Webmaster Geschrieben 3. Februar 2014 Autor Teilen Geschrieben 3. Februar 2014 Warum Theologen einen Taxiführerschein machen sollten Gespräch mit dem deutschen Muslim Abdullah Borek, der bereits 1956 mit 20 Jahren Muslim wurde, über den organisierten Islam, die Etablierung der Islamischen Theologie an deutschen Universitäten, die Megalomanie der ‘revolutionären Reformtheologen’ und warum Theologen auch einen Taxiführerschein machen sollten. Abedullah Borek: “Noch hat auch niemand den Begriff “unabhängiger Muslim” und dessen Qualifikation definiert.” Herr Abdullah Borek, Sie waren 20 Jahre alt als Sie 1956 Muslim wurden. Sie engagieren sich für die Belange der Muslime von Anfang an, u.a. waren Sie Vorsitzender der Deutschen Muslim-Liga. Wie beobachten Sie als jemand, der die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte mitverfolgt, die Etablierung der Islamischen Theologie an Universitäten und den damit verbundenen Islamischen Religionsunterricht, der an immer mehr Schulen angeboten werden soll? Haben sich die langen Bemühungen der Muslime gelohnt, wenn wir uns jetzt das Ergebnis anschauen? Abdullah Borek:*Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, weil sich die Erwartungshaltungen auf allen Seiten im Laufe der Zeit stark verändert haben. Zu Anfang gab es keine besonderen Erwartungen, wohl aber die Hoffnung überall dort, wo Muslime lebten, eine Moschee oder wenigstens einen Gebetsraum zu haben. An islamischen Religionsunterricht hat damals (ich meine die Zeit vor Ankunft der Gastarbeiter aus islamischen Ländern und dann deren Familien) niemand gedacht, weil es kaum muslimische Kinder gab. Es wäre naiv zu vermuten, dass der Etablierung der Islamischen Theologie an Universitäten und dem damit verbundenen Islamischen Religionsunterricht, der an immer mehr Schulen seitens des deutschen Staates angeboten wird, altruistische Motive zugrunde liegen. Im Zusammenhang mit dem zwar immer wieder bestrittenen Generalverdacht gegen Muslime als potentielle Terroristen und der Unterstellung, dass in den von Moscheen betriebenen Koranschulen schon Kinder entsprechend indoktriniert würden, will man dem durch einen islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen entgegentreten. Selbstverständlich haben sich die Muslime und deren Verbände um die Einführung des islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen jahrelang bemüht. Diese Bemühungen haben sich gelohnt allerdings im Lichte der obigen Ausführungen. Wenn es um die christliche Theologie geht, wird auf die Einhaltung religionsverfassungsrechtlichen Vorgaben geachtet, im Falle der Muslime haben manche das Gefühl, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Hier geht es aber um ein sensibles Thema und hier wird die Basis gelegt, auf der zukünftig Religionslehrer und auch Imame ausgebildet werden, die eben in den Moscheegemeinden arbeiten sollen. Was wäre da Ihr Rat an die Vertreter eben dieser weit mehr als 2000 Moscheegemeinden? Man hat manchmal das Gefühl, dass bei dem einen oder anderen Verbandsvertreter Standhaftigkeit fehlt, auf die Einhaltung der religionsverfassungsrechtlichen Vorgaben zu pochen… Borek:*Man darf nicht außer Acht, dass der Rechtsstatus der mit Körperschaftsrechten ausgestatteten Religionsgemeinschaften ein anderer ist als der der muslimischen Verbände. Rechtlich gesehen sind sie nur Vereine wie Sportvereine oder Kegelclubs. Tatsächlich nimmt der Staat sie*de facto*als Religionsgemeinschaften wahr. Das ist jedoch ein Status der leider nicht eingefordert werden kann. Das liegt in erster Linie daran, dass die von den Muslimen gewählte Organisationsform nicht den Erforder-nissen des Religionsverfassungsgesetz entspricht. Deswegen bringt es nicht viel, wenn Verbandsvertreter auf die Einhaltung der religionsverfassungsrechtlichen Vorgaben pochen. Die Frage stellt sich, ob das Religionsverfassungsgesetz noch den Erfordernissen von heute entspricht, weil es den Religionsgemeinschaften bestimmte Organisations-formen, die sich an den Kirchen orientieren, vorgibt. Hier erscheint eine Novellierung dringend erforderlich. Derzeit werden Philosphen und Wissenschaftler aus anderen Fächern als Professoren für islamische Theologie berufen. Wie bewerten Sie diese Entwicklung? Borek:*Diese Entwicklung ist bedauerlich und nicht zielführend. Wenn es darum geht die Studierenden für eine spätere Tätigkeit als islamische Religionslehrer bzw. Imame auszubilden, dann müssen entsprechende Fachleute aus den verschiedenen klassischen islamischen Disziplinen her. Leider gibt es diese nicht, die auch der deutschen Sprache auf akademischen Niveau mächtig sind. Man müsste sie “importieren” und über Zeitverträge (mit Übersetzern) anstellen bis es in Deutschland qualifizierte Universitätslehrer gibt. Für den Staat ergäbe sich dadurch aber ein Dilemma: Die direkte “Kontrolle” würde ihm entgleiten. Welche Qualifikation müsste Ihrer Meinung nach ein muslimischer Theologe bringen? Wie sieht diese Qualifikation in islamischen Ländern wie Bahrein aus? Borek:*Die notwendige Qualifikation richtet sich nach der Aufgabe des Theologen (akademischer oder schulischer Bereich). Im akademischen Bereich sollte er durch ein ca. vierjähriges Studium an einem Scheriatskolleg qualifiziert sein und sich ggf. auf einen Masterstudiumgang vorbreiten. Um als muslimischer Religionslehrer an einer Schule (insbesondere Grundschule) tätig zu sein, bedarf es analog zu katholischen oder evangelischen Religionslehrern keines Volltheologen. Grundkennt-nisse der arabischen Sprache sind hilfreich. Kenntnisse der Koranrezitation sind wünschenswert aber keine Bedingung. In Saudi Arabien wird nur von einem Imam/Khatib ein theologisches Vollstudium verlangt, wenn er die Freitagspredigt hält. In Bahrain liegt die Verwaltung von Moscheen und die Anstellung von Imamen und Mu’adhins (Gebetsrufern) beim Ministerium für Justiz und Islamische Angelegenheiten. Dort gibt es je eine Abteilung für Sunniten und Schi’iten. Die schi’itischen Theologen/Prediger studieren entweder im Irak oder im Iran (Qum). Details sind mir allerdings nicht bekannt. Bei den Sunniten bewirbt man sich als Imam oder Mu’adhin beim Ministerium und stellt sich einer Eignungsprüfung, die im Al Fatih Islamischen Zentrum (in dem ich tätig war) erfolgt. Es wird geprüft: der Gebetsruf (stimmlich) sowie die auswendige Beherrschung des 30. Teils des Korans (Sure 78 – 114*dschus ‘aama*plus Sure 1 [Al Fatiha]) und dessen Rezitation. Dazu kommt ein allgemeines Grundwissen, z.B. die 5 Säulen und die 6 Glaubensstücke, rituelle Reinheit, Speisege- und verbote usw. usf. Wo und wie dieses Wissen erworben wurde steht nicht im Vordergrund. Die Imame/Prediger in den großen Moscheen sind entweder im Schuldienst (auch Universität), als Richter tätig oder arbeiten im Ministerium für Justiz und Islamische Angelegenheiten und haben sämtlich ein abgeschlossenes Hochschulstudium (oft auch ein Doktorat) vorzuweisen. Das Grundstudium (Islam) erfolgte in der Regel in Ägypten (Azhar), im Irak oder Syrien. An dem Fall Khorchide in Münster scheiden sich momentan die Geister. Auf der einen Seite wird durch die Mainstreammedien die Islamische Theologie in Deutschland auf die Person Khorchide reduziert und das Bild kreiert: auf der einen Seite der ‘liberale Reformer’ Khorchide, auf der anderen Seite die konservativen, ewiggestrigen Radikalen. Sie haben lange in Bahrein gelebt, sind der arabischen Sprache mächtig und sind seit 2006 auch als Imam der DML tätig. Was ist Ihre Meinung zur ‘revolutionären Reformtheolgie’ des Soziologen Khorchide? Borek:*Ich bedauere, dass sich bei Mouhannad Khorchide die Vorstellung des Islams als einer akademischen Spielwiese aufdrängt. Es ist nach meinem Empfinden doch zumindest vermessen sich als “revolutionärer Reformtheologe” zu gerieren gepaart mit der Ambition den Islam ausgerechnet von Deutschland aus reformieren zu wollen. Da ist schon etwas Megalomanie und Selbüberschätzung im Spiel. Die Muslime mussten sich über mehrere Jahre mit Bassam Tibi und seinem “Euro-Islam” auseinandersetzen und jetzt das! Bekanntlich genießen in Deutschland Professoren, Ärzte und Juristen traditionell ein hohes gesellschaftliches Ansehen. Unter Hinweis auf “Freiheit der Wissenschaft und Lehre” kommt es bei diesem Personenkreis (und natürlich auch anderen) gelegentlich zu intellektuellen Verwerfungen wie in diesem Fall. Damit müssen wir eben leben. Mit Sicherheit steht und fällt der Islam in Deutschland nicht mit Mouhannad Khorchide und dem Institut an der Universität Münster. Das Gutachten des KRM kritisiert nicht nur die Methodik des Soziologen Khorchides, sondern auch dass er ” ideologisch begründete Selektion der göttlichen Botschaft” vornimmt. Unterstützen Sie als Imam der Deutschen Muslim-Liga* das Gutachten des KRM? Borek:*Ich kann dazu nur meine eigene Meinung beitragen und nicht offiziell für die Deutsche Muslim-Liga sprechen, da ich kein Vorstandsmitglied bin. Das Gutachten des KRM verstehe ich und stimme zu, dass Khorchide selektiv aus dem Koran zitiert und zwar auf eine Weise, die seine vorgefasste Meinung stützt. Andererseits vernebelt ein solch umfängliches Dokument, dessen Inhalt sich eigentlich nur einem Fachpublikum erschließt, das eigentliche Problem. In Münster wie auch in den anderen Zentren sollen islamische Religionslehrer und auch Imame ausgebildet werden. Diese werden nur dann von der muslimischen Community akzeptiert werden, wenn sie auf dem Boden der herkömmlich definierten Orthodoxie stehen und zwar so wie sie von den Betroffenen wahrgenommen wird. Für einen “Reformislam” ist das nicht der richtige Ort. In dieser Hinsicht wird Khorchide der ihm übertragenen Aufgabe anscheinend nicht gerecht. Der Einwand, die Lehrinhalte müssten sich ja nicht mit den in seinen Büchern vertretenen Thesen decken, ist wenig überzeugend. Entwicklungen dieser Art müssen kritisch begleitet werden, nicht zuletzt um das Entstehen eines wie auch immer gearteten Staatsislams im Zuge der universitären Ausbildung zu verhindern und dem weltanschaulich neutralen Staat, der durch die Universitäten agiert, seine Grenzen im theologischen Bereich aufzuzeigen und jede Politisierung der Theologie durch die Hintertür zu verhindern. Hinter den Kulissen hört man die Gerüchte, die Universität Münster und die Politik spiele mit dem Gedanken, den Standort Münster ohne den Koordinationsrat der Muslime fortzuführen. Also eine Theologie ohne Bindung an die Moscheegemeinden, stattdessen ein sog. Beirat mit ‘unabhängigen Muslimen’. Was würde das für die Theologie bedeuten, die an solch einem Standort gelehrt werden würde? Borek:*Das kann die Universität Münster im Zusammenspiel mit “der Politik” natürlich machen, denn die Mitwirkung des KRM ist ja keine*‘condition sine qua non’, zumal der KRM keine juristische Person ist und deswegen dagegen gar nicht klagen könnte. Noch hat auch niemand den Begriff “unabhängiger Muslim” und dessen Qualifikation definiert. Die akademische Theologie findet an den Universitäten statt, dagegen beschäftigen sich die Moscheegemeinden mit der Praxis. Die Lebenserfahrung zeigt, dass die Mitglieder des KRM sich untereinander entzweien würden und die Universität Münster und Mouhannad Khorchide die “lachenden” Dritten wären. Welche Konsequenzen müsste der KRM und die muslimische Basis daraus ziehen, dass ohne die Einbindung der Moscheegemeinden eine Theologie an staatlichen Universitäten etabliert wird? Es scheint, dass derzeit Fakten geschaffen werden und die Muslime als “Statisten” mitziehen müssen. Müssen die Muslime da wirklich mitziehen? Borek:*Die Muslime könnten eine Verweigerungshaltung einnehmen und die Verbände ihre Mitglieder vor der Einstellung von Absolventen aus Münster warnen. Ggf. sollten Absolventen aus Münster von einem durch die Verbände berufenem Gremium überprüft werden. Eine derartige Blockadehaltung könnte sich aber auch gegen die Verbände wenden. Meine Empfehlung wäre konstruktiv zu reagieren –*suaviter in modo, fortiter in re.*Schließlich wollen die Muslime islamische Religionslehrer und auch hier ausgebildete Imame, die mit dem gesellschaftlichen Umfeld in Deutschland vertraut sind. Die Kirchen haben neben den Lehrstühlen an den staatlichen Universitäten zahlreiche private Einrichtungen wie Hochschulen, Akademien usw. Müssten die Muslime nicht allmählich damit beginnen, ihre eigenen Strukturen aufzubauen? Borek:*Daran hätten die Muslime schon längst denken müssen. Es sagt sich natürlich leichter als getan. Der KRM hat keine regelmäßigen Einnahmen um derartige Projekte finanzieren zu können und vor allem besitzt er auch (noch) nicht die Voraussetzungen um eine staatliche Erlaubnis zum Betreiben solcher Einrichtungen zu erlangen. Ich könnte mir vorstellen, dass eine gemeinnützige Stiftung ein geeigneter Träger wäre. Sie zählen ja “zur alten Schule” des Islam in Deutschland. Könnten Sie zum Abschluss den vielen muslimischen Studierenden bestimmte Empfehlungen mit auf dem Weg ihrer theologischen Laufbahn geben? Borek:*Ich möchte den Enthusiasmus der Studierenden keinesfalls dämpfen. Unter ihnen gibt es viel Talent, vor allem unter den weiblichen Studierenden. Es ist wichtig, dass das Kopftuchverbot für Lehrerinnen zu Fall gebracht wird, damit sie ins Lehramt einsteigen können. Der islamische Religionsunterricht ist schon da und damit auch der Bedarf an Lehrkräften. Kritischer sehe ich die Aussichten für Imame. Solange z.B. DITIB Imame aus der Türkei entsendet, die neuerdings einen deutschen Sprachkursus absolvieren, wird sich das Jobangebot in Grenzen halten. Für die kleineren Moscheegemeinden ist ein Vollzeit-Imam finanziell kaum zu verkraften. Ich entsinne mich der Empfehlung an Theologiestudenten auf jeden Fall einen Taxiführerschein zu erwerben um auf diese Weise ein ausreichendes Einkommen zu generieren. Eren Güvercin, 1.2.14 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 3. Februar 2014 Autor Teilen Geschrieben 3. Februar 2014 Montag, 03.02.2014 Ver-Fassungslos: Die Theologie der Unfreiheit anders zu seinStaat, Medien und Hochschulen üben immer mehr Druck aus, was in den islamischen Gemeinschaften geglaubt und gedacht werden sollUm die aktuelle Debatte um Khorchide näher erläutern zu können, soll hier zunächst die verfassungsrechtliche Ausgangslage in Bezug auf die Gründung von theologischen Instituten in Deutschland skizziert werden. Es ist angebracht, an dieser Stelle eine der Akteure dieser Debatte, Frau Prof. Nelles, Rektorin der Universität Münster, zu Wort kommen zu lassen. In einem Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur äußerte sie hierzu: „Grundsätzlich gilt für die islamische Theologie das Gleiche wie für die christliche: Kirchen beziehungsweise Religionsgemeinschaften einerseits und der Staat andererseits sind in unserem freiheitlichen Gemeinwesen getrennt.* Die Universität als Teil der staatlichen Behörden garantiert die Forschungs- und Lehrfreiheit. Bei den bekenntnisorientierten Studiengängen sind wir aber verpflichtet, die Glaubensfreiheit der Religionsgemeinschaften zu respektieren und deren Mitwirkungsrechte sicherzustellen“ (*http://www.islamische-zeitung.de/?id=17344*)* Die Theologie nimmt somit eine verfassungsmäßig garantierte Sonderstellung ein, die sie von den übrigen Wissenschaftsdisziplinen unterscheidet. Das ist vor allem auch darum wichtig, weil die Theologie die Inhalte des bereits eingeführten Islamischen Religionsunterrichts vorgibt. Die Berufung zur Professur im theologischen Lehrstuhl setzt – wie bei Christen und Juden auch – die Bekenntnis zu der jeweiligen Religion voraus. Das unterscheidet die Theologie somit von der Orientalistik bzw. der Islamwissenschaft, in welcher der Islam als „Gegenstand“ von der Außenperspektive erforscht werden kann. Es ist allgemeiner Konsens, dass für die islamische Theologie die Religionsgemeinschaften –entsprechend einer Empfehlung des Wissenschaftsrates - durch eigens dafür konstituierte Beiräte repräsentiert werden sollen.* Viele der (vorgesehenen) Mitglieder sind gleichzeitig Vertreter islamischer (Landes-) Verbände. In den jeweiligen Ländern haben sich unterschiedliche Modelle entwickelt – das Münsteraner Modell steht jedoch besonders in der Kritik, da es die Trennung von Religion und Staat nicht ausreichend gewährleiste.* Die Konstituierung des Beirats in Münster ist – im Gegensatz zu den Standorten Tübingen und Osnabrück - noch immer nicht gelungen und musste mehrmals verschoben werden. Als Kooperationspartner steht der Hochschule der Koordinationsratder Muslime (KRM) zur Verfügung, der den Professorinnen und Professoren die für die Theologie erforderliche Idjaze (Lehrerlaubnis) ausstellt, was im Falle von Khorchide bereits geschehen ist. Doch nachdem die Debatten um theologische Positionen Khorchides nicht abreißen wollten, gab der KRM ein Gutachten (http://koordinationsrat.de/media/File/gutachten_krm_17122013.pdf) über die Veröffentlichungen des Münsteraner Professors in Auftrag, dessen Ergebnis den KRM aus eigener Sicht dazu zwingen, die Zusammenarbeit zu beenden. Auf die Frage, ob Khorchide seinen Lehrstuhl auch verlieren könne bzw. ob eine Abberufung Khorchides möglich sei, antwortet Nelles: „Solche Fälle gab es auch in der katholischen Kirche. Das zeigt, dass wir das Mitspracherecht der Glaubensgemeinschaften respektieren.“, bzw. „Ja. Wenn der Beirat sich konstituiert, kann er das machen.“* Eren Güvercin, Journalist und Autor, sieht die Kompetenzen jedoch anders verteilt. So könne der Beirat keine Lehrerlaubnis entziehen, die der KRM erteilt habe – vielmehr bliebe die Entscheidung hierüber dem KRM vorbehalten. (http://dtj-online.de/khorchide-muenster-zit-aabf-lib-16944*). Die Missachtung eines KRM-Votums seitens des Beirats würde die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Münsteraner Beiratsmodells verstärken und zu einer Krise in der Islamischen Theologie in NRW führen.* Fassungslos - Landesbeamter überschreitet seine Kompetenzen* Der gläubigste Mensch muss nun ungläubig beobachten, zu welchen Reaktionen die Entscheidung des KRM, die Zusammenarbeit mit Khorchide aufzukündigen, von verschiedensten Seiten führt - trotz rechtlich eindeutiger Lage. Noch bevor die Entscheidung veröffentlicht wurde, äußert sich ausgerechnet einer unserer höchsten Beamten in Nordrhein-Westfalen, Ministerialrat Oberkötter, als Gastredner auf einer wissenschaftlichen Tagung zu den aktuellen Ereignissen und erklärt, dass sich das Land die „Schmähungen seines Professors nicht gefallen“ lasse und man zu Khorchide stehe. Diese Aussage kann durchaus als Drohung in Richtung des KRM verstanden werden, was mit Blick auf die weltanschauliche Neutralität des Staates eine ungeheuerliche Entgleisung darstellt. Man stelle sich mal vor, dass ein Mitarbeiter einer Landesbehörde aufgrund von schlechten Meinungsumfragen für einen Politiker, der ihm sympathisch ist, hingeht und versucht, dem Wahlvolk klar zu machen, dass es diese Wahl doch wohl nicht ernst meine, da er zu dem Politiker stehe – wie immer die Wahl auch ausgehe. Die Reaktionen wären eindeutig – zu Recht! Es steht Herrn Oberkötter frei, sich um eine Professur von Herrn Khorchide in einem anderen Studiengang zu bemühen – was ihn aus seiner Sicht auch immer dafür qualifizieren mag. Umso bemerkenswerter ist die konsequente Entscheidung des KRM, der sich anscheinend von den Ausführungen Oberkötters nicht hat beeindrucken lassen. Einmischungen seitens nicht-muslimischer Theologen und Wissenschaftler Ebenfalls zu Denken geben die aggressiven Einmischungen seitens nicht-muslimischer Wissenschaftler und Medienvertreter.* Wenn auch eine Enttäuschung durchaus nachvollziehbar erscheint, überraschen doch die unverhohlenen und forschen Forderungen in Richtung KRM, die Entscheidung zurückzunehmen. Bemerkenswert ist auch mit was für einer Selbstüberschätzung etwa christliche Theologen und nichtmuslimische Islamwissenschaftler sich in diesem genuin islamisch-theologischen Disput einmischen. Man stelle sich mal den umgekehrten Fall vor – Abenteuerlich! Einige sprechen den Vertretern der muslimischen Seite plötzlich gar die Kompetenzen für diese Entscheidung ab – nach dem Motto: „Entscheiden dürft ihr Muslime nur, wenn ihr entscheidet wie wir es gerne hätten!“ Diese Attitüde, die Muslimen häufig entgegengebracht wird, degradiert sie zu Bürgern zweiter Klasse. Ähnliche Einmischungen wären auf jüdischer oder christlicher Seite unvorstellbar. Auch käme ich als Muslim nie auf die Idee, mich in Personalentscheidungen unserer jüdischen oder christlichen Freunde einzumischen – auch wenn mir noch bis vor kurzem ein Küng an der Spitze Roms lieber wäre als ein Ratzinger, wäre ich niemals so unverfroren, dies einzufordern. Merkwürdiges Verständnis von "Dialog" Auf verschiedenen Foren äußern sich Vertreter christlicher Theologen u.a dahingehend, dass sie in Khorchide einen interessanten Dialogpartner sehen. Fakt ist jedoch, dass Khorchides Standpunkte dermaßen vom islamischen Mainstream abweichen, dass er sich vielmehr selbst um einen Dialog mit den Muslimen bemühen muss. Ein „Dialog“ macht Sinn, wenn unterschiedliche Standpunkte ausgetauscht und „ertragen“ bzw. toleriert werden. Welchen Sinn hat es, mit jemandem einen Dialog führen zu wollen, der bereits alle meine Standpunkte übernommen hat? Khorchides „Theologie der Barmherzigkeit“ erinnert an eine Fertigsuppe – jedem Geschmack wurde ein Verstärker zugesetzt, sodass sie sich allen „Geschmacksrichtungen“ anpasst. Diese „Theologie“ hat aber so wenig Authentizität wie Profil. Eine pluralistische Gesellschaft lebt aber gerade von den Unterschieden, die den Menschen ausmachen und auf die er auch einen Anspruch hat. Ein vermeintlicher Dialog mit den Muslimen darf nicht auf Kosten ihrer Glaubensprinzipien und religiösen Wertvorstellungen gehen. Die Anfeindungen gegen den KRM wirken teilweise konzertiert und sind in der Argumentation nicht selten infam. So wird u.a. suggeriert, dass Kritiker Khorchides gegen liberale Auslegungen seien und die Vorstellung einer „barmherzigen“ Religion nicht ertragen können. Nach dieser Logik setzen sich alle Parteien (CDU, CSU, Grüne…) - außer der FDP - für einen autoritären Staat ein, da diese sich (im Namen) nicht explizit als „liberal“ bezeichnen. In der Welt behauptet ein Kommentator gar, dass sich die Verbände gegen Khorchide ausgesprochen haben, weil er „verfassungskonform und human“ lehre (http://www.welt.de/regionales/duesseldorf/article123121108/Muslimen-schadet-der-Kampf-gegen-ihren-Reformer.html). Das alles deutet darauf hin, dass sich diese Kritiker entweder mit dem Gutachten nicht beschäftigt haben oder dass ihre Absichten keine lauteren sind.* Könnte die "Alevitische Theologie" eine Lösung des Problems anbieten?* Doch eine Lösung des Problems könnte nun - von unverhoffter Seite - in greifbare Nähe rücken: Ausgerechnet „Die alevitische Gemeinde Deutschland e.V.