Webmaster Posted February 18, 2011 Share Posted February 18, 2011 REDE AN EIN LAND IN DEM ICH LEBE… Ich bin in Deutschland und ich halte eine Rede an ein Land, in dem ich lebe, weil ich hier leben will. Ich werde versuchen meinen Gedankengang anschaulich darzulegen. Der Mensch neigt dazu, sich auf Dinge zu konzentrieren die ihm fehlen. Dinge in dessen Besitz er bereits ist, werden uninteressant. Sie sind einfach da, ganz selbstverständlich. Es sind Geschichten, die jeder von uns kennt und erlebt. Sie sind ganz normal, ja fast alltäglich und genau das ist das Traurige. Die Mehrheit der deutschen Gesellschaft ist schlicht und ergreifend verwöhnt. Ich möchte mich keineswegs ausschließen. Erst neulich erwischte ich mich selbst in einer solchen Situation. Ich stand am Bahnhof und wartete wie so oft auf meine S-Bahn. Es war ein kühler typischer Tag. Plötzlich kam die Durchsage: “Aufgrund eines Polizeieinsatzes am Hauptbahnhof, verspätet sich der Zug um voraussichtlich 15 Minuten. Wir bitten um Ihr Verständnis.” Ich war genervt. Es war kalt und ich regte mich über die Verspätung auf. Unmöglich! Ich werde mich noch verspäten und hier erfrieren, dachte ich. Ich blickte um mich und begann die Leute am Bahnsteig zu beobachten. Erst dann bemerkte ich, dass fast alle am nörgeln waren. Genervte Gesichtsausdrücke und Blicke des Unverständnisses, ja fast Entsetzen konnte man sehen. In diesem Moment schämte ich mich. Ich überlegte kurz seit wie vielen Jahren ich mit Bus und Bahn fahre. Es waren nun schätzungsweise 14 Jahre! Die Hälfte meines ganzen bisherigen Lebens! An wie viele Verspätungen oder Ausfälle konnte ich mich erinnern? Wirklich nicht viele. Tatsache ist, dass ich seit vierzehn Jahren Bus und Bahn fahre und eine weitere Tatsache ist, dass ich fast immer rechtzeitig, bequem und sicher an mein Ziel gelange. Ich erspare mir eine Statistik mit Wahrscheinlichkeiten der Bahnverspätungen oder Ausfällen aufzustellen. Sie würde meine Ungerechtigkeit und Undankbarkeit, die ich an diesem Tag zum Vorschein brachte nur unterstreichen. Wie vielen Menschen in Deutschland ist bewusst, dass wir ein sehr gut organisiertes öffentliches Verkehrssystem haben? Wie vielen ist bewusst, dass der größte Teil der Bevölkerung dieser Welt nur von einem annähernd vergleichbaren System träumen kann? An dieser Stelle denken sich nun viele: “Ja aber man kann das nicht vergleichen, anderer Lebensstandard und so …” Doch man kann und man muss sogar vergleichen. Der Mensch ist Mensch ob in Afrika, Asien, Australien oder eben Europa. Warum entscheidet der Kontinent, ob es normal ist, ein gutes öffentliches Verkehrssystem zu haben? Leider entscheidet das Geld. Doch Geld sollte nicht entscheiden, welchem Menschen was zusteht und was nicht. Die Realität belehrt mich eines Besseren. Denn genau so ist es. Geld alleine entscheidet wer wie viel, von welchem Gut auch immer, bekommt. Ich wünsche mir von der deutschen Gesellschaft, dass sie erkennt, dass es ihr im globalen Vergleich unglaublich gut geht. Das nichts von dem was wir haben selbstverständlich, sondern alles zu schätzen ist. Mit dieser Einstellung, würden sich meines Erachtens viele Probleme in Deutschland selbstständig klären. Keine Frage, es gibt eine Menge an Dingen die man ändern könnte sollte oder sogar müsste. Doch gibt es viel mehr Dinge, die genau so bleiben sollten, weil sie unvergleichlich gut sind wie sie sind. Sei es das Rechtssystem oder das