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22.09.2011 Ein gemeinsamer Tag mit den Staatspräsidenten Christian Wulff und Abdullah Gül. Von Cemil Sahinöz

 

Ein Besuch in Osnabrück

 

(iz). Nach dem vor einigen Monaten der deutsche Bundespräsident Christian Wulff Kayseri, die Heimatstadt des türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül besuchte, kam nun dieser für einen Tag nach Osnabrück, die Heimatstadt Wulffs. Als Journalisten begleiteten wir die beiden Präsidenten in Osnabrück.

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Als dies einige Tage zuvor unter den Türken bekannt wurde, stürmten sie natürlich nach Osnabrück. Ab 11.00 Uhr standen die ersten vor dem Rathaus und warteten auf ihren Staatspräsidenten. Als die Menschenmenge größer wurde, verteilten die Organisatoren türkische und deutsche Flaggen. Genau zu diesem Zeitpunkt kam die schlechte Nachricht aus Ankara. Eine Bombe sei explodiert. Ein weiterer Terroranschlag. Es gäbe Tote. Diese Nachricht machte schnell die Runde.

 

Kurz vor 11.30 kam dann schon der erste Dienstwagen. Aygül Özkan, Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration in Niedersachsen stieg aus und ging ins Rathaus. Um 12 Uhr wurde es schon lauter vor dem Rathaus, da nun einige hundert Menschen. Im Rathaus verkündete der Pressesprecher der Stadt, dass nun Wulff und Gül vom Flughafen Münster abgefahren wären.

 

15 Minuten später trafen sie dann auch ein. Zusammen mit ihren Ehegattinnen. Die Menge tobte nun. Die Präsidenten gingen zu den Zuschauern und begrüßten sie. Viele Menschen umarmten Abdullah Gül, hießen ihn willkommen und einige weinten vor Freude. Die TV Kameras versuchten alles mit zu filmen. Es dauerte lange, bis die Präsidenten endlich ins Rathaus konnten, denn sie wollten die gekommenen Menschen.

 

Im Rathaus gab es Reden. Zunächst sprach der Oberbürgermeister der Stadt Boris Pistorius, gleichzeitig auch ein Schulkamerad von Wulff war. Er begrüßte die Präsidenten und war sichtlich erfreut über den Hohen Besuch in seiner Stadt. Er erzählte nicht nur, warum Osnabrück die Friedensstadt, sondern auch dass hier aktive Integrationsarbeit geleistet würde. So wäre zum Beispiel ein Platz in Osnabrück nach einem Türken genannt, der hohe Dienste für die Stadt geleistet hätte. Nach der gleichen Person sei auch ein Preis der Stadt benannt.

 

Als nächstes ergriff Bundespräsident Christian Wulff das Wort. Er erzählte, wie er beeindruckt war, als er in Kayseri war und wie der türkische Staatspräsident Abdullah Gül dort auf den Straßen von den Menschen empfangen wurde. Da beschlossen sie schon in Kayseri, dass auch Gül zur Heimatstadt nach Osnabrück kommen sollte. Auch Abdullah Gül hatte sprach kurz: Zunächst erwähnte er den Terrorakt in Ankara. Er sagte, dass dies nur eine Tat von Menschen sein könne, die keinerlei Menschlichkeit empfänden und so unschuldige Zivilisten töten. Er freute sich, nun in der Heimatstadt Wulffs zu sein und sich so für den Heimatbesuch revanchieren zu können. Danach trugen sich die Präsidenten und ihre Ehegattinnen ins Goldene Buch der Stadt Osnabrück ein.

 

Als nächstes wurde die Marienkirche besucht, die direkt am Rathaus liegt. Als die Präsidenten dorthin gingen, wurden sie wieder von der großen Menschenmenge begleitet. Abdullah Gül und seine Frau wurden von Dutzenden ihrer Landsleute begrüßt oder umarmt. Als sie die Kirche verließen ging es dann in die Dom St. Petrus, der ca. 200 Meter entfernt ist. Die Präsidenten wurden von der großen Menschenmenge begleitet. Sie gingen dann zur Kirche. Eine Frage, die sich natürlich hier für mich erschloss war, warum denn nicht auch wenigstens ein Moscheebesuch mit eingeplant wurde. Städtische Mitarbeiter erklärten mir gegenüber, dass sie für den Ablauf nicht verantwortlichen seien.

