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Sechzehnter Blitz - Vier interessante Fragen

 

 

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und fürwahr, es gibt kein Ding, das nicht lobend ihn preist.« »Friede sei mit euch und Sein Erbarmen und sein Segen.«

Meine lieben getreuen Brüder,

 

Hoca Sabri, Hafis Ali, Mes’ud, die beiden Mustafas, Husrev, Re’fet, Bekir Bey, Rüschtü, die beiden Lütfis, Hafis, Ahmed, Scheich Mustafa und all ihr anderen! Ich habe in meinem Herzen die Mahnung verspürt, vier kleine Problemstellungen, die zu einem Objekt der Neugierde und zum Anlass von Fragen geworden waren, in einer kurzen informellen Art zu erläutern.

 

Erstens: Einige Männer unter unserer Brüdern, wie Tschaprasade Abdullah Efendi, hatten mich über jene Leute der geistigen Entdeckungen befragt, von denen überliefert wird, dass sie eine Erleichterung, eine Besserung (der Verhältnisse) für die Leute der Sunna ve-l’Cemaat für den (inzwischen) vergangenen Ramadan, vorausgesagt haben sollen, der dann aber doch nicht eingetroffen ist. Warum aber nun verbreiten derartige Leute der Gottesfreundschaft und der geistigen Entdeckungen derartige der Wahrheit widersprechende Nachrichten? Sie haben mich danach befragt und ich habe ihnen darauf die folgende kurz gefasste Antwort gegeben, wie sie sich mir in meinem Herzen auftat.

In einer ehrenwerten Hadith wird erwähnt: »Manchmal steigt ein Übel herab. Doch während es noch herannaht, tritt ihm bereits ein Almosen (sadaqa) entgegen und weist es wieder zurück.« Das Geheimnis dieser Hadith zeigt uns, dass schon vorherbestimmte Ereignisse, deren Bedingungen bereits erfüllt sind, dennoch zurückgehalten werden können. Das aber heißt, dass die vorherbestimmten Ereignisse, welche die Gottesfreunde bereits wahrgenommen haben, nicht absolut zu nehmen sind, sondern gewissen einschränkenden Bedingungen unterliegen und wenn diese Bedingungen nicht eintreten, findet auch das (entsprechende) Ereignis nicht statt. Dennoch ist das betreffende Ereignis, wie z.B. die letzte Stunde, die aber ausgesetzt worden ist, vorausbestimmt und eingetragen auf der Tafel der Erscheinungen und der Auflösungen, die eine Art Notizblock zur Wohlverwahrten Tafel (Lauchu-l’Mahfudh) ist. Nur geschieht es außerordentlich selten, dass (die Blicke der Entdecker bis) zur Ewigen Tafel vordringen. Meistens reichen sie nicht so weit.

Wenn also diesem Geheimnis entsprechend zum letzten Ramadan oder zum Opferfest oder zu anderen Zeiten Voraussagen auf Grund einer Entdeckung oder Auslegung gemacht wurden, die sich dann aber nicht erfüllten, weil ihre Voraussetzungen, von denen sie abhängig sind, nicht gegeben waren, so stehen doch diejenigen, welche die Nachricht überbracht haben, nicht als Lügner da. (Die Ereignisse) waren also zwar vorausbestimmt, doch da die Bedingungen nicht erfüllt waren, traten sie nicht ein.

So formten denn in der Tat die aufrichtigen Gebete der Mehrheit der Leute der Sunna und Cemaat im Monat Ramadan um die Aufhebung der ketzerischen Neuerungen eine solche Bedingung und einen wichtigen Grund. Doch seitdem diese ketzerischen Neuerungen während des Ramadan in die Moscheen eingedrungen waren, bildeten sie ein Hindernis gegen die Annahme der Gebete und so wurden sie nicht erhört. Es ist so wie in dem obigen Hadith: die Almosen (sadaqa) weisen das Übel ab. Die aufrichtigen Gebete all der vielen führt eine allgemeine Erleichterung (in Not und Elend) herbei. Weil aber diese Kraft (des Gebetes) nicht sichtbar (vucud) wurde, trat auch keine Besserung (der Verhältnisse) ein.

