Webmaster Geschrieben 27. November 2008 Teilen Geschrieben 27. November 2008 Zehnter Blitz - Schläge der Göttlichen Liebe Eine Abhandlung über die Schläge der Göttlichen Liebe »Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. An dem Tag, da jede Seele sich dem gegenübergestellt finden wird, was sie an Gutem getan hat und was sie an Bösem getan hat, wird sie wünschen, es wäre zwischen dem und ihr ein großer Abstand. Und Gott warnt euch vor Sich Selbst. Und Gott hat Mitleid mit den Dienern.« (Sure 3, 30) Der tiefere Sinn (sirr) dieser Ayah wird durch die Erklärung solcher Schläge Göttlicher Liebe erhellt, wie sie meine Freunde im Dienst am Qur’an zufolge aller Fehler und allen Versagens auf Grund ihrer menschlichen Natur bekommen haben. Es soll hier nun eine Aufeinanderfolge von Wundern (keramet) im Dienst am Qur’an, sowie eine Art Wunder von Ghausu-l’A’dham (= Scheych Geylani) erklärt werden, der mit Gottes Erlaubnis über diesen heiligen Dienst wacht und ihn mit seinem geistigen Einfluss und mit seinem Gebet unterstützt, damit die, die sich zu diesem heiligen Dienst einfinden, bei ihrem Dienst nicht in ihrem Ernst nachlassen mögen. Es gibt drei Arten von Wundern in diesem heiligen Dienst: Die erste Art geschieht unter jenem Aspekt, der diesen Dienst vorbereitet und Seine Diener dazu anleitet, diesen Dienst auszuführen. Die zweite Art dient der Beseitigung von Hindernissen, der Abwehr aller Bosheit derer, die (dem Dienst) schaden wollen und dafür ihre Schläge erhalten. Es gibt bei diesen beiden Arten sehr viele Vorfälle und (sie zu schildern erfordert) sehr viel Zeit. Wir stellen sie daher für später zurück und wollen hier nun erst eine dritte Art besprechen, bei der es um besonders leichte (Schläge) geht. * Die dritte Art ist die folgende: Wann immer diejenigen, welche sich ehrlich und aufrichtig für diesen Dienst einsetzen, in ihrem Eifer nachlassen, erhalten sie einen zärtlichen Klaps, sodass sie wieder wach werden und (mit frischem Mut) in ihrem Dienst fortfahren. Vorfälle dieser Art gibt es mehr als hundert. Bei nur zwanzig Vorfällen (dieser Art) empfingen dreizehn oder vierzehn lediglich einen leichten Klaps, während sechs oder sieben einen schweren Schlag erlitten. Der erste Fall betrifft diesen armseligen Said. Wann immer ich meines Dienstes überdrüssig geworden war und mich fragte: »Was geht mich das eigentlich an?« und mit meinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt war, bekam ich einen Klaps. So gelangte ich zu der Überzeugung, dass ich diesen Klaps wegen meiner Nachlässigkeit bekommen hatte. Denn was immer der Grund gewesen sein mochte, weswegen ich abgelenkt und verführt worden war: ich bekam immer wieder einen Klaps dafür, der das Gegenteil bedeutete. Und wenn ich dann meine Aufmerksamkeit all meinen aufrichtigen Freunden zuwandte, die gleich mir einen solchen Klaps bekommen hatten, so bemerkte ich, dass auch sie, was immer sie beabsichtigt hatten, einen Klaps aus der genauen Gegenrichtung erhalten hatten, sodass wir zu der Überzeugung gelangt sind, dass diese Vorfälle Wunder waren, die sich zufolge unseres Dienstes am Qur’an ereigneten. Zum Beispiel: Solange wie dieser armselige Said, damals noch in der Zeit von Scheych Said, damit beschäftigt war, in Van Unterricht in den Wahrheiten des Qur’an zu erteilen, hat sich die Verwaltung in ihrem Argwohn niemals eingemischt und konnte das auch gar nicht. Wenn ich dann also sagte: »Was habe ich damit zu tun?«, dann dachte ich nur an mich selbst, zog mich in eine Ruine in einem Höhlen(dorf) am Berg Erek zurück, um (meine Seele) für das Jenseits zu retten. Da holten sie mich ohne jeden Grund heraus und schickten mich in die Verbannung. So wurde ich nach Burdur gebracht. Auch dort wiederum blieben, solange ich dem Qur’an diente – und zu damaliger Zeit wurden alle die Verbannten sehr genau beobachtet und mussten sich an jedem Abend persönlich bei der Polizei melden – ich und meine aufrichtigen Studenten eine Ausnahme. Ich bin also niemals in Person erschienen und habe auch die Regierung nicht anerkannt. Als dann Fausi Pascha (= der Oberkommandierende des türkischen Militärs – A.d.