“, jene Gruppe der Aleviten, die sich explizit nicht als Teil der muslimischen Gemeinschaft sieht, setzt sich für Khorchide ein und fordert(!), ihn im Amt zu belassen. Gleichzeitig übersieht die Gemeinde das Offensichtliche – die Stellenausschreibung für eine „Juniorprofessur für Alevitentum“ direkt neben der Stellungnahme für einen Verbleib Khorchides (http://alevi.com/de/). Wer die „Freiheit von Lehre und Forschung“ in der Form auslegt, dass er über die theologischen und methodischen Kritikpunkte des Gutachtens hinwegsehen kann, ist eingeladen, die sich hier bietenden Synergiemöglichkeiten zu nutzen und Herrn Khorchide die Professur in Hamburg anzubieten. Die Unterstützer Khorchides – u.a. die alevitische AABF, Politically Incorrect(!), LIB, Hamed Abdussamed – haben sich gelinde gesagt nicht gerade als Verfechter authentischer islamischer Lehren hervorgetan.* Die Betrachtung allein dieser Liste bzw. der Nicht-Unterstützer von Khorchide verdeutlicht bereits, dass die Entscheidung des KRM so falsch nicht sein kann. Abschluss Man kann zu der Entscheidung des KRM stehen wie man will, kann durchaus enttäuscht oder unzufrieden mit ihr sein. Der Respekt vor den Muslimen und ihren Vertretern erfordert jedoch, diese zu akzeptieren. Alles Andere ist unanständig. Dass der KRM – wie immer wieder behauptet wird – nur 20% aller Muslime vertrete ist nicht nur falsch, sondern in diesem Zusammenhang völlig irrelevant, da es um die Vertretung der organisierten Moscheegemeinden geht. Und hier vertritt der KRM 90% der Moscheegemeinden in Deutschland. Die Apologeten der Thesen Khorchides hingegen sprechen lediglich für sich!* Eine interessante Perspektive brachte jüngst Sven Speer, Gründer und Vorsitzender des Forums Offene Religionspolitik (FOR), in diese Debatte. In seinem Beitrag "Khorchide als Luther? Religionshege und Fürstenreformation" (http://offene-religionspolitik.de/khorchide-als-luther-religionshege-und-fuerstenreformation/) betont Speer, dass das Bild von einem Kampf zwischen dem 'liberalem Reformer' Khorchide und den 'konservativen' Verbänden hinkt. Khorchide brauche keinen Schutz, denn der staatliche Schutz liege bereits jetzt bei Khorchide. "Als Professur für Religionspädagogik genießt der Lehrstuhl in Münster aber bereits jetzt das staatliche Gütesiegel, tatsächlich Religion und damit den Islam zu repräsentieren", so Speer. Nicht Khorchide würde von übermächtigen Verbänden an den Rand gedrängt, sondern die Verbände als größte Organisationen des Islam in unserem Land durch den Staat. Speer gibt zu, dass ihm persönlich die Sichtweisen Khorchides sympathischer seien, aber er macht klar, dass seine Meinung hier nicht relevant ist und kritisiert die politische Beeinflussung der Islamischen Theologie seitens des Staates, worin er die Freiheit in Gefahr sieht: "Integration hat Konjunktur in Deutschland, nicht die Freiheit, anders zu sein. Entsprechend äußern sich bei Tagungen zum Islam in Deutschland regelmäßig Religionsverfassungsrechtler und Politiker. Das Konzept der „Religionshege“ (Janbernd Oebbecke) wird so überdehnt, dass der Staat den Islam zivilisieren solle. Pressemitteilungen von Ministerien feiern den Islamunterricht als Erfolg für die Integration, weil durch ihn den jungen Muslimen die Grundlagen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nahe gebracht würden. Aufgrund der religiös-weltanschaulichen Neutralität muss der deutsche Staat jedoch die Autonomie der Religion wahren.* Er darf keinen Einfluss darauf ausüben, was in den Gemeinschaften geglaubt und gedacht wird. Genau dies ist jedoch das erklärte Vorhaben in der deutschen Islampolitik: Theologische Lehrstühle mit „gemäßigten“ und „demokratischen“ Personen zu besetzen, die künftige Imame und Religionslehrer ausbilden, die wiederum die muslimischen Kinder im Unterricht erziehen – unter größtmöglicher Umgehung der Verbände, die für den Staat die einzig legitimierten Kooperationspartner darstellen." Mit ein wenig Ironie habe ich hier versucht, auf diese unhaltbare Situation aufmerksam zu machen - in der Hoffnung, dass sich alle Teilnehmer dieser Diskussion auf ihre Kompetenzen beschränken und gleichzeitig ihrer jeweiligen Verantwortung bewusst werden. Herrn Prof. Khorchide wünsche ich die Einsicht, dass er sich deutlich besser in den Studiengängen Islamwissenschaft oder Orientalistik einbringen kann. Es ist kein islamisches Gebot, ausgerechnet für die „Theologie“ arbeiten zu müssen. Wenn v.a. Nicht-Muslime durch medialen und politischen Druck Stellenbesetzungen in der Islamischen Theologie beeinflussen, ist die Akademisierung des Islams in NRW - und vielleicht sogar ganz Deutschland – faktisch am Ende.* Auch ein Rückzieher seitens des KRM wäre verheerend, da er jegliche Glaubwürdigkeit verlöre. Das wäre sehr schade, denn die islamische Theologie kann den Menschen in unserem Land Halt geben. In einer Zeit, in der die Konstanten immer öfter durch Variable ersetzt werden, bieten Religionen dringend benötigte Orientierung. Orientierung, die sich selbstverständlich– übrigens auch für die kritisierten muslimischen Verbände – im Rahmen des Grundgesetzes bewegen (traurig, dass man das immer noch erwähnen muss). Gleichzeitig ist diese Kooperation eine Chance für die Islamische Theologie, die durch die Bedingungen und Möglichkeiten in Deutschland weltweit Maßstäbe setzen kann – ohne jedoch ihre Seele aufzugeben. (Autor: Oliver H. Bauer) Islam.de Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 6. Februar 2014 Autor Teilen Geschrieben 6. Februar 2014 FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG , 2 . F E B RUA R 2 0 1 4 , N R . 5 POLITIK 5 Frankfurter Allgemeine Import-Export Mouhanad Khorchide ist besessen von der islamischen Theologie. Und in Deutschland ihr bester Verkäufer VON FLORENTINE FRITZEN Dass Mouhanad Khorchide nicht gern mit Freunden ins Café geht, hat zwei Gründe: dass er immer zappelig wird, sobald er den Schreibtisch verlässt, und dass Mouhanad Khorchide keine Freunde hat. Außer natürlich Gott. Der ist sogar ein enger Freund, er sorgt sich um Mouhanad, begleitet ihn. Die beiden reden auch viel, und Khorchide schreibt die Zwiegespräche auf: das, was er selbst sagt, und das, was er als Gottes Antwort spürt. „Ich höre, wie deine Stimme mir sagt . . .“ Vielleicht veröffentlicht er das mal. Dialoge mit Gott. Bisher hat Khorchide, 42 Jahre alt, Professor für Islamische Religionspädagogik und Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster, drei Bücher publiziert. Das erste ist eine soziologische Studie über die erschreckend undemokratischen Einstellungen islamischer Religionslehrer in Österreich – so jedenfalls Khorchides Ergebnis. Das war seine Dissertation. Es folgten zwei populärwissenschaftliche Werke im Herder- Verlag. Das eine heißt „Islam ist Barmherzigkeit“. Es ist im Jahr 2012 erschienen und einer der Gründe dafür, dass Khorchide, Lehrstuhlinhaber seit 2010, jetzt Fans und Feinde weit über die akademische Welt hinaus hat. Und in Schwierigkeiten steckt. Fangen wir mit den Fans an. Viele Muslime in Deutschland fanden das Buch toll. Hunderte, wenn nicht tausend Reaktionen habe er bekommen, berichtet Khorchide, Dank-Mails, die ihm das Herz aufgehen ließen: Er habe den Leuten den Zugang zum Glauben geöffnet. Auch auf Facebook meldeten sich begeisterte Leser; Khorchide präsentiert sich dort mit Porträtfotos. Frauen schreiben ihm Sätze wie diesen: „Sie sind nicht nur ein erstklassiger Wissenschaftler, sondern auch ein sehr attraktiver Mann!“ Khorchides Bart ist ähnlich akkurat gestutzt wie der von Kevin Kuranyi, auch schimmert sein schwarzes Haar vom Gel, aber die Augen sind sanfter, tiefer als die des Dynamo-Moskau-Stürmers. Groß ist Khorchide und schlank, er trägt gern Anzugswesten zu Hemd und Krawatte. InWien, wo er zwei Jahrzehnte lebte, hat er einige Jahre als Geschäftsführer eines Handelsunternehmens gearbeitet, das international kaufte und verkaufte. Das habe er gemacht, sagt Khorchide, um sich sein autodidaktisches Islam-Studium zu finanzieren. Die Privatbibliothek: 3000, 4000, 5000 Bände. Viele stehen im Büro in Münster, auf den dunklen Rücken glänzt arabische Schrift. Noch mehr stehen bei ihm zu Hause, in der Wohnung um die Ecke. Sein eigenes Buch fanden ausgerechnet viele Christen und Politiker in Deutschland phantastisch. Wenn Khorchide spricht, lässt er manchmal die Artikel weg; die Stimme klingt fremd, arabisch rollend und wienerisch weich. Das gut lektorierte Werk aber liest sich glatt und gefällig. Auch der Inhalt passt: Gott liebt uns. Es geht Gott nicht um Verbote und Gebote, nicht darum, was wir essen oder wie wir uns kleiden, sondern um unser Inneres, und die Hölle ist eine Metapher. Viele Muslime regen sich darüber auf – vor allem jene, die in den islamischen Verbänden in Deutschland organisiert sind. Sie sagen, Khorchide ziehe aus dem Koran heraus, was mit seiner modernen Lesart übereinstimme, und erkläre das für überzeitlich gültig. Was ihm nicht in den Kram passe, stemple er als historisch ab. Seinen Kritikern fehlt eine „islamtheologische wissenschaftliche Methode“. Sie sagen auch, was Khorchide schreibe, stehe jenseits des islamischen Bekenntnisses, also des „Kernbestands der Glaubensüberzeugungen“ der Muslime. Es könne daher nicht sein, dass ausgerechnet er islamische Religionslehrer ausbilde. Genau hier bündelt sich der Münsteraner Konflikt. Denn die Verbände haben an deutschen Schulen und Hochschulen gar nicht direkt mitzureden – eigentlich. Anders als die Kirchen sind sie in den meisten Bundesländern nicht als Religionsgemeinschaften anerkannt. An den Unis sollen stattdessen Beiräte darüber wachen, dass die islamischen Glaubensinhalte in Lehre und Forschung eingehalten werden. In Münster aber ist der Beirat vakant. Vier der acht Mitglieder muss die Uni stellen, vier schlagen die muslimischen Verbände vor. Aber die Bundesregierung, die das Zentrum für Islamische Theologie mitfinanziert, lehnte Kandidaten ab; eine Begründung: Zweifel an der Verfassungstreue. Ohne Beirat aber ist niemand legitimiert, über Khorchides Thesen zu richten. Darüber setzte sich der Koordinationsrat der Muslime, der Dachverband der vier größten Gruppen, im Dezember hinweg und legte ein „Gutachten“ zu „Islam ist Barmherzigkeit“ vor. Von den vier Autoren bezeichnet sich einer als „angehender Doktorand“, ein anderer als „angehender Islamwissenschaftler“; drei der vier sind Verbandsmitglieder. Prompt meldeten sich christliche Hochschulprofessoren zu Wort, um die holprigen Vorwürfe gegen das populärwissenschaftliche Buch mit wissenschaftlicher Wucht zu entkräften. Dann rief ein Freiburger Doktor „Plagiat!“. Khorchides Ideen fänden sich auch in den Schriften des Syrers Muhammad Shahrour, behauptet der Mann, kann aber keine Belege für das Kopieren von Passagen liefern. Wieder fand sich ein evangelischer Theologe, der sich mit einer Stellungnahme vor den islamischen Religionspädagogen warf. Auch die Uni Münster lässt nichts auf Khorchide kommen, und die Bundesrepublik Deutschland steht ohnehin stramm hinter ihrem Vorzeige-Islamprofessor. Ende November kam Joachim Gauck zu Besuch. Khorchide ist wertvoll für die deutsche Mehrheitsgesellschaft, die islamischen Religionsunterricht möglichst schnell in möglichst vielen Bundesländern einführen will. Er weiß das, und er genießt es. Aber er ist kein bloßer Taktiker, der zugriff, als an den vier eilig gegründeten Zentren für Islamische Theologie in Deutschland Professuren zu vergeben waren und es nicht viele Bewerber mit einer halbwegs passenden akademischen Vita gab. Nein: Die Religion ist sein Leben. Mit dreizehn, damals in Saudi-Arabien, stand Mouhanad nachts manchmal auf, setzte sich auf den Gebetsteppich und redete eine Stunde lag mit Gott, einfach so. Dann die Religionsausübung am Schreibtisch – vierzehn Stunden am Tag sitzt er dort, auch samstags, auch sonntags, im Ramadan oft in der Nacht. Wer mit ihm arbeitet, wundert sich nicht mehr, wenn um vier Uhr früh eine E-Mail kommt. Manche erzählen aber auch, dass Khorchide sich seit einiger Zeit kaum noch meldet, auch auf konkrete Fragen nicht antwortet. Er habe zu viel um die Ohren, sagenWissenschaftler, die ihn schon aus seiner Wiener Zeit kennen. Das Zentrum aufbauen. Personalführung. Drittmittelwerbung. Streit mit den Verbänden. Medienauftritte. Und dann den Schnellschuss nach dem Erfolg von „Islam ist Barmherzigkeit“, gleich 2013 nachgeschoben: „Scharia – der missverstandene Gott“. Manche raten ihm väterlich, er möge doch erst einmal eine wissenschaftliche Monographie schreiben, die er dann für ein breites Publikum popularisieren könne, anstatt zuerst ans Rampenlicht zu denken. Er selbst hat das Gefühl, eine Lücke zu füllen. In drei Jahren Münster war er dreimal beim Sport. Wenn er erzählt, dass er früher so gern schwimmen gegangen sei, klingt es eingeübt wehmütig – wie wenn Bundesminister solche Sätze sagen. Khorchide spricht gern vom Du-Gott, als dessen Freund er sich fühlt. Er hat aber auch eine Art Ich-Gott: sich selbst. Trost spenden, sagt Khorchide, das sei Religion. Trost zu empfangen ist in seinem Selbstbild nicht vorgesehen. Den Eltern in Saudi-Arabien erzählt er nichts von seinen Problemen in Deutschland, obwohl er oft mit ihnen telefoniert. Er will sie nicht belasten. Seine Mutter ist genauso: Sie hat schlimme Schmerzen im Knie, aber sie fährt regelmäßig drei Stunden, um eine Frau zu besuchen, die im Koma liegt. Denn die erwachsenen, verheirateten Töchter dieser Frau brauchen Trost. Von ihren eigenen Schmerzen sagt Khorchides Mutter dieser Familie nichts. Die Mutter arbeitet noch, der Vater auch, obwohl er schon über siebzig ist. Beide sind Palästinenser, die als Kinder 1948 mit ihren Familien in den Libanon flohen, als Israel Palästina besetzte. Beide haben studiert, Elektrotechnik der Vater, Soziologie und Psychologie die Mutter. Ende der sechziger Jahre zogen sie weiter nach Saudi-Arabien, wo der Vater Arbeit fand. Mouhanad und seine Geschwister gingen in Riad zur Schule. Das prägt Khorchide bis heute. Ein Gott, der Frauen verhüllt und Strafen ersinnt, der Gott aus dem Unterricht – das war nicht der Gott, von dem seine Eltern sprachen. Nicht der Gott, an den die Leute in seiner Familie glauben. Für diesen Glauben tut Mouhanad Khorchide alles, auch dann, wenn er sich dafür auf eine Stufe herabbegeben muss, die angeblich nicht sein Niveau ist. Er regelt die Dinge eben gern persönlich. Als ihn der Koordinationsrat für ein Treffen Anfang Dezember in Köln einlud und ihm erst anderthalb Tage vorher sein „Gutachten“ zuschickte, überflog Khorchide die siebzig Seiten im Zug von Berlin, wo er auf einer Tagung gewesen war; er versuchte, das mit den Augen eines Wissenschaftlers zu tun. Doch nach der Lektüre sagte er nicht etwa kühl das Treffen ab mit denWorten, das Schreiben entlarve sich selbst, sondern nahm, wie erbeten, zwanzig Minuten Stellung. War das Barmherzigkeit oder gekränkte Ehre? Die Gutachter können nun jedenfalls verbreiten, sein Auftritt sei „nicht überzeugend gewesen“. Auch als Pierre Vogel ein Anti-Khorchide-Video auf Youtube veröffentlichte, entschied sich Khorchide für dieselbe Waffe. Er lud seinerseits ein Video hoch, in dem er den starren Predigtstil des Salafisten nachäffte. Khorchide sagt, er fürchte sich nicht wegen der Morddrohungen, die er erhalte. Er will nicht auf einen Gedanken verzichten aus Angst, dass ihn jemand erschießen könnte. Wer sich in einem Nebensatz mal eben mit Stephen Hawking vergleicht, hat schnell Neider in der akademischen Welt. Gerade wenn er ein Newcomer ist. Eitel sei er, sagen manche, und dass er dünne Bretter bohre. Andere klingen verletzt, wenn sie über ihn sprechen. Oder sie streuen Gerüchte, die sie dann aber nicht belegen wollen. Oder nicht belegen können. Obwohl Khorchide nie mit Freunden in Cafés hockt, gibt es Leute, die mit ihm bis drei Uhr früh in der Kneipe waren, immer bei Tagungen, diesen Klassenfahrten derWissenschaftler, auf denen oft Dinge passieren, die auch auf normalen Klassenfahrten passieren. Aber Khorchide trinkt nicht, und selbst nachts in der Kneipe sprach er nur über theologische Themen. Mit Leidenschaft. Über seine Frau redet er kaum. Den jugendlichen Sohn sieht er nicht oft. Die Wohnung der Familie ist nah am Institut, aber Khorchide hat vor allem seine zwei Schreibtische. Er sieht das so: Es ist der Preis, den man zahlt, wenn man seinen Weg geht. Der Weg in seinen Beruf sähe nach Zickzack aus, wäre da nicht die Berufung, die Khorchide so früh spürte. Als die Eltern 1989 vorschlugen, er solle in Wien Medizin studieren wie Bruder und Schwester, zog er dorthin, achtzehn Jahre alt. Immatrikulierte sich, schloss das Studium aber nicht ab wie die Geschwister. Begann BWL, dann kam die Sache mit dem Import-Export-Unternehmen. Aber von Anfang an war da eben auch die Theologie. Er kaufte und verschlang, was er in die Finger bekam. Begann ein Fernstudium an der Universität Beirut. Eröffnete einen Gebetsraum in Wien, predigte. Schrieb sich wieder für einen Studiengang ein: Soziologie, das Fach der Mutter. Promovierte über ein religionssoziologisches Thema. Dann rief Münster, und er folgte dem Ruf. Nach zwei Jahren begann der Streit über die Barmherzigkeit. Khorchide ist in diesem Streit im Vorteil. Er kann Import- Export, Gedanken erwerben und weiterverkaufen: Islam als Religion der Aufklärung, Islam für den deutschen Markt. Er nutzt seine Gabe. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 25. Februar 2014 Autor Teilen Geschrieben 25. Februar 2014 [h=1]Muslimen schadet der Kampf gegen ihren Reformer[/h]Verfassungskonform und human, so lehrt der Münsteraner Reformgelehrte Mouhanad Khorchide den Islam. Den Verbänden passt das nicht. Mit ihrer offenen Kampfansage haben sie sich ein Eigentor geschossen.Von Till-R. Stoldt Eine historische Sekunde lang schien es, als gehe in der Bundesrepublik die Sonne eines voll inkulturierten deutschen Islams auf. Mit Mouhanad Khorchide war ein bekennender Reformgelehrter und Orthodoxiekritiker in Münster zum Ausbilder künftiger Islamlehrer aufgestiegen. Und da Khorchide an der Uni Münster eine Menge Fürsprecher besaß, trugen die vier großen Muslimverbände diese Entscheidung mit, wenngleich teils zähneknirschend. Sie konzedierten, man müsse ihm wenigstens eine Chance geben. Immerhin. Sogleich schossen die Hoffnungen hoch: Könnten die verknöcherten Verbände vielleicht doch, ganz behutsam natürlich, zu einer Neuakzentuierung bereit sein? Gar zu einem neuen Kurs – hin zum humanistischen und aufgeklärten Reformislam? Diese Hoffnung darf man bis auf Weiteres begraben. Diese Woche verkündete der Dachverband der vier großen Muslimverbände, der Koordinationsrat der Muslime (KRM), eine Zusammenarbeit mit Khorchide sei nicht mehr möglich. Zur Begründung hieß es ausdrücklich, der Münsteraner Islamgelehrte verlasse den Boden der traditionellen islamischen Lehre. Auf dem wollen die Verbände offenbar stehen bleiben. Einem von Herzen verfassungskonformen und humanistischen Islam erteilten sie damit eine Absage. Denn: In seinen Büchern und Aufsätzen hat Khorchide nicht weniger als einen (aus verfassungspatriotischer Sicht) durch und durch sympathischen Islam herausgearbeitet. Reihenweise entsorgte er all die Zumutungen der islamischen Tradition – und das nicht gewunden und unter Vorbehalt, sondern uneingeschränkt und klar. [h=2]Ungewohnte Klarheit des Reformislams[/h]Dass Atheisten und sonstige Nichtmuslime nur Brennmaterial fürs ewige Höllenfeuer seien, dass Ex-Muslime, Ehebrecher oder Homosexuelle zu Tode gesteinigt gehörten, dass man Frauen züchtigen dürfe und dass Christen mit dem Glauben an die Menschwerdung Gottes eine verdammenswerte Todsünde begingen – all diese Kröten, um nur ein paar zu nennen, verscheuchte Khorchide aus seinem Haus des Reformislams. Für ihn ist das zeitgebunden oder nicht authentisch, jedenfalls für immer veraltet. Und damit eroberte er die Herzen hiesiger Nichtmuslime – vom Bundespräsidenten bis zu Ministern der zuständigen Landesregierung in NRW. Khorchides Leistung wirkt umso befreiender, als man solche Klarheit von den Verbänden eben nicht gewohnt ist. Die üben sich bislang eher in der Kunst, Konflikte zwischen deutscher Werteordnung und verfassungsfeindlichen Teilen der islamischen Orthodoxie mit oberfaulen Kompromissen zu überbrücken. Ein Beispiel: Natürlich, so erklären sie mit scheinbar größter Selbstverständlichkeit, sei die Steinigung hierzulande kein Thema. Aber die Begründung dafür kann einen nur besorgen. Manche, wie Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, erklären, sie seien doch für ein "Moratorium" in Sachen Steinigung. Damit gemeint ist gemäß dem Islamgelehrten Tariq Ramadan folgendes: Bis die islamischen Gelehrten weltweit eine Einigung über den Sinn oder Unsinn der Steinigung erzielen, soll diese Strafe nicht angewendet werden. Heißt im Umkehrschluss: Sollten sie sich darauf einigen, diese blutige Strafe sei Gottes Wille, wäre das Steinigen auch heute noch völlig o.k. Ist das eine beherzte Absage an eine derart abscheuliche Foltermethode? [h=2]Faule Kompromisse zu strittigen Themen[/h]Aber in den Verbänden gibt es noch viel faulere Kompromisse. So argumentieren manche, anknüpfend an das Internationale Institut für islamisches Denken in Washington oder an den Gelehrten Yussuf al-Qaradawi, in Deutschland sei das Ermorden Abtrünniger, Homosexueller oder Ehebrecher deshalb kein Thema, weil Muslime hier die Minderheit stellten. Ergo: Sollte sich das ändern, sähe die Sache anders aus. Wohltuend anders klingt da Khorchide. Ihm zufolge widerspricht die Steinigung eindeutig und ohne jede Einschränkung der Menschenfreundlichkeit des barmherzigen Gottes. Diese Klarheit konnten die Verbände offenbar nicht ertragen. Sie rüffelten Khorchide, mit solchen Ansichten könne er nur noch "auf Kirchentagen" reüssieren (so der niedersächsische Schura-Vorsitzende Avni Altiner). Nur zur Erinnerung: Das war nicht als Kompliment gemeint. Nun wiederholen die Vertreter des traditionellen Islams unablässig, beim Streit mit Khorchide gehe es gerade nicht um einen Konflikt zwischen konservativen (oder reaktionären) und liberalen Muslimen. Das erkenne man schon daran, dass es in ihren Reihen auch Anhänger von Positionen gebe, die denen Khorchides ähnelten. Stimmt. Vor allem ein Prominenter wird von Teilen des KRM unterstützt: der in Frankfurt lehrende türkische Koranexeget Ömer Özsoy, dessen historisierendes Islamverständnis dem Khorchides in vielem nahesteht. Und der wird tatsächlich von der staatstürkischen Ditib, zumindest rhetorisch, unterstützt. Trotzdem führt das Argument in die Irre. Ist es denn akzeptabel, wenn in einem Verband Reaktionäre, Reformer und (laut Verfassungsschutz) mutmaßliche Verfassungsfeinde munter durcheinander gemischt werden, um gemeinsam zu definieren, was hierzulande Islam ist? Wäre es denn tolerabel, wenn in der CDU Demokraten und NPD-Leute gemeinsam den Kurs bestimmten? Nein, die Komplettablehnung Khorchides schadet nicht nur dem Ansehen des hiesigen Islams, sondern auch dem der Verbände. Es gibt sympathische und integre Menschen in den Verbänden, kein Zweifel. Aber wundern dürfen sie sich nicht, wenn sie fortan gefragt werden: Bist du Verbandsmuslim – oder Sympathieträger? Welt, 19,12,2014 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 7. März 2014 Autor Teilen Geschrieben 7. März 2014 Ein weiterer Zuhörer konfrontierte Khorchide mit den vom Freiburger Kollegen Dr. Hakim-Abdel Ourghi*erhobenen Plagiats-Vorwürfen, Khorchide habe weite Teile seines Buches “Islam ist Barmherzigkeit” vom syrischen Intellektuellen Muhammad Shahrour übernommen, ohne die Quelle zu kennzeichnen. Der Zuhörer wollte wissen, ob Khorchide dagegen juristische Schritte eingeleitet habe, wie er Anfang Januar 2014 angekündigt habe und wie der aktuelle Stand der Dinge sei. Khorchide antwortete, dass er bereits rechtliche Schritte eingeleitet hätte und Shahrour, mir dem er bekannt sei, ihm seine Unterstützung bei der Entkräftung der Vorwürfe zugesagt hätte.