 

Nach dem zweiten Kirchenbesuch ging es für die Präsidenten zum Essen in ein Lokal neben dem Rathaus. Und auch hierhin wurden sie wieder von der Menschenmenge begleitet. Die Menschenmenge wurde nicht weniger, sie nahm zu.

 

Nach ca. 1,5 Stunden ging es weiter. Wir wurden mit dem Pressebus zur Bundesstiftung Umwelt gebracht. Im Bus teilten uns unsere deutschen Kollegen mit, wie beeindruckt sie von den türkischen „Fans“ waren. Sie hatten nicht mit einer so großen Menge gerechnet. Und erst recht nicht, dass diese Menge die Präsidenten überall hin mit verfolgen würde, als wären sie Popstars.

 

 

 

In der Bundestiftung Umwelt sprach zunächst der Generalsekretär der Stiftung, Fritz Brickwedde. Nach einer kurzen Einführung wurde das Projekt „Umwelt baut Brücken“ durch deutsche und türkische Schüler/innen vorgestellt. Danach unterzeichneten die Präsidenten eine Urkunde über die gemeinsame Schirmherrschaft.

 

Nach der Stiftung ging es zur Universität Osnabrück. Auch hier warteten schon einige Dutzend Menschen vor dem Eingang, um die Präsidenten zu begrüßen. In der Universität hielt zunächst der Präsident der Universität, Prof. Dr. Ing. Claus Rollinger, eine Rede. Er stellte die Universität vor und machte darauf aufmerksam, dass es unter anderem Herr Wulff war, mit dessen großen Einsatz an dieser Universität das Zentrum für Interkulturelle Islamstudien aufgebaut werden konnte. Der Geschäftsführende Leiter dieses Zentrums, Prof. Dr. phil. Bülent Ucar, wandte sich an die beiden Gäste und stellte das Zentrum und seine Arbeiten vor. Er bedankte sich bei allen Beteiligten und machte deutlich, wie wichtig die Imamausbildung und der Islamische Religionsunterricht seien.

 

Dann ergriff Christian Wulff, der selbst Student an dieser Universität war, das Wort. In seiner hervorragenden Rede sagte er, dass die Gesellschaft Frieden und Friedensmacher braucht. Er betonte, dass die gegenwärtige Situation der gesamten Welt nicht wirklich „gut“ ist, dass er jedoch mit Hoffnung in die Zukunft blickt. Er äußerte seine Zufriedenheit über die neuesten Entwicklungen in der Türkei, was die Ausbildung von Pfarrern und Priestern angeht.

 

Die letzte Rede des Abends kam von Abdullah Gül. Auch er betonte zunächst, dass der Terrorakt in Ankara den Frieden unter den Völkern nicht stoppen werde. Gül sagte auch, dass laut der deutschen Gesetzgebung Religionsfreiheit gegeben seie, diese jedoch in der Praxis noch Defizite habe. So müssten die Islamische Theologie und der Islamische Religionsunterricht an Qualität gewinnen, damit auch muslimische Deutsche und Migranten ihre Religion lernen könnten.

 

Obwohl dies in der türkischen Gesetzgebung nicht gegeben sei, mache die Türkei jedoch gute Fortschritte, die auch Wulff betonte. Weiterhin sagte Gül, dass der Islam ethnisch, geographisch und sprachlich nicht gebunden sei. Es gäbe Muslime aus allen Kulturen, Ländern und Sprachen. Sie alle seien letztendlich deutsche Muslime, die hier lebten, wählten, Deutschland loyal gegenüber stünden und ihre Religion professionell und vor allem „richtig“ erlernen wollten.

 

Nach beiden Reden hatten noch die Studenten und Anwesenden die Möglichkeit, kurz mit den Präsidenten zu reden. Hiernach verabschiedeten sich die Gäste und ihre Gattinnen Richtung Flughafen. Denn der nächste Termin in Berlin wartete schon.

 

 

Cemil Sahinöz, Islamische Zeitung, 22.09.2011

http://www.islamische-zeitung.de/?id=15100

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