Ü.) zu Besuch kam, beschwerte sich der Gouverneur bei ihm darüber. Fausi Pascha aber sagte zu ihm: »Belästigt ihn nicht, sondern behandelt ihn mit Respekt!« Was ihn damals dazu veranlasste, war die Heiligkeit des Dienstes am Qur’an. Wann immer aber mich der Gedanke überfiel, meine Seele (nefs) zu retten und nur noch an das Jenseits zu denken, und ich im Dienst am Qur’an einmal vorübergehend nachlässig wurde, bekam ich ganz im Gegensatz zu meinen Absichten wieder einen Schlag ins Gesicht, das heißt, ich wurde von einem Exil ins nächste, also nach Isparta überführt. In Isparta nahm ich dann meinen Dienst wieder auf. Zwanzig Tage später sagten ein paar furchtsame Menschen mahnend und warnend zu mir: »Vielleicht würde die Regierung deine augenblicklichen (Lebens)umstände gar nicht gerne sehen. Wenn du doch ein klein wenig vorsichtiger wärest, würde es besser für dich sein.« Wiederum gewann die Idee, nur noch an mich selbst zu denken, Macht über mich. So sagte ich denn: »Erbarmen! Die Leute sollen nicht kommen.« Und wiederum wurde ich aus diesem Exil in ein drittes Exil, nach Barla, überstellt. Wannimmer in Barla mich ein Gefühl von Überdruss und Schwäche überkam und die Idee, nur noch an mich selbst zu denken, Macht über mich gewinnen wollte, kam diese Schlangenbrut weltlich gesinnter Leute zu mir und einer dieser Heuchler suchte mich heim. Während der (letzten) acht Jahre gab es achtzig Vorfälle dieser Art, von denen ich erzählen könnte, weil ich sie selbst erlebt habe. Ich will damit aber (niemanden) belästigen und fasse mich daher kurz. Oh meine Brüder! Ich habe euch von den Schlägen erzählt, die ich aus den Händen der Göttlichen Liebe empfangen habe. Nun will ich mit eurer Nachsicht und Erlaubnis auch von den Schlägen berichten, die in dieser Liebe auch über eure Häupter gekommen sind. Seid, also bitte nicht gekränkt. Wer sich aber gekränkt fühlt, dessen Namen will ich hier nicht veröffentlichen. Der zweite Fall betrifft meinen leiblichen Bruder und ersten Schüler Abdulmecid. Er war mein bester Schüler, bereit zu jeglichem Opfer und besaß ein schönes Haus in Van. Er hatte ein gutes Einkommen. Und außerdem war er Lehrer. Er folgte nicht denen, die mich entgegen meinem Willen ins Grenzgebiet schicken wollten, dorthin, wo man des Dienstes am Qur’an noch mehr bedurfte. Da er glaubte, es sei gut für mich, stimmte er dem nicht zu. Wäre ich ins Grenzgebiet gegangen, so wäre der Dienst am Qur’an rein und frei von politischen Vorstellungen nicht möglich gewesen. Zudem sagte er sich, dass man ihn aus Van vertrieben hätte und stimmte dem also nicht zu. Entgegen dem, was er eigentlich beabsichtigt hatte, erteilte ihm die Göttliche Liebe einen kleinen Klaps. Er wurde aus Van entfernt, verlor sein schönes Haus und wurde gezwungen, seine Heimat zu verlassen und nach Ergani zu gehen. Der dritte Fall betrifft Hulusi Bey, der unter den Mitgliedern und Dienern am Qur’an einer der bedeutendsten war. Er war aus Egridir in seine Heimat zurückgekehrt, wo die Umstände günstig waren, das Glück in dieser Welt vollkommen zu erlangen und zu genießen. Das aber war möglicherweise die Ursache, die ihn im Dienste des Qur’an, der nur auf das Jenseits ausgerichtet ist, in gewissem Grade nachlässig werden ließ. Denn nun war er wieder mit seinen Eltern vereinigt, die er so lange nicht mehr gesehen hatte. Er war wieder zurück in seiner Heimat. Und da er mit Rang und Namen und in Ehren wieder zurückkehrte, so lächelte ihm die Welt und sie erschien ihm gut und schön, während denen, welche im Dienst am Qur’an stehen entweder die Welt nicht mehr genügt, sodass sie sich enttäuscht von ihr abwenden, oder aber die Welt sich enttäuscht von ihnen abwendet, worauf sie sich nun ernsthaft und aufrichtig dem Dienst am Qur’an zuwenden können. Nun war wohl Hulusis Herz nicht zu