*Dem widersprechen Presseberichte*und die Presseerklärung der Universität Münster, nachdem Khorchide angab, weder Shahrour noch seine Schriften zu kennen. Zudem erklärte Dr. Ourghi auf Nachfrage, bis zum gestrigen Tag weder von einer wissenschaftlichen Erwiderung noch von einer gerichtlichen Ermittlung oder Unterlassungsforderung gegen ihn Kenntnis zu haben. Klar ist hier nur eines: Hier besteht von Khorchides Seiten noch erheblich Aufklärungsbedarf.*Als Fazit der Veranstaltung kann aber gesagt werden, dass die Welt um einige Probleme ärmer wäre, wenn der Khorchide-Islam den real existierenden Islam ersetzen würde. Vorerst bleibt dies aber Wunschdenken der Fraktion der toleranztrunkenen Gutmenschen und der knallharten Verharmloser in Politik und Gesellschaft. Deshalb werden wir niemals aufgeben, die Fakten über den tatsächlichen Islam, über die tatsächliche Scharia und den täglich stattfindenden Jihad weiterhin offenzulegen, die Meinungsfreiheit zu verteidigen und die Freiheit für unsere Nachkommen zu sichern. * http://www.pi-news.net/2014/03/khorchides-scharia-light-in-heilbronn/ Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 7. März 2014 Autor Teilen Geschrieben 7. März 2014 Nicht ohne Segen der Religionswächter Islam-Verbände wirken an Unis mal mehr und mal weniger mit Von Hermann Horstkotte (KNA) Bonn (KNA) Er gilt nur als Krücke: Der Beirat, der an der Universität Münster Lehrinhalte und Personal für das Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) bestimmen soll. Sowohl die Universität als auch die islamischen Verbände, die darin mitwirken sollen, stehen dem Konstrukt kritisch gegenüber. Umso mehr stellt sich die Frage, wie andere Universitäten dafür sorgen, dass die Glaubensgemeinschaft entsprechend den Vorgaben des Grundgesetzes die Auswahl der Themen und Theologen bestimmt. Für Münster wurde der Beraterkreis aus acht Personen schon vor zwei Jahren beschlossen. Er soll am ZIT die muslimische Bekenntnistreue sicherstellen. Weil die Verbände im Gegensatz zu den Kirchen staatlich nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt sind, dient der Beirat nach den Plänen als Ersatz. Die Mitglieder für das Gremium sollen zur Hälfte vom Koordinationsrat der Muslime (KRM) und zur anderen Hälfte von der Uni mit Zustimmung der Verbände bestimmt werden. Doch bislang hat sich der Beirat nicht konstituiert, da die Verfassungstreue einzelner vom KRM vorgeschlagenen Kandidaten angezweifelt wurde. Die Folge für das ZIT: Studien- und Prüfungsordnungen sowie mehrere Professorenstellen unterliegen vorläufigen Regelungen. Hinzukommt, dass der bisher einzige Hochschullehrer, Zentrums-Leiter Mouhanad Khorchide, von den Verbänden abgelehnt wird; sie werfen ihm fehlende theologische Kompetenzen vor. Für einen Neuanfang im Miteinander von Religions- und Hochschulvertretern fand im Februar im Düsseldorfer Wissenschaftsministerium ein Gespräch mit dem KRM und der Münsteraner Uni-Rektorin Ursula Nelles statt. Für März wurde ein Folgetreffen vereinbart. "Wir warten jetzt auf einen weiteren Gesprächstermin", sagt KRM- Sprecher Bekir Alboga der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), "haben aber leider noch nichts davon gehört." Offenbar fällt es schwer, tragfähige Verhandlungsvorschläge zu machen. Für Alboga ist indes jetzt schon klar, dass der religiöse Beirat "definitiv gescheitert" ist, wie er gegenüber KNA betont. Auch Nelles hat in Bezug auf das Gremium Bedenken angemeldet und ist für Alternativen offen. Das wirft die Frage auf, wie die Mitwirkung an den anderen vier Islamzentren in der Bundesrepublik funktioniert. Alboga verweist werbend auf Osnabrück. Der dortige Uni-Beirat besteht aus Vertretern der Türkisch-Islamischen Union (Ditib) und der nichttürkischen Moscheegemeinden (Schura). Anders als in Münster schickt also die Uni selber niemanden in diesen Kreis der Religionswächter. "Wir kennen aber alle unsere Partner schon seit Jahren persönlich", betont Institutsleiter Rauf Ceylan. "In der Zeit hat sich ein vertrauensvolles Verhältnis in der Zusammenarbeit mit der religiösen Basis entwickelt." Die Uni Tübingen kooperiert statt mit dem bundesweiten Dachverband KRM direkt mit einzelnen Islamverbänden. Sie entsenden fünf Mitglieder in den Beirat. Die Hochschule schlägt zwei weitere Personen vor, die aber die Zustimmung der Verbandsvertreter brauchen. Wieso die Uni für sich nur zwei statt wie in Münster die Hälfte aller Plätze beansprucht oder aber Osnabrück gar keine, bleibt ein Rätsel. Einen ganz eigenen Weg geht Erlangen. Die Uni setzt den Beirat nach eigenem Gutdünken aus Einzelpersönlichkeiten zusammen - unabhängig von den Verbänden. Der Vater der entsprechenden Hochschulordnung, der Jurist Mathias Rohe, hält die Verbände einfach noch nicht reif genug, um die muslimische Glaubensgemeinschaft zu vertreten. Das Gremium "berät" die Uni mit "Stellungnahmen" zur Studienorganisation und Berufungen. Darüber Entscheidungen treffen kann es aber nicht, anders als etwa in Münster oder Osnabrück. Wegen der fehlenden Mitbestimmung hält Rohes Münsteraner Fachkollege Janbernd Oebbecke das Erlanger Modell für verfassungswidrig. Die verschiedenen Beiratsvarianten erweisen sich als rechtspolitische Baustellen und nicht als fertige Lösungen - außer in Hessen. Dort sind die islamischen Verbände als Religionsgemeinschaft anerkannt. Wenn es um Studienangelegenheiten geht, sind die Ditib und die Gemeinschaft Ahamadiyya die direkten Partner der Unis in Frankfurt und Gießen - ganz nach dem Vorbild der katholischen und evangelischen Kirche. Religiöse Uni-Beiräte sind damit überflüssig. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 7. März 2014 Autor Teilen Geschrieben 7. März 2014 Die sanfte Stimme des Islam Gott ist an Macht und Strafe nicht gelegen, sagt Islam-Professor Mouhanad Khorchide. Viele Muslime sind da ganz anderer Ansicht chrismon: Herr Professor Khorchide, wie viele begeisterte und wie viele besorgte Briefe und E-Mails haben Sie in den vergangenen Monaten von Menschen erhalten, die Angst haben, Ihre Arbeit als Professor in Münster könnte gefährdet sein? Mouhanad Khorchide:**Ich habe sehr viele begeisterte und weniger besorgte *E-Mails bekommen. Gerade Muslime, die mein Buch gelesen haben, berichteten, dass es ihnen eine neue Perspektive auf ihren Glauben eröffnet hat. Es kamen sehr viele Mails des Inhalts: „Ich habe ange*fangen, meine Religion zu verstehen. Vorher hatte ich viele Probleme mit meiner Religion. Sie sprechen mir aus der Seele. Bitte machen Sie weiter!“ Es kamen Hunderte E-Mails und Facebook-Nachrichten dieser Art, hauptsächlich von Muslimen. Es kamen auch Mails aus dem salafistischen Lager, von Leuten, die neugierig Fragen gestellt und Bereitschaft gezeigt haben, ihre Meinungen zu überdenken, aber auch oft Beschimpfungen und Drohungen. Darin stand, dass ich einen falschen Islam lehre. Vermisst habe ich bei allen Kritiken allerdings die sachliche Ebene, also inhaltliche Argumente.* Ihr Buch über die Barmherzigkeit ist das interessanteste theologische Buch der jüngsten Zeit über den Islam. Ist schon dieser Titel zu viel für die muslimische Welt? Die Aussage „Islam ist Barmherzigkeit“ wird dem Islam vollkommen gerecht. Gott stellt sich im Koran mit den Worten vor: Ich bin der Allbarmherzige. Auf nichts *anderes hat sich Gott verpflichtet als auf die Barmherzigkeit. Und doch stößt gerade die Betonung der Barmherzigkeit Gottes bei manchen *Muslimen auf Unverständnis. Sie stößt auf Unverständnis bei manchen Muslimen, die nicht wegen der Inhalte des Buches verunsichert sind, sondern durch die Resonanz. Das Buch wurde weithin wohlwollend aufgenommen, von Muslimen und Nichtmuslimen. Da gerät man als Autor sehr schnell in den Verdacht: Wenn die Mehrheitsgesellschaft das Buch gutheißt, dann scheint daran irgendetwas nicht zu stimmen. Der Fehlschluss ist: Wenn der Westen den Islam nicht will – aber den Khorchide und sein Buch, dann stimmt etwas nicht. Das müssen wir bekämpfen. Ich sage: Das sind politische, keine theologischen Überlegungen. Es sind Überlegungen von Menschen, die sich ihrer Sache nicht *sicher sind und im Grunde in Europa längst noch nicht angekommen sind, auch wenn sie *dies nicht einsehen. Sie haben ein Problem mit Europa, nicht mit mir.* Sie treten für eine neue Lesart des Korans ein, ihn nämlich stets mit seiner Entstehungsgeschichte zu lesen. Ist das ein ähnlicher Methodenstreit, wie er in der christlichen Theologie bei der his*torisch-kritischen Forschung über Jahrzehnte die Gemüter erhitzte? Es gibt einen wesentlichen Unterschied: Wir gehen im Islam davon aus, dass der Koran tatsächlich das Wort Gottes ist. Historisch-kritische Arbeit bedeutet für uns nicht, dass Fragen wie diese im Mittelpunkt stehen: Wer sind die Autoren dieses Textes und wer hat welche Elemente da hineingeschrieben? Was uns Muslime – und mich in meinem Buch – beschäftigt, ist die Frage: Wie sieht der historische Kontext aus, in dem Gott den Koran verkündet hat? Und daraus folgt dann im nächsten Schritt: Was will uns Gott damit heute sagen? Er würde heute sicher nicht dieselben Worte, dieselben Sätze verwenden, also nicht dieselbe Verpackung. Gott spricht zu uns Menschen nicht im luftfreien Raum, sondern er berücksichtigt unseren historischen Kontext. Ohne diesen zu verstehen, würden wir die eigentliche Botschaft nicht verstehen.* Nun wollen Sie selbst eine historisch-kritische Koranausgabe erarbeiten. Wie weit sind Sie mit diesem Vorhaben? Das ist ein mindestens fünfjähriges Projekt, das am Excellenzcluster „Religion und Politik“ der Uni Münster angesiedelt ist. Es soll der erste deutschsprachige Korankommentar sein. In der ersten Phase sichten wir, was die Exegeten zu den wichtigsten Themen gesagt haben. Und wie sie durch deren historische Kontexte im siebten, achten und neunten Jahrhundert geprägt waren. In zwei, drei Jahren haben wir da mehr zu verkünden. Am Ende werden es wohl mindestens sieben oder acht Bände sein. Der Münsteraner Erfolgsautor Mouhanad Khorchide, Mitarbeiterinnen Sie fordern, Muslime sollten sich von Vorschriften und Tabus frei machen, die nicht religiös begründet sind, sondern auf gesellschaftlichen Traditionen beruhen. Welche Vorschriften machen Ihren Studie*renden am meisten zu schaffen? Was vielen jungen Menschen zu schaffen macht, sind viele offene theologische Fragen. Sie berichten, dass in ihrem früheren Koranunterricht der strafende Gott stark im Zentrum stand. Sie lernten, dass bei vielen ihrer Verhaltensweisen Gott teils drastische Konsequenzen ergreift. Bei manchen wirkt es nun als Befreiung, von der Barmherzigkeit Gottes zu hören. Sie lernen, dass religiöse Gebote eine Art göttliches Geschenk sind, um uns Menschen zu bereichern, sie sind für uns und nicht für Gott selbst gedacht. Gott geht es um uns Menschen, um unsere Glückseligkeit. Sie gewinnen dadurch ein ausgewogeneres Bild von Gott. Ich höre immer wieder von jungen Menschen, die sagen, dass sie nun eine * viel innigere Beziehung zu Gott aufbauen können, basierend auf Liebe und Vertrauen. Ist das bei Frauen und Männern unterschiedlich? Die Unterschiede sind nicht sehr groß. Die Jungen berichten, dass sie öfters als die Mädchen sanktioniert wurden, zum Teil mit Schlägen, wenn sie den religiösen Erwartungen in den Familien nicht gerecht wurden. Die Mädchen berichten hingegen, dass sie weniger Freiheiten hatten als die Jungen. Vieles davon gehört aber zum Glück langsam der Vergangenheit an. Warum ist dieser Schritt zur Freiheit im Denken und Glauben für manche Muslime so schwierig? Die Angst ist groß, in eine Situation zu geraten, in der es heißt: anything goes. Wenn wir heute frei denken, fürchten manche, schaffen wir morgen das Gebet ab, übermorgen das Fasten, danach Gott. Oder wir stellen ihm einen zweiten Gott zur Seite. Meine Antwort darauf ist: Im Islam gibt es klare Grenzen, die nicht verhandelbar sind, dazu gehören die Glaubenssätze und die *gottesdienstlichen Praktiken. Im offenen und respektvollen Austausch werden immer Grenzen ausgehandelt, und dieser Austausch ist die Garantie dafür, die Grenzen des Unverhandelbaren zu bewahren. Ge*rade unter den Migranten hier in Deutschland gibt es nicht wenige Muslime, die keinen reflektierten Zugang zum Glauben haben. Weil sie nicht viel von der muslimischen Theologie und Tradition kennen, sind sie sehr schnell verunsichert. Ihnen sind klare, feste Strukturen wichtig. Allein schon zu fragen, was Prophetie heißt oder was das Jenseits ist, nimmt manchen Menschen die Sicherheit. Was ist Ihr persönliches Motiv, immer wieder schmerzliche Nachfragen an Tradi*tion und Glauben zu stellen? Unser Verständnis von Religion muss *immer aktualisiert werden, damit wir nicht in einer Starre verhaftet bleiben und Religionen dadurch ihre Bedeutung in unserem Leben verlieren. Das beschäftigt mich persönlich. Auch wir Theo*logen *fragen uns immer wieder: Wer und wie ist Gott? Wie handelt er in der Welt? *Warum hat er sich für die Schöpfung *entschieden, und was will er eigentlich von uns? Ich gestehe offen, dass mir manche Fragen schlaflose Nächte bereiten. Dann spreche ich auch mit Gott: Warum hast du dich so und nicht so entschieden? Was heißt, dass du ewig bist? Und wenn du ewig bist, wann begann die Schöpfung? Mein Hauptmotiv ist, Gott und die Welt plausibel verstehen zu wollen. Durch viele Gespräche mit ihm entwickelt sich – auch wenn sich das jetzt für einen Uniprofessor komisch anhört – eine innige Beziehung, eine Liebe zu ihm. Wenn ich länger nicht mit ihm geredet habe, dann spricht mein Herz: Es tut mir leid, ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt; aber jetzt können wir wieder reden. An dem Schönen, was ich dabei erfahre, möchte ich auch andere teilhaben lassen.* Gott verstehen – geht das überhaupt? Wir werden niemals sagen können: Jetzt habe ich Gott begriffen. Aber wir können ihn so verstehen, wie er selbst von uns verstanden werden will. Er sagt im Koran: Ich bin nah, sogar näher als die Halsschlag*ader. Begreifen kann man ihn nicht, sehr wohl aber missverstehen. Er sagt nicht: Ich bin der, der juristische Paragrafen verkündet, und ich schaue genau hin, wer sie einhält und wer nicht. Er will, ähnlich wie Eltern gegenüber ihren Kindern, eine lebendige, eine liebende Beziehung zu den Menschen und nicht nur den Richter spielen. Wenn man Religion auf juristische Aussagen reduziert, macht man aus Gott einen Richter, und unsere Beziehung zu ihm würde sich auf die Beziehung zwischen Befehlshaber und -empfängern beschränken. Eltern beurteilen ihre Kinder nicht danach, ob sie alles richtig machen. Religion ist mehr, als eine To-do-Liste abzuarbeiten. Legen Sie sich da einen liebenden, einen freundlichen Gott zurecht? Auch Martin Luther hatte ja einen gnädigen Gott gefunden. Aber er wusste doch, Gott haut manchmal ganz schön drauf. Wenn Sie unvoreingenommen den Koran lesen, werden Sie sich fragen: Wie kommt es, dass Gott immer zuerst von seiner Barmherzigkeit spricht? Natürlich kommt im Koran auch der strafende Gott vor. Aber er sagt: Meine Strafe erreicht, wen ich möchte, aber meine Barmherzigkeit umfasst alle Dinge. Gott ist nicht manchmal barmherzig, und manchmal straft er. Sondern er ist immer barmherzig. Und er straft nur aus Barmherzigkeit. Er will dadurch keine Macht demonstrieren. Er versucht nur, den Menschen wachzurütteln. Er tut es aus Liebe, aus Fürsorge. Den Menschen einfach alles machen lassen, das wäre unverantwortlich. Man muss im Koran schon lange nach dem bösen, zornigen Gott suchen. Die Relation des liebenden zum strafenden Gott im Koran ist 18 zu 1. Sie bilden Nachwuchswissenschaftler und Religionslehrer wissenschaftlich aus. Mit welchem Erfolg? Als ich 2010 hierherkam, gab es 13 neue Studierende, heute sind es 400. Als wir 2012 mit dem neuen Studiengang „Islamische Theologie und Religionslehre“ anfingen, hatten wir 620 Bewerbungen, wir nahmen 150 auf. In diesem Jahr sind es 1200 Bewerbungen geworden, davon nahmen wir 250 auf.* Auch wegen Ihrer Theologie? Gerade die jungen Muslime stellen viele Verstehensfragen an ihre Religion. Ich sage ihnen regelmäßig: Ich will nicht, dass jemand unreflektiert meine Meinung übernimmt, sondern dass er sich seine *eigene Meinung bildet und diese fachlich begründet. Wir haben auch ein paar salafistische Studierende. Ihnen sage ich: Bleibt so, wenn ihr das für richtig haltet, aber ihr müsst überzeugend argumen*tieren können und zugleich die Gegen*meinung würdigen. Es reicht nicht zu sagen: Ich bin so, weil ich auf Youtube *dieses oder jenes Video gesehen habe, oder weil Gelehrter XY dies gesagt hat. Sie hatten vor kurzem Bundespräsident Joachim Gauck zu Besuch. Was sagte er zu Ihrer Arbeit? Er war erfreut über die Entwicklung, die unser Institut nimmt und erstaunt über die internationale Resonanz. Ich erzählte ihm, dass uns die Tochter des ehemaligen nigerianischen Präsidenten besucht hat. Sie ist extra eingeflogen – 13 Stunden hin, 13 Stunden zurück –, um sich eine Stunde mit mir zu unterhalten. Sie fragte: Ist das wahr, was Sie über die Barmherzigkeit Allahs lehren? Und dann schlug sie vor, dass die zukünftigen Imame Nigerias hier ein sechsjähriges Studium machen. Studieren auch zukünftige Imame in Münster? Ja, jeweils zur Hälfte Lehramtskandidaten und Theo*logen. Letztere können später auch Imame werden. Was unsere Studierenden später machen, ob sie in eine Moschee oder zum Beispiel in eine Beratungsstelle oder in die Wissenschaft gehen, ist ihnen überlassen. Ich gehe davon aus, dass ein Drittel unserer Studierenden potenzielle Imame sind. Was bedeutet das für Sie genau: Ihre Theo*logie solle an das islamische Bekenntnis gebunden sein? Dass man aus einer Innenperspektive arbeitet, nicht wie Religionswissenschaftler aus einer Außenperspektive. Ich kann als Theo*loge sagen: Gott erschuf die Welt aus seiner bedingungslosen Barmherzigkeit (Sure 55). Das ist ein normativer Satz. Islam- oder Religionswissenschaftler würden mit diesem Satz gar nichts anfangen können. Sie formulieren es anders, zum Beispiel so: Muslime meinen, dass Gott die Welt aus Barmherzigkeit erschaffen hat. Ich sage: Der Koran ist das Wort Gottes. Auch diesen Satz würde ein Islamwissenschaftler nicht einfach so ohne weiteres hinnehmen. Haben Sie Verständnis für die Salafisten? Ich verstehe, wie sie die Dinge denken. Junge Muslime begegnen immer wieder Vorurteilen. Sie hören: Ihr unzivilisierten Muslime, schaut euch doch einmal eure Herkunftsländer an! Sie fühlen sich ohnmächtig. Manche sind vielleicht Schulabbrecher. Und dann kommt ein islamistischer Prediger wie Pierre Vogel und sagt: Nicht wir, sondern die anderen sind die Bösen, und zwar seit der Kolonialzeit. Sie beuten uns aus, rauben unser Öl, sie heizen den Afghanistankrieg, den Nahostkonflikt an. Schaut mal, wie viele tote Frauen und Kinder es gibt. Das sind die Ungläubigen. Gott ist aber auf unserer Seite, er hasst die anderen. So wird aus Ohnmacht vermeintliche Macht. Das kann ich psychologisch nachvollziehen. Salafisten schenken Zuwendung, erzeugen das Gefühl von Sicherheit und Gruppenzugehörigkeit. Am Ende steht angeblich der Sieg. Weder in der Öffentlichkeit noch in den Moscheegemeinden finden die verunsicherten Seelen solche Machtfantasien. Wie breit ist das religiöse Spektrum bei Ihren Studierenden?* Es gibt solche und solche. In der Mitte stehen die Gemäßigten, das sind die meis*ten, die beten und keinen Alkohol trinken so wie ich, die aber in einer Balance mit der Gesellschaft stehen. Selten finden Sie bei uns die radikalen Hardcore-Muslime, denn sie halten von vornherein nichts von uns. Ein paar unserer Studenten haben Kontakte zu solchen Kreisen, aber sie *kommen in die Uni mit offenen Fragen. Und sie sind schnell einsichtig. Diese Erfahrung habe ich mehrfach gemacht. *Auch ein paar ganz liberale Studenten mit muslimischem Hintergrund gibt es. Der islamische Religionsunterricht drängt mächtig in die deutschen Schulen. Welche Grundsätze sollten für seine Lehrerinnen und Lehrer gelten? Sie sollen lernen, dass Theologie Reflek*tion des Glaubens ist. Der Religionsunterricht sollte den jungen Menschen Orientierung geben. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Theologie, endgültige Wahrheiten zu produzieren. Es geht auch darum, seinen Glauben rational zu begründen und in *einer verständlichen Sprache zu kommunizieren, verständlich auch für die säkulare Welt. Die Theologie soll keine Selbstgespräche führen. Und weiter: Die Theologie soll von der Tradition ausgehen, aber nicht bei ihr stehen bleiben. Es wäre keine Theo*logie, Traditionen nur zu reproduzieren. Außerdem: Wir leben hier nicht isoliert, nicht in einer homogenen islamischen, sondern in einer pluralen Gesellschaft. Die muslimischen Studierenden müssen sich mit Menschen aus anderen Religionen und Weltanschauungen verständigen können. Dafür ist es auch wichtig, dass sie die europäische Ideengeschichte kennen. Und dass sie Fragen stellen und Antworten überlegen: Was kann man aus dieser Geschichte fruchtbar machen für die islamische Theologie? Vielleicht werden die Muslime zum Beispiel einmal Immanuel Kants moralischen Gottesbeweis und seine Texte zur Aufklärung als Teil ihrer Theologie sehen. Wie wird sich an den Universitäten die islamische Theologie weiterentwickeln? Wohin geht die Fahrt? Es ist zu früh, das zu sagen. Wir haben ja mehrere Zentren islamischer Theologie. Sie sind zum Teil noch mit organisatorischen Fragen beschäftigt: Beiräte besetzen, Curricula entwerfen. Es lässt sich noch nicht sagen, welches Zentrum welches Profil haben wird. Die Frankfurter islamischen Theologen zum Beispiel haben eine große Nähe zur Ankaraner Schule. Die Erlanger Theologen wiederum sind sehr engagiert in religionspädagogischen und didaktischen Fragen. Die Landschaft wird sehr bunt sein. Es wird hoffentlich alles geben, was in der islamischen Theologie vertreten ist. Wir werden den Islam so haben, wie er wirklich ist: vielfältig. Wie sieht der europäische Islam der *Zukunft aus? Der Islam wird Europa bereichern wie bereits im neunten, zehnten und elften Jahrhundert. Die Phase der Rechtfertigungen wird dann hinter uns liegen. Auch so Fragen wie: Warum Kopftücher? Warum Moscheen? Es wird dann endlich um die wichtige Frage gehen: Was hat der Islam der gesamten Gesellschaft zu geben und wie kann er sie bereichern? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 8. April 2014 Autor Teilen Geschrieben 8. April 2014 [h=1]OFFENER Brief an Mouhanad KHORCHIDE[/h]Kommentar hinterlassen Lieber Mouhanad Khorchide Vielversprechend ist Titel Deines Buches, „Islam ist Barmherzigkeit“ – umso ernüchternder die Lektüre! Deine Herangehensweise an dieses höchst gehaltvolle, zentrale Thema unseres Glaubens ist für die grosse Mehrheit der Muslime nicht nur enttäuschend sondern empörend und das dürfte Dir klar sein. Empörend deshalb, weil Du – und das in Deiner Funktion als Dozent an einer Uni und als Ausbildner von Religionslehrern – für ein Muslimsein einstehst, das sich nicht nur von sehr vielem loszusprechen sucht, was die Gelehrten der Vergangenheit erarbeitet haben, sondern ebenso vom Kern von Qur’an und Sunna. Du trittst ein für einen „Islam“ ohne Zähne und Knochen, ein schwammiges Gebilde ohne jeden Halt, seiner Substanz entledigt. Du bringst zunächst einfach alles durcheinander, was die Gelehrten der Vergangenheit – unter ihnen gewiss viele, denen wir heutige Muslime was Gottesfurcht, Menschenkenntnis und – freundlichkeit sowie ganzheitliche Ausgewogenheit anbelangt nicht das Wasser reichen können – erarbeitet und Muslime gelebt, empfunden und praktiziert haben. Die Aqida al Ascharis sei fehlerhaft, weil sie die Barmherzigkeit Gottes trotz ihrer immer wiederkehrenden Erwähnung im Qur’an, nicht als Wesensattribut Gottes bezeichnet. (Warum aber werden dann alle anderen „Namen“ und „Eigenschaften“ Allahs taala nicht auch als Wesensattribute gesehen?) Von der Scharia soll nicht mehr als die fünf Säulen und „religiöse Gebote, die vom gesellschaftlichen Wandel unabhängig sind, wie die Speisevorschriften im Koran“ übrigbleiben. (S 149) Ja, die Scharia stehe gar, als „juristisches System verstanden in klarem Widerspruch zum Islam….da es nicht Aufgabe von Religionen…. ist, Gesetze zu erlassen“ (S. 116 sowie auch 144) und schon ganz zu Anfang Deines Buches erstellst Du eine Aufspaltung zwischen einer „juristischen Beziehungsebene zu Gott“ (derjenigen des Gehorsams) versus der auf „Liebe und Vertrauen“ gründenden Ebene und suggerierst, es gehe um Entscheidung zwischen diesen beiden. Warum? Ist es nicht möglich, BEIDES zu berücksichtigen, gibt es wirklich nur die Möglichkeit, sich zu entscheiden zwischen sklavischem, unreflektiertem, unbeseeltem Gehorsam, der „die religiösen Rituale auf Pflichterfüllung reduziert und der menschlichen Fitra die Möglichkeit ihrer Entfaltung nimmt“ (S 107) einerseits oder andererseits einer Beziehung „wie die zwischen einer Mutter und ihrem Kind“ (S. 145) innerhalb derer man sich „in den Händen Gottes fallen lassen“ kann (S 33)? Meinst Du nicht, dass dies eine sehr unausgereifte Sichtweise ist, die, vereinfacht gesagt, darauf hinausläuft, die „väterliche Ebene“ aus dem Spiel zu lassen und der Sinnhaftigkeit eines wohlreflektierten, aktiven, von Liebe getragenen Gehorsams durch den alleine nämlich unser verantwortliches Handeln in der Welt gewährleistet bleibt und der durchaus auch die „dialogische Beziehung zu Gott“ beinhalten kann, den Wert abzusprechen? Ist es nicht eine unglaubliche Frivolität, menschengemachten Gesetzen dasselbe Potential an möglicher Gerechtigkeitsfindung zuzuschreiben wie göttlichen Geboten? (S 119: „Jedes Gesetz, das dem Prinzip der Gerechtigkeit gerecht wird, entspricht dem, was Gott hinabgesandt hat, auch, wenn es nicht die Überschrift „muslimisch“ trägt …“) Weiterlesen: Du wirfst der Gelehrtenschaft der Vergangenheit pauschal vor, nur den Glauben, nicht aber das Handeln als relevant angesehen zu haben – eine der infamsten Verdrehungen Deines Buches, da dies den Eindruck erweckt, „traditionelle“ Muslime betrachteten die reine Zugehörigkeit zum Islamischen Glauben als ausreichend für eine Art „Garantie für Seligkeit im Jenseits“ – sowie als „Freibrief“ für beliebiges Handeln. Eine katastrophale (suggestive) Darstellung des „muslimischen Standpunktes“ für die heutige Auseinandersetzung mit nichtmuslimischen Kreisen und fast nicht vorstellbar, dass Du nicht weisst, was der Kontext war, innnerhalb dessen dem Glaubens (Iman) alleine eine dermassen zentrale Stellung zugeordnet wurde, nämlich die INNERMUSLIMISCHE Abgrenzung gegenüber denen (Khawaridsch und Mu’tazila), die behaupteten, ein Sünder wäre vom Islam abgefallen („Kafir“ oder „Manzil bainal Manzilatain“). Einzig in diesem Kontext wurde so argumentiert und ganz gewiss haben Muslime sich nie, weder in Theorie noch in der Praxis, von einem, am Glauben festgemachten, verantwortungsvollen Handeln losgesagt! Das Handeln auf Basis des „Amr bil Ma’ruf wa Nahyi anil Munkar“ – dem Gebieten des Guten und der Abwehr des Übels – auf Basis von Qur’an und Sunna war immer schon Zentrum allen Denkens und Handelns der Muslime sowie auch ihrer Gelehrten – unverständlich und unglaublich diese Fehldarstellung! (u.a. S. 145-150) Eine weitere perfide, in Deinem Buch immer wiederkehrende Unterstellung an die Muslimische Gelehrtenschaft ist die angebliche Ausserachtlassung des historischen Kontext der Qur’anischen Offenbarung. Wie kommst Du darauf, dass erst Dir diese Notwendigkeit eingefallen sei? Es war, wie Du unbedingt wissen müsstest, immer schon eines der wichtigsten Anliegen der muslimischen Gelehrten, diesen Kontext auf richtige Weise zu erfassen und zu interpretieren und ohne es genau zu wissen, würde ich annehmen, dass z. B. die Wissenschaftler (vor allem des „Fiqh“ – Verständnis des Zusammenhangs der islamischen Aussagen, auch Grundlage für „Fatwas“- sowie Usul al Fiqh“- Verständnis der „Wurzeln des Fiqh“ – ) dieses Thema in hunderten, gar tausenden von Schriften behandelt haben! Nie haben sich Muslime von solch einem Vorgehen distanzieren wollen – abgesehen vielleicht von einigen Repräsentanten der „modernistischen“ Salafistischen Ausrichtung. Deine Herangehensweise jedoch will, so wie es mir aus Deinem Buch entgegenkommt, nicht den historischen Konsens richtig verstehen und auswerten, sondern will eine im höchsten Masse undifferenzierte und fahrlässige Anpassung an Gegebenheiten der heutigen Zeit, welche an sich schon – aus muslimischer Perspektive – einem schwachen Iman und einer damit einhergehenden Missachtung Islamischer Gebote (z. B. auf wirtschaftlicher Ebene) auf dem Fuss gefolgt sind. Glaubst Du wirklich, dass Du dem Islam, dessen „Aushöhlung“ Du „seit Mu’awwiyya“ feststellst, (S. 212) durch Deine Art der Diskreditierung aller in der Vergangenheit unternommener Anstrengung, Missachtung zentraler islamischer Prizipien und des undifferenzierten Herabschraubens und Nivellierens der muslimischen Inhalte auf ein konturloses, menschenzentriertes, rein esoterisch gehandhabtes Gebilde wieder Fülle zu geben vermagst? Obwohl Du auf Seite 81 bekundest: „Religion darf nicht auf ihre ethische Funktion reduziert werden..“! Aber genau das versuchst Du doch – siehe S. 117: „der …Mensch, den der Islam anstrebt, sieht sein Menschsein dann verwirklicht, wenn er sich immer für das Gute entscheidet und immer das Gute will…. (Oh, was für ein Mensch…. eine Art „Übermensch“, „Gottmensch“ gar…?! Astaghfirullah, Gott verzeih…) Ich frage mich an dieser Stelle, inwieweit Du wirklich glaubst, dass der Wahhabitische bezw. „Salafitische“ Ansatz, so wie Du ihn in Deiner Jugend kennengelernt hast und wie er Dich sicher zum Nachteil eines ganzheitlichen Islamverständnisses geprägt hat, eine Fortführung des „traditionellen Islam“ ist und ob Du wirklich nicht weisst, was der Ursprung dieser Bewegung war, nämlich die – übrigens mit bedeutender Unterstützung von Nichtmuslimen erfolgte – Erhebung GEGEN die „TRADITIONELLEN“ Muslime und im Zuge dessen und durch (in nur wenigen Fällen berechtigte) Klassifizierung vieler Gebräuche der Muslime als „Kufr“ und „Bida’a“ die Beschneidung des gesamthaften Islam um viele seiner bis zu jenem Zeitpunkt als essentiell und als dem ganzen Islam als zugehörig vorausgesetzte Bestandteile – u. a. die des Tasawwuf (Sufismus) der „Wissenschaft des Herzens“… Nur so wäre auch annähernd zu verstehen, dass Du dem „traditionellen Islam“ ganz allgemein die Fähigkeit absprichst, dem „Menschen Sinn für sein Leben (zu) geben, ihn an sein Menschsein zu erinnern, ihm aber auch die Möglichkeit (zu) bieten, eine Beziehung (zu) Gott aufzubauen“ (S 81). Nur so auch kann auch entfernt Dein Irrtum erklärt werden, dass zwischen den beiden Funktionen des Propheten (s.s.) als Gesandter einerseits und als Staatsoberhaupt andererseits „nicht unterschieden“ worden sei. Eine klare Falschaussage, abgeleitet vielleicht aus der Praxis jener genannten Kreise, aus dem Zusammenhang gerissene Einzelahadith als Handlungsimperativ auszulegen. Nur auf dieser Basis auch ist annähernd einsichtig, dass Du meinst, mit Deiner Auslegung von „Islam“ eine „islamische Theologie (zu) etablieren, die Muslime nicht nur geistig und politisch befreit sondern ihnen auch einen Zugang zu einer dialogischen Beziehung mit Gott verschafft… die nicht auf Angst basieren kann…“ Nun, auch dies gewiss eine gewaltige Überschätzung Deiner eigenen Vorstellungen sowie fundamentale Fehleinschätzung der Gesamtsituation. Es gibt bestimmt einige ausgebildete Theologen, die die „wissenschaftliche“ Antwort auf Dein Buch viel professioneller geben können als ich, z. B. letzthin der Präsident der Schura Niedersachsen, Avni Altiner in der IZ: http://www.islamische-zeitung.de/?id=16740 und vor allem Prof. Mohammed Khallouk: http://islam.de/21972 Ich selbst möchte vor allem Sprachrohr für den „Durchschnittsmuslim“ fungieren und als solches komme ich hier zu meinem Hauptanliegen, nämlich dazu, die Ungeheuerlichkeit anzuprangern, dass Du die Liebe des Menschen zu Allah – erhaben ist ER über das, was Ihm beigesellt wird! – als seinem Herrn (RABB) sowie zu Seinem Gesandten – Allahs Friede und Barmherzigkeit sei auf ihm (obwohl Du umgekehrt der Liebe und Barmherzigkeit VON Gott zum Menschen ja hypothetisch grosse Relevanz zuschreibst) zur Bedeutungslosigkeit zu reduzieren bezw. die zentrale Stellung der DIENERSCHAFT des Menschen gegenüber Gott zu leugnen, diese zugunsten einer Menschenzentrierung „Islamischer Prinzipien“ zu eliminieren suchst – und damit das Innerste, die Essenz des Islam quasi „kaltzustellen“ wünschst! Audhu Billah! Wie kannst Du es bloss wagen, unter vielen anderen die SO zentrale Ayat 51:56 schlichtweg zu leugnen, in der es heisst: “Und Ich habe die Djinn und die Menschen zu NICHTS anderem geschaffen, als dazu, dass sie Mir dienen“!? Das gesamte islamische Verständnis hat hier seinen Kernansatz, hier ist das Herz des Muslims betroffen, hier beginnt und endet alles, was der Muslim glaubt, empfindet, weiss! Die Liebe zu ALLAH azzawajal ALS UNSEREM HERRN gepaart mit DEMUT (=Dienmut!) und Seinem Gesandten ist das Herzstück des Islam! Hat nicht Muhammad selbst immer wieder betont, dass er nichts anderes sei als ABD, Diener ALLAHS – willst Du vielleicht auch das abstreiten oder ihm – Friede sei mit ihm – sowie all den Awliyah, Gottesnahen, in Liebe zu Gott, ihrem HERRN Entflammten die Wirklichkeit der auf dieser Basis gründenden „dialogische Beziehung zu Gott“ absprechen?!? Subhana Allah und möge ER Seinen Segen über diese Menschen reichlich ausschütten und uns ihre Gesellschaft gewähren im Diesseits wie im Jenseits! Hat nicht der Prophet – Friede und Segen sei auf ihm – gesagt: (überliefert durch Abu Huraira, Allahs Wohlgefallen auf ihm): „Ich schwöre bei Dem, in Dessen Hand mein Leben ist, dass keiner von euch sich als gläubig ansehen darf, bis seine Liebe zu mir stärker ist als seine Liebe zu seinem Vater und zu seinem Sohn.“Was für eine Herausforderung! Was für einen tiefen Glauben, was für ein Wissen um ALLAH selbst sowie um die Authentizität seines DIENERS und Gesandten Muhammad, Friede sei auf ihm – als Vermittler Seiner Wahrheit dies erfordert, das u. a. bestimmt auch weit darüber hinausgeht, Muhammad – s.s. als eine Art „bemühten Reformer“ zu sehen (S 126/127), der halt in der „medinesischen Phase“ auch noch als Politiker „so nach seinem eigenen Gutdünken“, wie man aus Deinen Ausführungen entnehmen könnte, eine (für damals halt) „verbindliche Gesellschaftsordnung zu verwirklichen“ (S 127) suchte… Natürlich dürfte es Dir nicht schwer fallen, diese Ayat und auch den Hadith, so, wie du es mit anderen Ayats und Ahadith auch tust, leichtfertig vom Tisch zu wischen und tust dies auch, indem Du z. B. auf S 70 lapidar behauptest: „Wenn Gott grösser ist, als gedacht werden kann, kann er den Menschen nicht deshalb erschaffen haben, um vom Menschen verherrlicht zu werden…“ Aber – und Gott ist und bleibt dennoch hoch erhaben darüber, für Sich Selbst etwas zu „brauchen“, geschweige denn „Minderwertigkeitsgefühle“ zu haben – mit dieser Behauptung begehst Du ein kapitales Verbrechen am Islam! NICHTS ist mehr an seinem Platz, nichts kann mehr zu seinem ursprünglichen Gleichgewicht finden, wenn diese Dimension, dieses Verhältnis von uns Menschen zu unserem Schöpfer als von ABD zu RABB – Diener (Knecht!) zu Herrn geleugnet wird! Wie anders soll eine „dialogische Beziehung“ mit Gott sonst aussehen? Sind wir etwa „gleichgestellt“? Hoch erhaben ist ER darüber! Und WIE können wir item eine WIRKLICHE Beziehung zu Gott herstellen und pflegen, wenn wir nicht vom WIRKLICHEN Verhältnis von uns selbst zu IHM ausgehen und aus diesem heraus die Liebe zu IHM und Seinem Gesandten in unserem Herz aktivieren, aus ihr heraus zur Entfaltung gelangen, sie in unserem Handeln zum Ausdruck zu bringen und sie immer wieder über ALLES ANDERE in unserem Leben stellen?! Was Du hingegen in Deinem Buch als „Liebe“ des Menschen zu Gott bezeichnest, wenn Du denn überhaupt von dieser sprichst, ist an Lauheit und Halbherzigkeit – jedenfalls innerhalb dessen, was sich noch als „religiöse Empfindung“ deklarieren will – nicht zu übertreffen und scheint letztendlich gar nichts anderes als unausgereiften Egozentrismus zu meinen. Den Menschen, der Gott als seinen “Herrn” wahrnimmt und anbetet, beschreibst Du hingegen durchwegs als „unmündigen Befehlsempfänger“ (z. B. S 73) und hörst gleichzeitig nicht auf damit, Gott Selbst mit menschlichen Masstäben zu messen (S 73 und viele andere mehr…). Zwar stellst Du z. B. – bestimmt zutreffenderweise (auf S 108) fest, dass gewisse Menschen „es versäumt haben, ihre Herzen der Liebe und Barmherzigkeit zu öffnen“, nämlich diejenigen, die „religiöse Rituale auf Pflichterfüllung reduzieren… die voller Hochmut anderen ihren Glauben absprechen und über sie (an Gottes Stelle) richten …. in Diskussionen meist aggressiv und überheblich sind“… den Islam als „Kampfansage“ missbrauchen … „oft hassgeladen“ „überwiegend von der Hölle und dem Zorn Gottes“ sprechen, „in der Religion nur das sehen, was sie sehen wollen“… Du nennst es eine „aggressive Kampfansage gegen alle Andersdenkenden“ ich würde es eher als ein „illegitimes Machtinstrument“ im weitesten Sinn bezeichnen. Aber wenn Du über die notwendige Öffnung zur Liebe und Barmherzigkeit Gottes anstelle dieser Haltung sprichst, klingt es auf Gott bezogen immer überaus lax, es geht immer und immer nur um den Nutzen, der dem Menschen daraus auf rein menschlicher Ebene erwachsen könnte. So behauptest Du auf S 101 schlichtweg: „Die grösste Sünde, die der Mensch begehen kann, ist nicht die, die sich gegen Gott richtet, sondern die gegen seinen Mitmenschen! („…Gott ist und bleibt ja souverän…..“))Das tatsächliche „Fehlverständnis religiöser Praxis“ im Sinne einer mit Hochmut gepaarten alleinigen Beachtung „äusserlicher Zeichen und Rituale“ und im Gegenzug dazu die nötige Haltung der „Liebe und Barmherzigkeit“ auch „Demut und Bescheidenheit“…stellst Du in der Folge als alleine für den zwischenmenschlichen Austausch relevant dar! Wenn Du denn „Öffnung für die Liebe und Barmherzigkeit Gottes“ überhaupt in Erwägung ziehst, tust Du dies immer bloss als Mittel zum Zweck, nämlich zum Zweck der „Vervollkommnung des Selbst“. Diese zieht sich als roter Faden durch Dein Buch, wird als DIE Beschäftigung und Aufgabe des Menschen schlechthin dargestellt, unzählige Male, bis zum absoluten Überdruss des Lesenden wiederholt. So, wie Du diese „Vervollkommnung“ darstellst, ist sie dann auch wieder vorausgesetzte Primärursache um überhaupt in die „Gemeinschaft Gottes“ aufgenommen zu werden. Siehe z. B. S. 57: „Er“ (Gott, Allah t) „möchte, dass sich die Menschen in Freiheit vervollkommnen, um sie letztendlich in seine Liebe und Barmherzigkeit und in seine Gemeinschaft aufzunehmen.“ (Also erst, wenn sie „vollkommen genug“ sind?!) Oder auf S 66: „Zu diesem …Plan Gottes gehört sein Wille zur Integration des Menschen in seine Gemeinschaft. Voraussetzung dafür ist jedoch die Vervollkommnung des Menschen….“ S. 78: „Es entspricht dem Willen Gottes, dass der Mensch vollkommen wird, weil dies die Voraussetzung dafür ist, in die Gemeinschaft Gottes aufgenommen zu werden.“!… etc. etc. Die Ayat (den Qur’anvers) 62:2 sowie auch 3: 164 interpretierst Du um indem Du den Terminus „liyuzakihim“ (allgemein übersetzt mit: um sie zu LÄUTERN) einfach mit „um sie zu VERVOLLKOMMNEN“ übersetzt. Passt besser zu Deiner Theorie, der „Einladung zur Vervollkommnung“ (S 61).Ich muss Dich hier fragen: Könntest Du Dir nicht vorstellen, dass es genau umgekehrt ist: Dass nämlich unsere eigene „Vervollkommnung“ eine FOLGE unserer Liebe zu und demütigen Hingabe an ALLAH taala wäre?! Ein Geschenk Seinerseits im Gegenzug dazu, dass wir ALLES andere hintanstellen, alleine aus Liebe zu IHM, ohne dabei an irgendeinen Nutzen zu denken – so wie ein Kind liebt, ganz und bedingungslos? Und dass wir im Kern nur durch diese bedingungslose Liebe natürlich gepaart mit der entsprechenden inneren Haltung sowie dem aufrechten Handeln zu einer Art „Vervollkommnung“ gelangen können – die sich wiederum auf unsere Beziehungen zu den Menschen durchaus positiv und segensreich auswirken wird … Du hingegen propagierst eine Haltung, die den Menschen dermassen ins Zentrum allen Geschehen setzt, dass er seine „dialogischen Beziehung zu Gott“ weit hintanstellen soll. Bürdest ihm die Last auf, selbst für seine „Vervollkommnung“ zu sorgen, durch „aufrichtige Handeln“ (S 153) seine eigene Seligkeit herbeizuführen… Ja, Du bringst auch die „akrobatische Leistung“ zustande, sogar die Gerechtigkeitsfindung von Göttlichen Geboten zu lösen um sie zunächst zu einer Angelegenheit des Menschen alleine zu deklarieren, trennst gleichzeitig des Menschen Heil auch vom nötigen Dienst an Gott – um das Zentrum „Mensch“ nicht zu „beeinträchtigen. Danach aber soll das nach diesem Eigenermessen entstandene „gute Handeln“ nach den selbst erfundenen „gerechten“ Gesetzen doch wiederum für des Menschen ewiges Heil und seine Aufnahme in „Gottes Gemeinschaft“ sorgen …. Eine wirklich seltsame Sichtweise … ich sehe gar nicht, wo hier noch Qur‘ an und Sunna, wo die Offenbarungen ihren „Platz einnehmen“sollen?! Astaghfirullah …. Ist Dir nicht einsichtig, dass genau diese Verdrehungen – nebst dem, dass sie Göttliche Offenbarung sowie Gesandtschaft von „Anbiya“ – Gesandten – „überflüssig“ machen – nichts anderes bewirken als ein nie endendes Kreisen in und um unser/em Selbst (dass man nie „vollkommen im Sinn von fehlerfrei“ sein kann, ist ja auch Dir klar, s. S 78)und dass Deine Herangehensweise – eigentlich das Bauen auf das Handeln alleine und den „Glauben“ (arabisch IMAN) gegenüber diesem als sekundär einstufend – als genau die EINZIG WIRKLICHE BEFREIUNG, nämlich die WEG von unserem Selbst, unserem Ego, HIN zu Gott, VERHINDERT? Uns so zu ewigen Gefangenen unseres „Nafs“, unseres Egos verdammen würde und unserem einzig wirklichen Zugang zu umfassendem HEIL das Tor verschliesst?! Ich muss sagen, mich hat schon als Kind, im katholischen Religionsunterricht die Geschichte vom „Schweinehirten“ schwer beeindruckt, der nämlich alles, was ihm vom „Vater“ gegeben wurde, in der weiten Welt verspielt und verschleudert hat – im Gegenzug aber gewiss einiges über die Wirklichkeit und somit über Allah, seinen Herrn erfahren hat! – Der dann als eben Schweinehirte geendet und aus diesem Punkt der Demütigung heraus wieder ins Haus des „Vaters“ zurückgekehrt ist … Dieser veranstaltete daraufhin ein grosses Fest, zum grossen Missfallen des anderen Sohnes, der sich wohl all‘ die Jahre genau mit seiner „Selbstvervollkommnung“ abgemüht hatte… Oder die Geschichte (der Hadith) über den Alkoholiker (sie wird auf verschiedene Weisen erzählt), der über seine Verfehlungen jede Nacht geweint hat und hinter dessen Sarg der Prophet – Friede sei mit ihm und der Segen Gottes! aus Ehrerbietung auf Zehenspitzen gelaufen ist, weil er eine „Schar von Engeln“ hinter dem Sarg sah! Oder die Frau, die Unzucht begangen hat, nach Jahren und weil sie es nicht ertragen konnte, es zu verbergen, gesteinigt wurde und die unser geliebter Prophet – Friede sei mit ihm – als über sie immer noch gelästert wurde mit den Worten in Schutz nahm: “SCHWEIGT! Denn ihre Reue reicht für sechzig von Euch” !! Was hat diese Menschen wohl im Innersten bewegt? Etwa beflissene, egozentrierte „Selbstvervollkommnung“ oder tiefe, sehnende, ja metaphysische Liebe?! JA, die Barmherzigkeit ALLAHS subhanaHU wa taala ist in der Tat allumfassend, grösser, als Sein – auch wirklicher! – Zorn…! Aber indem Du die eigentliche und einzig mögliche Beziehung des Menschen zu IHM – nämlich die von Liebe getragene ABD – RABB – Beziehung – hypothetisch – aus ihren Fugen zu lösen suchst, den Menschen gleichzeitig anstelle von ALLAH taala als nötigen Fokus der Aufmerksamkeit darstellst (S 215 „…deshalb muss dieser Mensch im Zentrum der islamischen Theologie stehen…), die Beschäftigung mit der eigenen „Vervollkommnung“ ins Zentrum der menschlichen Aufmerksamkeit setzten möchtest und als Bedingung für diesen Prozess sowie für die „Aufnahme in die Gemeinschaft Gottes“ wiederum ein völlig realtiätsfernes „Gutmenschentum“ setzt – gerade auf diese Weise NIMMST Du dieser Beziehung und aller ihr innewohnenden Aspekte – auch dem der Liebe und Barmherzigkeit ihre eigentliche Bedeutung, ihre Kraft und Fülle! Kehrst die Aussage Deines Buchtitels in ihr Gegenteil und stellst eine Vorstellung von Seiner „Barmherzigkeit“ her, die einem seichten, siechen Tümpel gleicht, welchen der grosse Ozean (des Herzens) unberührt lässt und an welchem die Stürme, Untiefen und Gefahren aber auch die immensen Schönheiten und Wonnen des Lebens einfach vorbeigehen – und wenn sie ihn berühren, ihn im Nu hinwegspülen! Und auf genau diese Weise – sowie durch die Leugnung der Relevanz der Scharia (arabisch: Weg