 

Zweite interessante Frage: Da die politische Lage in den letzten beiden Monaten ziemlich unruhig war, in der es notwendig gewesen wäre, die Bedingungen für mich und all die vielen Brüder, denen ich verbunden bin, zu erleichtern, da die Wahrscheinlichkeit sehr hoch war, dass dies erreicht werden könnte, wandte ich dieser Situation keine weitere Aufmerksamkeit zu, ich kam im Gegenteil auf den Gedanken, diese Weltleute, die mich unter Druck setzen wollten, auch noch zu unterstützen. Viele Leute waren darüber ganz besonders erstaunt. Sie sagten: »Wie denkst du über die Strategie derer, denen die Anführer der Erneuerer folgen und jenen Teil der Heuchler, die dich quälen und belästigen, wo du doch nichts gegen sie unternimmst?« Eine Zusammenfassung meiner Antwort ist folgende:

Die größte Gefahr, der sich die Leute des Islam in heutiger Zeit gegenübergestellt sieht, besteht darin, dass ihre Herzen verdorben und sie in ihrem Glauben durch die Irreleitung der modernen Denker und Wissenschaftler verletzt worden sind. Die Einzige Lösung (für dieses Problem) ist Licht; Licht zu zeigen, damit ihre Herzen geheilt und ihr Glaube gerettet werden kann. Wenn aber jemand mit der politischen Keule um sich schlägt und sie zu beherrschen sucht, so sinken die Ungläubigen auf die Stufe von Heuchlern herab. Die Heuchler aber sind noch schlimmer als die Ungläubigen. Das aber heißt, dass man ein Herz in einer solchen Zeit nicht mit einer Keule heilen kann. Denn dann zieht sich der Irrglaube in sein Herz zurück, versteckt sich dort und verwandelt sich in Heuchelei. Sowohl das Licht als auch die Keule... beide zugleich kann in dieser Zeit ein armseliger Mensch wie ich nicht handhaben. Da ich nun deshalb dazu gezwungen bin, das Licht mit all meiner Kraft zu umarmen, darf ich mich nicht auch noch um die politische Keule kümmern, was immer das auch sein mag. Was auch immer der Dschihad (= ein ernstes Streben) in dieser materiellen Welt von uns erfordern mag: um diese Aufgabe dürfen wir uns im Augenblick nicht auch noch kümmern. Es ist ja in der Tat in der Hand dessen, der dazu befähigt ist, eine Keule notwendig, um die Ungläubigen und die Renegaten in ihre Schranken zu verweisen; aber ich habe nur zwei Hände; und hätten wir selbst hundert Hände, so wären auch sie einzig für das Licht schon genug. Wir haben gar keine Hand, eine Keule damit zu halten!...

 

Dritte interessante Frage: Warum hast du dich, nachdem sich unlängst ausländische Mächte, wie Engländer und Italiener, in die Angelegenheiten unserer Regierung eingemischt hatten, was doch von alters her solche, die dem Islam in diesem Lande treu ergeben sind, seine wahren Säulen und die Quelle moralischer Stärke für die Regierung dieses Landes, in Aufregung versetzt hätte, wodurch die Kennzeichen des Islam wiederbelebt und alle ketzerischen Neuerungen zurückgewiesen worden wären, trotzdem gegen einen Krieg ausgesprochen und darum gebetet, dass diese Angelegenheit in Ruhe und Ordnung gelöst wird und dich auf eine so nachdrückliche Weise für eine Unterstützung der Regierung dieser Neuerer eingesetzt. Und hast du nicht selbst auf diese Weise für diese ketzerischen Erneuerungen Partei ergriffen?

 

Antwort: Wir möchten Erleichterungen, einen gewissen Freiraum, Freude und eine letztendliche Überwindung; aber nicht durch das Schwert der Ungläubigen. Soll das Schwert der Ungläubigen ihre Köpfe fressen! Wir brauchen keinen Vorteil, der aus ihren Schwertern erwächst. In der Tat sind es diese verstockten Ausländer, welche die Heuchler dazu eingesetzt haben, die Leute des Glaubens zu bedrängen, und die die Atheisten erst groß gebracht haben.