erschüttern, doch weil diese Situation ihn zur Nachlässigkeit verleitete, erhielt er nun einen Klaps von der Göttlichen Liebe. Ein oder zwei volle Jahre wurde er von einigen Heuchlern so belästigt, dass auch die weltlichen Freuden ihm vergingen. Dies aber bewirkte, dass sowohl er sich enttäuscht von der Welt abwandte, als auch die Welt ihm enttäuscht den Rücken kehrte. So wandte er sich denn wieder seiner Aufgabe zu, mit allem Ernst und so, wie sie es erforderte. Der vierte Fall betrifft Muhajir Hafiz Ahmed. Er selbst erzählt: »Ich muss in der Tat bekennen, dass ich vom jenseitigen Standpunkt aus gesehen eine völlig falsche Vorstellung über meinen Dienst am Qur’an gehabt habe. Ich hatte damals einen Wunsch, der mich im Dienst am Qur’an nachlässig hätte werden lassen. So empfing ich denn aus der Hand der Göttlichen Liebe zwar einen heftigen Schlag, aber auch die Vergebung. Es war dies wie folgt: Da Ustadh (mein Lehrer) diesen Neu-Einführungen * nicht gerade günstig gesinnt war, meine Moschee aber in seiner Nachbarschaft lag und die Ehrwürdigen Drei Monate vor der Türe standen, so wäre ich mit dem Verlassen meiner Moschee sowohl vieler Verdienste verlustig gegangen und zugleich hätten sich die Leute rundum daran gewöhnt, nicht mehr zum Gebet zu kommen. Sollte ich aber die neuen Regelungen nicht mitmachen, so hätte man mich entlassen. So wollte ich denn entsprechend meiner damaligen Sichtweise, dass Ustadh, den ich mehr liebte als meine Seele (ruh), vorübergehend in ein anderes Dorf gehen möge. Ich wusste damals nicht, dass für den Fall, dass er an einen anderen Ort wechselt, oder in eine andere Gegend (memleket) geht, dies zugleich eine vorübergehende Stockung im Dienst am Qur’an hervorrufen würde. Genau zu diesem Zeitpunkt traf mich (ein Schlag wie) eine Ohrfeige. Sie war einerseits so voll Liebe (Schefkat) und doch zugleich so fürchterlich, dass ich schon seit drei Monaten nicht mehr zur Besinnung gekommen bin. Doch Dank sei Gott, wurde Ustadh – wie er mir versichert hat – eingegeben, dass wir von Gottes Barmherzigkeit erhoffen dürfen, dass eine jede Minute dieser Krankheit (musibet) einem Tag des Dienstes und der Anbetung gleich kommt. Denn dieser Fehler unterlief mir nicht aus reiner Bosheit, vielmehr war dieser Wunsch in mir nur auf Grund eines Gedankens an das Jenseits entstanden.« Der fünfte Fall betrifft Hakki Efendi. Da er jetzt nicht hier ist, möchte ich ihn vertreten, so wie ich auch Hulusi vertreten habe und stellvertretend für ihn sagen: Während Hakki Efendi rechtschaffen seine Aufgabe als Schüler versah, kam ein sittenloser Landrat (kaymakam). Um weder Ustadh noch sich selbst in Schwierigkeiten zu bringen, verbarg er, was er geschrieben hatte. Ja er gab vorübergehend selbst seinen Dienst an der (Risala) Nuriye auf. Da empfing er plötzlich von der Hand der Göttlichen Liebe einen Schlag in Form eines Gerichtsverfahrens, das gegen ihn eröffnet wurde, demzufolge man ihn zu einer Geldbuße von Tausend Lira verurteilte. Ein Jahr lang hing diese Forderung über seinem Haupt, bis er endlich wieder hierher kam, wo wir uns dann trafen. Mit seiner Rückkehr nahm er seine Aufgaben als Schüler im Dienst am Qur’an wieder auf. Da wurde das Urteil, das dieser Schlag der Göttlichen Liebe gegen ihn gewesen war, wieder aufgehoben und er wurde frei gesprochen. Später begann dann eine neue Aufgabe für die Schüler, nämlich eine Niederschrift des Qur’an auf ganz neue Art * abzufassen und auch Hakki Efendi bekam seinen Abschnitt zugeteilt. Er übernahm diesen Abschnitt und schulterte (seine neue Aufgabe) mit großem Ernst. Und er schrieb einen Abschnitt (cuz) recht schön, jedoch dazu gezwungen, sich um seinen Lebensunterhalt sorgen zu müssen, glaubte er, sich heimlich bei der Anwaltskammer einschreiben lassen zu müssen. Plötzlich bekam er schon wieder einen Schlag ins Gesicht. Er brach nämlich plötzlich seinen Finger, der den Bleistift hielt. Es würde ihm also nicht möglich sein, mit demselben Finger Anwaltsschriften