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Seit Jahrzehnten befinden sich Migranten in Deutschland in einem Prozess, in dem sie ihre eigene Stimme und Identität stärken, um sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen und ihre Rechte zu verteidigen. Dieser Schritt der Selbstermächtigung ist besonders wichtig, um vor allem Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt zu bekämpfen.


Die Notwendigkeit der Selbstermächtigung von Migranten wird besonders deutlich im Zusammenhang mit rechtsextremem Terror in Deutschland. Der Brandanschlag auf die Familie Genc am 29. Mai 1993 in Solingen ist ein trauriges Beispiel dafür. Bei dem Anschlag starben fünf Mitglieder der Familie, darunter zwei Kinder. Die Täter waren Rechtsextremisten, die gezielt eine türkische Familie angegriffen hatten.


Der Anschlag auf die Familie Genc war nicht der einzige rassistische Übergriff in Deutschland, aber er war ein Wendepunkt. Viele Migranten und ihre Unterstützerinnen erkannten, dass sie nicht länger auf die Hilfe der Regierung oder der Polizei warten konnten. Stattdessen begannen sie, sich selbst zu organisieren und ihre Stimmen zu erheben.


Die Folge war eine Welle von Protesten und Demonstrationen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Migranten forderten gleiche Rechte und Anerkennung als Teil der deutschen Gesellschaft. Sie organisierten sich in Gruppen und Vereinen, um ihre Interessen zu verteidigen und gegen Diskriminierung und Gewalt vorzugehen.


Auch gegenwärtig haben Migranten oft mit strukturellem Rassismus und Vorurteilen zu kämpfen. Sie werden häufig als “Fremde“ und “Andere“ behandelt und haben oft Schwierigkeiten, Arbeit und Wohnraum zu finden. Viele erleben auch Gewalt und Diskriminierung aufgrund ihrer Herkunft.

Daher ist die Selbstermächtigung ein wichtiger Weg, um diese Probleme anzugehen. Indem Migranten ihre Stimmen erheben und sich organisieren, können sie auf ihre Situation aufmerksam machen und öffentlichen Druck ausüben, um Veränderungen herbeizuführen. Sie können auch Netzwerke bilden, um einander zu unterstützen und sich gegenseitig zu stärken. So gibt es Initiativen und Netzwerke von Migranten und ihren Unterstützern, die sich für die Rechte von Migranten einsetzen. Sie organisieren Demonstrationen und Veranstaltungen, um auf die Probleme von Migranten aufmerksam zu machen und Lösungen zu finden. Auch gibt es Netzwerke, die Opfern von rassistischer Gewalt und Diskriminierung Unterstützung und Beratung anbieten. Betroffene können sich an diese Netzwerke wenden, um Hilfe zu erhalten. Diese Initiativen arbeiten auch eng mit anderen Organisationen zusammen, um eine breitere Unterstützung für Migranten zu schaffen.


In Bezug auf den Brandanschlag auf die Familie Genc im Jahr 1993 ist es wichtig zu betonen, dass die Selbstermächtigung von Migranten keine einfache Lösung ist. Der Anschlag war ein schwerwiegender Vorfall, der gezeigt hat, wie tief verwurzelt Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft sein können. Es ist wichtig, dass solche Taten nicht einfach verdrängt werden, sondern dass sie als Teil einer breiteren gesellschaftlichen Debatte über Rassismus und Diskriminierung in Deutschland gesehen werden.


Dabei können Netzwerke von Migranten dazu beitragen, diese Debatte zu fördern und den Druck auf die Öffentlichkeit insgesamt zu erhöhen, um Veränderungen herbeizuführen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um ein solidarisches und inklusives Deutschland zu schaffen, in dem alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, gleichbehandelt werden. Aber es ist wichtig zu erkennen, dass dies ein langfristiger Prozess ist, der viel Engagement und Arbeit erfordert.

Dr. Cemil Şahinöz

In: Zentrum für verfolgte Künste (Hrsg.): Solingen´93. Zum Gedenken an die Mordopfer des Brandanschlags. Solingen, 2023, S. 116-117

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