Lebens würde in Langeweile verkehrt. Der Mensch in seiner Langeweile wirft sich entweder in Ausschweifungen oder in Vergnügungen, damit die Zeit rascher vergehe. Wie eine Zeitspanne, die er im Gefängnis verbringen muss, betrachtet er die Zeitspanne seines Lebens mit feindseligen Augen, möchte die Zeit totschlagen, damit sie ihm rascher vergehe. Doch ein Leben, das ständig sich wandelt und niemals sich gleicht, das wie eine Reise ständig in Aufbruch und Bewegung abrollt, lässt seinen Wert verspüren, lässt Sinn und Bedeutung der (Lebens)zeit erkennen...

Wäre es auch in Mühen und Plagen, man wollte nicht, dass das Leben vergeht. Er sagt nicht in seiner Langeweile: »Ach Gott, die Sonne ist noch immer nicht untergegangen! Die Nacht ist noch immer nicht vorüber! Oh Gott, mein Gott!« Ja, frage einmal einen sehr reichen Herrn, der in einem luxuriös eingerichteten Hause müßig auf seinem Sofa liegt: »Wie ist Ihr geschätztes Befinden?« Sicherlich wird er dir mit betrübter Miene antworten: »Ach Gott, die Zeit will nicht vergehen! Komm, wir spielen Scheschbesch oder lass uns irgendeinen anderen Zeitvertreib finden!«... Oder du bekommst Anklagen zu hören, die aus Gier und Geiz erwachsen sind, wie: »Dieses oder jenes fehlt mir noch« oder: »Ach, hätte ich doch noch diese Sache erledigt!« Frage dagegen einmal einen armen, geplagten Menschen, einen, der sich schwer mühen und anstrengen muss: »Wie geht es Dir?« Wenn er seine fünf Sinne beieinander hat, wird er dir antworten: »Gott sei Dank! Mir geht es gut. Ich habe Arbeit. Vergingen die Tage nicht so schnell, könnte ich diese Arbeit noch zu Ende bringen! Die Zeit vergeht schnell, steht nicht still. Das Leben vergeht. Ich habe ja wirklich meine Mühe, aber das vergeht auch. Es vergeht alles so rasch.« Damit wird er dir zu verstehen geben, wie wertvoll das Leben für ihn ist, mit dem Ausdruck des Bedauerns über seine Vergänglichkeit! Das heißt, er vermag unter Mühen und Plagen sein Leben zu genießen und dessen Wert zu verstehen. Gesundheit und Wohlbefinden dagegen machen das Leben bitter, sodass man sein Ende herbeisehnt.

Ach mein kranker Bruder! Wisse, dass – wie wir bereits in anderen Abhandlungen ausführlich und auf unwiderlegbare Weise bewiesen haben – die Wurzel und Hefe des Übels, des Bösen, ja, sogar der Sünde das Nichtsein ist. Das Nichtsein aber ist das Böse, die Finsternis. Zustände wie gelangweilte Ruhe, Schweigen, Stille, Stillstand führen zur Langeweile, weil sie nahe am Nichtsein, dem Nihilismus liegen, weil sie die Finsternis des Nichtseins spürbar werden lassen. Was aber Bewegung und Veränderung betrifft, so sind sie das Sein, lassen sie »Sein« empfinden. Sein aber ist reine Güte, Licht. Nun ist aber die Wahrheit folgende: Die Krankheit, die du hast, dient dazu, dein kostbares Leben zu reinigen, zu festigen, zu erhöhen und zu entfalten und alle Funktionen des menschlichen Körpers anzuregen, das erkrankte Organ helfend und heilend zu unterstützen sowie die Ornamente aller der verschiedenen Gottesnamen des Meisters und Arztes aufzuzeigen. Für alle diese und noch viele andere Aufgaben wurde diese Krankheit – gleichsam wie ein Gast – in deinen Körper gesendet. Inscha-a’llah , dass sie ihre Aufgabe rasch beendet und vorübergeht! Dann wird sie zu deinem Wohlergehen sagen: »Komm her! Bleibe statt meiner für immer hier! Erfülle diese Aufgabe! Dieses Haus ist dein. Bleibe darin nach deinem Wohlgefallen!«

 