abzufassen und zugleich den Qur’an abzuschreiben; so wurde er im übertragenen Sinne ermahnt. Da wir nicht wussten, dass er sich bei der Anwaltskammer hatte einschreiben lassen, waren wir über diesen Finger sehr erstaunt. Später wurde es klar, dass dieser so heilige und reine Dienst am Qur’an mit den eigens dafür bestimmten ganz besonders sauber gehaltenen Fingern es nicht erlaubt, (seine Hände) in anderer (Leute) Arbeit zu stecken. Wie dem auch sei... Der Überzeugung, dass Hulusi Bey darin mit mir übereinstimmt, habe ich an seiner Stelle für ihn gesprochen; und das gleiche gilt auch für Hakki Efendi. Sollte er mit mir als seinem Anwalt nicht zufrieden sein, möge er selber über die Ohrfeigen (die er bekommen hat) schreiben! Der sechste Fall betrifft Bekir Efendi. Da er im Augenblick nicht anwesend ist, will ich so, wie ich bereits meinen Bruder Abdulmecid vertreten habe, im Vertrauen auf sein Vertrauen und seine Treue zu mir und gestützt auf die Kenntnis meiner mir besonders nahe stehenden Freunde, wie Schamli Hafiz und Suleyman Efendi, folgendes sagen: Bekir Efendi hatte das Zehnte Wort drucken lassen. So sandten wir ihm also auch das »Fünfundzwanzigste Wort«, (eine Risala) über den Qur’an als ein Wunder, um es noch vor der Einführung der neuen (lateinischen) Buchstabenschrift drucken zu lassen. Dabei haben wir ihm auch geschrieben, dass wir ihm die Druckkosten schicken werden, so wie wir sie ihm bereits für das »Zehnte Wort« geschickt hatten. Bekir Efendi aber dachte an meine armselige Lage, stellte sich vor, dass dabei Druckkosten bis zu vierhundert (Lira) in Banknoten auflaufen würden und sagte sich dabei, dass der Hoca sicherlich nicht damit einverstanden wäre, wollte er (diesen Betrag) aus seiner eigenen Tasche begleichen. So betrog ihn denn seine Seele (nefs). Der Druck unterblieb. Dem Dienst am Qur’an entstand so ein beträchtlicher Schaden. Zwei Monate später wechselten neunhundert Lira in die Hände von Dieben über. So hatte er also von der Hand der Göttlichen Liebe einen ziemlich derben Schlag empfangen. Möge Gott wollen, dass diese verloren gegangenen neunhundert Lira als eine Art Sadaka (Spende) herüber gewechselt haben mögen! Der siebente Fall betrifft Schamli Hafiz Taufiq. Er selbst berichtet: »Ich muss in der Tat gestehen, dass ich mich auf Grund meiner Unwissenheit und meines verkehrten Denkens falsch verhalten habe und so dem Dienst am Qur’an hätte einen Schaden zufügen können. Dafür bekam ich von der Hand der Göttlichen Liebe zwei Ohrfeigen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass diese Ohrfeigen aus dieser Richtung kamen. Die erste: Dank sei Gott, dass mir die arabische Schrift anvertraut (ihsan) worden ist, welche in gewissem Grade (von meinen Fähigkeiten abhängig) das geeignete Werkzeug für den Qur’an darstellt. Ustadh wies mich zunächst an, drei Cuz abzuschreiben und verteilte den Rest auf meine Mitschüler. Meine Bemühungen, den Qur’an abzuschreiben zerstörten meinen Wunsch, der Risala zu dienen, sie sauber und ordentlich zu kopieren, oder auch einfach (einen Entwurf aufzunehmen). Ja in meinem Stolz wurde ich sogar so überheblich, dass ich versuchte meine Mitschüler zu übertrumpfen, die die arabische Schrift nicht beherrschten. Wenn Ustadh mir Anweisungen bezüglich meiner Schreibweise erteilen wollte, sagte ich sogar: »Das ist meine Arbeit.« und fügte in meinem Stolz hinzu: »Ich weiß schon Bescheid. Ich brauche da keine Belehrungen.