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KARIKATUREN

Wie ging der Prophet mit Beleidigungen um?

 

Es ist nicht das erste und auch nicht das letzte mal, dass der Prophet Muhammad beleidigt, verspottet und karikiert wird. Schon zu Lebzeiten wurde er angegriffen und musste um sein Leben fürchten. Doch wie hat er reagiert? Dazu ein Beitrag von Dr. Ali Özgür Özdil.

 

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2015

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Muhammad (pbuh), the best of the mankind© by Rustam Allyev auf flickr.com (CC BY 2.0)

Muhammad (pbuh), the best of the mankind© by Rustam Allyev auf flickr.com (CC BY 2.0)

Verdient ein Mensch wirklich den Tod, selbst wenn er sich über Gott, den Propheten, den Koran lustig macht, etwa durch Satire? Mir ist weder ein eindeutiger noch ein mehrdeutiger Koranvers dazu bekannt. Was haben die ersten Muslime in den ersten 12 Jahren in Mekka nicht alles an Spott, Folter, Boykott, Mord und Vertreibung ertragen müssen?

 

Dass sich irgendwelche Leute über den Islam lustig machen, ist nichts Neues. Der Prophet wurde bereits von seinen Zeitgenossen als Dichter verspottet oder als Besessener beschimpft. Es gibt Überlieferungen, wo der Prophet direkt beleidigt wurde: Abû Dschahl sagte zum Propheten: “O Muhammad, ich kenne in deiner Sippschaft niemanden, der hässlicher ist als du.” Was war die Reaktion des Propheten? Er sagte: “Du hast Recht…” Als ein Mann den Propheten beleidigte und der Prophet schwieg, schimpfte sogar seine Frau und sagte: “Warum hast du dir das gefallen lassen…?” Was aber sagte der Prophet: “O Aischa! Hast du je ein schlimmes Wort aus meinem Mund gehört?”

 

Gerade an Tagen wie diesen, ist es notwendig, sich den Grundsätzen des Islams bewusst zu werden: Mord und Selbstmord gehören zu den größten Sünden (dazu gib es wiederum eindeutige Verse im Koran). Das Töten ist nur zur Selbstverteidigung oder in Notwehr erlaubt. Selbst im Kontext des Krieges gilt: Wer sich nicht an der Kampfhandlung beteiligt, ist zu verschonen (Beispiel: Zivilisten). Zu Selbstmord gilt: Niemand darf sich den Ort, den Zeitpunkt oder die Art seines Todes selbst aussuchen. Denn nur Gott schenkt und nimmt das Leben.

 

Beispiele für Beleidungen des Propheten

- und dessen Reaktion

Abû Lahab (Onkel des Propheten) und dessen Frau Ummu Dschamîl gehörten zu den größten Gegnern des Propheten in Mekka (siehe Sira von Ibn Hischâm, Band 1, S. 287). Die Sure 108:3 deutet z. B. auf Abû Lahab (und dessen Frau hin), der den Propheten als “abtar” (als jemanden, dessen Nachkommenschaft abgeschnitten sei) beschimpft, doch der Prophet sagt: “Lâ hawla wa la kuwwata illâ billâh” (Es gibt keine Kraft und Macht, außer bei Allah) und wendet sich von ihm ab.

 

Zu den Anfeindungen Abû Lahabs gehören neben Spott auch, Steine gegen das Haus des Propheten zu werfen, Müll vor dessen Tür zu legen und die Anstachelung seines Sohnes gegen den Propheten (unter anderem spuckte dieser den Propheten an). Seine Frau war sogar mit einem Stein zur Kaaba losgezogen, um den Propheten zu verletzen, weil die Sure 111 geoffenbart wurde. Dies teilte sie Abû Bakr mit (s. Ibn Hischâm, S. 381-382; Kadi Iyâz, asch-Schifâ, Band 1, S. 684).

 

Auch Abû Dschahl, ebenfalls ein großer Feind des Propheten, hatte gedroht: “Ich schwöre, ich werde ihm den Kopf mit einem Stein zerschmettern, wenn ich ihm beim Niederwurf (Sadschda) sehe” (überliefert bei Ibn Hischâm und Kadi Iyâz).

 

Natürlich hat es auch Fälle gegeben, wo sich die Sahâba (Prophetengefährten) gewehrt haben. Z. B. hatte Abû Bakr, weil einige Götzendiener den Propheten beleidigt hatten, ihn (verbal) verteidigt und wurde daraufhin bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen. Als er erwachte, sagte er: “Sie haben den Propheten beleidigt.” Oder Hamza, einer der Onkel des Propheten, schlug Abû Dschahl mit seinem Bogen, weil dieser den Propheten angegriffen und verletzt hatte.

