"Isch Günther, du verstehen?"

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"Isch Günther, du verstehen?"

 

Zübeyir Yilmaz erheitert mit seiner Integrationshilfe deutsch-türkische Gemüter

 

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VON MARIA FRICKENSTEIN

 

Bielefeld/Halle. Das Werben liegt ihm im Blut, das Gestalten ebenso. Warum also nicht mal Klischees und Vorurteile in Text und Bild auf die Schippe nehmen und kräftig durch den Kakao ziehen? In seiner Diplomarbeit, einem "Integrationsguide" für Deutsche und Türken, wirbt Zübeyir Yilmaz schlichtweg für mehr Humor.

 

"Ich bin türkischer Staatsbürger der deutschen Republik", sieht der 28-Jährige seine doppelte Identität. Zübeyir Yilmaz hat deutsche Freunde und ebensolche Nachbarn. Nur zufällig ist er während eines Urlaubs der Eltern in Istanbul geboren. Aufgewachsen ist er in Deutschland, in Schloß Holte-Stukenbrock und lebt heute im westfälischen Halle. Für die Deutschen, das sieht er gelassen, sieht er aus wie ein Türke und ist er der Türke.

 

"Du bist typisch deutsch", sagt man ihm in der Türkei, nennt ihn dort einen "Almanci", einen Deutschländer. Wie selbstverständlich ordnet man ihm dort die vermeintlich deutschen Eigenschaften zu wie Ordnung, Disziplin und Pünktlichkeit, Diskretion beim Warten in der Schlange. In Istanbul kam ihm deshalb auch die Idee für seine Diplomarbeit an der Fachhochschule in Bielefeld.

 

Mit Humor, Witz und spritzigen Einfällen hält er, der gelernte Werbekaufmann und diplomierte Grafik- und Kommunikationsdesigner gern seinen Kopf hin und ist sich für einen Spaß nicht zu schade. Dem Integrationsführer kann sich der Leser von zwei Seiten nähern, denn der Grafikdesigner gestaltete sein Buch für beide Nationen, schrieb ihn aber bis auf kleine Übersetzungen auf deutsch.

 

Yilmaz setzt sich voller Selbstironie mit seinem Porträt ins Bild, ist mal Türke, mal Deutscher, mal blond, mal schwarzhaarig mit Schnauzbart. "Isch Günther, du verstehen?" Die vermeintliche Nettigkeit eines Deutschen, sprich sein Kauderwelsch, entlarvt sich schnell als Vorurteil, südländisch aussehende Menschen könnten kein Deutsch sprechen.

 

Yilmaz versteht es, versteckte Botschaften wie zum Beispiel die Zwangsheirat zu ironisieren: "Erwachsene junge Türken, die kaum Deutsch sprechen, sind meist verlorene Import-Bräutigame/Bräute (Ithalat-Damat), die ihr zuvor viel erfolgreicheres Leben aufgegeben haben, um der großen Liebe nachzugehen oder einer beruflichen Karrierechance." Aus einem Pappkarton heraus schaut der mit großen Augen unsicher schauende Bräutigam, in der Hand ein paar Rosen und einen Ring.

 

Vom Oktoberfest erzählt der Designer, vom sozialen deutschen Engagement, vom geliebtem Freund, dem Hund und nicht zu vergessen, von der deutschen Bürokratie, die ohne Stempel kaum denkbar ist und deshalb vom Yilmaz einen bekommt. Türkische Männer halten sich mit Tee bei Backgammon und Kartenspiel bei Laune, lassen sich als Geschäftsmann auf dem Markt gern aufs Feilschen ein.

 

Yilmaz streut zwischendurch Wissenswertes ein wie den türkischen oder auch den deutschen Knigge, klärt auf über die türkische Aussprache, türkische Namen und ihre Herkunft. Er erzählt von islamischen Festtagen und vom Sinn des Nazar-Boncuk-Anhängers, einem blauen Stein mit einem Auge als Schutz vor dem bösen Blick. Wie einzelne Plakate gestaltete er den "Integrationsguide", den er noch perfektionieren möchte. Jede Typografie wählte er passend zum Thema, gab dem Text auch mal die Form eines Kusses, eines Quadrates oder einer Treppenstufe.

 

"Es ist ein schönes Bilderbuch und es wäre gut, wenn sich der eine oder andere wiederfinden würde, auf der deutschen oder türkischen Seite", so der Designer. Er würde sich freuen, einen Verlag zu finden mit dem Buch einen humorvollen Dialog anzuzetteln. "Jetzt bin ich auf der Suche nach einem passenden Job", sagt er und weiß, wo er als Grafikdesigner arbeiten möchte: "Mich zieht es nach Süddeutschland."

 

 

NW, 25.08.2010

[Jörg]

Wie war das noch mit dem ,,türkischen" Comedian. Auftritt in einer deutschen Großstadt. Mensch, so viele Ausländer hier, aber was solls, ihr deutschen könnt ruhig sitzenbleiben.