« Daraufhin bekam ich nun eine Ohrfeige, wie sie meinem Fehler entsprach, aber kräftiger als ich es mir vorstellen konnte: Es gelang mir nicht, es einem meiner Brüder (Husrev), der am wenigsten von arabischer Kalligraphie verstand, gleich zu tun. Darüber waren wir alle erstaunt. So verstanden wir nun: Das war eine Ohrfeige. Die zweite: Ich muss auch gestehen, dass mich zwei meiner Eigenschaften im Dienst am Qur’an behinderten, nämlich daran, in vollkommener Aufrichtigkeit und nur um Gottes willen zu dienen. Daraufhin bekam ich eine kräftige Ohrfeige. Denn in dieser Gegend hier bin ich in der Fremde, ein Fremdling. Ich möchte mich übrigens nicht darüber beklagen, weil ich ja den wichtigsten Grundsatz von Ustadh, seine Sparsamkeit und seine Bescheidenheit, nicht beachtete. So litt ich denn unter der Armut. Da ich nun einmal dazu gezwungen bin, mit selbstgefälligen und überheblichen Menschen zu verkehren, musste auch ich selbst – möge Gott der Gerechte es mir verzeihen – ein vornehmes Auftreten vortäuschen und ein gekünsteltes Verhalten zur Schau tragen. Ustadh hat mich viele Male deswegen verwarnt, ermahnt, gescholten, doch leider konnte ich mich selbst nicht davor bewahren. Doch die Teufel in Dschinnen- und Menschengestalt zogen ihren Nutzen aus meiner Lage, die doch dem Geist des Dienstes am Weisen Qur’an entgegengesetzt war, und zugleich breitete sich über unserem Dienst eine Kälte und Nachlässigkeit aus. So habe ich denn auf Grund meines Fehlers einen heftigen Schlag empfangen, der jedoch – wolle es Gott! – von Seinen liebevollen Händen kam. Ich habe keinen Zweifel daran, dass ich diesen Schlag auf Grund meines Fehlers bekommen habe. Es handelte sich aber bei diesem Schlag um folgendes: Obwohl ich acht Jahre lang für Ustadh sowohl Gesprächspartner (muhatab) war, als auch sein Sekretär und sein Kopist, konnte ich doch in den letzten acht Monaten von diesen Lichtern (aus der Risala) keinen Nutzen ziehen. Wir haben uns über diesen Zustand gewundert. Ustadh und ich fragten uns: »Warum ist das so?« und suchten nach dem Grund dafür. Nun aber kam uns die sichere Überzeugung, dass die Qur’anischen Wahrheiten ein Licht ausstrahlen, dass sich nicht mit der Finsternis eines gekünstelten, kriecherischen, würdelosen (Verhaltens) vereinigen kann. Deshalb erschien es mir so, als ob sich die Bedeutung der Wahrheiten dieser Lichter (der Risala) von mir entfernten, sich von mir entfremdeten und mir weiterhin fremd blieben. Darum erflehe ich von Gott dem Gerechten, nach all dem möge mir Gott der Gerechte die Güte (ihsan) jener Aufrichtigkeit verleihen, die dieses Dienstes würdig ist und mich aus meinem heuchlerischen, gekünstelten Benehmen gegenüber den Weltleuten erretten. Besonders aber bitte ich Ustadh und alle meine Brüder um ihr Gebet (dua).« Der so viel Fehlerhafte Schamli Hafiz Taufiq Der achte Fall betrifft Seyrani. Gleich Husrev war er einer meiner besonders begabten Schüler, der sich sehr für die (Risale-i) Nur begeisterte. Nun wollte ich die Ansichten meiner Schüler in Isparta herausfinden, was die Übereinstimmungen betrifft, die ein Schlüssel zu den Geheimnissen des Qur’an sind und den Zugang zur Wissenschaft von den Zahlen (cifr) erschließen. Außer ihm nahmen alle anderen voller Begeisterung an diesem Disput teil. Er aber, weil er darüber anderer Meinung war und sich für andere Dinge interessierte, wollte sich nicht beteiligen und wollte auch noch, dass ich die Wahrheit derer ich doch sicher war, aufgeben sollte. Dann schrieb er mir einen Brief, der mich ziemlich erregte. »Oh weh!«, sagte ich, »Ich habe diesen Schüler verloren.« Natürlich wollte ich Licht in seine Gedankenwelt bringen. Doch eine andere Meinung brachte noch mehr Verwirrung. Er empfing von der Hand der Göttlichen Liebe einen Schlag ins Gesicht: er musste fast ein Jahr lang nach Art der Klausner in einem Gefängnis bleiben. Der neunte Fall betrifft Hafis Sühtü, den Älteren. Dieser Mann erachtete zu einer Zeit, da ihm in Agrus an der Spitze der Nur-Schüler deren Betreuung oblag, die geistliche Ehre seiner Schüler, die die Befolgung der Gelobten Sitte und die Zurückhaltung vor ketzerischen Neuerungen als ihren Weg gewählt hatten, als nicht (für sich) ausreichend und übernahm daher den Unterricht in einer schwerwiegenden Ketzerei *, mit der Absicht, dadurch in den Augen der Weltleute eine gewisse Anerkennung zu gewinnen. Damit aber beging er einen Fehler, der unserem Weg direkt und vollständig entgegengesetzt war. So empfing er denn aus der Hand der Göttlichen