große soziale Netz. Das sind Dinge in Deutschland, die uns stolz machen sollten. Sie sind Zeichen für die Sicherheit und Fürsorge, die den deutschen Bürgern zugestanden wird. Die Sicherung des Existenzminimums, die jedem Bürger gewährleistet werden muss ist global betrachtet auch keine Selbstverständlichkeit, vielmehr eine allzu kostbare Rarität. Immer häufiger lese ich von der wachsenden Armut in Deutschland. Gibt es tatsächlich immer mehr arme Menschen in Deutschland? Wann ist man in Deutschland arm? Die Armen hier, wären die Reichen in sehr vielen Ländern unserer Welt, doch dass muss ich wohl nicht mehr näher erläutern. Ich denke die Armut in Deutschland ist in letzter Zeit aus verschiedenen Gründen so ein großes Thema. Sicherlich gibt es Menschen in Deutschland die “von der Hand in den Mund” leben und leben müssen. Doch ist es meiner Ansicht nach vordergründig die wachsende Kluft zwischen den sehr Reichen und den sehr Armen in Deutschland, welche sich allmählich bemerkbar macht. Wann fühlen wir uns arm? Woran erkennen wir ob Menschen arm sind? Als Kind habe ich Armut mit Hunger, Knappheit und Not assoziiert. Menschen ohne Unterkunft oder mit zerfetzter dreckiger Kleidung waren arm. Folglich habe ich mich nie arm gefühlt, denn es fehlte mir weder an Essen noch an Kleidung. Je älter ich wurde um so mehr erfasste der Begriff Armut. Wenn Eltern so und so viel verdienen ist man, relativ zur Bevölkerung gesehen, arm. Wenn die Eltern noch weniger verdienen spricht man irgendwann von absoluter Armut. Ich glaube dies ist der Fall wenn das Einkommen (erheblich) unter dem Durchschnittseinkommen innerhalb der Bundesrepublik liegt. Demnach bin ich anscheinend in Armut aufgewachsen, ohne es je gemerkt bzw. gespürt zu haben. Denn wie ich lernte, ist es nicht schwer arm zu sein in Deutschland. Kinder / Jugendliche die sich nicht jeden Monat neue Markenschuhe kaufen können fühlen sich bereits arm. Warum sind unsere Kinder bereits derart materialistisch gesonnt? Warum ist es Ihnen so wichtig teure Markenkleidung zu tragen? Warum werden Kinder bereits im Grundschulalter ausgegrenzt oder gehänselt sofern sie keine „coolen Klamotten“ tragen? Die Kinder sind der Spiegel unserer Gesellschaft. Für ihr Verhalten und ihre Erziehung sind wir allesamt mitverantwortlich. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle ob man selbst bereits Kinder hat oder weit entfernt davon ist. Jeder von uns hat direkt oder indirekt mit Kindern zu tun. Ob wir wollen oder nicht, wir sind Vorbilder für unsere Kinder. Falls wir nun Kindern das Gefühl vermitteln Geld und die damit verbundenen Möglichkeiten seien ungemein wichtig in welcher Hinsicht auch immer, so dürfen wir uns nicht wundern, wenn Kinder ähnliche Wertvorstellungen entwickeln. Der Kapitalismus, welcher mit Sicherheit unseren heutigen Wohlstand mit herbeigeführt hat, ist gleichzeitig der Grund für einen herben Werteverlust. Es herrschen viel zu viele Klischees und Vorurteile. Das Viertel in dem man wohnt, das Auto welches man fährt, die Kleidung die man trägt, das Restaurant in welchem man speist, all dies sind erschreckend wichtige Faktoren geworden. Wir bilden uns ein, unsere Gegenüber gut einschätzen zu können sobald wir Informationen über die genannten Faktoren erhalten. Doch wie ist das möglich? Welche Auskunft versprechen wir uns von alle dem? Sicherlich kann man Vermutungen über das zu Verfügung stehende Einkommen fällen. Die Frage