Was aber das Übel des Krieges betrifft, so würde er unserem Dienst am Qur’an einen sehr bedeutsamen Schaden zufügen. Da die Mehrheit unserer höchst ehrenhaften und (dem Dienst) hingegebenen Brüder unter fünfundvierzig Jahre alt sind, müssten sie ihren heiligen Dienst am Qur’an aufgeben und sich zu den Waffen melden. Hätte ich das Geld dazu, würde ich gerne die Tausend Lira bezahlen, um jeden meiner ehrenwerten Brüder vom Militärdienst zu befreien. Mit Hunderten meiner ehrenwerten Brüder, die den qur’anischen Dienst an der Risale-i Nur aufgeben um mit ihren Händen die Keule eines leibhaftigen Dschihad zu ergreifen, fühle ich in mir selbst den Verlust von Hunderttausenden Lira. Sekai haben diese zwei Jahre vielleicht sogar Tausend eines innerlichen Verdienstes gekostet. Wie dem auch sei... Möge der, der alles vermag, in einer Minute den mit Wolken verhangenen Himmel leer fegt und reinigt und uns am Antlitz des Himmels wieder das Licht der Sonne zeigt, nun auch diese finsteren, gnadenlosen Wolken zerstreuen und uns wieder die Sonne der Wahrheit des Gesetzes schauen lassen; und möge er dies billig und ohne Aufruhr geschehen lassen. Wir erbitten von seiner Barmherzigkeit, dass er uns (Seine Wahrheit) nicht teuer verkaufen möge. Und möge er den Köpfen oben an der Spitze (des Staates) Verstand verleihen und Glaube ihren Herzen; so würde dies genügen. Danach würde die ganze Angelegenheit schon sich selbst regeln.

 

Vierte interessante Frage: Man sagt: »Da nun einmal das, was du in deinen Händen hältst, Licht ist und keine Keule; und da man nun einmal gegen Licht nicht kämpfen kann, vor dem Licht nicht fliehen kann; und von dem Licht, das man zeigt, kein Schaden ausgehen kann, warum gemahnst du dann deine Freunde zur Vorsicht? warum hältst du sie dann davon ab, den Leuten diese vielen lichterfüllten Abhandlungen zu zeigen?«

 

Eine kurzgefasste Antwort auf diese Frage ist folgende: Die meisten unter den Köpfen da oben an der Spitze (des Staates) sind betrunken und können sie nicht lesen. Und selbst dann, wenn sie sie lesen könnten, würden sie sie doch nicht verstehen. Sie würden sie verkehrt auslegen und dann zu stören versuchen. Damit sie aber nicht stören, sollte man sie ihnen nicht zeigen, bis sie wieder zu Verstand kommen. Es gibt unter ihnen außerdem viele skrupellose Leute, die aus Wut, Hass oder Furcht das Licht leugnen oder davor ihre Augen schließen. Darum rate ich meinen Brüdern, vorsichtig zu sein und die Wahrheit nicht in die Hände derer zu geben, die für sie nicht geeignet sind. Sie sollen auch nichts unternehmen, was den Verdacht dieser Weltleute erregen könnte. *

 

 

 

Schlussfolgerung Heute empfing ich einen Brief von Re’fet Bey. In Zusammenhang mit seiner Frage nach dem Ehrenwerten Bart sagte ich:

Einigen Hadithen entsprechend steht fest, dass die Zahl der Haare des Ehrenwerten Propheten, mit dem Friede und Segen sei, die aus dem Barte des Glückseligen gefallen sind, nur begrenzt ist. Obwohl es also von ihnen mit dreißig, vierzig oder fünfzig, sechzig nur eine geringe Anzahl gibt, hat die Tatsache, dass es Haare aus dem Ehrenwerten Bart an Tausenden von Orten gibt, mir doch einiges Nachdenken bereitet. Zu dieser Zeit stieg in meinem Inneren der Gedanke auf, dass das, was über den ehrenwerten Bart bekannt ist, nicht nur seine Barthaare betrifft; doch die Sahabis, die nichts vernachlässigten, bewahrten auch die Haare seines gesegneten Hauptes, nachdem sie geschnitten worden waren. Sein lichtvolles, gesegnetes Haar blieb für immer bewahrt und erhalten. Es waren Tausende. Und ihre Zahl mag der entsprechen, die es noch heute gibt.

