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Hannover Presse

Freitag, 27. Mai 2005

 

Christen in die Moschee

 

Wenn in Hannover der Muezzin ruft, kommen auch Christen zum Gebet, vor allem wenn Kirchentag ist. Unsere Reporterin war beim Freitagsgebet der Jama’at-un-Nur Gemeinde:

 

Der Muezzin ruft schon lange nicht mehr, als die letzten Christen zum Gebetsraum im Hinterhof eines Altbaus eilen. Um 13.40 Uhr sollte das Gebet laut Programmheft beginnen. Doch gebetet wird nicht nach Programm, sondern nach der Sonne. Wenn die am Höchsten steht, beginnt der Imam.

 

Schnell die Schuhe abstreifen und den Wegweisern für Männer und Frauen folgen. Frauen beten eine Treppe höher in einem kleinen Raum. Dort will kein Christ zugucken, auch nicht die Christinnen. Die sitzen im Altarraum – bei dem Imam und den anderen Männern.

 

Die Predigt ist auf Deutsch. Das ist für die Hannoveraner Muslime so ungewöhnlich, dass dafür ein Imam aus Hamburg anreisen musste. „Die muslimischen Gemeinden müssen deutsch predigen, nur so können sie die junge Generation gewinnen", sagt Amir Özgür Özdil, der seine seine Gebete seit drei Jahren auf Deutsch und Arabisch gestaltet. "Davon abgesehen sind muslimische Gemeinden international, da wird Deutsch zur Kommunikationssprache auch für Muslime“. Bestimmte Abschnitte werden zwar grundsätzlich auf arabisch gebetet, aber vor allem bei der Predigt können Imam und Gemeinde sich auf eine Sprache einigen.

 

Während des Gebets verneigen sich die Männer, knien nieder, legen die Stirn auf den Boden und stehen wieder auf. Rüffel gibt´s, wenn jemand aus der Reihe tanzt. „Da ist viel mehr, was gleich ist, als man denkt“, meint Gerda Reike aus dem Nachbarhaus der Moschee. Ihre Nachbarin Doris Schumacher dagegen findet das Gebet eher befremdlich, vor allem wegen der Geschlechtertrennung. Mit einem Puff in die Seite gemaßregelt zu werden kennt sie aber auch – aus christlichen Gottesdiensten.

 

„Ein bisschen komisch fühlt man sich schon, wenn die zugucken. Aber letztlich ist das gut, dass sich Menschen interessieren und so auch einen Einblick erhalten“, sagt Ichsan Usum, der eigens zum Kirchentag angereist ist und hier erstmals ein muslimisches Gebet mit Christen erlebt. Die Gläubigen der Jama´at-un-Nur Gemeinde sind den Besuch von Nicht-Muslimen gewohnt. Gül Nekati geht manchmal auch gerne in christliche Gottesdienste. „Ich bin sein 32 Jahren in Deutschland, und Zusammenleben mit Christen oder Andersgläubigen muss sein.“

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