 

Noch einmal zum Merken: Der Koran enthält keine Aufforderung zur Tötung von Menschen, die den Propheten beleidigen, obwohl der Propheten in seinem Leben unzählige Male Beleidigungen erfahren hatte. Das müsste in diesem Falle als sichere Quelle genügen, um sich als Muslim zu positionieren. Wer jedoch auf Überlieferungen zurückgreift, um die Tötung von Menschen dennoch zu legitimieren, sollte auch darauf hinweisen, ob es sich – wie auch in der Koranexegese – um spezifische oder allgemeine Überlieferungen handelt, bzw. ob sich die zitierte Aussage auf den Kontext eines Krieges gegen die Mekkaner einordnen lässt oder ob Frieden herrschte. Wer dies nicht eindeutig beantworten kann, kann auch keine letztgültige Aussage über eine Aussage des Propheten fällen.

 

Distanzierung – aber nicht nur von den Tätern

Jeder Mord ist ein Brudermord. Das gilt nicht nur für Kain und Abel, wo der erste Brudermord stattfand oder für die Nachkommen Abrahams (Araber und Juden). Die Täter von Paris haben – wie alle anderen Täter auch, die in der Vergangenheit das Bild unseres schönen Glaubens verfälscht haben – auch uns Muslime zu Opfern gemacht.

 

Wieder einmal sitzen wir auf der Anklagebank und wieder verlangt man von uns, uns zu distanzieren. Ja, wir distanzieren uns von den Tätern. Aber nicht nur von den Tätern, sondern auch den Tätern, dessen Opfer diese Täter sind: Von verfehlter Politik, von ausbeuterischer Wirtschaft, Hetzmedien, von rassistischen Arbeitgebern, Wohnungseigentümern, Passanten, Eltern, Lehrern und Hasspredigern, aber auch von jenen, die wegschauen und vor allem von jenen, die von alledem irgendwie wirtschaftlich, politisch oder medial ihren Profit schlagen

 

Je mehr wir erfahren, was so alles auf unserer Welt passiert, umso größer ist doch unser Schmerz. Es sei denn, wir gehören zu den Ignoranten. Dass allerdings ist definitiv nicht die Eigenschaft eines Gläubigen.

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Dr. ´Adnan Ibrahim in Wien legt in einer seiner letzten Predigten (09.01.2015) aus dem aktuellen Anlaß des Anschlags auf die Redaktion der Zeitschrift Charlie-Hebdo dar, daß es im Islam – ursprünglich – für die Schmähung und Beleidigung des Propheten keine weltliche Strafe gibt! Er zeigt auf, wie der Prophet des Islams – Allah segne ihn und gebe ihm Heil – selbst auf Beleidigungen seiner Zeitgenossen reagierte, nämlich mit Gelassenheit oder überhaupt nicht.

´Adnan Ibrahim erwähnt das Beispiel eines Juden, bei dem der Prophet verschuldet war, und der die Begleichung seiner Schuld zwei Tage vor Ablauf des Termins mit beleidigenden Worten einforderte, indem er den Familienverband der Banu Haschim, dem der Prophet angehörte, als Leute beschuldigte, die ihre Schulden nicht begleichen, sondern deren Tilgung hinauszuzögern und sich vor der Rückzahlung zu drücken suchen. Daraufhin zahlte ihm der Prophet umgehend den geschuldeten Betrag zurück, obwohl dieser erst nach zwei Tagen fällig gewesen wäre. Er rügte den Gläubiger nicht für sein Verhalten, noch ließ er ihn für seine beleidigenden Worte bestrafen.

Ein weiteres Beispiel ist ´Abdullah ibn Ubayy, der ein bekannter Heuchler war. Als dieser in Anwesenheit des Propheten und dessen Gefährten schmähende Worte über ihn äußerte, sagte ´Umar zum Propheten: „Laß mich diesem Heuchler den Kopf abschlagen!“ worauf der Prophet entgegnete: „Sollen die Leute sagen, Muhammad läßt seine Gefährten umbringen?“ Als ´Abdullah ibn Ubayy gestorben war und dessen Sohn um ein Gewand als Leichentuch für seinen Vater bat, gab der Prophet ihm eines seiner eigenen Gewänder und verrichtet selbst das Totengebet für ihn, bis er im Koran dazu aufgefordert wurde, dies nicht zu tun und nicht das Totengebet für einen Heuchler zu verrichten.

Einer der Prophetengefährten machte sich über den Propheten – Allah segne ihn und gebe ihm Heil – lustig, indem er, hinter ihm hergehend, in spöttischer Weise dessen Bewegungen nachahmte. Da sagte der Prophet zu ihm nur: „Mögest du stets diese Bewegungen machen.“ Dieser Wunsch des Propheten ging an jenem Mann in Erfüllung, so daß er bis zu seinem Lebensende nicht mehr davon loskam, die den Propheten verspottenden Bewegungen auszuführen, auch wenn er das gar nicht wollte. Das war seine von Gott zu seinen Lebzeiten über ihn verhängte Strafe, während der Prophet selbst ihn nicht bestrafen ließ.