Und abermals stieg zu jener Zeit in mir der Gedanke auf, ob nun auf Grund zuverlässiger Dokumente feststeht, ob diese Haare, wie man sie in jeder Moschee findet, zu den Haaren des Ehrenwerten Botschafters (Hasret-i Risalet) gehört, sodass es vernünftig wäre, sie zu besuchen. Sie sind der Grund, für den Ehrenwerten Propheten, mit dem Friede und Segen sei, Gebete zu opfern und ein Anlass, ihm seine Verehrung und Liebe darzubringen. Was der Anlass (des Besuches) war, hat mit dem Ding selbst nichts zu tun, sondern mit dem Anlass (dem es dient). Wenn also nun ein Haar nicht wirklich von dem Bart des Glückseligen stammte, wurde es dennoch dem äußeren Anschein nach als ein solches betrachtet und erfüllte so seine Aufgabe, der Verehrung, der Achtung und der Segenswünsche (für den Propheten) zu dienen, und es war nicht nötig, Quellen zu finden und diese Haare urkundlich zu verifizieren. Es genügte bereits, wenn es keine gegenteiligen Beweise dafür gab. Denn die allgemeine Auffassung und Akzeptanz durch die Umma gilt als eine Art Beweis.

Wenn einige Leute der Gottesfurcht sich an dergleichen Angelegenheiten stören, sei es vom Standpunkt ihrer Gottesfurcht, oder aus reiner Vorsicht, oder aus Gründen der Frömmigkeit, so tun sie dies aus persönlichen Gründen. Und wenn sie auch sagen, es handle sich hier um eine Neuerung (bid’a), so handelt es sich hierbei um eine Neuerung im guten Sinne, handelt es sich doch dabei um eine Veranlassung, Segnungen (zu rezitieren). Re’fet Bey schreibt in seinem Brief: »Diese Angelegenheit war zwischen den Brüdern ein Anlass zu Diskussionen.« Ich empfehle meinen Brüdern, in einer solchen Angelegenheit nicht in der Weise zu diskutieren, dass daraus ein Konflikt entsteht oder eine Spaltung erwächst. Vielmehr sollten sie sich daran gewöhnen, sich zu unterhalten und ihre Meinungen miteinander austauschen ohne sich dabei zu streiten.

 

 

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und fürwahr, es gibt kein Ding, das nicht lobend ihn preist.« »Friede sei mit euch und Sein Erbarmen und sein Segen.«

Meine lieben, getreuen Brüder in Senirkent, Ibrahim, Schükrü, Hafis, Bekir, Hafis Hüseyin, Hafis Receb!

Die Atheisten haben schon seit geraumer Zeit diese drei Fragestellungen kritisiert, die ihr mir durch Hafis Taufiq zugesandt habt.

 

Erstens: Entsprechend der Ayah (Sure18, 86)

 

wird hier wörtlich zum Ausdruck gebracht: »Er sah die Sonne in einem Quellgrund untergehen, der mit heißem Schlamm gefüllt war.«

 

Zweitens: Wo ist die Mauer von Dhu-l’Qarneyn?

 

Drittens: Hier handelt es sich darum, dass Jesus, mit dem der Friede sei, am Ende der Zeiten kommen und den Deddschal töten werde.

Die Antworten auf diese Fragen sind lang. Hier wollen wir nur kurz zusammengefasst andeuten: Da die Ayat des Qur’an die Dinge im Stil der arabischen Sprache und in Übereinstimmung mit dem äußerlichen Erscheinungsbild erklären, und zwar so, dass sie jeder zu verstehen vermag, gebrauchen sie dazu häufig Metaphern, Allegorien und Vergleiche.

So auch in der Ayah

 

 

»Ging unter in einer heißen Quelle...« (Sure 18, 86)

Dhu-l’Qarneyn sah die Sonne an der Küste des Atlantik untergehen, die ihm vorkam wie ein Quellgrund voll brodelndem Schlamm oder der feurige Krater eines rauchenden Vulkans. Dies ist der äußerliche Anblick. Der Atlantik erschien Dhu-l’Qarneyn aus der Entfernung als ein weiter Quellgrund, umgeben von einem Sumpf, der in der großen Hitze des Sommers dampfte. Und er sah den Untergang der Sonne offensichtlich in einem Teil davon. Oder aber er sah die Sonne, das Auge des Himmels, verborgen in einem neuen, feurigen Krater in einem Vulkan, der Lavagestein und Felsbrocken ausspie.