Zwanzigstes Heilmittel: Oh du Kranker, der du eine Arznei gegen deinen Kummer suchst! Es gibt zwei Arten von Krankheiten. Die eine Art sind die tatsächlichen, die andere Art sind die eingebildeten Krankheiten. Was die Art der tatsächlichen Krankheiten betrifft, so hat der Erhabene, der Weise, der Heilende in Seiner großen Apotheke, die der Erdball ist, für jedes Leiden ein Heilmittel aufbewahrt. Was aber diese Heilmittel betrifft, so ist das Leiden für sie notwendig. Allah hat für jedes Leiden eine Arznei geschaffen. Ein Mittel zur Behandlung zu gebrauchen, ist erlaubt. Doch sollte man dessen Wirkung und die Heilung von Gott dem Gerechten erwarten. So wie Er die Arznei gegeben hat, so wird Er auch Heilung geben... Sich an die Anweisungen geschulter und gläubiger Ärzte zu halten, ist ein bedeutendes Heilmittel. Die meisten Krankheiten entstehen durch Missbrauch, Unmäßigkeit, Maßlosigkeit, Lasterhaftigkeit, Ausschweifung und Unvorsichtigkeit. Der gläubige Arzt wird dem Kranken sicherlich im Rahmen dessen, was (im Islam) erlaubt ist, einen Rat erteilen oder ihm etwas verbieten. Er wird ihm Missbrauch und Maßlosigkeit verbieten und ihm Trost geben. Der Kranke, der auf diese Ratschläge und Tröstungen vertraut, wird für seine Krankheit Erleichterung finden, und nach seiner Beklemmung froh und frei atmen können.

Was aber die nur eingebildeten Krankheiten betrifft, so ist ihr wirksames Heilmittel, ihnen keine Bedeutung beizumessen. Misst du ihnen eine Bedeutung bei, wachsen sie, blähen sich auf. Misst du ihnen keine Bedeutung bei, schrumpfen sie, lösen sich auf. Ähnlich, wie wenn du ein Bienenvolk aufstörst, und die Bienen dir um den Kopf schwirren. Bleibst du unbeteiligt und ruhig, zerstreuen sie sich. Genauso vergrößert sich ein Seil, das im Dunkeln vor deinen Augen pendelt, wenn du ihm eine Bedeutung in deiner Einbildung beimisst. Es macht sogar, dass du wie im Wahnsinn fliehst. Misst du ihm keine Bedeutung bei, siehst du, dass ein einfaches Seil keine Schlange ist, und lachst über die Panik, die dich ergriffen hatte. Besteht eine eingebildete Krankheit lange Zeit fort, verwandelt sie sich in eine echte. Einbildung ist für sensible Menschen eine schlimme Krankheit. Sie bauen aus einem Samenkorn eine Kuppel. Ihre Geisteskräfte werden zerbrochen. Besonders, wenn jemand in die Hände jener unbarmherzigen, halbgebildeten oder verständnislosen Doktoren gerät, verschlimmert sich noch seine Einbildung. Handelt es sich dabei um einen Reichen, verliert er ein Vermögen. Und wenn nicht dies, dann den Verstand oder die Gesundheit.

 

Einundzwanzigstes Heilmittel: Mein kranker Bruder! Deine Krankheit ist ein äußerliches Leiden. Es umgibt dich aber auch eine bedeutsame innere Freude, welche die Auswirkungen dieses äußerlichen Leidens auszugleichen vermag. Denn du hast Vater, Mutter und Verwandte. Ihre seit langem vergessenen, doch so willkommenen Zärtlichkeiten erwachen wieder, zusammen mit den liebevollen Blicken, wie du sie in deiner Kindheit erfahren hast und nun wieder neu erfährst. Die vielen Erweise der Freundschaft, die sie dir heimlich und im Verborgenen erbracht haben, erlebst du nun – ausgelöst durch deine Krankheit – in neuerlicher Zuwendung. Und sicherlich erscheint dir neben all dem dieses dein äußerliches Leiden als nur gering. Die Herren, denen zu dienen du dich gerühmt hattest und deren Gunst zu erwerben du bemüht warst, erweisen dir infolge deiner Krankheit die Dienste ihrer Barmherzigkeit. So bist du der Herr deiner Herren geworden. Zudem hast du die humanitären Gefühle der Menschheit und die Zärtlichkeit des Menschengeschlechtes zu dir selbst herangezogen und aus dem Nichts hilfreiche Kameraden und zärtliche Freunde gewonnen. Des Weiteren hast du auch von deiner Krankheit nach vieler, mühevoller Arbeit den Befehl erhalten, jetzt aber einmal eine Pause einzulegen, ruhst dich nun aus... Sicherlich sollten dich deine – im Vergleich zu den damit verbundenen inneren Wohltaten – so geringen Leiden dazu anhalten, nicht zu klagen, sondern zu danken.