Liebe einen besonders schweren Schlag. Es ereignete sich nämlich ein Vorfall, der die Ehre seines Hauses ganz und gar zerstörte. Leider wurde auch der Jüngere Hafis Sühtü mit von diesem Vorfall betroffen, obwohl er doch diesen Schlag gar nicht verdient hatte. Möge es daher Gott wollen, dass dieser Vorfall für ihn zu einem heilbringenden chirurgischen Eingriff werde, der sein Herz von aller Anhaftung an weltliche Dinge befreit, um es vollständig dem Qur’an zu übergeben! Der zehnte Fall betrifft einen Mann mit Namen Hafis Ahmed. Dieser Mann schrieb die Abhandlungen (Risala) zwei drei Jahre lang mit einer mitreißenden Begeisterung und zog daraus auch selbst seinen Nutzen. Dann aber zogen die Weltleute ihren Nutzen aus einer schwachen Seite seines Charakters. Seine Begeisterung wurde geschwächt. Er nahm Verbindung zu den Weltleuten auf. Seine Absicht war dabei, dass die Weltleute ihm keinen Schaden zufügen sollten. Zudem wollte er, dass sein Wort bei ihnen Geltung erlange und er so seine Stellung bei ihnen festige und er dadurch auch die Sorge um seinen arg beschränkten Lebensunterhalt erleichtern möge. Deshalb also empfing er eine Ohrfeige im Hinblick auf seine Nachlässigkeit im Dienst am Qur’an und noch eine für den Schaden, den er auf diese Weise angerichtet hatte. Die eine bestand darin, dass er aus seinen knappen Mitteln noch weitere fünf Seelen (nefs) unterstützen musste, was den Ernst seiner Lage nur noch verschlechterte. Die zweite Ohrfeige aber bestand darin, dass einige hinterhältige Menschen von diesem Mann, der hinsichtlich seiner Ehre und Selbstachtung so empfindlich war und der doch Kritik und Widerspruch von keinem einzigen ertragen konnte, hinter seinem Rücken und ohne dass er etwas davon wusste, dergestalt missbraucht wurde, dass seine Ehre vernichtet wurde. Neunzig Prozent seiner Ehre wurde zerstört und neunzig Prozent aller Leute kehrten sich gegen ihn. Wie dem auch sei... Möge Gott ihm vergeben! Möge Gott wollen, dass er dadurch zur Besinnung kommt und vielleicht dadurch zu seiner Aufgabe zurückkehrt. * Der elfte Fall wird hier nicht geschrieben, weil es dazu vielleicht kein Einverständnis gibt. Der zwölfte Fall betrifft den Lehrer Galip. Dieser Mann leistete in der Tat mit einer ehrlichen Begeisterung große Dienste beim Abschreiben der Abhandlungen und zeigte keinerlei Schwäche in irgendwelchen Schwierigkeiten. Die meisten Tage kam er, hörte in vollständiger Hingabe zu und verfertigte seine Kopien. Danach ließ er alle »Worte« (Sözler) und »Briefe« (Mektubat) für dreißig Lira abschreiben. Seine Absicht dabei war es, diese in seiner Heimat zur Verteilung anzubieten und seine Landsleute auf diese Weise zu erleuchten. Jedoch zufolge einiger Überlegungen verteilte er die Abhandlungen nicht, so wie er sich das vorgestellt hatte, sondern ließ sie in ihrer Kiste. Da ereilte ihn ein schwerer Schicksalsschlag, was ihm für ein Jahr Kummer und Sorge einbrachte. Auf diese Weise machte er sich an Stelle einiger Gegner bei den Behörden, die ihm wegen der Verteilung der Abhandlungen feindlich gesinnt waren, viele brutale und ungerechte Feinde und verlor viele seiner Freunde. Der dreizehnte Fall betrifft Hafis Halid. Er selbst erzählt: »Ich gestehe in der Tat, dass zu einer Zeit, da ich mit Feuereifer dabei war, im Dienst am Qur’an Niederschriften anzufertigen, die Ustadh dann verteilte, in einer Moschee in unserer Gegend die Stelle für den Imam frei wurde. Da dachte ich daran, mich wieder (wie ein Imam) zu kleiden und auch einen Turban dazu zu tragen und (durch diese Gedanken wurde ich) in meinem Dienst abgelenkt, bzw. ging ihm bewusst aus dem Wege. Da empfing ich von der Hand der Göttlichen Liebe einen Schlag, der meinen Absichten entgegengesetzt war. Und obwohl ich acht oder neun Monate als Imam tätig war, war ich auf eine ganz ungewöhnliche Weise nicht in der Lage, wieder meinen Turban zu tragen, obwohl mir doch der Mufti dies versprochen hatte. Ich habe keinen Zweifel daran, dass dieser Schlag das Ergebnis dieses Irrtums war. Dabei war ich für Ustadh sowohl ein Gesprächspartner (muhatab) als auch sein Sekretär. Auf Grund meiner Nachlässigkeit geriet er mit der Niederschrift in Schwierigkeiten. Wie dem auch sei... Gott sei wiederum Dank: wir verstanden nun meinen Irrtum und es wurde uns klar, wie heilig dieser Dienst ist. Das gab uns die Gewissheit, dass der Ustadh Scheych Geylani hinter uns stand und gleichsam unser Schutzengel war.