zur Tränke!) bezw. der Arbeit unserer Fuqaha („Fiqh- Gelehrten“) als „Gerüst“ unseres Gottesdienstes und Leitfanden unserer aktiven Hinwendung zu Allah in jeglicher Lebenspraxis, trittst Du sehr wohl zielsicher in die Fusstapfen der christlichen Verfehlungen, welche das Christentum zu einer – in Bezug auf das Geschehen im Menschen selbst sowie der Welt irrelevanten und folgenlosen „Privat – und Freizeitbeschäftigung“ verkommen liessen, die es in die Isolation getrieben, in ein Vakuum verschlossen haben! Nicht die Vorstellung eines barmherzigen Gottes ist spezifisch für den christlichen Weg der Gegenwart sondern DIESES „Nischendasein“, welches die religiöse Beschäftigung und Hinwendung zu Gott fristen soll, sowie das damit einhergehende Diminuieren bezw. die Leugnung dessen, was EIGENTLICH Zugang zur Barmherzigkeit Gottes schafft! Sehr protestantisch (calvinistisch?!) auch die Vorstellung, sich durch eigenes Handeln das Paradies erwerben zu können, was unser Prophet, Friede mit ihm als Unmöglichkeit eingestuft hat – sogar für sich selbst! („Keiner von euch wird durch seine Taten ins Paradies gelangen. Sie sagten: Auch du nicht, o Gesandter Allahs? Er sagte: Auch ich nicht, erst wenn Allah mich mit seiner Barmherzigkeit umhüllt.”) Auf dieser Basis ist auch verständlich, warum Du demHadith, – dessen zuverlässige Quelle Du zitierst – in dem gesagt wird, dass wer GLAUBT, dass es nur einen Gott gibt, ins Paradies kommt – auch wenn er Unzucht treibt und stiehlt (S 151) die Authentizität absprichst! In Deiner Darstellung erscheint Gott als fern, „pingelig“ „knausrig“, elitebezogen. Astaghfirullah! Es ist bei Gott nur die Liebe des menschlichen Herzens zu ALLAH taala, als unserem „RABB“, Herrn und Erhalter sowie das tiefe Staunen über Seine Allmacht und Allgewalt, die ihm alles, ja, wirklich ALLES in unserem Leben enthaltene in seiner Sinnhaftigkeit, Schönheit, Wahrheit und Wirklichkeit zu offenbaren vermag! Die/das uns die Höhen, die Wonnen und die Abgründe des menschlichen Daseins unbeschadet und in Demut sowie Dankbarkeit zutiefst erfahren, durchleben und auch verstehen lässt. Die unseren Blick schärft und die Perspektive stimmen lässt, aus der heraus alles seinen ihm zugedachten Sinn und stimmigen Platz erhält. Aus der auch die Scharia in ihrem gesamten Umfang als DER „WEG ZUR QUELLE“ eben – ihre Funktion als Mittel zur ausgewogensten Handhabe aller Gegensätze unseres Daseins offenbart. Erst aus dem Kern des sehnenden und anbetenden Herzens seinem Schöpfer, Erhalter und Herrn (Rabb) gegenüber wird dem Menschen der Ernst, auch die Unbedingtheit seines Daseins im Lichte seiner (zentralen und realen) Beziehung zu Gott erhellt und erst innerhalb ihres Kontexts lässt sich auch das zwischenmenschliche Leben in seiner Fülle und in echter Menschenfreundlichkeit miteinander gestalten! Erst aus dieser Haltung heraus kann sich GOTTES BARMHERZIGKEIT in uns selbst sowie in unserer Umwelt manifestieren, nur in ihrem Kontext auch bleibt unsere „menschliche Würde“ auch unbeschädigt und geschützt! Keinesfalls soll unsere Beziehung zu Gott „auf Angst basieren“ – hier gehe ich mit Dir einig… Hingegen sind wir dazu aufgefordert, das Wagnis der Gottesbeziehung GANZ einzugehen, in ihrem wirklichen Kontext und mit allen ihren Konsequenzen, die in der Aufgabe des Egos kumulieren. Angst hingegen sollten wir davor haben, den Täuschungen dieses Egos zum Opfer zu fallen, somit keinen Zugang mehr zur ganzheitlichen Kraft zu haben, welche unserem DIN innewohnt und leichte Beute derjenigen „Mächte“ zu werden, die sich unsere Selbsttäuschung, unser realitätsfernes Weltbild zunutze zu machen wissen! Würde eine Sichtweise wie die von Dir beschriebene ihren Weg in die Herzen der Muslime finden, würde das in der Tat nichts anderes bedeuten als eine Zunahme der (Sterbens- )krankheit! Die Furcht der Muslime, dass islamfremde, ja, – feindliche Ansätze unsere Religion, wie sie es auch schon mit anderen Religionen getan haben, unterminieren, vor allem auch im von öffentlicher – nichtmuslimischer Hand organisierten Unterricht – wäre somit bestätigt. Ich kann nur sagen: „Hasbuna LLAH“. ALLAH ist uns genug und wir vertrauen auf IHN! Ich nehme meine Zuflucht bei IHM von meinen eigenen Fehlern, Irrtümern und Unterlassungen und bitte Ihn um Vergebung dafür! Auch Dich und alle Leser möchte ich um Vergebung bitten für alles an Fehlern, Mängeln und Irrtümern in diesem Text! Und möchte zum Schluss noch nahelegen, die Ayat aus dem heiligen Qur’an (Sure 59, Al Haschr), die Du selbst auf S 30 zitierst, etwas tiefer zu reflektieren: 22.Er ist Allah, außer dem es keinen Gott gibt, der Kenner des Verborgenen und des Offenbaren. Er ist der Allerbarmer und Barmherzige. 23 Er ist Allah, außer dem es keinen Gott gibt, der König, der Heilige, der Friede, der Gewährer der Sicherheit, der Wächter, der Allmächtige, der Gewalthaber, der Stolze. Preis sei Allah! (Und Erhaben ist Er) über das, was sie (Ihm) beigesellen. 24 Er ist Allah, der Schöpfer, der Bildner, der Gestalter. Sein sind die schönsten Namen. Ihn preist (alles), was in den Himmeln und auf der Erde ist. Und Er ist der Allmächtige und Allweise. Wassalam Sumaya A. Mohamed Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 19. April 2014 Autor Teilen Geschrieben 19. April 2014 Westfälische Nachrichten, Sa., 19.04.2014 [h=1]Zentrum der UniversitätKompromiss im Islamstreit in Sich[/h] Münster - Im jahrelangen Streit um das Zentrum für islamische Theologie an der Universität Münster bahnt sich ein Kompromiss an. Vorläufig soll statt eines Beirats der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland direkt um Zustimmung zu wichtigen Entscheidungen im Zentrum gebeten werden. Von Karin Völker Friedenszeichen im Streit um den richtigen Islam: Am Runden Tisch, an dem über die Zukunft des Zentrums für islamische Theologie (ZIT) an der Universität Münster verhandelt wird, ist allem Anschein nach ein Kompromiss mit dem Koordinationsrat der Muslime zustande gekommen. Der Senat der Universität stimmt am Mittwoch (23. April) über eine Änderung der Ordnung des konfessionellen Beirats für Islamische Theologie ab. Danach soll für wichtige Entscheidungen nicht mehr – wie bisher – die Zustimmung des Beirats erforderlich sein. Die Uni will diese Angelegenheiten wie Personalentscheidungen vorübergehend direkt mit dem Koordinationsrat der Muslime (KRM) abstimmen. Eine entsprechende Regelung soll bis Ende 2015 gelten. Die Gründung des Beirats, der je zur Hälfte aus von der Universität berufenen und durch den KRM bestellten Mitgliedern bestehen sollte, war bisher nicht zustande gekommen. Gegen ein vom KRM vorgeschlagenes, der Organisation Milli Görus nahestehendes Mitglied hegte die Bundesregierung Bedenken wegen dessen Verfassungstreue, es folgte eine Auseinandersetzung. Folge ist, dass Professoren für das ZIT nicht berufen werden können, immer nur Verträge für ein Semester erhalten konnten. Der KRM soll nun entscheiden können, ob etwa der Berufung des Professors Milad Karimi zugestimmt wird, der bereits seit zwei Jahren am ZIT muslimische Religionslehrer ausbildet. Auch der Leiter des ZIT, Prof. Mouhanad Khorchide, war 2010 nach direkter Zustimmung des KRM berufen worden. Jetzt ist es im Streit um Glaubensrichtungen im Islam ruhig geworden. Bei den Gesprächen am Runden Tisch sei, wie zu hören ist, vereinbart worden, die Auseinandersetzung in der bundesweit geführten Mediendebatte nicht weiter zu schüren. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 24. April 2014 Autor Teilen Geschrieben 24. April 2014 Do, 24.04.2014, 10:56 Grünes Licht für Islam-Zentrum in Münster Senat der Uni beschließt Neuregelung für Besetzung des Beirats Von Hermann Horstkotte (KNA) Münster (KNA) Nach mehr als zwei Jahren Stillstand ist der Weg für den Auf- und Ausbau des Zentrums für islamische Theologie (ZIT) an der Universität Münster frei. Jetzt können neue bekenntnisgebundene Studiengänge, Studien- und Prüfungsordnungen eingeführt und Professuren besetzt werden. Das beschloss der Senat der Hochschule, das höchste Entscheidungsgremium der Lehrenden und Lernenden, am Mittwochabend durch eine Neuregelung für den "konfessionellen Beirat für Islamische Theologie". Dieses Gremium soll über die Glaubenstreue in Lehre und Forschung wachen, wie das die Kirchen bei den christlichen Theologien an allen eigentlich religiös neutralen Hochschulen tun. Die Aufgaben des muslimischen Wächterrates übernimmt nun bis auf weiteres, längstens bis Ende 2015, der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM). Er ist Zusammenschluss von vier großen muslimischen Verbänden in Deutschland, darunter die regierungsnahe Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) mit bundesweit rund 900 Moscheegemeinden. Die Münsteraner Satzungsänderung wurde "mit acht Stimmen bei drei Gegenstimmen und einer recht hohen Anzahl an Enthaltungen beschlossen", wie ein Uni-Sprecher Norbert Robers der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bestätigte. Die "Übergangsregelung" sei eine "pragmatische Lösung", um "Handlungsfähigkeit am islamischen Theologie-Zentrum herzustellen". Die war bislang dadurch blockiert, dass der konfessionelle Beirat seit 2011 kein einziges Mal zusammengetreten war. Denn wiederholt hatte der Verfassungsschutz Zweifel an der Grundgesetztreue einzelner Kandidaten. Darüber hinaus verhinderten "Terminschwierigkeiten" eine Zusammenkunft. "Die Zusammenarbeit zwischen den Islam-Verbänden und der Uni Münster in einen religiösen Beirat ist definitiv gescheitert", hatte der damalige KRM-Sprecher Bekir Alboga schon Anfang März gegenüber der KNA erklärt. In der jetzt gefundenen Übergangslösung ist der KRM stärker denn je. Im Beirat hatte er nur die Hälfte der Sitze, die anderen Mitglieder schlug die Uni selber vor. Künftig aber hat die Hochschule auf Seiten der Religionswächter keine Stimme mehr, dafür ist vielmehr der KRM allein zuständig. Der Dachverband wird damit wie eine Religionsgemeinschaft behandelt. Nicht zuletzt kann er "aus religiösen Gründen" künftig auch die Berufung von Professoren ablehnen oder ihre Abberufung verlangen. Einen bundesweit bekannten Problemfall gibt es schon seit vergangenem Dezember. Damals bezeichnete der KRM die Zusammenarbeit mit dem als reformorientiert geltenden Münsteraner Theologen und Leiter des ZIT, Mouhanad Khorchide, als "zerrüttet und irreparabel beschädigt". Es bleibt spannend, wie die Zusammenarbeit nach dem Münsteraner Neustart weitergehen kann. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 25. April 2014 Autor Teilen Geschrieben 25. April 2014 [h=1]25.04.2014 Nach dem Kompromiss zu Münster: Wendet der organisierte Islam seine bisher kritische Position bei Teilaspekten der „Islamischen Theologie“? Ein Kommentar von Eren Güvercin[/h][h=2]Willkommen in Absurdistan[/h] Monatelang diskutierten Muslime auf allen Ebenen über die so genannte „Theologie der Barmherzigkeit“. Stellenweise weit über die Schmerzgrenze des Erträglichen hinaus wurde über Glaubensfragen diskutiert. Auch Vertreter von Dachverbänden agierten, als handle es sich dabei um das Schicksal des Islam in Deutschland. Nun scheint sich nach einem Treffen mit Uni Münster und Politik eine Kehrtwende zu vollziehen. (iz). Auf Grundlage der Empfehlungen des Wissenschaftsrates hatten sich die Politik, die Universität Münster und der Koordinationsrat der Muslime (KRM) vor zwei Jahren auf ein Beiratsmodell geeinigt, in dem der KRM die eine Hälfte des theologischen Beirats in Münster stellt und die Universität sollte die andere Hälfte bestimmen. Schon frühzeitig kam es zu unvorhergesehenen Problemen: Obwohl die Universität Münster den KRM als Kooperationspartner auf Seiten der Religionsgemeinschaften auswählte, intervenierte das Bundesinnenministerium (BMI) und sorgte dafür, dass die Universität Münster einen von den Dachverbänden vorgeschlagenen Kandidaten für den Beirat ablehnte: Die Verfassungstreue der besagten Person sei aufgrund seiner Mitgliedschaft im Islamrat fragwürdig. Das sorgte unter Muslimen für Irritationen. Denn einerseits ist diese Person problemlos Mitglied im Beirat für den Islamischen Religionsunterricht in NRW gewesen, ohne dass seine Verfassungstreue auch nur im Ansatz in Frage gestellt wurde. Andererseits stellt sich die Frage, wieso man dann den KRM als Kooperationspartner ausgewählt hat, wenn es Bedenken hinsichtlich der Verfassungstreue eines seiner Mitgliedsverbände gab. Auf diese Diskussionen rund um den Beirat folgten dann eine unsägliche öffentliche Debatte um die Person des ZIT-Leiters, Prof. Dr. Mouhanad Khorchide, die ihren Gipfel in der Veröffentlichung eines Gutachtens vom KRM zu Khorchides „Theologie der Barmherzigkeit“ fand. Darin kamen die größten Dachverbände zum Ergebnis, dass das Verhältnis zum Institutsleiter „irreparabel beschädigt“ sei. Danach herrschte zunächst Stille. Ein runder Tisch bestehend aus Ministerialbeamten, der Rektorin der Universität Münster und Vertretern des Koordinationsrates wurde ins Leben gerufen. Gestern wurde ein erstes Ergebnis dieser Verhandlung hinter verschlossenen Türen öffentlich: Plötzlich sind die Bedenken hinsichtlich der Verfassungstreue einiger KRM-Mitglieder verschwunden, denn nun wurde seitens der Universität beschlossen, dass die Dachverbände alleine den Beirat stellen sollen, also auch der bis dahin argwöhnisch betrachtete Islamrat. Das macht wieder deutlich, dass die damalige Entscheidung, den Beiratskandidaten des Koordinationsrates abzulehnen, eine rein politische war und jeder Grundlage entbehrte. Es handelt sich bei dem Kompromiss aber auch um einen klugen Schachzug der NRW-Landespolitik. Denn auf den ersten Blick scheint der KRM gestärkt, weil er jetzt alleine den Beirat stellen. Nur, die Politik ist sich sehr genau bewusst, dass zwar das KRM-Gutachten veröffentlicht wurde, aber es dürfte ihr auch klar sein, dass DITIB aus ihrer staatsgläubigen Haltung heraus keine Konsequenzen aus dem Gutachten folgen lassen wird und bisher erfolgreich ein einheitliches Handeln durch den KRM torpedieren konnte. Aiman Mazyek hat seinerseits in den Medien die Rolle eines hervorgehobenen Chefkritikers eingenommen. Gleichzeitig ist sein Stellvertreter, Mustafa Hadzic, persönliche wissenschaftliche Hilfskraft von Khorchide und promoviert sogar bei ihm; alles offiziell auf der ZIT-Webseite zu sehen. Und da eben der vorgebliche „Koordinationsrat“ bei der Causa Khorchide vollkommen unkoordiniert agierte, hat die Politik gar nicht zu befürchten, dass Khorchide angetastet werden wird. In der muslimischen Community bleiben Fragen offen. Es gilt abzuwarten, ob der KRM sein eigenes Gutachten und die Bedenken aus der Basis zu Khorchide ernst nehmen wird oder politisch agiert. Dann wird er aber das Vertrauen ihrer Basis verlieren. Denn es stellt sich die Frage, wie man Religionsgemeinschaft sein kann, wenn man sensible Punkte der Community „wegverhandelt“? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 25. April 2014 Autor Teilen Geschrieben 25. April 2014 Kompromiss im Streit um Islam-Zentrum Münster (the) - Im Streit um das Zentrum für Islamische Theologie der Uni Münster hat es einen vorläufigen Kompromiss gegeben. Da es bislang keine Einigung auf die Besetzung eines wissenschaftlichen Beirats gibt, soll zunächst der Koordinationsrat der Muslime über wichtige Dinge am ZIT entscheiden. Der Übergangslösung, die bis längstens Ende 2015 gilt, hat der Senat der Universität am Mittwochabend mit knapper Mehrheit zugestimmt. Der achtköpfige Beirat soll je zur Hälfte vom Koordinationsrat (KRM) alleine sowie von Uni und KRM gemeinsam besetzt werden. Da mehrfach Vorschläge des KRM abgelehnt worden waren – unter anderem hatte das Bundesinnenministerium Bedenken gegen einen Kandidaten geäußert –, hat sich das Gremium jedoch noch nicht konstituiert. Die Übergangslösung sieht laut Uni-Pressestellenmitarbeiter Peter Wichmann vor, dass der KRM die Rechte des Beirats wahrnimmt – was wiederum bedeute, dass sich die im KRM vertretenen vier Verbände auf gemeinsame Positionen einigen müssten. Zugleich hätten sich alle an der Diskussion Beteiligten – Uni, NRW-Wissenschaftsministerium und KRM – verpflichtet, weiterhin daran zu arbeiten, den Beirat baldmöglichst zu gründen. „Es ging darum, eine pragmatische Lösung zu finden und handlungsfähig zu werden“, sagte Wichmann der „Glocke“. Beispiel: Die Stellen am ZIT sind bislang befristet besetzt, die Lehrpläne vorläufig. Der Beirat hätte etwa die Professuren entfristen und langfristige Lehrpläne verabschieden sollen. Dies könne nun der KRM machen. „Die Patt-Situation ging auf Kosten der Beschäftigten und der Studierenden“, sagte Wichmann. Wie genau der KRM jetzt seine Mitwirkung organisiert, müsse dieser selbst regeln. Das Ministerium werde den Prozess begleiten. Sehr erleichtert habe sich auch ZIT-Leiter Prof. Mouhanad Khorchide über den Kompromiss gezeigt, so Wichmann weiter. Auch um dessen Person rankt sich die Auseinandersetzung – dem KRM passen Khorchides islam-theologische Thesen nicht. Um seinen Job müsse der Gelehrte jedoch keinesfalls fürchten, betont Wichmann. Wie alle Hochschullehrer sei er von der Uni berufen worden und müsse gegebenenfalls auch von dieser versetzt werden. KRM beziehungsweise Beirat könnten bei Berufungen lediglich Bedenken äußern, wenn ein Kandidat religiösen Grundsätzen widerspreche. Im Fall Khorchide gehe es aber lediglich um die inhaltliche Ausrichtung seiner Lehre. Dies aber sei Sache der Uni. Ähnliches gelte für die Lehrpläne, die ebenfalls von der Hochschule entwickelt werden. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 1. Mai 2014 Autor Teilen Geschrieben 1. Mai 2014 Donnerstag 1. Mai 2014*11:17 «Den Islam salonfähig machen»Interview*Der Religionspädagoge Mouhanad Khorchide lehrt seine Studenten im deutschen Münster eine menschenfreundliche Lesart des Korans. Das nehmen ihm die Islamverbände und Salafisten übel. Peace: Diese junge Muslimin nimmt in Los Angeles an einer Demonstration für den Religionsfrieden teil (2012). Von*Von Michael Meier Die grossen Islamverbände halten Sie für nicht länger tragbar. Sie werfen Ihnen vor, einen weich- gespülten Islam zu dozieren und den Islam der Mehrheitsgesellschaft anzupassen. Was halten Sie dem entgegen?*Das kann ich nicht nachvollziehen. Ich verstehe den Islam sogar strenger, als man ihn gemeinhin versteht. Der Islam darf nicht auf eine äussere Fassade reduziert werden, auf eine rein mechanische Ausübung von Beten und Fasten. Der Kern des Islam ist vielmehr die Vervollkommnung des Menschen als spirituelles und ethisches Wesen: dass man aufrichtig und gerecht ist, sich einsetzt für andere. Das vermisse ich bei einigen, die sagen, sie seien praktizierende Muslime. Sie plädieren für einen angstfreien Islam. Ist der Glaube der Muslime so stark angstbesetzt?*Ich kann nicht für die Muslime allgemein sprechen. Aber man lernt meist an erster Stelle einen strafenden Gott kennen. Ich sage nicht, dass es keine Strafe gibt. Diese aber ist keine Rache Gottes, sondern eine pädagogische Massnahme, Ausdruck von Allahs Barmherzigkeit. Ich strebe an, dass die jungen Menschen nicht aus Angst beten, sondern um Gottes Liebe zu erwidern. Dieser liebende Gott macht Sie für die muslimische Seite verdächtig.*Ja leider. Einige Muslime sagen, wenn das, was Khorchide über den Islam sagt, bei der deutschen Mehrheitsgesellschaft so gut ankommt, dann kann etwas nicht stimmen. Das aber sagt vor allem etwas über die Muslime aus, die mir das vorwerfen: Sie haben offenbar ein Problem mit der Mehrheitsgesellschaft. Suspekt ist für sie, dass ich an einer nicht-islamischen Universität Islam unterrichte. Man unterstellt, es gebe eine Agenda des Staates, der den Islam kaputt machen will. Doch die jungen Studierenden sagen im Gegenteil, dass sie bei uns in der Religionspädagogik etwas lernen, das sie in ihrer religiösen Erziehung vermissten. Die Zahlen sprechen für sich: Im ersten Jahr haben sich 620 junge Muslime, letztes Jahr 1200 beworben. Wir haben insgesamt 400 Studierende aufgenommen. Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime Deutschland, behauptet, dass Sie nicht wie ein Theologe argumentieren, sondern wie ein Orientalist. Sind Sie kein gläubiger Muslim?*Das ist absolut unhaltbar: Würde man meine Bücher wirklich lesen, sähe man, dass ich mich auf die normativen Quellen des Koran und der Hadithe stütze. Das aber ist nicht die Methodik eines Orientalisten, er argumentiert von einer Aussenperspektive her. Mazyek hat weder Islamwissenschaft noch Theologie studiert. Es geht um einen politischen Konflikt. Deshalb platzierte er diesen Vorwurf im Vorfeld des Besuches von Bundespräsident Joachim Gauck, der das Zentrum für Islamische Theologie vergangenen November besucht hatte. Gauck aber gibt Ihnen Schützenhilfe.*Ja, der Bundespräsident sagte mir, dass die deutsche Mehrheitsgesellschaft Werke brauche wie mein Buch «Islam ist Barmherzigkeit». Es ist ein Buch, das die schöne Seite des Islam betont und diesen in Europa salonfähig macht. Ich vertrete einen menschenfreundlichen Islam, der den Menschen ins Zentrum stellt. Es geht folglich um die Deutungshoheit des Islam in Deutschland. Die islamischen Verbände verfechten nur eine von vielen Lesarten des Islam. Ich würde mir wünschen, dass wir den Islam in seiner grossen Vielfalt wahrnehmen. Die Salafisten predigen einen Angst erregenden Gott, der den Geist der Unterwerfung fördert. Ist es also kein Zufall, dass Salafisten wie Pierre Vogel lauthals Ihren Rücktritt fordern?*Es geht auch hier um die Deutungshoheit des Islam, die die Salafisten für sich beanspruchen. Es geht um Macht und um ein soziales Phänomen: Viele junge Menschen, vor allem von der Gesellschaft marginalisierte Schulabbrecher oder Arbeitslose, fühlen sich dort wohl. Die Salafisten geben ihnen ein Wir-Gefühl, eine Identität und Heimat. Die Mehrheitsgesellschaft schafft es nicht, den Muslimen zu vermitteln, dass sie dazugehören. Die Salafisten nehmen diese Polarisierung auf, indem sie sagen: wir Muslime und ihr Europäer. Unsere Ausbildung ist für sie eine Konkurrenz, da bei uns so viele junge Menschen Religionslehrer werden wollen. Ich bin Pierre Vogel aber dankbar, dass er uns in seinen Kreisen thematisiert. So habe ich Zugang zu den jungen Salafisten. Sie lesen meine Bücher und mailen mir: Wir finden Sie in Ihrer unpolemischen Art überzeugender als Vogel, der immer nur schimpft. In Österreich sind Sie in Ungnade gefallen, als Sie die Haltung der dortigen muslimischen Religionslehrer untersuchten: Ein Drittel lehnte rechtsstaatliche Grundsätze ab, ein Fünftel die Demokratie.