 

Zweiundzwanzigstes Heilmittel: Oh du Bruder, der du von schlaganfall-ähnlichen Krankheiten betroffen bist! Zunächst einmal darf ich dir verkünden, dass Schlaganfälle für die Gläubigen gesegnet sind. Das habe ich vor langer Zeit von den Heiligen gehört; denn ich kannte dieses Geheimnis noch nicht. Das Geheimnis kam auf folgendeweise in mein Herz: Die Gottesleute, wenn sie Gott, den Gerechten erreichen wollten, beachteten, um sich vor den gewaltigen geistigen Gefahren dieser Welt zu retten und sich das ewige Heil zu sichern, folgende beide Grundprinzipien:

 

Erstens: Die Vergegenwärtigung des Todes. Das heißt: Sie bemühten sich in der Weise um das ewige Leben, dass sie an die Vergänglichkeit dieser Welt dachten und sich selbst als einen, der darin einen auch nur vorübergehenden Gastauftrag hat.

 

Zweitens: Um sich vor den Gefahren ihrer triebhaften Seele und den blinden Empfindungen (ihrer uneinsichtigen Haltung) zu erretten, fasteten sie und kasteiten sich vierzig Tage lang wie die Novizen, um ihre triebhafte Seele abzutöten. Oh du Bruder, der du die Hälfte deiner Körperfunktionen eingebüßt hast! Diese zwei Grundprinzipien, die dich schnell und leicht zum Heile führen, sind dir in den Schoß gefallen. Der Zustand deines Körpers gemahnt dich ständig an das Ende alles Diesseitigen und die Vergänglichkeit des Menschen. Die Welt kann dich nicht mehr ersticken, die Gottvergessenheit deine Augen nicht mehr verschließen. Einen nun mehr halben Menschen kann seine triebhafte Seele sicherlich nicht mehr durch schändliche Neigungen und fleischliche Gelüste verführen; er wird rasch von der Plage jener Begierde errettet.

So kann ein Gläubiger durch das Geheimnis des Glaubens, der Ergebung und des Vertrauens (auf Gott) aus einer so schweren Krankheit wie einem Schlaganfall in kurzer Zeit den gleichen Nutzen ziehen wie die Heiligen aus ihren Kasteiungen. So erscheint dir dann diese schwere Krankheit nur mehr als gering.

 

Dreiundzwanzigstes Heilmittel: Oh du Kranker, der du hilflos in der Fremde bist und niemanden hast! Wenn du in der Fremde zugleich auch krank bist, niemanden hast und sich nun selbst in den härtesten Herzen ein Mitleid dir gegenüber regt, und wenn du nun so die Blicke derer, die mit dir fühlen, auf dich lenkst, wirst du dann nicht etwa auch den Blick dessen, der sich selbst zu Beginn jeder Sure des Qur’an mit dem Attribut »der Erbarmer, der Barmherzige« vorstellt, und der mit einem Funken Seiner Zärtlichkeit in allen Müttern für alle Kinder mit dieser wunderbaren Zärtlichkeit sorgen lässt, der jeden Frühling durch eine Manifestation Seiner Barmherzigkeit das Antlitz der Erde wieder neu mit Seinen Gnadengaben erfüllt, der im ewigen Leben des Paradieses in all Seiner Schönheit eine Manifestation Seiner Barmherzigkeit ist, diesen Blick des barmherzigen Schöpfers, dem du im Glauben verbunden bist, und den du anerkennst, indem du in deiner Krankheit und Schwäche unausgesprochen zu Ihm flehst, in dieser deiner Krankheit mit Sicherheit auf dich lenken, wo du doch in der Fremde bist und niemanden hast? Wenn das aber nun so ist, dann ist Er da, es gibt Ihn, Er schaut auf dich und alles ist für dich da. Im Grunde genommen ist derjenige in der Fremde wirklich allein, und hat tatsächlich niemanden, welcher in Glaube und Ergebung keine Verbindung mit Gott hat oder seiner Verbundenheit mit Ihm keinen Wert beimisst.