*

Der Koran mahnt diesbezüglich zu Geduld und Gelassenheit und sagt, daß es Gott überlassen ist, die Spötter und Schmäher Seiner Propheten zu bestrafen:

*

„Wir (Allah) genügen dir (als Schutz) vor den Spöttern.“ [15, 95]

„Ihr werdet ganz gewiß in eurem Besitz und in eurer eigenen Person geprüft werden, und ihr werdet ganz gewiß von denjenigen, denen die Schrift vor euch gegeben wurde, und denen, die (Allah etwas) beigesellen, viel Beleidigendes zu hören bekom*men. Doch wenn ihr standhaft und gottesfürchtig seid, so gehört dies gewiß zur Entschlossenheit (in der Handhabung) der Angelegenheiten.“ [3, 186]

*

In der verkürzten deutschen Übersetzung der Prophetenbiographie von Dr. Gernot Rotter wird in einem Kapitel „Gott straft die Spötter“ (S. 86 f.) [Horst Erdman Verlag, Tübingen und Basel, 1976] erwähnt, wie Gott – und nicht der Prophet oder seine Gefährten – einige der Leute strafte, die den Propheten verspottet, beleidigt und geschmäht hatten.

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Wenn nun dies – nachgewiesenermaßen – die Handlungsweise des Propheten der Barmherzigkeit gegenüber seinen Spöttern und Schmähern war, wie kamen dann die Muslime später darauf festzulegen, daß solche Leute mit dem Tode bestraft werden sollen?

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Nicht alle Überlieferungen in der Prophetenbiographie sind einwandfrei, d. h. sie dürfen nicht unbedingt als authentisch und vertrauenswürdig angesehen werden. Spätere Gelehrte haben den Fehler gemacht, bei den in den Überlieferungen erwähnten Personen, von denen es heißt, daß sie auf Befehl des Propheten hingerichtet wurden, nicht zwischen der Beleidigungen des Propheten und anderen Verbrechen, die sie begangen hatten, zu unterscheiden.

So gab es in Medina bspw. eine führende Persönlichkeit namens Ka´b ibn al-Aschraf. Dieser lebte als Nichtmuslim (sein Vater war arabischer Polytheist gewesen und seine Mutter Jüdin) als Staatsbürger im ersten islamischen Staat, dem er zu Loyalität verpflichtet war. Diese Loyalität brach er jedoch nach der Schlacht von Badr, in der die Muslime die Polytheisten aus Mekka besiegt hatten, indem er Lobgedichte auf die getöteten Feinde verfaßte und verbreitete (was damals den heutigen Massenmedien entsprach) und diese betrauerte. Außerdem reiste er nach Mekka, um dort die Feinde der Muslime aufzuwiegeln und zu einem Feldzug gegen die Muslime in Medina zu bewegen. Daher ordnete der Prophet an, ihn zu töten. Dies geschah also auf Grund des von Ka´b begangenen Hochverrats und nicht, weil er zudem noch Allah und Seinen Propheten beleidigt hatte.

Der in der Hadith-Sammlung Sahih-al-Bukhari überlieferte Wortlaut der Worte des Propheten: „Wer ist mir für Ka´b ibn al-Aschraf da (um ihn zu töten); er hat ja Allah und Seinen Propheten beleidigt ...“ ist somit irreführend, da er suggeriert, der Grund für das Todesurteil sei die Beleidigung des Propheten gewesen, während es in Wirklichkeit der Hochverrat am islamischen Staat war.

Spätere Gelehrte haben solche Überlieferungen herangezogen, um damit zu begründen, daß es nicht nur erlaubt, sondern sogar Pflicht sei, Spötter und Schmäher des Propheten auch ohne Gerichtsurteil überall auf der Welt, auch außerhalb der Gerichtsbarkeit eines islamischen Staates, zu töten. Insbesondere Ibn Taimiyya propagiert dies in seinem Buch „Aṣ-Ṣārimu l-Maslūl ʿalạ̄ Šātimi r-Rasūl – Das gegen den Schmäher des Gottesgesandten gezückte scharfe Schwert“. Bekanntlich wurde Ibn Taimiyya wegen inakzeptabler Meinungen, die er verbreitete, von den damaligen Gelehrten angeklagt und auf Befehl des Herrschers von Damaskus inhaftiert. Dr. ´Adnan Ibrahim spricht ein goldenes Wort aus, indem er sagt: „Bei Abu Hamid al-Ghazzali war sein Verstand größer als sein Wissen, während bei Ibn Taimiyya sein Wissen größer war als sein Verstand.“ Für die Muslime der Salafi-Richtung ist Ibn Taimiyya eine ihrer größten Autoritäten.

 

Amman, den 11.04.1436 d. H. = 01.02.2015 n. Chr.

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Abdullah Frank Bubenheim

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