*In Deutschland sind die Lehrer Beamte des Staates. In Münster bilden wir Beamte aus. In Österreich hingegen mischt sich der Staat nicht ein, die Muslime sind selber verantwortlich für den Religionsunterricht. Viele Lehrer gehörten damals zu einer demokratiefeindlichen Partei. Natürlich haben sich viele über meine Studie aufgeregt und mich als Nestbeschmutzer beschimpft. Das hat auch eine gute Seite: Man hat seither in Österreich den islamischen Religionsunterricht reformiert und die Bildungsangebote professionalisiert. In der Schweiz will der Staat im Herbst an der Universität Freiburg eine Ausbildung für Imame installieren. Was muss er dabei beachten?*Die Ausbildung der Religionslehrer sollte theologisch, pädagogisch und didaktisch sehr professionell sein. Man muss darauf achten, dass sich die Lehrer nicht einfach als Sprachrohr ihrer Theologie verstehen, sondern schülerorientiert unterrichten. Sie müssen ihre Theologie und den Lebenskontext der Studierenden in Einklang bringen. Das heisst, dass der Staat für entsprechende Qualifikationsmassnahmen sorgen muss. In Ihrem neuen Buch fordern Sie eine Abkehr von der Scharia als juristisches Regelwerk. Ist das nicht gerade ihr Wesen?*Die Scharia als juristisches Regelwerk ist ein Konstrukt der Gelehrten und nicht im Sinne des Koran. Lediglich 80 der 6234 Verse sprechen juristische Massnahmen an. Verstünde sich der Koran als juristisches Regelwerk, würde er aus lauter Paragrafen mit juristischen Geboten bestehen. Deshalb sind manche Scharia-Gebote zu hinterfragen. Zum Beispiel: Wenn ich meiner Frau verbiete, Auto zu fahren, komme ich dann Gott näher? Das Verhältnis zu Gott darf doch nicht juridisch definiert sein, sondern durch eine Beziehung des Vertrauens. Muss man die im Westen für die Bibel etablierte historisch-kritische Methode auf den Koran über- tragen?*Nicht eins zu eins. Die Bibel ist eine andere Literaturgattung als der Koran. In der Bibel gibt es viel historisches Material: Daten, Fakten, Namen, die man überprüfen kann. Im Koran gibt es so gut wie keine Daten, Namen und Orte. Trotzdem müssen wir den Koran historisch kontextualisieren, wenn es dort punkto Erbschaft etwa heisst, dass die Tochter nur die Hälfte erbt. Das wird zum Problem, wenn wir das als historisch gültig für alle Zeiten nehmen. Versuchen wir das im Kontext zu verstehen, sehen wir, dass in der Stammesgesellschaft vor Mohammed die Töchter gar nichts geerbt haben, weil mit der Heirat alles an den anderen Stamm gegangen wäre. Mohammed wollte die Stammesstruktur abschaffen und deklarierte, dass auch die Töchter etwas erben. Das war ein revolutionärer Schritt, darum konnte Mohammed die Gleichberechtigung nur sukzessive einführen. Und die fehlende Aufklärung im Islam, ist das Realität oder Klischee?Wenn wir von Aufklärung sprechen, ist nicht die europäische Aufklärung gemeint im Sinne der Emanzipation des Islam von einer Kirche. Die gibt es nicht. Unser Problem ist ein anderes. Von den Mutazilliten bis zu den Salafisten – stets wurde der Islam politisch instrumentalisiert. Bei uns hat nicht eine religiöse Instanz die Politik verändert, sondern umgekehrt. Der Islam muss sich selber schützen, indem er sich von der Politik löst. Politiker sollten religiöse Menschen sein, nicht aber die Deutungshoheit des Islam für sich beanspruchen, weil sie ihn immer so deuten, dass er ihren Interessen dient. Bis heute fehlt im Grossteil der arabischen Welt diese Emanzipation von der Politik. War das nicht das Ziel des Arabischen Frühlings?*Soll der Arabische Frühling Früchte tragen, müsste er die Trennung von Religion und Politik einfordern. In Ägypten war es umgekehrt. Der Islam wurde durch die Muslimbrüder erst recht instrumentalisiert. Das aktuelle Militärregime erinnert stark an Mubarak und stärkt wiederum die Seite, die den Islam instrumentalisiert. Man wird aus diesen Erfahrungen lernen. Bei den nächsten Wahlen werden die Menschen reflektierter sein. Das ist ein Prozess. (Der Bund) Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 14. Mai 2014 Autor Teilen Geschrieben 14. Mai 2014 Mi, 14.05.2014, 9:00 Schonzeit für den muslimischen Theologen Khorchide Islamverbände bauen Studium in Münster aus – am Leiter vorbei Von Hermann Horstkotte (KNA) Münster (KNA) "Wir tun alles, um die theologische Ausbildung und damit die Berufschancen der Studierenden in Münster zu verbessern." Das verspricht der Vorsitzende des bundesweiten Koordinationsrates der Muslime (KRM), Ali Kizilkaya. Dieser Dachverband wacht seit vorigem Monat über die Glaubenstreue von Lehre und Forschung an der Universität, so wie das die Kirchen bei den christlichen Theologien tun. Der von den Verbänden abgelehnte Leiter des Zentrums für Islamische Theologie (ZIT), Mouhanad Khorchide, muss dennoch keine Konsequenzen fürchten - zumindest vorerst. Beim Fach Theologie verlangt das Grundgesetz eine Partnerschaft zwischen den staatlichen Hochschulen und den Religionsgemeinschaften. Aber mehr als zwei Jahre lang gelang das in Münster nicht. Da die muslimischen Verbände vom Staat nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt sind, sollte zunächst ersatzweise ein Beirat über Lehrinhalte- und -personal befinden, in den KRM und Uni jeweils vier Vertreter berufen. Nach zahlreichen Querelen über die Besetzung des Beirats beschloss der Senat der Hochschule, dass der KRM die Funktion des Beirats übernimmt. Dieser und der Religionspädagoge Khorchide liegen aber über Kreuz. Der Wissenschaftler hält die KRM-Vertreter für "überfordert", über Lehrinhalte zu entscheiden, "weil sie die theologischen Kompetenzen dafür nicht besitzen". Der KRM seinerseits erklärte im vergangenen Dezember jede "Zusammenarbeit" mit Khorchide für "nachhaltig zerrüttet und irreparabel beschädigt". Wie soll da ein Neuanfang glücken? Dafür saßen im Februar die Uni-Rektorin Ursula Nelles und der KRM erstmals an einem Runden Tisch im nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerin zusammen. Die nächste Sitzung ist für Juni geplant. "Der Runde Tisch ist keine Einrichtung, an der über Glaubensfragen oder etwa Herrn Khorchide diskutiert wird", stellt Ministeriumssprecher Hermann Lamberty klar. Vielmehr gehe es dort darum, überfällige Aufgaben bis spätestens Ende 2015 einvernehmlich zu erledigen. Dazu zählen die Formulierung bekenntnisgebundener Studien- und Prüfungsordnungen sowie die Berufung weiterer Professoren neben Khorchide - beispielsweise für die Korandeutung, die Geschichte oder das Recht des Islam. Vergleichbare Islamzentren an den Unis in Osnabrück, Frankfurt, Erlangen und Tübingen haben längst solche Lehrstühle für die Grundlagenfächer. Für die Verbände könnte folgende Rechnung aufgehen: Wenn in Münster ein halbes Dutzend Professoren berufen wird, könnte das die derzeit exponierte Stellung Khorchides relativieren. Die Institutsleitung wechselte dann ohnehin zwischen den gleichberechtigten Hochschullehrern. Damit würde sich das Islam-Zentrum von selbst stabilisieren und in den universitären Normalbetrieb übergehen. Der Problemfall Khorchide bleibt jedenfalls in der Schwebe. KRM-Sprecher Kizilkaya bekräftigt zwar, dass der Dachverband als anerkannter Uni-Partner dem Theologen "aus religiösen Gründen" jederzeit die Rote Karte zeigen und vom bekenntnisgebundenen Lehrstuhl verdrängen könne. Auch gelte das vom KRM in Auftrag gegebene und im Dezember veröffentlichte Negativ-Gutachten über Khorchide für die Verbände nach wie vor. Zugleich bestätigt Kizilkaya aber, dass die Personalie Khorchide kein Thema am Runden Tisch sei. Damit stellt das KRM-Gutachten nur eine Gelbe Karte dar, also eine Verwarnung. Das hindert Khorchide keinesfalls, die Verbände zu kritisieren. Anfang Mai warf er in einer Schweizer Zeitung dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, vor, weder Islamwissenschaftler noch Theologe zu sein, also keine fachliche Kompetenz zu haben. Der Zentralrat ist einer der vier Verbände unter dem Dach des KRM. Die gegenseitige Geringschätzung schließt eine Verständigung aber offenbar nicht gänzlich aus. So hat Khorchide jüngst den zweiten ZMD-Vorsitzenden, einen annähernd 50 Jahre alten Imam, als spätberufenen Doktoranden angenommen und als wissenschaftliche Hilfskraft eingestellt. Womöglich lassen sich auf diese Weise die tiefen Gräben zwischen dem Professor und den Verbänden überwinden. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 22. Oktober 2014 Autor Teilen Geschrieben 22. Oktober 2014 [h=2]Universität Münster[/h][h=2]Lehrauftrag für Bekir Alboğa am ZIT sorgt für Unmut[/h]DITIB-Generalsekretär Bekir Alboğa hat eine Lehrtätigkeit am Zentrum für Islamische Theologie an der Universität Münster (ZIT) aufgenommen. Dies sorgt für Unmut. Alboğa spricht von einer privaten Entscheidung. Unterdessen gibt es auch Bewegung im Streit zwischen KRM und ZIT. Das Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) an der Universität Münster steht wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Hintergrund ist eine bekanntgewordene Personalie. Der Generalsekretär der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), Bekir Alboğa, hat einen Lehrauftrag am ZIT aufgenommen. Viele fragen sich nun: Was ist aus dem Gutachten des Koordinationsrates der Muslime (KRM) zu den Thesen von Prof. Mouhanad Khorchide geworden? Und ist die Stellungnahme der DITIB zur Person Khorchide noch gültig? Zur Erinnerung: Der KRM hatte mit der Veröffentlichung seines theologischen Gutachtens zu den Thesen von Prof. Khorchide in seinem Buch „Theologie der Barmherzigkeit“ eine weitere Zusammenarbeit mit dem Münsteraner Professor ausgeschlossen. Die DITIB erklärte in einer eigenen Stellungnahme vorab, dass Prof. Khorchide in „seiner Funktion nicht tragbar“ sei. Auf Nachfrage bestätigte der aktuelle Sprecher des KRM, Erol Pürlü, dass sich die Positionen des KRM nicht geändert haben. Man sei in Kontakt mit den verantwortlichen Stellen und tausche sich aus. Die Lehrtätigkeit von Alboğa am ZIT sei zudem keine KRM-Entscheidung gewesen, sagte Pürlü. Auch Ali Kızılkaya, Vorsitzender des Islamrates für die Bundesrepublik, zeigte sich gegenüber IslamiQ überrascht von der personellen Verstärkung für das ZIT. „Ich bin über den Schritt überrascht und hätte es so nicht erwartet“, sagte Kızılkaya. Man habe als KRM erst vor kurzem gemeinsam festgestellt, dass manche, auch in der Öffentlichkeit diskutierte, Positionen von Mouhanad Khorchide weder mit dem wissenschaftlichen Anspruch noch mit der Selbstverpflichtung zur bekenntnisgebundenen islamischen Theologie konformgehen würden. „An dieser Position halten wir als Islamrat fest“, betonte Kızılkaya. [h=2]Alboğa: Meine persönliche Entscheidung[/h]Bekir Alboğa selbst hat mit einem solchen Trubel gerechnet. Er sieht die Dinge allerdings anders. Gegenüber IslamiQ erklärte er, dass seine Tätigkeit am ZIT auf eine persönliche Einladung von Universitätsrektorin Ursula Nelles zurückgehe. Zugleich habe er von verschiedenen Studenten am ZIT immer wieder Kritik gehört, dass man sie im Stich lasse. Alboğa habe den Ruf für einen Lehrauftrag daher nur angenommen, weil es in seine akademische Karriere passe und er sich verantwortlich für die Studenten fühle. Allerdings betont der Islamwissenschaftler: „Es ist meine persönliche Entscheidung und hat nichts mit meinem Amt oder gar der DITIB zu tun.“ An den Positionen der DITIB habe sich nichts geändert. Auch ist die Arbeit am ZIT für Alboğa, der jahrelang für seine Dissertation zum Thema „Politik, Moral und Theologie: Analytische Betrachtung der Lehren von Abū’l‐Ḥasan al‐Māwardī (974–1058), Qāḍī (Oberrichter) im islamischen Kalifat der Abbasiden‐Sein Leben und seine Gedankenwelt“ forschte und an der Universität Heidelberg promovierte, begrenzt. An zwei Wochenstunden gibt er nach eigenen Angaben Vorlesungen für höhere Semester unter dem Titel: „Interreligiöses Gespräch und dialogischer Austausch“. Den Unmut verschiedener Seiten kann Alboğa verstehen, er bittet jedoch auch um Verständnis für seine persönliche Entscheidung. „Es war eine Chance für mich, nach jahrelanger Arbeit an meiner Dissertation und akademischen Laufbahn, einen Lehrauftrag an einer Universität zu erhalten. Und ich möchte betonen: Ich lehre dort als Dr. Alboğa und nicht als Generalsekretär der DITIB.“ [h=2]Bewegung im Fall Khorchide?[/h]Unterdessen scheint es auch Bewegung im Streit zwischen KRM und ZIT zu geben. So soll der KRM die technischen Bedingungen für die Beiratslösung am ZIT geklärt haben und wartet nun auf die Berufung des Beirats. Gleichzeitig soll sich Prof. Mouhanad Khorchide in einer persönlichen E-Mail an die Religionsgemeinschaften gewendet haben, um für einen Neuanfang in den Beziehungen zu werben. Mit der Berufung des Beirats und einem Neustart im Dialog könnte in Münster wieder Ruhe einkehren. Die endgültige Berufung von Professoren, die jetzigen Professuren sind nur befristet, steht am ZIT weiterhin aus. Diese können nur mit dem Beirat, der vom KRM gestellt werden soll, vorgenommen werden. Es bleibt also weiterhin spannend. (as) IslamIQ, 21.10.2014 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 23. Oktober 2014 Autor Teilen Geschrieben 23. Oktober 2014 [h=2]Ein offener Brief an Prof. Dr. Khorchide[/h] 23. Oktober 2014 um 13:17 Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Khorchide, As-Salamu aleikum, mit großer Freude habe ich erfahren, dass Sie die Stiftung Weltethos bezüglich meiner Person kontaktiert haben, wenn auch der Inhalt Ihrer Mail alles andere als erfreulich war. Aber dennoch freut es mich, da trotz allem dies Ausdruck eines Diskurses ist, von dem wir in der muslimischen Community Deutschlands ohnehin zu wenige haben. Ich möchte nun auf Ihr Schreiben eingehen. Vorab, um frei meine Meinung äußern zu können, ohne das Dritte davon einen Nachteil haben, sei Ihnen versichert, ich schreibe diese Mail nicht als Mitarbeiter der Stiftung Weltethos und auch nicht als Islamwissenschaftler, sondern einfach nur in meinem Namen. Beginnen möchte ich mit einer Anekdote. Im Rahmen der Veranstaltung Orientierungen und Identitäten muslimischer Jugendlicher am 30. November 2011 sahen Sie sich auf dem Podium – ich glaube – seitens Prof. Dr. Hans-Jürgen von Wensierski der Kritik hinsichtlich der von Ihnen erstellten Statistiken ausgesetzt. Ihre Methodik wurde, soweit ich mich erinnere bezüglich ihrer Wissenschaftlichkeit in Zweifel gezogen. Anschließend kamen Sie zu mir und äußerten frustriert, Sie könnten nicht verstehen, warum die Menschen Sie immer kritisieren würden. Damals erwiderte ich Ihnen freundschaftlich, dass niemand Sie als Person kritisiert habe, sondern nur Ihre Statistiken und Thesen. Es gilt stets zu unterscheiden zwischen einer Sach- und einer Personenkritik. Mit Hinblick auf Ihre Mail wird mir deutlich, dass Sie meinen damals gutgemeinten Rat leider nicht verstanden haben und wir nun vor einem Berg voller Missverständnisse und bösem Blut stehen. Aber solche Berge kann man mit gutem Willen abtragen. In Ihrer Mail äußern Sie sich verwundert, dass ich mich mit Ihrem Buch Islam ist Barmherzigkeit auseinandergesetzt habe. Sie vermuten, dies sei deshalb geschehen, da ich mich einmal bei Ihnen für eine ausgeschriebene Stelle beworben habe und diese angeblich nicht bekommen hätte, folglich wäre ich in meinem Ego verletzt und hätte es mir zum Lebensziel gesetzt, Sie zu vernichten. Das ist eine interessante These. Erlauben Sie mir ein paar Puzzlestücke hinzu zufügen, die Ihnen sicherlich bloß entfallen sind. So erhalten wir dann ein besseres Gesamtbild. Unsere erste Begegnung war auf dem Zukunftsforum Islam in Brühl 2010. Sie hatten dort einige Ihre Thesen vorgestellt und wir beide sind dann in einen sachlichen Wettbewerb um das bessere Argument getreten, da mir Ihre These nicht sehr durchdacht vorkamen. Schon damals waren Sie – verzeihen Sie, dass ich das so schreibe – beleidigt und warfen mir vor, ich könne nicht gut zuhören. Aber ich versichere Ihnen Zuhören, Denken und Schreiben gehören zu meinen großen Stärken. Damals schon, also lange vor irgendeiner Bewerbung, habe ich mich nicht gescheut, kritische Fragen an Ihre Thesen zu stellen. Um Ihre Person ging es dabei nie. Es geht mir um den Austausch von Argumenten. Gerade im Diskurs erleben wir doch, wie stark oder schwach unsere Argumente sind, können durch Gegenargumente zum Nachdenken gebracht werden, ja es kann sogar zur Herausbildung eines besseren Argumentes kommen. Sie sehen, ich bin ein sehr diskursfreudiger Mensch. Im Anschluss an die Podiumsdiskussion waren Sie es, der mir vorschlug sich bei Ihnen nach meinem Abschluss zu bewerben. Wenig später waren Sie es, der mir sogar eine mündliche Stelle zusagte. Die treibende Kraft waren Sie. Schließlich erhielt ich auch eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch in Münster. Nur zu diesem Zeitpunkt gab es bereits einen Riss zwischen Ihnen und den Verbänden. Ihre theologischen Positionen standen communityweit in der Kritik. Ebenso schreckte mich Ihr Umgang mit Frau Ugljanin ab, der gänzlich im Kontrast zu der geschriebenen Theologie, die Sie vertreten, steht. Dies und einige andere Beobachtungen veranlasste mich, dass Bewerbungsgespräch abzusagen. Der Lehrstuhl in Münster hatte zu diesem Zeitpunkt einen dermaßen schlechten Ruf in der Community – ob berechtigt oder unberechtigt –, dass ich meine eigene Reputation schützen wollte. Ich kann Ihnen von daher versichern, dass ich keine Ressentiments Ihnen gegenüber verspüre. Um ehrlich zu sein, bis Anfang 2013 hatte ich Ihr Buch noch gar nicht gelesen. Wenn ich wirklich eine abgrundtiefe Wut gegen Sie hegen würde, hätte ich es mir wohl direkt nach Erscheinen im Oktober 2012 gekauft und wäre Teil des Chors Ihrer Kritiker geworden. Sogar von meinem Vorhaben, eine Rezension zu Ihrem Buch zu verfassen, rückte ich ab, da ich mein Denken in keinster Weise politisch instrumentalisieren lassen wollte. Erst mit einem Angebot eine Vorlesungsreihe zum Islam in Luxemburg zu halten, die den Islam auf der Höhe der Zeit und in der Auseinandersetzung mit anderen theologischen Positionen darstellen sollte, schlug ich Ihr Buch auf. Ich fand Ihre Thesen sehr interessant, aber entdeckte allerorts blinde Flecken in Ihren Überlegungen. Dennoch war Ihr Buch spannend genug, um es in meiner Vorlesung aufzunehmen. In meinen Vorlesungen gehe ich auf die Sachargumente unterschiedlicher muslimischer Gelehrter, Philosophen und Mystiker ein. Um einige Namen zu nennen: Al-Farabi, Al-Ghazali, Al-Afghani, Muhammad Iqbal, Al-Halladsch, Al-Dschunaid, Maududi, Aboldjavad Falaturi, Schabestari und natürlich gehe ich auch auf einige Punkte aus Ihrem Buch ein. Diese Vorlesungen stießen in Luxemburg auf sehr großes Lob und wurden von niemandem als Polemik gegen Ihre Person empfunden. Lassen Sie mich noch eines erwähnen, bevor ich fortfahre. Ich bin Mitarbeiter der Stiftung Weltethos, aber mein Bekanntheitsgrad und meine Expertise auf bestimmten Themengebieten führt dazu, dass ich eine große Anzahl an Vortragsanfragen erhalte, die sich von Sufismus, über Salafismus bis hin zur Integrationsdebatte erstrecken. Meine Aufgabe ist es a) zu einer Versachlichung dieser Debatten beizutragen und b) meiner Zuhörerschaft ein größeres Gesamtbild zu vermitteln. Aber inhaltliche Positionen sind die meine. Wenn ich beispielsweise Pierre Vogels Thesen kritisiere, dann bedeutet dies: Muhammad Sameer Murtaza kritisiert Pierre Vogel. Aber es heißt nicht: Die Stiftung Weltethos kritisiert Pierre Vogel. Ebenso wenn ich eine Vortrags- oder Interviewanfrage erhalte, bei der ich gebeten werde, mich mit Ihren Thesen auseinanderzusetzen, so bedeutet dies: Muhammad Sameer Murtaza setzt sich mit der These xy auseinander. Als ich nach Deutschland zurückkam, befand sich die Diskussion um Ihre Thesen – nicht um Ihre Person – auf dem Höhepunkt. Zahlreiche Vortragsanfragen seitens muslimischer Hochschulgruppen ereilten mich, die mich gerne als Islamwissenschaftler und Denker hierzu sprechen hören wollten. Im Zuge meiner Vorträge trug ich einen Teil dazu bei, die Debatte zu Versachlichen und hierfür sollte Sie mir danken. Auf hohem wissenschaftlichem Niveau habe ich neutral Ihre Thesen präsentiert, Ihre theologisch guten Absichten dargelegt und schließlich auf Defekte in Ihrer Argumentationskette hingewiesen. Dies nennt man Diskurs. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie ein Buch publizieren und dann nicht wollen, dass man hierüber in einer wissenschaftlichen Atmosphäre diskutiert. Ansonsten dürfte man ja gar keine Bücher schreiben. Schließlich wurden diese Vorträge gesammelt und ungekürzt, samt Fußnoten und Literaturverzeichnis veröffentlicht. Das Buch hat eine positive Rezension erhalten. Zudem erhielt ich positive Rückmeldungen von muslimischen Theologen. Die Sachlichkeit und Wissenschaftlichkeit meines Buches wurde dabei sehr gelobt. Niemand entdeckte darin Polemik oder einen Angriff auf Ihre Person. Nun schreiben Sie mir zu meiner großen Überraschung, dass der von mir sehr geschätzte Herr Dr. Karimi Sie in Ihren Vorwürfen unterstützt. Ich soll Hetze gegen Sie betreiben. Ich soll Sie zum Nichtmuslim erklärt haben. Ich soll damit indirekt einen Tötungsbefehl ausgesprochen haben, denn wir alle kennen ja die Stellung des murtadd in der klassischen Rechtswissenschaft. Weiter soll ich dadurch mich als Wissenschaftler disqualifiziert haben. Ich halte Herrn Dr. Karimi für einen sehr rechtschaffenden Mann, einen ehrlichen Mann, einen Kenner des Koran, und bin über Ihre Behauptung mein lieber Prof. Dr. Khorchide sehr verwundert. Darf ich aus einer Mail vom 23. Mai von Herrn Dr. Karimi zitieren, die auch der Stiftung Weltethos und meinen Beratern im Original vorliegt: Lieber Herr Murtaza, bitte entschuldigen Sie, dass ich erst dazu komme, Ihnen zu schreiben. Ihr schönes Buch ist bei mir angekommen; mein anfänglicher Verdacht, dass es wunderbar gelungen sei, hat sich bestätigt. Herzlichen Glückwunsch. Betrachten Sie es auf keinen Fall als einen Tückschritt wegen der Publikationsform. Es geht um den Inhalt und wer es liest, vergisst, wie es zur Cerlffebtlichubg gekommen ist. Sagen Sie, wie steht es mit Ihrer Promotion; wir haben in Deutschland nur wenige Menschen mit der Qualifikation und Leidenschaft. Daher meine Frage. Herzlich! Ihr Milad Karimi Mit Einverständnis von Herrn Dr. Karimi würde ich Ihnen natürlich auch das Original zukommen lassen. Vielleicht haben Sie Herrn Dr. Karimi falsch verstanden, denn sein wundervolles Feedback zu meinem Buch verdeutlicht: Herr Dr. Karimi hat dort keine Hetze vorgefunden, er hat dort keine Exkommunizierung vorgefunden, er hat dort keinen Tötungsbefehl vorgefunden, sondern er bestätig die hohe Wissenschaftlichkeit meiner Veröffentlichung, die Ihresgleichen in Deutschland sucht. Mehr noch, mit seiner Nachfrage nach meiner Promotion ist indirekt auch der Wunsch nach Zusammenarbeit am Lehrstuhl Münster zum Ausdruck gebracht worden. Weiter schreiben Sie der Stiftung Weltethos, dass ich ein sehr unaufrichtiger Mensch sei. Lieber Herr Prof. Dr. Khorchide, sicherlich bin ich wie jeder andere ein Mensch mit Schwächen und Fehlern. Niemals würde ich mich hinstellen und sagen, ich sei ein guter Muslim, aber ich halte das Muslimsein für etwas Gutes und schreibe hierüber. Und jeden Tag den Gott mir auf dieser Welt schenkt, beginne ich mit einem Bittgebet, dass Er mir helfe, dass ich meine schwachen Seiten tilge und meine starken Seiten weiter stärke. Wenn Sie mich einer Charakterbeurteilung unterziehen wollen, dann bin ich davon überzeugt, dass verdienstvolle Muslime, wie Dr. Murad Hofmann Ihnen meine Aufrichtigkeit bescheinigen werden. Immer wieder sind Sie in Ihrem Schreiben bestrebt, der Stiftung Weltethos zu verdeutlichen, dass ich ein gefährliches Individuum sei, das Sie zum Apostaten erklärt und damit zu Ihrer Tötung aufruft. Sie schreiben, dass Sie wegen mir unter Polizeischutz stehen, da Sie Drohbriefe erhalten haben, deren Absender auf mein – von Ihrem Kollegen Herrn Dr. Karimi hochgelobtes – Buch verweisen. Wenn Sie gestatten, auch hier möchte ich eine Erinnerung ausgraben. Anfang November 2013 wurden Sie von einem militanten Schreiberling auf Ihrer Facebook-Seite zum Apostaten denuziert. Damals habe ich Sie leidenschaftlich verteidigt und ebenso würde ich es heute tun. Ich bin am wissenschaftlichen Diskurs interessiert, nicht daran, dass Stimmen unterdrückt werden mit unsinnigen Behauptungen. Da Sie mir sehr leid taten schrieb ich Ihnen folgende Mail, die Sie auch im Anhang im Original vorfinden: Asalamu-aleikum, ich habe gerade ihren Post gelesen bgl. Denunziationsversuche. Das ist traurig und einfach nur widerlich. Es tut mir leid, dass manche auf solch schäbige Weise versuchen, Sie zu delegitimieren. Lieber Prof. Khorchide, ich bin da ganz offen, auf theologisch-philosophischer Ebene stimme ich mit vielem in ihrem Buch nicht überein, darüber lohnt es sich doch zu diskutieren, auf einer wissenschaftlichen Ebene, wie Sie es vorgeschlagen haben. Leider waren wir am Freitag am selben Ort, aber in den Rummel haben wir leider nicht zueinander gefunden. Wie wäre es denn, nur ein Vorschlag meinerseits, mit einem Vortragsreihe, wo wir beide einen Diskurs über unterschiedliche Betrachtungsweisen Hölle, Heil, Wahrheit etc. machen würden. Ich würde mich sehr freuen, lieber Prof. Khorchide, ich strecke Ihnen meine Hand aus, niemals meine Faust. In Verbundenheit Muhammad Sameer Murtaza Ich kann mir nicht helfen, aber dies klingt nicht danach, als würde ich irgendwelche Ressentiments gegen Sie haben. Wir waren sogar auf dem Toleranzgipfel in Stuttgart 2013 im gleichen Raum. Warum sind Sie nicht auf mich zugekommen und haben mich zur Rede gestellt, wenn es stimmt, was Sie mir vorwerfen? Auch bin ich verwundert, dass wenn Sie wegen mir unter Polizeischutz stehen, die Polizei niemals auf mich zugekommen ist. Noch konnte ich Polizei und Bodyguards erkennen, die Sie vor mir, dem scheinbar gefährlichsten Muslim Deutschlands, auf dem Toleranzgipfel schützten. Und dabei waren Sie mit mir in der gleichen Halle und unsere Rückzugskabinen befanden sich Tür an Tür. Des Weiteren sollten Sie doch wissen, dass ich ein Anhänger der Lehre der Gewaltlosigkeit bin. Ich verabscheue Gewalt und trete für einen Islam bar jeder Gewalt ein. Hierin folge ich dem Gelehrten Jawdat Said. Gerne können wir also alle Hochschulgruppen bei denen ich vorgetragen habe befragen, ob das, was Sie mir unterstellen, zutrifft. Außerdem erhebe ich in meinen Vorträgen keinen Wahrheitsanspruch, denn ich bin kein Theologe. In meinen Einleitungssätzen hämmere ich dies gerade zu meinem Publikum ein und rate dazu, mir kritisch zu zuhören und nur das anzunehmen, was meinen Zuhörern vernünftig erscheint und das zu verwerfen, dass ihnen unvernünftig erscheint. Wer jedoch Tötungsaufrufe startet, lieber Herr Prof. Khorchide, der erhebt zugleich einen Wahrheitsanspruch. Auch schreiben Sie, dass Sie mich aufgrund meiner hasserfüllten Beiträge auf Ihrer Facebook-Seite als „Freund“ entfernen mussten. Lieber Herr Prof. Dr. Khorchide, ich glaube hier müssen wir näher an den Fakten bleiben. Sie hatten auf Ihrer Seite den Artikel aus der Welt Angriff auf den freundlichen Islam gepostet und daraus zitiert. Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, war es diese Textstelle: Ein Argument aus KRM-Reihen verwerfen die Experten in den Ministerien aber nicht mehr ganz: die Beteuerung, der Streit mit Khorchide sei kein Richtungsstreit zwischen "liberalem und konservativem Islam". Stimmt laut Verfassungsschutz. Ihm zufolge kann man viele der Gegner Khorchides gar nicht als konservativ einstufen. Sie seien schlicht verfassungsfeindlich. Diese Textstelle halte ich im höchsten Maße für bedenklich. Hier wird nahezu ausschließlich das Gutheißen Ihrer Thesen mit Verfassungstreue gleichgesetzt. Heißt dies, dass alle Ihre muslimischen Kritiker Verfassungsfeinde sind? In höflichen Ton habe ich dies auf Ihrer Seite gefragt. Dies und meine in der Hitze des Gefechtes geäußerte Meinung, dass ich es nicht sehr erwachsen oder männlich halte, sich ständig gegenüber Medien und Politik in eine Opferrolle zu begeben, die dazu dient, Mitleid zu erregen und jeden Ihrer Kritiker zu dämonisieren, führten dann auf Facebook zu unserem Bruch. Falls ich mit dieser Bemerkung Ihre Gefühle verletzt haben sollte, dann entschuldige ich mich. Sie müssen verstehen, ich bin sehr geprägt von der Philosophie Muhammad Iqbals, die dazu anleitet, hart zu werden und keine Schwächen zu zeigen. Weiter verweisen Sie in Ihrem Schreiben auf Vortragseinladungen, die Sie von mir erhalten haben. Vorträge, in denen ich mich wissenschaftlich mit Ihren Thesen auseinandersetze. Sie lesen daraus aber die oben erwähnte Hetze. Mein lieber Herr Prof. Dr. Khorchide, würde ich dann Ihnen diese Vortragseinladungen zukommen lassen? Eigentlich wollte ich nur, dass Sie Bescheid wissen, dass ich mich bemühe, die Debatte zu versachlichen. Auch hätte ich mich gefreut, wenn Sie auf mein Angebot, so etwas gemeinsam zu tun, eingegangen wären. Und wenn Sie sich den Teaser zu der Veranstaltung durchlesen, dann sollte Ihnen auffallen, dass der Teaser mit Fragen gespickt ist, die während der Debatte in der Community immer wieder gestellt wurden. Die Sätze enden stets mit einem Fragezeichen. Ein Fragesatz ist aber kein Aussagesatz. Vielleicht wußten Sie dies nicht und so kam es zu diesem Missverständnis. Weiter hat ein Teaser die Funktion, das Publikum auf die Veranstaltung neugierig zu machen. Aber in meinen Veranstaltungen hatten wir es dann mit einer Versachlichung der Debatte zu tun. Zahlreiche Studenten aus Münster nahmen beispielsweise an meinem Vortrag in Dortmund teil und bis heute bin ich mit Ihren Studenten in einem herzlichen Kontakt. Glauben Sie nicht, dass bei Hetze oder Polemik einer aufgestanden wäre und mir widersprochen hätte? Sogar ein Journalist kam auf mich zu nachdem er mein Buch gelesen hatte und sah es als hilfreich an, um die Debatte um Ihre Thesen zu versachlichen. Zu einem geplanten Beitrag kam es dann aber aus anderen Gründen nicht. Vielleicht hätten Sie einfach zu einer meiner Veranstaltungen kommen sollen, um sich ein eigenes Bild zu machen. Vielleicht haben Sie mich auch nicht richtig gelesen. Ich verstehe Sprache auch als ein spielerisches Element und versuche dem Schreibstil Nietzsches nachzueifern. Da gibt es dann mal provokante Fragen, Ironie und Witz in meinen Texten. Kann es sein, dass Sie dies nur nicht herauslesen konnten? Ja, einfach missverstanden haben? Rechtfertigt dies aber, solche Behauptungen über meine Person zu verkünden? Lieber Herr Prof. Dr. Khorchide, seien Sie versichert, dass ich Ihnen nicht böse bin aufgrund Ihres Schreibens. Ich bin gerne bereit es als Missverständnis abzulegen. Allerdings möchte ich Sie um etwas Bitten. Mir ist zugetragen worden, dass Sie auf ähnlichem Wege und mit fast den gleichen Argumenten auch gegen andere Personen vorgegangen sind, die Sie sachlich kritisierten. Sei es der angesehene Journalist Eren Güvercin, sei es Herr Sulaiman Wilms von der Islamischen Zeitung oder Herrn Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime, um nur einige zu nennen. Auch haben Sie in Ihrem Schreiben abermals den Verbänden unterstellt Hetze gegen Sie zu betreiben. Dabei hat sich doch gerade die Lage zwischen Ihnen und den Verbänden entspannt. Die DITIB geht auf Sie zu und lädt Sie zu Veranstaltungen ein. Mit solchen Äußerungen zerschlagen Sie doch das gerade geklebte Porzellan wieder. Ich kann verstehen, dass es ärgerlich ist, wenn die eigenen Thesen von so vielen Seiten kritisiert werden. Aber bitte unterscheiden Sie zwischen Sach- und Personenkritik. Ich kann auch verstehen, dass man aufgrund von Ressentiments manchmal emotional und wütend reagiert. Aber die Erfindung falscher Tatsachen schadet nicht nur Ihrer Glaubwürdigkeit, sondern auch dem Lehrstuhl in Münster. Ihre Aussagen stehen konträr zu dem obigen Mailverkehr. Weiter behaupten Sie, dass in nahezu fast jedem Artikel, den ich in den letzten Monaten geschrieben habe, wie auch in fast jedem Vortrag, den ich gehalten habe, ich Sie zum Apostaten erklärt habe und damit zu Ihrer Tötung aufgerufen habe. Dies sind sehr gewichtige Vorwürfe. Im Grunde diffamieren und kriminalisieren Sie mich ohne Fakten vorzulegen. Sie stellen nur Behauptungen auf und bringen sich in Widerspruch zu diesen. Damit gefährden Sie ungemein Ihre Glaubwürdigkeit. Ich habe Ihnen eine Liste all meiner Artikel in den vergangenen 12 Monaten beigelegt. Ich wäre erpicht darauf zu erfahren, wo Sie Gegenstand meiner Artikel sind. In der Tat habe ich in den 15 veröffentlichten Artikeln Sie nur ein einziges Mal erwähnt. Dabei ging es um Ihre Anwendung des Begriffes kafir, den ich nicht gutheiße. Schließlich gibt es noch ein Interview auf IslamiQ, bei dem es um die Sachfrage der Theodizee geht. Vielleicht missverstehe ich etwas, aber Sie werden doch nicht sachliche Kritik schon als Tötungsaufruf sehen, oder? Wenn wir sachliche Auseinandersetzungen um Thesen in Deutschland unter Strafbestand stellen oder Personen durch Anschuldigungen mundtot machen wollen, dann gefährden wir den Diskurs insgesamt. Ich bin in islamischer Brüderlichkeit gerne bereit davon abzusehen irgendwelche juristische Maßnahmen zu ergreifen, da ich am Diskurs interessiert bin. Aber ich erwarte, dass Sie Ihre oben gemachten Aussagen, nicht nur gegen mich, auch gegen andere Personen, einstellen. Dies ist in einer Wissensgesellschaft nicht der Weg, wie wir miteinander umgehen. Und wenn Sie glauben, dass ich Ihre Thesen falsch verstehe, dann lassen Sie uns dies im Gespräch klären, aber nicht über den Weg, den Sie nun eingeschlagen haben. Worüber ich mich aber sehr in Ihrem Text gefreut habe, ist der Umstand, dass Sie sich um meine wissenschaftliche Karriere sorgen. Das finde ich sehr lieb von Ihnen. Meine bisherigen Publikationen werden nun sogar im Ausland gelesen und haben positive Rezensionen erhalten, da Sie dem Frieden dienen. Sogar in Pakistan ist man auch mich aufmerksam geworden, wo ich der Stiftung Hamdard Islamicus als wissenschaftlicher Gutachter bzgl. Philosophie und Theologie zur Seite stehe. Als Referent bin ich im In- und Ausland gefragt. Vieles von mir wird veröffentlicht. Also machen Sie sich hier bitte keine Sorgen. Um also jedes weitere Missverständnis auszuschließen: Bei diesem Schreiben handelt es sich um kein Hetzschreiben noch erkläre ich Sie zu einem Apostaten, noch habe ich dies jemals getan. Ich halte Sie für einen Muslim, habe ich immer. Aber ich kritisiere viele Ihrer theologischen Positionen. Dies ist nichts Verbotenes und auch nichts Verwerfliches. In Hochachtung, wenn aber auch im inhaltlichen Dissens Ihr Muhammad Sameer Murtaza Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 24. Oktober 2014 Autor Teilen Geschrieben 24. Oktober 2014 Verwirrung um die Causa Khorchide, der barmherzige Umgang untereinander im Kontext neuerlicher Beschuldigungen und ein Wort zum neuen Gastdozenten Bekir Alboga Der Wissenschaftler und Buchautor Muhammad Sameer Murtaza sieht sich eines extremen Vorwurfs seitens Prof. Khorchide ausgesetzt. Es steht hierbei u.a.die Aussage von Herrn Khorchide in einem Brief an die Stiftung Weltethos im Raum, wonach Murtaza, die muslimischen Verbände und die „Salafisten" ihn, Khorchide zum Ungläubigen erklärt hätten und Hetze betreiben, so dass er im Nachgang Drohbriefe erhält, die einen Polizeischutz notwendig machen. Murtaza widerlegt diese Behauptungen mit Zuhilfenahme von Fakten, des Lobes für sein letztes Buch (welches besonders den Zorn von Khorchide hervorrief) durch Khorchide Kollege Milad Karimi und den angeblich gescheiterten Versuch in Münster anzuheuern, dezidiert in einer Stellungnahme: https://www.facebook.com/notes/902252733126156/ Solche rufschädigenden Behauptungen müssen natürlich belegbar sein. Die fehlen aber nun, denn in Wirklichkeit zeigt sich ein ganz anderes Bild; ich selber habe z.B. Herr Khorchide bei aller deutlichen Kritik mehrfach und stets gegenüber den Neosalafisten, die ihn als Ungläubigen bezichtigen, in Schutz genommen, siehe z.B. KNA-Interview vor einigen Monaten: http://islam.de/23013. Genauso habe ich auch Khorchide für seine Aussagen kritisiert, die Neosalafisten in die Nähe Unglaubens zu bringen; finde überhaupt diese inquisitorischen Takfir-Veranstaltungen als das Übelste im Moment, was der muslimische Raum zu bieten hat. Und abgesehen von der menschlichen Tragödie, die Zerstörungswut von Reputation, die solche Unterstellungen hervorbringen können, blicke ich, ehrlich gesagt, da nicht mehr ganz durch. Was hat das noch mit einem wissenschaftlichen, gar barmherzigen Umgang zu tun? Zugegeben, Murtaza kritisiert Khorchide recht hart, aber nicht mit inquisitorischen Mitteln. Will man darauf reagieren, sollte man dies ebenso sachlich tun, dabei aber strikt den wissenschaftlichen Ethos achten und den der freien Meinungsäußerung. Der Verwirrung nicht genug, dennoch durchaus entschärfend und positiv in seiner Wirkung, Khorchides Brief vorgestern an den KRM (Koordinationsrat der Muslime mit DITIB, Islamrat, VIKZ und ZMD), wo er die Hand „der Versöhnung“ reicht und zu Überraschung aller erklärt, dass er die Kritik des KRM-Gutachtens sosehr ernst nimmt, dass er in der nächsten Auflage auf alle Punkte eingehen und sie korrigieren will. Nach dem neuerlichen Vorgehen um die Causa Khorchide will ich das trotzdem glauben, tue es aber endgültig und abschließend, wenn ich vorher das Manuskript gelesen habe. Ein Satz noch zur neuen Dozententätigkeit von Herrn Dr. Bekir Alboga (DITIB) in Münster. In jedem anderen Fall – ohne vorherige Eskapaden und Belastungen - wäre ein solcher Schritt positiv zu bewerten. Bedeutet er doch eine Normalisierung der Beziehung zwischen Wissenschaft, Religionsgemeinschaft und Staat. Hier liegt der Fall insofern etwas anders, weil im Fall Münster immer noch keine Normalität eingekehrt ist. Dennoch: Das KRM-Gutachten steht, umso mehr nachdem Herr Khorchide sich nun laut eigener Aussage dran macht, es in seiner Neuauflage zu verarbeiten. Im KRM haben wir Herrn Alboga geraten, die Vorlesung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Aber vielleicht hatte man bei DITIB das ständige Tohuwabohu in Münster satt und will nun mit Präsenz vor Ort für Ordnung sorgen. Abgestimmt im KRM war der Schritt jedenfalls nicht. Aiman Mazyek, 24.10.2014 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 12. Dezember 2014 Autor Teilen Geschrieben 12. Dezember 2014 12.12.2014 Verbände verpflichten sich zur Mitwirkung bei Personal-EntscheidungenErste Einigung im Streit um Islam-Lehre in Münster Münster -*Im bundesweit beachteten Streit um die Ausrichtung der islamischen Theologie an der Universität Münster gibt es eine erste Einigung. Die Islam-Verbände haben sich per Unterschrift zur Mitwirkung bei Personal-Entscheidungen verpflichtet.**Foto: dpa/Rolf VennenberndWie Uni-Sprecher Norbert Robers der Deutschen Presse-Agentur am Freitag bestätigte, trägt das dreiseitige Regelwerk die Unterschriften von DITIB, Islamrat, VIKZ (Verband der islamischen Kulturzentren) und ZMD (Zentralrat der Muslime in Deutschland).Auch Erol Pürlü, aktueller Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, bestätigte die Einigung auf Nachfrage. Damit kann die Uni jetzt die seit Jahren nur unter Vorbehalt getroffenen Personal-Entscheidungen gemeinsam mit den Verbänden vollenden. So war der stellvertretende Leiter des Zentrums für Islamische Theologie, Milad Karimi, wegen des Streits nur mit einem Zeitvertrag ausgestattet.Hintergrund ist ein Streit der Uni Münster mit Vertretern von Islam-Verbänden um den Kurs des Hochschullehrers Mouhanad Khorchide, Autor des Buches „Islam ist Barmherzigkeit. Grundzüge einer modernen Religion“. Seit Gründung des Zentrums für Islamische Theologie in Münster im Oktober 2011 hat sich ein vorgesehener Beirat nicht konstituiert. Immer wieder war ein erstes Treffen an den von den Islam-Verbänden vorgeschlagenen Kandidaten gescheitert. Für Personal-Entscheidung war die Arbeit des Beirates allerdings zwingend vorgeschrieben. Das neue Regelwerk gilt als Übergangslösung bis Ende 2015 und war durch Vermittlung des Wissenschaftsministeriums in Düsseldorf zustande gekommen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 16. August 2015 Autor Teilen Geschrieben 16. August 2015 Überarbeitungen in „Islam ist Barmherzigkeit“ 15 AUG Islam, Islamische Theologie, Islamische Theologie, Islamwissenschaft, Islamwissenschaften Bilal Erkin, M.A. Wie einige von euch vielleicht mitbekommen haben, gibt es seit einigen Monaten eine überarbeitete Version des Buches „Islam ist Barmherzigkeit“ von Prof. Dr. Mouhanad Khorchide. Ich habe mir die Frage gestellt, welche Stellen im Buch „überarbeitet“ worden sind. Um der Debatte die notwendige Transparenz zu ermöglichen, habe ich die wichtigsten Überarbeitungen zusamengefasst. Damit kann eine fundierte Meinung über die Thesen von Herrn Khorchide gebildet werden. Wichtige Überarbeitungen im Buch rot – Entfernungen | blau – Hinzufügungen S. 42 Während also der Koran es kategorisch ablehnt, Traditionen unhinterfragt zu übernehmen, erleben wir in der gegenwärtigen islamischen Welt eine Überbewertung von tradierten Lehrmeinungen, die eine eigene Autorität erlangt haben, die manchmal über die des Koran gestellt wird. Und so stehen wir Muslime uns selbst im Wege, auch wenn wir glauben, auf diese Weise unsere Gelehrten zu ehren. Es ist üblich, wenn theologisch argumentiert wird, dass nicht die eigentlichen, rational nachvollziehbaren Argumente gelten, sondern tradierte Lehrmeinungen von Gelehrten. Meist handelt es sich um Gelehrte des achten und neunten Jahr*hunderts. von Gelehrten. Meist handelt es sich um Gelehrte des achten und neunten Jahrhunderts. Damit will ich keineswegs die tradierte Meinung der muslimischen Gelehrten abwerten, sondern dazu ermutigen, diese nicht unhinterfragt hinzunehmen, sondern kritisch zu überprüfen. Muslime sollten ihre Tradition ernst nehmen, das ist keine Frage. Die eigene Tradition ernst nehmen, bedeutet allerdings, sie nicht einfach unhinterfragt hinzunehmen, sondern diese fortzudenken. Die Frage müsste daher lauten: Was würden die Gelehrten des neunten Jahrhunderts heute an Lehrmeinungen entwickeln, würden sie in unserem heutigen Kontext leben? S. 48 Für Asch῾ariten bedeutet »Gerechtigkeit Gottes«, dass Gott mit seinem Eigentum tut oder lässt, was und wie er will. Die Mu῾taziliten widersprachen auch dieser Vorstellung vehement. Für sie ist Gott gerecht, im Sinne unseres Verständnisses von Gerechtigkeit, er kann nicht anders als gerecht handeln, sodass der Ausgang des Gerichtstags ausschließlich von den Handlungen des Menschen abhängt. Wer Gutes tut, wird dafür belohnt, und wer Schlechtes tut, wird dafür bestraft. S. 50 Die Hölle ist demnach kein bloßer Ort der Bestrafung oder der, an dem Gott Rache Gottes, sondern steht an dem Menschen nimmt, vielmehr ist sie ein Ort des Leidens, der symbolisch für das Leid und die Qualen, die der Mensch im Laufe dieses Transformationsprozesses erlebt, steht. S. 55 ff. Der Koran hat den Anspruch, nicht nur die Araber des siebten Jahrhunderts anzusprechen, sondern auch Menschen anderer Sprachen und Kulturen, Menschen unterschiedlicher Zeiten und Epochen und mit unterschiedlichen kognitiven und emotionalen Fähigkeiten. Wenn Muslime diesem koranischen Anspruch nach Allgemeingültigkeit Rechnung tragen wollen, müssen sie seine Bildlichkeit historisch kontextualisieren, um die durch diese Bilder transportierten, übergeordneten Prinzipien und Aussagen zu erkennen. Zu diesen Bildern vom Paradies und Hölle sagt schon al-Ġazālī: »Wisse: Das Diesseits gehört zur Erdenwelt und zur Welt der Sichtbarkeit, das Jenseits zur Welt des übersinnlichen und zur Wesenswelt. Unter dem Diesseits verstehe ich deinen Zustand vor dem Tod, unter dem Jenseits deinen Zustand nach dem Tod […]. Wir sprechen jetzt vom Diesseits aus über das Jenseits, wir sprechen also jetzt im Diesseits, der Erdenwelt, haben aber die Erklärung des Jenseits, der Wesenswelt im Auge. Doch ist es undenkbar, dass man die Wesenswelt in der Erdenwelt anders erklären könnte als durch Gleichnisse. Darum sprach Gott: ›Das sind die Gleichnisse, die wir den Menschen prägen. Nur die Wissenden verstehen sie‹ (Sure 29,43). Die Erdenwelt ist nämlich im Verhältnis zur Wesenswelt ein Schlaf. Daher hat der Prophet gesagt: ›Die Menschen schlafen. Wenn sie sterben, wachen sie auf.‹ Was im Wachzustand sein wird, kann dir im Schlaf nur durch die Prägung von Gleichnissen, die einer Deutung bedürfen, erkennbar werden […]. Den Propheten steht es nicht zu, mit den Menschen anders zu reden als in Gleichnissen, denn sie haben den Auftrag, mit den Menschen dem Vermögen ihres Verstandes entsprechend zu reden. Das Vermögen ihres Verstandes ist, dass sie schlafen, dem Schlafenden aber alles nur im Gleichnis enthüllt wird.« Der Versuch, das Jenseits als Ort der Vervollkommnung und Transformation des Menschen zu verstehen, soll keineswegs das wortwörtliche Verständnis von Paradies und Hölle als von tatsächlich existierenden Orten ersetzen, sondern denjenigen ein weiteres Interpretationsangebot bieten, die nicht aus Angst vor einer Bestrafung bzw. Hoffnung auf eine Belohnung Gutes tun wollen und das Schlechte vermeiden, sondern, die bestrebt sind, sich in ihrem Menschsein zu vervollkommnen und selbstlos Gutes zu tun Eine Lesart des Jenseits als Ort der Transformation macht den Menschen ein Angebot, Gott nicht als Richter zu erfahren, sondern ihn in seiner vollkommenen Barmherzigkeit zu erkennen. Wer sich aber nur dann bzw. besser in der Lage sieht, das Gute zu tun und sich vom Bösen abzuwenden, wenn er sich von einer jenseitigen Strafe bedroht fühlt bzw. auf eine Belohnung im Sinne materieller Vergnügung hofft, dem steht das andere Angebot, das Paradies und die Hölle als tatsächlich existierende Orte im materiellen Sinne zu verstehen, nach wie vor offen. Dazu merkt al-Ġazālī an: »Wer nun aber um des Paradieses willen handelt, der handelt seines Bauches und seiner Genitalien wegen wie ein schlechter Lohnarbeiter. Er steht auch der Stufe der geistig Beschränkten (bulh), und diese wird ihm auch für sein Handeln zuteil werden […]. Die Pflichterfüllung der Einsichtigen hingegen bezweckt nichts anderes als Gottes ›zu gedenken‹ (ḏikr) und in ihn ›sich zu versenken‹ ( fikr) aus Liebe zu seiner Vollkommenheit und Hoheit, die übrigen Betätigungen dienen nur als Bekräftigung oder als Folge. Diese stehen auf einer höheren Stufe als daß sie auf die geschlechtlichen Dinge und die Gaumengenüsse des Paradieses ausgingen. Nicht nach diesen streben sie, sondern sie ›rufen ihren Herrn an früh und spät, verlangend sein Antlitz‹ allein. Die Belohnung der Menschen entspricht aber ihren Intentionen.