bleibt aber: Welche Auskunft erhalten wir über den Menschen? – Keine. Jedenfalls keine die den Begriff Mensch mit Leben füllen könnte. Wir müssen versuchen die Distanzen bzw. Diskrepanzen zwischen den sozialen Schichten aufzuheben. Nicht unser Geld sollte entscheiden in welchem Freundeskreis wir uns bewegen. Verständnis, Treue, Loyalität, Ehrlichkeit, Unterstützung, Gerechtigkeit und Liebe sind Werte, die wir an unseren Freunden schätzen sollten. Jeder von uns weiß dass diese mit keinem Geld der Welt zu erwerben sind. Gemeinsame Interessen fördern den Zusammenhalt, das Verständnis und die Integration. Unabhängig davon ob es Sport, Musik, Kunst, Literatur, Technik, Naturwissenschaften oder dergleichen ist. Kinder und Jugendliche die sich derart beschäftigen sind viel seltener in Straf- oder Gewalttaten verwickelt. Sie sind in der Regel selbstbewusster und lebensfroher als ihre Altersgenossen, welche 50 Prozent ihrer Freizeit alleine vor dem PC verbringen. Leider gibt es von Letzteren immer mehr. Die Eltern kümmern sich nicht darum oder bemühen sich nicht etwas an diesem Umstand zu ändern. Ich wäre damit wieder zu dem bereits angesprochenen Thema des Werteverlustes gelangt. Eltern müssen sich aktiv um ihre Kinder kümmern, Unternehmungen mit ihnen planen, sich für sie und ihre Interessen interessieren. Der Jahreswechsel hat sich gerade erst vollzogen und die Vorsätze sind getroffen. Was sind deine Vorsätze Deutschland? Womit bist du unzufrieden? Was möchtest du ändern? Jeder ist seines Glückes Schmied —wer kennt diese alte (Un)Weisheit nicht? Doch wie ist sie zu verstehen? Bin ich alleine für mein Glück verantwortlich? Ist es nicht meine Umwelt die mein Glück maßgeblich beeinflusst? Es gibt sicherlich unterschiedliche Meinungen, da jeder seine eigene kleine Weltanschauung besitzt. Das ist auch gut so und im Übrigen für das Verständnis nicht so wichtig. Denn die essenzielle Botschaft ist Eine. Ob ganz alleine zusammen oder wie auch immer. Fakt ist, dass man definitiv mitverantwortlich für sein Glück ist. Passives Glück gibt es selten und wenn, dann ist es meist nicht so schön wie Glück, hinter dem vorangegangene Bemühungen stehen. Abschließend zu meiner Reflexion möchte ich sagen, dass das wichtigste was Deutschland derzeit braucht, ein emotionaler Aufschwung ist. Ich glaube daran und hoffe dass wir schon bald viel mehr lachende Gesichter in der U – Bahn sehen können.. Zeliha Gencay, Islam-Blogger, 08.02.2011 http://www.islam-blogger.de/2011/02/08/rede-an-ein-land-in-dem-ich-lebe/ Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Talha Posted February 18, 2011 Share Posted February 18, 2011 Sehr guter Artikel 1 Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Legend Killer Posted April 14, 2011 Share Posted April 14, 2011 Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Zelish Posted April 14, 2011 Share Posted April 14, 2011 danke 1 Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
islamfreund100 Posted April 14, 2011 Share Posted April 14, 2011 hallo dem artikel kann ich nur voll und ganz zusstimmen- er ist der spiegel von deutschland. Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Jörg Posted April 16, 2011 Share Posted April 16, 2011 Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Carpe_Diem Posted April 16, 2011 Share Posted April 16, 2011 Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
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