Mit diesem Satz lehrt uns der allweise Qur’an in der Tat in der so wunderbaren Beredsamkeit seiner Ausdrucksweise viele Dinge.

 

Erstens: Indem er uns erklärt, dass Dhu-l’Qarneyns Reise nach dem Westen zusammenfiel mit der starken Hitze des Sommers, einem Sumpfgebiet, der Zeit des Sonnenuntergangs und der Zeit eines Vulkanausbruchs, spielt er auf viele beispielhafte Dinge an, wie z.B. der völligen Eroberung Afrikas.

Bekanntermaßen ist die offensichtliche Bewegung der Sonne augenscheinlich und sie ist auch ein Beweis für die nicht sichtbare Bewegung der Erde. Davon berichtet (der Qur’an). Was hier beabsichtigt wurde, ist nicht der tatsächliche Sonnenuntergang. Auch die Quelle ist eine Metapher. Aus der Ferne scheint ein großer See nur ein kleiner Teich zu sein. Die in der Hitze aufsteigenden Dampfwolken, das Meer, das hinter den Sümpfen sichtbar wird und die Quelle in einem Sumpf sind allegorisch. Auch das Wort , das in der arabischen Sprache sowohl Quelle als auch Sonne oder auch Auge bedeutet, steckt voller Bedeutungen und passt bestens zu den Geheimnissen der Beredsamkeit. *

So erschien es wenigsten Dhu-l’Qarneyn auf Grund der großen Entfernung. In gleicher Weise stellt der Qur’an in der himmlischen Art seiner Ansprache vom Gewaltigen Thron, von dem zugleich auch die Himmelskörper befehligt werden, herabkommend fest, dass die Sonne, die als ein gehorsamer Diener im Gasthaus des Allerbarmers ihre Aufgabe als Lampe erfüllt, in der Quelle ihres Herrn, dem Atlantik verborgen ist, was zu der Erhabenheit und Größe (des Qur’an) passt. Und so ist es auch, wie es dem himmlischen Auge erscheint.

Kurz gesagt: Was die Bezeichnung des Atlantischen Ozeans als eine schlammige Quelle betrifft, so zeigt dies, dass Dhu-l’Qarneyn diesen großen Ozean aus der Ferne für eine Quelle hielt. Da der Qur’an aber alles aus der Nähe betrachtet, sieht er nicht, was Dhu-l’Qarneyn sah und was eine Art Illusion war. Da aber nun der Qur’an vom Himmel herab kommt und darauf schaut, sieht er die Erde manchmal als eine Ebene, manchmal als einen Palast, zuweilen als eine Wiege und wieder ein andermal als eine Seite. Den großen und weiten Atlantischen Ozean mit seinen Nebelfeldern und seinen Wolkenbänken als eine Quelle zu bezeichnen, zeigt daher die Größe seiner Erhabenheit.

 

Deine zweite Frage: Wo ist die Mauer von Dhu-l’Qarneyn? Wer waren Gog und Magog?

 

Antwort: Schon vor langer Zeit habe ich über diese Frage eine Abhandlung geschrieben. Durch sie wurden damals die Atheisten zum Schweigen gebracht. Ich habe sie jetzt nicht bei mir und außerdem macht mein Gedächtnis gerade einen Arbeitsurlaub und hilft mir also nicht. Zudem wurde aber diese Frage schon im Dritten Ast des Vierundzwanzigsten Wortes ein wenig erörtert. Wir werden hier also nur ganz kurz auf zwei, drei Punkte hinweisen. Es handelt sich um folgendes:

Nach einigen Erforschern der Wahrheit und wie schon der Name Dhu-l’Qarneyn darauf hinweist, wurden Namen mit dem Zusatz »Dhu«, wie Dhu-l’Yasan von den jemenitischen Königen verwendet. Deshalb kann Dhu-l’Qarneyn nicht Alexander der Große sein. Er war weit eher ein König im Jemen, der zu Zeiten Hasret Abrahams lebte und von Hasret Chidr unterwiesen wurde. Alexander hingegen war Mazedonier, lebte etwa dreihundert Jahre vor Christus und wurde von Aristoteles unterrichtet. Die Geschichte der Menschheit lässt sich in etwa (anhand schriftlicher Zeugnisse – A.d.Ü.) fünftausend Jahre zurück verfolgen. Ein nur lückenhafter und kurzer Abriss der Geschichte vor-Abrahamitischer Zeit wird dabei als nicht mehr zuverlässig betrachtet. Sie existiert dann nur noch in Form von Legenden oder Spekulationen oder in einer sehr stark verkürzten Form. Der Grund dafür, dass dieser Dhu-l’Qarneyn aus dem Jemen schon in sehr früher Zeit in den Kommentaren zum Qur’an als Alexander der Große auftaucht, war entweder der, dass dies einer seiner Namen war, Dhu-l’Qarneyn also vielleicht ein Alexander aus uralter Zeit war, oder die besonderen Ereignisse, die in den Ayat des Qur’an erwähnt werden, sind Spuren ganz allgemeiner Ereignisse

Gleich wie Dhu-l’Qarneyn, der Iskender der Große war, durch seine prophetischen Unterweisungen die berühmte Chinesische Mauer als ein Hindernis zwischen den tyrannischen und den tyrannisierten Völkern errichtete und so die Überfälle dieser Räuber zu verhindern vermochte, errichteten noch viele andere Herrscher und mächtige Könige, wie Alexander der Große und ein Teil der Propheten und geistigen Pole, die sowohl in materieller als auch in geistiger Hinsicht Könige in der Welt der Menschen waren und Dhu-l’Qarneyn in geistiger Hinsicht folgten, durch ihre Unterweisungen Mauern zwischen den Bergen *, als eine der wirksamsten Maßnahmen, um die Unterdrückten vor ihren Unterdrückern zu retten, und erbauten schließlich Burgen auf den Gipfeln der Berge.

Sie errichteten diese entweder persönlich durch ihre physische Kraft, oder ließen sie nach ihren Anweisungen und Plänen erbauen. Später erbauten sie Wälle rund um ganze Städte und Burgen in diesen Städten bis sie als letzte Lösung Kanonen für vierziger (Granaten) und Schlachtkreuzer als schwimmende Festungen konstruierten. Das berühmteste Bauwerk auf Erden, die Chinesische Mauer, erstreckt sich über eine Entfernung von vielen Tagen und Wochen Fußmarsch und wurde errichtet, um die Völker Chinas vor den Überfällen der mongolischen und mandschurischen Horden, die im Qur’an als Gog und Magog bezeichnet werden, zu schützen. Diese wilden Völkerstämme haben verschiedene Male die Menschlichkeit in dieser Welt in ein Chaos verwandelt und sie von Ost nach West in Kriege verwickelt. Die Chinesische Mauer hat für lange Zeit die sonst häufigen Angriffe dieser wilden Völkerstämme abgewehrt. Solche Mauern wurden auch durch die Anstrengungen der alten Könige von Persien erbaut, die sie gleich wie Dhu-l’Qarneyn errichteten, um im Kaukasus bis in die Schluchten hinein die Tataren von ihren Raubzügen und Plünderungen abzuhalten. Es gibt sehr viele Mauern dieser Art. Da der allweise Qur’an mit der ganzen Menschheit spricht, erwähnt er, was offensichtlich ein vereinzelter Zwischenfall war, und ruft damit alle Ereignisse dieser Art in Erinnerung. Es versteht sich aus diesem Blickwinkel heraus, dass Erzählungen über Gog und Magog und über die Mauer und die Abhandlungen der Qur’ankommentatoren darüber sich voneinander unterscheiden.