« Der schwächste der Diener Hafis Halid Der vierzehnte Fall betrifft die drei Mustafa, die drei winzig kleine Ohrfeigen bekommen haben. Der erste von ihnen war Mustafa Tschavusch. Acht Jahre lang diente er in unserer eigenen kleinen Moschee, inklusive Ofen, einschließlich Heizöl, zusätzlich Streichhölzer. Wir haben erst später erfahren, dass er in diesen acht Jahren Heizöl und Streichhölzer aus eigener Tasche bezahlte. Besonders in der Nacht zum Freitag schloss er sich stets der Gemeinde an, insoweit keine anderen besonders dringenden Arbeiten vorlagen. Später sagten die Weltleute, wobei sie seine Herzensreinheit benutzten, zu ihm: »Man wird Hafis, einen der Schreiber der ›Worte‹, wegen seines Turbans belästigen: er sollte doch damit aufhören, heimlich (auf arabisch) zum Gebet zu rufen. Und sage diesem Schreiber auch, er solle lieber seinen Turban abnehmen, ohne dass wir erst Zwang anwenden müssen.« Dabei wussten sie aber nicht, dass es einem Mann von hohem Geist, wie Mustafa Tschavusch, außerordentlich schwer fallen musste, jemandem, der im Dienst am Qur’an stand, die Mitteilung zu machen, er solle seinen Turban abnehmen. Dennoch machte er ihm diese Mitteilung. In dieser Nacht träumte ich, dass Mustafa Tschavusch mit schmutzigen Händen hinter dem Landrat (kaymakam) meine Kammer betrat. Am nächsten Tag fragte ich ihn: »Mustafa Tschavusch, mit wem hast du dich heute getroffen? Ich habe dich im Traum mit schmutzigen Händen hinter dem Landrat gesehen.« Er antwortete: »Leider ja. Der Schulze (muhtar) hatte mir etwas derartiges gesagt, damit ich es dem Schreiber mitteilen solle. Ich wusste nicht, was dahinter steckt.« Am gleichen Tage brachte er etwa ein Okka (anderthalb Liter) Heizöl zur Moschee. Wie noch nie zuvor geschehen, blieb an diesem Tag die Tür offen und ein kleines Zicklein lief herein. Danach kam ein groß gebauter Mann herein, dachte, das Heizöl in der Kanne sei Wasser und goss das ganze Heizöl überall in der Moschee aus, in der Absicht, sie damit zu reinigen und dabei auch den Schmutz zu beseitigen, den das Zicklein neben der Secade (Gebetsteppich) hatte fallen lassen. Das Merkwürdige war nur, dass ihm der Geruch dabei gar nicht auffiel. Mit anderen Worten: Die Moschee wollte Mustafa Tschavusch in ihrer Art ohne Worte mitteilen: »Wir brauchen dein Heizöl nicht. Ich habe dein Heizöl, auf Grund des Fehlers, den du (durch die Weitergabe dieser Mitteilung) begangen hast, nicht akzeptiert.« Es war um dieses Hinweises willen, dass sie den Mann den (eigenartigen) Geruch nicht wahrnehmen ließ. In dieser Woche konnte er die verpflichteten Gebete mehrmals nicht mit der Gemeinschaft verrichten, so sehr er sich dabei auch anstrengte; selbst in der Nacht zum Freitag nicht. Danach aber bereute er aufrichtig, suchte Vergebung und fand danach endlich wieder zu seiner ursprünglichen (Herzens)reinheit zurück. Die anderen beiden Mustafa waren meine ehrenwerten, fleißigen, hervorragenden Schüler Mustafa aus Kuleönü und sein sehr zuverlässiger und zutiefst ergebener Freund Hafis Mustafa. Nach den Festtagen (Bayram) sandte ich ihnen eine Nachricht und ließ ihnen mitteilen, sie sollten vorläufig nicht zu mir kommen, um den Weltleuten keine Gelegenheit zu geben, uns zu belästigen und den Dienst am Qur’an zu stören. Falls sie aber doch kommen wollten, so sollte ein jeder einzeln und für sich kommen. Dann aber kamen sie eines Nachts alle drei zu gleicher Zeit. Sie beabsichtigten jedoch bei günstigem Wetter noch vor der Morgendämmerung wieder zu gehen. Dann aber