« S. 57 Einer der bekanntesten Gelehrten der islamischen Tradition, Ibn Qayyim al-Ǧawziyya (gest. 1350 n. Chr.), war ebenfalls der Auffassung, dass der Aufenthalt in der Hölle keineswegs ewig sei, irgendwann würde sie leer werden. Menschen ewig in der Hölle verweilen zu lassen, würde Gottes Barmherzigkeit widersprechen, so das Argument von Ibn Qayyim al-Ǧawziyya. Dieses Verständnis wird Gott gerecht, denn Barmherzigkeit ist sein Wesensattribut; wenn er jedoch Qualen zulässt, die im Koran durch das Höllenfeuer symbolisiert werden, dann tut er dies nicht, weil es zu seinem Wesen gehört. Er möchte, dass sich die Menschen in Freiheit vervollkommnen, um sie letztendlich in seine Liebe und Barmherzigkeit und in seine Gemeinschaft aufzunehmen. S. 58 Die Hölle ist nichts anderes als der Zustand, in dem sich derjenige befindet, der Nein zu Liebe und Barmherzigkeit sagt, der Nein zur Gottesgemeinschaft sagt. So sagt der Prophet: »Nur derjenige kommt nicht ins Paradies, der sich weigert.« Die endgültige Glückseligkeit (den wahren paradiesische Zustand) sieht al-Ġazālī in der Nähe zu Gott, das Gelangen in seine Gegenwart: »Die jenseitige Seligkeit besteht nämlich in der Nähe zu Gott und im Schauen auf sein Antlitz.« Hingegen sei der wahre Zustand der Hölle die Trennung von Gott. Al-Ġazālī spricht vom »Feuer der Trennung«. Die Hölle als Zustand beginnt schon hier auf der Erde, wenn sich der Mensch für Hass und Hochmut und gegen Liebe und Barmherzigkeit entscheidet. Auch der Zustand der Glückseligkeit beginnt hier auf der Erde. So sagt der Koran: »Wer Gutes tut und gläubig ist [die Liebe und Barmherzigkeit Gottes angenommen hat], sei es Mann oder Frau, dem werden wir ein gutes Leben geben [im Diesseits] und wir werden sie nach ihren besten Werken belohnen [im Jenseits].« S.60 Üblicherweise antwortet ein Muslim, der nach seinem endgültigen Ziel gefragt wird: »Dem Höllenfeuer zu entkommen und für immer ins Paradies zu kommen«. Wobei das Paradies meist im materiellen Sinne als Ort körperlicher Vergnügung aufgefasst wird. Dieser Wunsch findet seinen Ausdruck in den Bittgebeten vieler Menschen. Muslime kennen das Paradies und die Hölle nur durch die Aussagen des Koran. Der Koran beschreibt beide – wie oben dargestellt – als Orte der materiellen Belohnung bzw. materiellen Bestrafung. S. 62 Das Gute zu tun, um letztendlich Profit für sich selbst herauszuschlagen – wenn auch erst im Jenseits –, ist egoistische Selbstliebe. Al-Ġazālī kritisiert diese Haltung, wie bereits angeführt, sehr scharf, dem Gläubigen solle es nicht um materielle Vergnügung im Paradies gehen, sondern um die Sehnsucht nach dem Antlitz Gottes. S. 68 Ein guter Mensch, der seine Vollkommenheit anstrebt, wünscht allen Menschen, unabhängig davon, ob sie seiner Meinung sind oder nicht, die ewige Glückseligkeit und schließt sie in seine Gebete ein. Er würde sich sogar freuen, wenn er wüsste, dass Gott sich auch der Sündigen am Ende erbarmen würde, ja, dass Gott sich sogar derer, die ungewollt nicht an ihn geglaubt haben, weil sie entweder nichts oder nur ein verzerrtes Bild von ihm mitbekommen haben, am Ende erbarmen würde. Eine gesunde Seele, die mit göttlicher Liebe und Barmherzigkeit erfüllt ist, würde sich dies unbedingt wünschen. Kapitel 2.9 (komplett neu geschrieben) 2.9 Die Gerechtigkeit Gottes ist Teil seiner Barmherzigkeit S. 71 Würde man die Zeit-Dimension außerhalb von Gott lokalisieren wollen, müsste man eine Grenze definieren, wo bzw. wann Gott aufhört, damit etwas anderes, das außerhalb von ihm ist, beginnen kann. Diese panentheistische Vorstellung unterscheidet sich von einer pantheistischen. Der Pan*entheismus drückt aus, dass die Welt zwar in Gott enthalten Im Pantheismus sind Gott und Welt identisch. Dem Panentheismus zufolge dagegen ist die Welt in Gott aber umfassender erhalten, der demnach also mehr ist als die Welt gedacht wird.. Gott und Welt sind hierbei, anders als beim Pantheismus, aus*drücklich im Panentheismus nicht identisch. Der Panentheismus steht so In Bezug auf die Frage, ob Gott außerhalb der Welt zu denken ist (Transzendenz) oder in der Mitte zwischen Welt (Immanenz), ist der Pantheismus (Immanenz Gottes in der Welt) und Theismus (Transzendenz Gottes zur Welt). in der Mitte positioniert. S. 72 Nur die Offenbarung dieser Barmherzigkeit, die Offenbarung Gottes selbst, seine Selbstmitteilung, bedarf eines Gegenübers, das in der Lage ist, sie in der Zeitlichkeit zu erfahren, damit sich die göttliche Intention, Mitliebende zu gewinnen, verwirklichen kann. Denn Barmherzigkeit bedeutet nichts anderes als die bedingungslose Zuwendung Gottes dem Menschen gegenüber. Die Offenbarung der Barmherzigkeit Gottes kann sich nur in Beziehung zur Schöpfung verwirklichen. S. 73 Viele Muslime projizieren ihre Vorstellung von einem mächtigen Familienoberhaupt oder von einem archaischen Stammesvater, dem man unhinterfragt gehorchen und sich unterwerfen muss, auf ihre Vorstellung von Gott. Demnach gestaltet sich die Gott-Mensch-Beziehung als Beziehung zwischen einem Herrn und seinem Knecht, wie wir uns eine Herr-Knecht-Beziehung vorstellen; einen Knecht, der keine Freiheit besitzt und lediglich wie eine Marionette Anweisungen seines Herren ausführt. Der Herr braucht seinen Knecht, er ist auf seine Dienste angewiesen, um seine Herrlichkeit genießen zu können. S. 74 Die Beziehung des Menschen zu Gott wird auf eine Dimension reduziert, nämlich die des Gehorsams. Gehorsame werden für ihren Gehorsam belohnt, Ungehorsame entsprechend bestraft. Diese Perspektive impliziert, dass es Gott um sich selbst geht, also um blinden Gehorsam ihm gegenüber. Die Fähigkeit des Menschen, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, Gotteserfahrungen zu machen und diese zu reflektieren, eine individuelle Beziehung zu Gott aufzubauen, eine eigene Religiosität zu entwickeln und diese selbst zu verantworten, für sich selbst zu entscheiden, wie er sein Leben entwerfen und auf Gott individuell ausrichten sowie eine aufrichtige Beziehung zu ihm aufbauen will – all das wird ignoriert und unterdrückt. S. 75 Viele Gelehrte, aber auch viele Religionskritiker spielen Gott gegen die Vernunft aus. […] Denken wir allerdings Gott als zornig, weil er nicht zu Genüge geehrt wird, dann denken wir Gott nicht als vollkommen. Es gibt einen größeren Gott als diesen: einen, dem es eben nicht um sich selbst, sondern um den Menschen geht. Der bekannte persische Mystiker Rumi bringt dies folgendermaßen durch die Worte Gottes zum Ausdruck: »Ich habe nicht befohlen (den Gottesdienst), damit ich irgendeinen Profit daraus erziele, sondern um meinen Dienern Güte zukommen zu lassen.« S. 78 Freiheit ist dann gegeben, wenn man sich für sein Ziel entscheiden und es verwirklichen kann. Wenn der Mensch seine fiṭra verwirklichen kann, in dem Sinne, dass er sein Leben auf Gott, auf Liebe und Barmherzigkeit, ausrichten kann, dann ist seine Freiheit gegeben. S. 80 Solche Eingebungen beschränken sich nicht auf Propheten, denn auch der Mutter von Moses wurde eingegeben, obwohl sie keine Prophetin war. Solche und ähnliche Erzählungen im Koran wollen uns Menschen auf die göttliche Stimme in uns, die uns immer wieder Mut und Hoffnung machen will, aufmerksam machen. Göttliche Eingebungen betreffen jeden Menschen zu jeder Zeit. S. 82 Die Mu῾taziliten gelten als rationalistische Schule im Islam. Sie vertraten die Ansicht, dass der Mensch durch seine Vernunft erkennen könne, was gut und was schlecht ist. Dazu brauche er weder Propheten noch eine Mitteilung von Gott. Diese erinnerten den Menschen lediglich an das, was er ohnehin schon wisse oder zumindest wissen sollte. Diese Position wurde übrigens auch von den Maturiditen (genannt nach dem Gelehrten al-Māturīdī gest. 941 n. Chr.) vertreten. […] Sucht man z. B. koranische Aussagen, warum Gott Menschen Propheten und Schriften geschickt hat, liest man folgendes: »Gott ist es, der den Menschen einen Gesandten aus ihrer Mitte geschickt hat, um ihnen seine Verse vorzutragen, sie zu läutern [vervollkommnen] und sie die Schrift und die Weisheit zu lehren.« Diese Aussage wiederholt sich in der dritten Sure, Vers 164. Es geht also um die Läuterung des Menschen, um seine Vervollkommnung, um das Göttliche in ihm hervorzuheben. S. 87 Das ist auch der Grund, warum der Koran von einem einzigen Glauben spricht, den er »Islam« nennt: »Die Religion bei Gott ist der Islam.« Er meint nicht das, was wir heute als Islam bezeichnen: die Religion, die im siebten Jahrhundert auf der Arabischen Halbinsel von Muhammad verkündet wurde. Vielmehr meint er mit Islam, sein Leben auf Gott hin ausrichten, also die Annahme von Gottes Liebe und Barmherzigkeit und deren Verwirklichung im Handeln, sowohl gegenüber den Mitmenschen als auch gegenüber Gottes Schöpfung. S. 88 Die Verwirklichung von Gottes Liebe und Barmherzigkeit auf der Erde verliert ihre zentrale Bedeutung, wenn wir den Islam alleine auf Glaubenssätze oder auf das Glaubensbekenntnis reduzieren. Nach der oben dargestellten Definition des Islam ist jeder, der sich zu göttlicher Liebe und Barmherzigkeit bekennt und dies durch sein Handeln bezeugt, ein Muslim. Die islamische Tradition bekennt sich seit eh und je zum koranischen Grundsatz, dass jeder Mensch als Muslim geboren ist. Deshalb gibt es im Islam auch kein bestimmtes Ritual für Kinder, das sie ab einem bestimmten Alter vollziehen müssen, um in den Islam einzutreten. Sie sind Muslime, solange sie sich nicht bewusst gegen den Islam entscheiden. Der Koran bezeichnet den Islam daher als Veranlagung: »So richte dein Angesicht auf die Religion im reinen Glauben, getreu der Natur [arab.: fiṭra], in welcher Gott die Menschen erschaffen hat! Nicht zu verändern ist die Erschaffung Gottes. Dies ist die Religion, die gerade. Aber die meisten Menschen wissen nicht.« Und: »Die Religion bei Gott ist der Islam.« Dass jeder Mensch als Muslim geboren wird, wird im Koran begründet: »Und als dein Herr aus den Kindern Adams, aus ihren Lenden, ihre Nachkommen nahm und sie zeugen ließ sich selbst gegenüber: ›Bin Ich nicht euer Herr?‹, sagten sie: ›Ja, wir bezeugen es.‹« Nach islamischem Glauben hat schon vor Erschaffung der Menschen jede menschliche Seele vor Gott bezeugt, dass sie an Gott glaubt, weshalb jeder Mensch schon als Muslim geboren wird und in diesem Zustand bleibt, bis er sich bewusst gegen den Glauben an den einen Gott stellt. Auch der Prophet Muhammad bekräftigte dies in seiner Aussage: »Jedes Neugeborene wird entsprechend der ›Fiṭra‹ [die Veranlagung an Gott zu glauben] geboren«. Buḫārī betitelt das Kapitel, in dem dieser Hadith angeführt wird mit »Gottes Schöpfung ist nicht zu verändern«, um genau auf die Tatsache im Koran hinzuweisen, dass jeder als Muslim geboren wird. Nach Ibn Taymiyya »ist dem Menschen maḥabbat Allāh (Liebe zu Gott) von der Schöpfung her mitgegeben worden: ›Gott hat die Natur des Menschen auf die Gottausgerichtetheit, d. h. auf die Lehre Abrahams (ḥanīf) geprägt, deren Fundament die Liebe zu Gott ist.‹ ›Es kann daher kein Anbeten geben außer aus der Liebe zu dem Angebeteten.‹« Nun gibt es Menschen, die Gott ablehnen, weil sie nichts von ihm gehört bzw. nur ein verzerrtes Bild von ihm haben. Diese sind keine Leugner, denn das, was sie leugnen, ist nicht Gott, ist nicht der Islam. Ihnen muss Hoffnung gemacht werden, dass sie im Grunde potenzielle Zugehörige zur Gemeinschaft Gottes sind, denn ihre ablehnende Haltung dem Gottglauben gegenüber stammt nicht aus bewusstem Leugnen, sondern aus Nichtüberzeugung bzw. Unwissenheit. Wir dürfen also Menschen keineswegs verdammen, nur weil sie meinen, an Gott nicht zu glauben, da sie womöglich nach der fiṭra leben, jedoch nie von Gott gehört haben bzw. nur in einer verzerrten Form, sodass sie eigentlich nicht Gott ablehnen, sondern das, was sie denken, was Gott sei. Es reicht nicht, einfach irgendetwas von Gott bzw. vom Islam gehört zu haben, um dann zu erwarten, daran zu glauben, denn der Koran spricht davon, dass der Prophet so zu verkünden hat, dass sein Wissen mit dem Wissen seiner Adressaten, zu denen er die Verkündung bringt, auf selber Stufe steht. Wem die Wahrheit ersichtlich ist und wer diese jedoch trotzdem verleugnet, der ist ein kāfir, ein Leugner. Ansonsten wäre es unvereinbar mit der Barmherzigkeit Gottes, Menschen in der Hölle zu bestrafen, nur weil sie keinen Zugang zum objektiven Verstehen des Glaubens hatten, ihnen keine oder keine ausreichenden bzw. verzerrte Informationen zur Verfügung standen. Diese Problematik war den muslimischen Gelehrten bewusst, sie haben sie unter der Frage nach dem Ausgang für die sogenannten »ahlu l-fatra« behandelt, Menschen also, die keine Verkündung erreicht hat. Dabei besteht ein Konsens darüber, dass diese Menschen keineswegs bestraft werden, denn: »Wir [Gott] bestrafen nicht, ohne einen Gesandten geschickt zu haben.« Liebe und Barmherzigkeit bekennt und dies durch sein Handeln bezeugt, ein Muslim, auch wenn er nicht an Gott glaubt, denn Gott geht es nicht um die Überschriften »gläubig« oder »nichtgläubig«. Gott sucht nach Menschen, durch die er seine Intention, Liebe und Barmher*zigkeit Die Intention sollte sein, das Tor zu Gott offen zu halten, und zwar für alle Menschen, und ihnen das Angebot Gottes auf schönster Weise zu unterbreiten, auch wenn er nicht bewusst an Gott glaubt, denn Gott sucht nach Menschen, durch die er seine Intention, Liebe und Barmherzigkeit, verwirklichen kann; Menschen, die bereit sind, seine Angebote anzunehmen und zu verwirklichen. Und umgekehrt ist jeder, der lediglich mit der Zunge meint, an Gott zu glauben, jedoch Liebe und Barmherzigkeit nicht durch sein Handeln bezeugt, kein Muslim. […] Islam im allgemeinen Sinne ist der Kern aller Religionen, die zu Liebe und Barmherzigkeit rufen; dies ist mit dem »rechten Weg« gemeint: Sein Leben auf Gott hin ausrichten. S. 89 Man kann also sagen, dass gerade die fünf Säulen des Islam (Glaubensbekenntnis, Gebet, Fasten, soziale Abgabe und Pilgerfahrt) die identitätsstiftenden Merkmale für den Islam im spezifischen Sinne sind. Diese Elemente sind jedoch keineswegs als Selbstzweck zu verstehen. Sie alle dienen dem höchsten Ziel: nämlich der ethischen und spirituellen Vervollkommnung des Menschen, damit er möglichst viel Liebe und Barmherzigkeit wirkt und damit letztendlich möglichst viel von der göttlichen Intention verwirklicht, denn, wie schon gesagt, je vollkommener der Mensch ist, desto stärker wirkt Gott durch ihn. S. 91 Gerade Salafisten und andere Fundamentalisten und Extremisten, die im Namen ihres Glaubens Hass und Unfrieden auf Erden verbreiten, sind nichts anderes als käfirün, bezeugen dadurch ihre Ablehnung von Gottes Liebe und Barmherzigkeit. S. 100 Dass Adam »alle Dinge« nennen konnte, steht für die Vernunft, die den Menschen auszeichnet. Jeder, der den Menschen, seine Würde, seine Freiheit und seine Vernunft nicht achtet, ist ein »Iblīs«, ein kāfir, auch wenn er an Gott glaubt und ihn anbetet, denn er leugnet das Hauptprojekt Gottes und was dieses ausmacht. S. 115 f. Religiöse Rituale sollen uns dabei unterstützen, die göttlichen Intentionen zu verwirklichen. Sie sind zugleich ein Medium des Rückzugs, um in Zweisamkeit mit Gott zu versinken: »Wirf dich nieder [im Gebet] und nahe dich.« S. 116 Das eigentliche Anliegen des Islam ist, dass der Mensch sich vervollkommne, sowohl als Individuum als auch als Gesellschaft, um die Gemeinschaft Gottes zu erlangen. S. 117 Nach Kant ist nur der frei, der sich bewusst pflichtgemäß aus innerer Verpflichtung, also moralisch verhält. S. 129 Die medinensischen Aussagen im Koran, die auf die juristische Regelung einer Gesellschaftsordnung abzielen, sind für uns heute insoweit wichtig, als sie uns aufzeigen, dass Religiosität sich nicht auf ein lediglich theoretisches Wissen über Gott und über die Prinzipien der Gerechtigkeit und Freiheit beschränkt, sondern vom Menschen verlangt, aktiv an seiner Gesellschaft zu partizipieren und einen Beitrag für die Gesell*schaftsordnung Schaffung einer gerechten Gesellschaftsordnung zu leisten. S. 133 Als Prophet wird er hauptsächlich wegen irdischer Angelegenheiten angesprochen, die mit der Verkündigung nichts zu tun haben, z. B. im Zusammenhang mit seinen Frauen: »O Prophet! Sprich zu deinen Frauen: ›Falls ihr das irdische Leben mit seinen Reizen begehrt, dann kommt, ich statte euch aus und ich lasse mich in Frieden von euch scheiden.‹« S. 134 Die Aufgabe des Gesandten ist nur zu verkünden, keineswegs jedoch, die Menschen dazu zu zwingen, sie anzunehmen: »Wer dem Gesandten gehorcht, der gehorcht Gott, doch wer ihm den Rücken kehrt, so haben Wir dich nicht als ihren Aufpasser entsandt« ist es seine Sache«,, denn »der Gesandte hat lediglich zu verkünden.« die Botschaft auszurichten.« S. 142 Salafisten lehnen die Menschenrechte ab, weil sie nicht den juristischen Maßnahmen aus der medinensischen Phase (622–632 n. Chr.) entsprechen. Auch das scheinbar gemäßigte Argument einiger Muslime, die Scharia solle nur dann gelten, wenn die Muslime die Mehrheit der Bevölkerung eines Staates stellen, hält den Anspruch auf die Verwirklichung der Scharia als juristisches System und nicht als spirituellen und ethischen Weg zu Gott aufrecht. S. 150 An ganzen 49 Stellen spricht der Koran vom Glauben und Handeln als Voraussetzung für die ewige Glückseligkeit des Menschen. Es heißt immer: »Diejenigen, die glauben und Aufrichtiges tun«, nicht nur »diejenigen, die glauben«, wie die traditionelle islamische es zum größten Teil in der traditionellen islamischen Theologie behauptet wird. S. 151 Der Koran sagt unmissverständlich: »Wer glaubt und Gutes tut, wahrlich, die führen wir in Gärten ein, in deren Niederungen Bäche fließen, und in denen sie ewig weilen werden. Das ist eine wahre Verheißung von Gott, und wessen Wort ist wahrhafter als Gottes? Es geht nicht nach euren Wünschen. und denen der Leute der Schrift. S. 154 Der Prophet Muhammad wurde nicht müde, darauf hinzuweisen, dass es nicht um Überschriften geht, sondern um die Vollkommenheit des Menschen. , um das Göttliche in ihm hervorzuheben. S. 168 Wie schon mehrfach erklärt, wird das Gottesbild in einer Herr-Knecht-Beziehung, wie wir sie aus der Sklaverei kennen, Gott nicht gerecht. S. 214 Die jüngsten Entwicklungen in einigen arabischen Ländern, in denen diktatorische Regime gestürzt wurden, lassen hoffen, dass diese politischen Reformen auch auf andere Bereiche der Gesellschaft übergreifen. Sie lassen hoffen, dass auch die geistigen Diktaturen in den Köpfen der Menschen, die uns am reflektierten und kritischen Denken hindern, gestürzt werden. Sie lassen hoffen, dass sich ein Verständnis des Islam etabliert, das der Würde des Menschen, seiner Freiheit und seiner Sonderstellung in der Schöpfung, sowie den koranischen Werten wie Gerech*tigkeit Gerechtigkeit und Menschenwürde höchste Priorität zuschreibt. S. 219 Ich bin für die zahlreichen Gespräche und wertvollen Anregungen von vielen Kolleginnen und Kollegen äußerst dankbar. Namentlich möchte ich vor allem Herrn Prof. Dr. Klaus von Stosch erwähnen, Herrn Prof. Dr. Jürgen Werbick, Frau Prof. Dr. Angelika Neuwirth, Herrn Prof. Dr. Bernhard Uhde, Herrn Prof. Dr. Klaus von Stosch, Herrn Prof. Dr. Jürgen Werbick, Herrn Prof. Dr. Hassan Hanafi, Frau Prof. Dr. Ursula Boos-Nünning, Herrn Prof. Dr. Thomas Bauer, Herrn Prof. Dr. Marco Schöller und Herrn Prof. Dr. Norbert Oberauer und Herrn Dr. Milad Karimi erwähnen. Herrn Dr. Milad Karimi sowie Herrn Ali Ghandour dan*ke ich für ihr kritisches Lesen des Manuskripts und für ihr wertvolles Feedback, das dieses Buch bereichert hat. […] Ich danke auch seinem Kollegen vom Herder-Verlag, Frau Kers*tin Heer Herrn Dr. German Neundorfer, für die Unterstützung bei der Überarbeitung der Taschenbuchausgabe und für die sehr gute Zusammenarbeit. Besten Dank auch an Herrn Professor Werner Zager für seine wertvollen Anregungen.Ebenfalls danken möchte ich auch Frau Aida Ugljanin, Dr. Dina El Omari für die dieses Buch in gewohnt verlässlicher Weise koordiniert, Korrektur gelesen und mit hohem persönlichen Einsatz vorangebracht hat große Hilfe bei der Überarbeitung der Taschenbuchausgabe. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Webmaster Geschrieben 20. August 2015 Autor Teilen Geschrieben 20. August 2015 Hauptnavigation Der Bundestag Dokumente Mediathek Kultur & Geschichte Presse Besuchen Sie uns Service Navigationsbereich Pressemitteilungen Aktuelle Meldungen (hib) Akkreditierung Termine Bilderdienst, Bildarchiv Mitschnittservice Pressedokumentation Kontakt Navigationspfad:Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > 08 Straftaten mit dem Angriffsziel Moschee Inneres/Antwort - 20.08.2015 Berlin: (hib/STO) Für das zweite Quartal dieses Jahres sind insgesamt fünf politisch motivierte Straftaten mit dem Angriffsziel "Religionsstätte/Moschee" erfasst worden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (18/5685) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke mit dem Titel "Islamfeindlichkeit und antimuslimische Straftaten im zweiten Quartal 2015" (18/5586) hervor. Wie die Regierung darin ausführt, stellen "Anschläge auf Moscheen, Moscheevereine oder sonstige islamische Einrichtungen" ebenso wie die "Schändung von Moscheen" kein eigenständiges Delikt dar. Vielmehr würden durch einen Anschlag beziehungsweise eine Schändung - je nach den Umständen des konkreten Einzelfalles - unterschiedliche Straftatbestände verwirklicht. "Im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden alle in Tateinheit oder natürlicher Handlungseinheit begangenen Taten ausschließlich zahlenmäßig und nur bei dem Straftatbestand gezählt, der die höchste Strafandrohung aufweist", heißt es in der Vorlage weiter. Demzufolge ließen sich aus der PKS solche Straftaten schon systembedingt nicht herausfiltern. Hingegen erfolge im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes-Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) eine darüber hinausgehende Kategorisierung der Taten nach Themenfeldern. Zudem habe das Bundeskriminalamt "in seiner Zentraldatei Lapos einige Angriffsziele katalogisiert, die bei der dortigen statistischen Erfassung nach Bewertung des von den Ländern zu jeder Tat mitgeteilten Kurzsachverhaltes eingegeben werden". Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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