 

Vierundzwanzigstes Heilmittel: Oh ihr, die ihr die unschuldigen Kinder pflegt und die alten Leute, die den unschuldigen Kindern gleich geworden sind!... Auf euch wartet im Jenseits ein hoher Verdienst. Strebt mit Eifer danach, euch diesen Verdienst zu erwerben... Die Krankheiten der unschuldigen Kinder sind ein Training für diese noch zarten Körper, eine Askese, einer Spritze und einer Zuchtrute des Herrn gleich, dazu bestimmt, ihr Leben zu reinigen und das Kind auf das Leben sowohl in dieser Welt vorzubereiten und zugleich – wie die Sündenbuße der Erwachsenen – auch auf das Leben des Geistes, damit es gegenüber einer ruhelosen zukünftigen Welt widerstandsfähig werde. Sie ähneln einer Spritze für den Geist, gegeben, damit es sich für die Zukunft und für das Jenseits entwickeln kann. Die aus ihnen erwachsenen Verdienste werden auch im Buche der Taten der Eltern aufgezeichnet, besonders aber im Buche der Mutter, wenn sie zum Wohle ihres Kindes ihre eigene Gesundheit eingesetzt hat. Dies steht fest für die, welche sich die Wahrheit zu Eigen gemacht haben. Was die alten Leute betrifft, so ist es ein großes Verdienst, sie zu pflegen, auch sie um ihr Gebet zu bitten, besonders wenn es der Vater oder die Mutter ist, ihre Herzen zu erfreuen und ihnen treu zu dienen. Das trägt sowohl zum Glück in dieser Welt bei als auch zur Glückseligkeit in der jenseitigen. Dass dies so ist, steht auf Grund der Überlieferung und auch vieler geschichtlicher Ereignisse fest. Glückselig ein Kind, das dem alten Vater, der alten Mutter gehorcht, entsprechend der Haltung, die es auch bei seinen eigenen Kindern sehen möchte! Unglücklich das Kind, wenn es seine Eltern kränkt! Es wird außer der Strafe im Jenseits auch schon im Diesseits viel Unglück als Strafe erfahren. Auch dies steht auf Grund vieler Ereignisse fest. Ja, Leute des Glaubens sollten nicht nur nach den Alten, den Unschuldigen schauen, wenn es ihre Verwandten sind (denn die wahre Bruderschaft besteht im Geheimnis des Glaubens), es ist vielmehr ein Erfordernis des Islam, ihnen mit Geist und Gemüt zu dienen, wenn sie ihnen begegnen, wenn der verehrte alte, kranke Mensch sie braucht.

 

Fünfundzwanzigstes Heilmittel: Oh meine kranken Brüder! Wenn ihr ein Gegenmittel sucht, das besonders wirksam ist und jeden Kummer heilt, das wahrhaft wohlschmeckend und rein ist, dann entwickelt euren Glauben! Das heißt: Gebraucht dieses reine und heilige Gegenmittel, welches der Glaube ist, in Reue und Bußfertigkeit, mit Gebet und Gottesdienst, ein Heilmittel, das aus dem Glauben kommt! Ja, wegen ihrer Liebe zur Welt, und weil sie ihr verhaftet sind, haben wohl wahrscheinlich die Gottvergessenen einen kranken Seelenkörper, so groß wie die Welt. Was aber den Glauben betrifft, so haben wir bereits in sehr vielen Abhandlungen unwiderlegbar bewiesen, dass der Glaube diesen Seelenkörper wie die Welt, wund und blau unter den Schlägen des Verfalls und der Trennung, plötzlich heilt, von seinen Wunden befreit, und ihm wahre Genesung schenkt. Um euch nicht länger lästig zu fallen, will ich mich kurz fassen.

Was den Glauben als ein Heilmittel betrifft, so wirkt es, wenn man seine pflichtgemäßen Gebete so weit wie möglich verrichtet. Gottvergessenheit, Ausschweifung, fleischliche Gelüste und (islamisch) ungesetzliche Vergnügungen behindern die Wirkung dieses Gegenmittels. Weil also die Krankheit Gottvergessenheit aufhebt, Begierden tötet und hindert, dass man sich (islamisch) ungesetzlichen Genüssen hingibt, sollt ihr daraus euren Nutzen ziehen. In Reue und Bußfertigkeit, mit Gebet und inbrünstigem Flehen sollt ihr das reine, heilige Heilmittel und das Licht des wahren Glaubens gebrauchen... Gott der Gerechte gebe euch Gesundheit, und nehme eure Krankheiten als Buße für eure Sünden an! Amen, amen, amen...

 

 

»Wir wären nicht geleitet, hätte nicht Allah uns geleitet. Wahrlich, es kamen die Gesandten unseres Herrn mit der Wahrheit.« (Sure 7, 41) »Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du uns gelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32) »Oh Allah, segne unseren Herrn Mohammed, den Arzt unserer Herzen und seine Medizin, Wohlergehen für unsere Leiber und deren Heilung, ein Licht und eine Leuchte unseren Augen. Segne ihn und seine Familie und seine Gefährten!«

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