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Rassismus überlagert natürliches Mitgefühl

 

Mitgefühl ist eines der Dinge, die uns Menschen einzigartig macht. Wenn andere Schmerz empfinden, gleichgültig welche Hautfarbe sie haben, fühlen wir buchstäblich mit. Wer Vorurteile gegenüber anderen Ethnien hat, bei dem verschwindet allerdings dieses Mitgefühl.

 

Über die Grenzen unserer Empathie und den Beitrag, den Rassismus dazu leistet, berichtet eine Forschergruppe um den Neurowissenschaftler Alessio Avenanti von der Universität Bologna in einer Studie.

 

Sensomotorische Ansteckung

Für ihre Studie baten die Forscher Probanden, zwei verschiedene Filme anzusehen. In dem einen wird eine menschliche Hand gezeigt, die von Nadeln gestochen wird, in dem anderen Film wird die gleiche Hand an der gleichen Stelle mit einem Wattestäbchen gestreichelt. Beim Betrachten der Filme wurde mit Hilfe von transkranieller Magnetstimulation die Gehirnaktivität der Teilnehmer überprüft.

 

Es zeigten sich bei ihnen ähnliche sensomotorische Reaktionen, wie sie auch die - gepieksten oder gestreichelten - Personen auf dem Bildschirm hatten. Die Forscher nennen dieses Phänomen deshalb auch "sensomotorische Ansteckung". Man kann dafür aber auch das gute alte Wort "Mitgefühl" verwenden.

 

Mehr Vorurteile, weniger Mitgefühl

Diese neurologisch überprüfbare Empathie stieß aber auf Grenzen. Bei den Versuchsteilnehmern war ein Teil weißer, der andere Teil schwarzer Hautfarbe. Betrachteten diese jeweils weiße bzw. schwarze Hände, so zeigten sie die das beschriebene Mitgefühl. Sobald sie aber Hände der anderen Hautfarbe betrachteten, war dies weniger bis gar nicht der Fall - und zwar sowohl bei den Weißen als auch bei den Schwarzen.

 

Offensichtlich spielten also die Einstellungen gegenüber Angehörigen der anderen Hautfarbe eine entscheidende Rolle. Um diese zu überprüfen, verwendeten die Forscher einen Test, der implizite Vorbehalte gegenüber anderen Menschen misst. Es zeigte sich, dass jene mit den größten Vorurteilen auch am wenigsten Mitgefühl bei dem Schmerztest hatten.

 

Eine Frage der Kultur

Geht es dabei um eine abstrakte Art von Andersartigkeit oder um bekannte Stereotype, die auch dem Rassismus zugrundeliegen? Um das zu klären, haben die Forscher in einem weiteren Schritt violette Hände verwendet. Auch diese wurden den Versuchsteilnehmern präsentiert - einmal gestochen, einmal gestreichelt - und die Reaktionen gemessen. Siehe da, sämtliche Probanden zeigten wieder das Mitgefühl, das sie schon bei Ihresgleichen an den Tag gelegt hatten.

 

"Das zeigt, dass wir Menschen grundlegend auf Empathie gegenüber Fremden - repräsentiert durch das violette Modell - eingestellt sind", meint der Studien-Ko-Autor und Neurowissenschaftler Salvatore Aglioti von der Universität Rom in einer Aussendung. Stereotype und rassistische Einstellungen würden diese ursprüngliche Reaktion aber überlagern. Und diese stammen aus der Kultur und müssten auf ihrem Feld auch begegnet werden, meinen die Forscher.

 

*Die Studie "Racial Bias Reduces Empathic Sensorimotor Resonance with Other-Race Pain" ist in "Current Biology" erschienen.

 

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

 

Mehr zum Thema:

Vorurteile sind schlecht für das Denken:

http://sciencev1.orf.at/sciencev1.orf.at/science/news/96159.html

Rassismus - Schein und Wirklichkeit:

http://sciencev1.orf.at/sciencev1.orf.at/science/news/154006.html

Rassismus: Wahrnehmungstraining gegen Vorurteile:

http://sciencev1.orf.at/sciencev1.orf.at/science/news/154165.html

Gesinnung beeinflusst die Wahrnehmung:

http://science.orf.at/stories/1632555/

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