geschah, was noch nie zuvor geschehen war: weder Mustafa Tschavusch, noch Suleyman Efendi, weder ich selbst, noch sie selbst hatten daran gedacht, klare Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Etwas hatte es uns einfach vergessen lassen. Ein jeder überließ es dem anderen, traf aber selbst keine Vorkehrungen. Sie gingen vor der Morgendämmerung. Dann aber schlug ihnen zwei Stunden lang ununterbrochen ein solcher Sturm um die Ohren, dass ich schon befürchtete, sie würden sich vor diesem Sturm nicht mehr retten können. Es hatte bis dahin in diesem Winter noch keinen solchen Sturm gegeben, noch hatte ich bis dahin irgendwen dermaßen bedauert. Als Strafe für seine Unvorsichtigkeit wollte ich ihnen nun Suleyman hinterherschicken, um zu sehen, ob sie noch heil und wohlauf seien. Aber Mustafa Tschavusch sagte: »Wenn er geht, wird er auch dort draußen bleiben. Dann muss auch ich hinter ihnen her, um sie zu suchen. Danach muss dann Abdullah Tschavusch hinter mir her gehen.« So sagten wir den schließlich: »Wir vertrauen auf Gott!« und wir warteten. Eine Frage: Du bezeichnest die Unglücksfälle (musibet), die über deine Freunde gekommen sind, als »Ohrfeigen« und nennst sie einen Schlag ins Gesicht derer, die in ihrem Dienst am Qur’an nachlässig gewesen sind. Aber diejenigen, welche in Wahrheit euch und dem Dienst am Qur’an feindlich gesinnt waren, unbehelligt geblieben sind. Weshalb bekommen Freunde Ohrfeigen, während Feinde verschont bleiben? Antwort: »Ungerechtigkeit setzt sich nicht fort. Doch der Unglaube besteht.« Nach diesem Geheimnis sind die Irrtümer der Freunde eine Art von Ungerechtigkeit in unserem Dienst und werden deshalb auch rasch bestraft. Wer einen zärtlichen Klaps erhält und bei Verstand ist, besinnt sich. Die Feinde aber, die sich dem Dienst am Qur’an widersetzen und ihn zu verhindern suchen, tun dies auf Rechnung ihres Irrwegs. Wissentlich oder unwissentlich unterstützt ein jeder Angriff auf unseren Dienst ihre Gottlosigkeit. Da der Unglaube sich fortsetzt, empfangen sie im Allgemeinen nicht so rasch eine Ohrfeige. Ebenso wie die Strafen für kleinere Übertretungen in den Kreisstädten abgehandelt werden, während die schwereren Verbrechen an den Hohen Gerichtshof verwiesen werden, so werden den gleichen Gesetzen entsprechend die kleinen Irrtümer der Gläubigen und naher Freunde rasch bestraft, und das teilweise in dieser Welt, um sie ebenso schnell wieder zu reinigen. Doch die Verbrechen der Leute des Irrtums sind so groß, dass sie, weil sie nun einmal in diesem kurzen Leben nicht so bestraft werden können, wie es die Gerechtigkeit erfordert, an den Obersten Gerichtshof in der Ewigkeit verwiesen werden und daher meistens unbestraft bleiben. »Die Welt ist ein Gefängnis für den Gläubigen und ein Paradies für den Ungläubigen.« Dieses Ehrenwerte Hadith verweist uns gleichfalls auf diese bekannte Wahrheit. Das heißt, da der Gläubige schon in dieser Welt einen Teil seiner Strafe empfängt, ist die Welt für ihn ein Ort der Strafe. Für ihn ist die Welt im Vergleich zur Ewigen Glückseligkeit im Jenseits die Hölle und ein Gefängnis. Da aber nun einmal die Ungläubigen nicht aus der Hölle entlassen werden, empfangen sie den Gegenwert zum Teil schon in dieser Welt, während der für ihre schweren Sünden noch aufgehoben wird, sodass diese Welt für sie zum Paradies wird im Vergleich zu (ihrem Leben) im Jenseits. Andererseits ist der Gläubige in dieser Welt gegenüber dem Ungläubigen in seinem Inneren und im Hinblick auf die Wahrheit bei weitem glücklicher. Für den Gläubigen ist seine Überzeugung (iman) im Geiste dieses Gläubigen so gut wie das Paradies in seinem Inneren. Des Ungläubigen Unglaube aber entzündet das Feuer der Hölle in der Natur des Ungläubigen. »Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen außer dem, das Du uns gelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32) Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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