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Abzug der Patriot-Raketen

Warum die Bundeswehr die Türkei verlässt

 

15.08.2015 •Das Bedrohungsszenario habe sich verändert, sagt Verteidigungsministerin von der Leyen. Das stimmt zwar. Es ist aber nicht der einzige Grund, die Patriot-Raketen zurückzuholen.

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© AFP, DPA/REUTERS/FAZ.NET

In den drei Einsatzjahren musste keine Rakete abgeschossen werden.

Der Bundeswehr-Einsatz in der Türkei war zuletzt stark umstritten. Allerdings nicht nur, weil sich das Bedrohungsszenario verändert hat, wie das Verteidigungsministerium nun offiziell erklärt, sondern vor allem, weil sich die Türkei im Syrien-Konflikt nicht so verhält, wie es sich Deutschland und die Vereinigten Staaten wünschen. Am Samstag gab die Bundesregierung bekannt, dass die Bundeswehr die Türkei nach drei Jahren bald verlassen werde.

 

Wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mitteilte, werden die Raketenabwehrsysteme vom Typ „Patriot“ mit derzeit 250 deutschen Soldaten bis Ende Januar 2016 von der Südostgrenze des Landes abgezogen. Offizielle Begründung ist die gesunkene Bedrohung des Nato-Partners durch Raketenangriffe der syrischen Armee. Von der Leyen erklärte: „Die Bedrohung in dieser krisengeschüttelten Region hat jetzt einen anderen Fokus erhalten. Sie geht heute von der Terrororganisation Islamischer Staat aus.“ Deutschland bleibe in der Region aber engagiert: in der nordirakischen Kurden-Hauptstadt Arbil, vor der libanesischen Küste (Unifil-Einsatz) und bei der Seeraumüberwachung im östlichen Mittelmeer unter Führung der Nato (Operation Active Endeavour).

 

„Die Türkei lässt sich nicht einbinden“

 

Der SPD-Verteidigungsfachmann Rainer Arnold sagte, ein weiterer Grund sei das Vorgehen der Türkei gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK. „Ich habe nicht den Eindruck, dass die Türkei sich in die gemeinsame Nato-Strategie im Kampf gegen IS vollständig einbinden lässt“, sagte Arnold am Samstag der Nachrichtenagentur Reuters. „Das ist für mich ein zusätzlicher Grund, das Mandat zu beenden.“

 

Ein Kenner der Beratungen in der Bundesregierung nannte das Vorgehen der Türkei gegen die Kurden „einen Hauptgrund“ für die Entscheidung. Außerdem wird der türkischen Regierung seit langem vorgeworfen, nichts gegen IS-Kämpfer zu unternehmen, die auf ihrem Weg zum und vom Bürgerkriegsgebiet in Syrien die türkische Grenze passieren.

 

 

Die „Patriot“-Einheiten waren Anfang 2013 auf Wunsch Ankaras etwa hundert Kilometer von der syrischen Grenze entfernt in einer Kaserne stationiert worden. Sie sollten das Gebiet rund um die Stadt Kahramanmaras im Rahmen der Nato-Mission „Active Fence“ vor Raketenangriffen aus dem Bürgerkriegsland Syrien schützen, sind bisher aber nicht zum Einsatz gekommen. Das aktuelle Bundestagsmandat ist bis zum 31. Januar 2016 befristet.

 

„An der Kotzgrenze“

 

Die Oppositionsparteien im Bundestag nahmen die Nachricht am Samstag positiv auf. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth sagte, da der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan „mehr und mehr außer Kontrolle gerät“, sei dies sein „richtiger und notwendiger Schritt“. Die türkische Strategie, die Kurden zu schwächen, anstatt sich auf die Bekämpfung des IS zu konzentrieren, sei gefährlich und falsch. Die Linke-Politikerin Sevim Dagdelen forderte, auch die Waffenexporte in die Türkei zu stoppen.

 

Verteidigungsministerin von der Leyen bei einem Besuch der Truppe in Kahramanmaras

© DPA

Verteidigungsministerin von der Leyen bei einem Besuch der Truppe in Kahramanmaras

Die Nato reagierte zurückhaltend auf die Entscheidung der deutschen Regierung. Sie werde „natürlich voll und ganz respektiert“, sagte ein Sprecher des Bündnisses am Samstag in Brüssel. Über die Zukunft des Nato-Einsatzes in der Türkei sei aber noch nicht entschieden. „Die Militärs prüfen derzeit die künftigen Einsatzanforderungen und die Verfügbarkeit von anderen Raketenabwehrsystemen, um eine angemessene Lösung zu finden“, so der Sprecher. Aus Militärkreisen hieß es: „Auch wenn die Gefahr für die Türkei derzeit als gering eingeschätzt wird, bleibt das Risiko, dass innerhalb von Syrien gegen Oppositionskräfte abgefeuerte Raketen in der Türkei einschlagen könnten.“

 

Ein drittes Argument für den jetzt beschlossenen Abzug der Bundeswehr dürfte die hohe Belastung für einzelne Soldaten sein. Sie betrifft vor allem eine kleine Gruppe von Raketenabwehr-Spezialisten, die das „Patriot“-System bedienen können. „Man gerät da schnell an die Grenze der sogenannten Durchhaltefähigkeit“, sagt der Grünen-Verteidigungsexperte Tobias Lindner. Ein anderer Kenner der Materie drückt es drastischer aus: „Die waren an der Kotzgrenze.“

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