Webmaster Geschrieben 11. Juni 2007 Teilen Geschrieben 11. Juni 2007 Staatskirchenrechtler: Wichtiger Schritt für rechtliche Integration der Muslime Frankfurt a.M. (epd). Der Kirchenrechtsexperte Gerhard Robbers sieht in der Bildung eines Koordinierungsrates der Muslime in Deutschland einen wichtigen Schritt zu deren weiterer rechtlicher Integration. Zur Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft nach dem Vorbild der Kirchen müssten jedoch weitere Bedingungen erfüllt werden, erläuterte Robbers in einem epd-Interview. Mit dem an der Universität Trier lehrenden Professor für Öffentliches Recht und Kirchenrecht sprach Rainer Clos. epd: Vor einigen Tagen haben vier islamische Dachverbände klargestellt, dass sie enger zusammenarbeiten wollen. Ist dieser Koordinierungsrat der Muslime in Deutschland ein erster Schritt zur rechtlichen Integration der Muslime? Robbers: Es ist nicht der erste, aber es ist ein wichtiger Schritt für die weitere rechtliche Integration der Muslime in Deutschland. Selbstverständlich galt schon bisher volle Religionsfreiheit für Muslime. Wichtig ist aber, dass jetzt die Repräsentation der Muslime klarer und umfassender sein kann. epd: Der Koordinierungsrat reklamiert für sich, seine Mitgliedsverbände repräsentierten "die absolute Mehrheit" der Moscheegemeinden, in denen islamisches Gemeindeleben in Deutschland stattfinde. Kann daraus schon gefolgert werden, dass diese Kuppelorganisation die Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft beanspruchen kann? Robbers: Die bloße Zahl der Mitglieder reicht für den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht aus. Voraussetzung ist dann etwa, dass der Koordinierungsrat tatsächlich eine Religionsgemeinschaft wäre und nicht nur ein lockerer und letztlich unverbindlicher Gesprächskreis. Wichtig ist für diesen Zweck, dass der neue Koordinierungsrat durch seine Verfassung und durchaus auch durch die Zahl seiner Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet und insgesamt rechtstreu ist. Andererseits ist keineswegs erforderlich, dass alle Muslime in Deutschland vor einer einzigen Institution repräsentiert werden. Auch die Christen bilden viele verschiedene Gemeinschaften mit dem öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus: die römisch-katholische Kirche etwa, die EKD, die Landeskirchen und viele andere. epd: Worin bestehen die Anforderungen des bundesdeutschen Staatskirchenrechtes oder Religionsrechtes, um dessen rechtliche Möglichkeiten - etwa staatlicher Einzug eines Mitgliederbeitrages, konfessioneller Religionsunterricht, Vertretung in den Organen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - wahrnehmen zu können? Robbers: Jede dieser Möglichkeiten hat besondere und zum Teil komplexe Voraussetzungen. Staatlich eingezogen werden kann nur die Kirchensteuer, nicht ein allgemeiner Mitgliederbeitrag. Und das setzt etwa voraus, dass die Religionsgemeinschaft den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts hat und eine solche Steuer auch von sich aus erheben will. Für den staatlichen Einzug muss die Religionsgemeinschaft dem Staat auch eine Art Gebühr von meistens vier Prozent des jeweiligen Kirchensteueraufkommens zahlen. Und außerdem muss die Religionsgemeinschaft eine je nach Land unterschiedlich große Mitgliederzahl haben. Für den konfessionellen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen braucht die Religionsgemeinschaft nicht Körperschaft des öffentlichen Rechts zu sein. Wichtig ist aber, dass sie wirklich auf Dauer besteht und dauerhaft repräsentativ ist - Schule ist ja für die Schüler schon eine längerfristige Angelegenheit und sie müssen verlässliche Noten bekommen. Für die Vertretung in Organen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird es in der Sache besonders auf die Zahl der repräsentierten Muslime ankommen. epd: In der Vergangenheit wurde immer wieder argumentiert, es fehle auf islamischer Seite ein repräsentativer Ansprechpartner für die Politik, um die Bedingungen für islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen klären zu können. In anderen Ländern gibt es bereits, teilweise mit staatlicher Mithilfe derartige Muslimräte als Vertretungsgremien. Worin unterscheidet sich die Situation in Deutschland mit rund 3,5 Millionen Muslimen von derjenigen etwa in Frankreich, Belgien, den Niederlanden oder Großbritannien? Robbers: In jedem dieser Länder ist die Rechtslage ganz unterschiedlich. Die Traditionen sind ganz anders. In Frankreich gibt es zum Beispiel grundsätzlich - mit einzelnen Ausnahmen - keinen Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen, da stellt sich die Frage von Grund auf anders. In England gibt es an den öffentlichen Schulen einen allgemeinen Religionskundeunterricht, an dessen Gestaltung die regional vorherrschenden Religionsgemeinschaften, besonders die anglikanische Kirche, neben dem Staat beteiligt sind; dort sind oft auch Muslime auf regionaler Ebene vertreten. In Deutschland ist wichtig, dass die Muslime einen angemessenen Religionsunterricht bekommen. Das integriert die Kinder auch in den allgemeinen Werthorizont der Verfassung, weil dann der Religionsunterricht Teil der Schule ist und nicht mehr in die Hinterhöfe abgedrängt wird. Wir haben immerhin etwa 700.000 muslimische Schülerinnen und Schüler in Deutschland. Evangelischer Pressedienst (epd) Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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