Zudem stellt der Weise Qur’an hinsichtlich der von ihm besprochenen Objekte Verbindungen von einem Ereignis zu einem anderen weit entfernten Ereignis her. Wer nicht an solche Zusammenhänge denkt, glaubt, sie lägen zeitlich dicht beieinander. Wenn also der Qur’an das Ende der Welt mit der Zerstörung der Chinesischen Mauer in Verbindung bringt, so geschieht dies nicht in Hinsicht darauf, dass diese beiden Ereignisse zeitlich nahe beieinander liegen, sondern gilt für zwei Punkte hinsichtlich der Verbindung ihrer Subjekte. Das heißt, die Welt wird untergehen, genauso wie auch die Chinesische Mauer zerfallen wird. Genauso wie auch die Berge als natürliche, göttliche Mauern fest stehen und erst am Ende der Welt zerstört werden, so ist auch die Chinesische Mauer fest wie die Berge und wird erst mit dem Untergang der Welt zu Staub zerfallen. Und sollte sie auch mit dem Ablauf der Zeit schwere Schäden erleiden, wird sie doch in großen Teilen erhalten bleiben. Und obwohl die Große Chinesische Mauer, die ein ganz besonderer Ausdruck des allgemeinen Ausdrucks der Mauer von Dhu-l’Qarneyn ist, in der Tat seit Jahrtausenden steht, ist sie noch immer offensichtlich dort. Man kann sie lesen als eine lange, materialisierte, Stein gewordene, bedeutungsvolle Zeile antiker Geschichte, von Menschenhand auf der Seite dieser unserer Erde niedergeschrieben.

 

Deine dritte Frage: Über Jesus, mit dem der Friede sei, der den Deddschal tötet, gibt es sowohl im Ersten als auch im Fünfzehnten Brief einige kurze Antworten, die dir genügen sollten.

 

 

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und fürwahr, es gibt kein Ding, das nicht lobend ihn preist.«

»Friede sei mit euch und Sein Erbarmen und sein Segen.«

Meine lieben, hingebungsvollen, treuen und ergebenen Brüder, Hoca Sabri und Hafis Ali!

 

Obwohl eure so bedeutungsvolle Frage über die Ayah am Ende der Sure Luqman (Sure 31, 34) über die Fünf Verborgenen Dinge auch eine bedeutungsvolle Antwort erfordert, erlaubt leider zur Zeit weder meine geistige Verfassung noch mein physischer Zustand eine solche Antwort. So will ich denn hier nur ganz kurz auf ein oder zwei Punkte verweisen, die deine Frage berührt.

Eure Frage zeigt, dass Atheisten Einwände erhoben haben, was die Zeit eines kommenden Regens betrifft und welcher Art das Kind im Mutterleib sein wird und somit an den Fünf Verborgenen Dingen Kritik geübt haben. Sie haben gesagt: »Instrumente in einem Observatorium können herausfinden, wann es Regen geben wird. So weiß es denn nun schon jemand anders außer Gott. Ebenso lässt sich durch Röntgenstrahlen feststellen, ob das Kind im Mutterleib männlichen oder weiblichen Geschlechtes sein wird. Das aber heißt, dass es möglich ist, die Fünf Verborgenen Dinge zu erkennen.«

 

Antwort: Da die Zeit, wann der Regen fallen wird, nicht von irgendwelchen Regeln, sondern unmittelbar und direkt von dem Willen und der Entscheidung Gottes abhängig ist, und aus der Schatzkammer Seiner Barmherzigkeit Seinem Beschluss entsprechend gegeben wird, ist das Geheimnis Seiner Weisheit das folgende:

Die höchste Wahrheit im Kosmos und das kostbarste im Wesen des Alls sind Licht, Sein, Leben und Erbarmen, diese vier Dinge, die unverhüllt, ohne einen Mittler unmittelbar Seiner göttlichen Macht und Seinem besonderen göttlichen Willen verbunden sind. Für andere Geschöpfe sind die offensichtlichen Ursachen Schleier vor der göttlichen Verfügungsmacht und die allgemeinen Regeln und Gesetze verschleiern bis zu einem gewissen Grade den göttlichen Wunsch und Willen. Jedoch solche Schleier breiten sich nicht über Licht, Sein, Leben und Erbarmen. Denn der Zweck, dem sie dienen, ist mit diesen Dingen nicht verbunden.

Da die wichtigsten Wahrheiten im Dasein Leben und Erbarmen sind und der Regen die Quelle des Lebens und ein Mittel der Barmherzigkeit und sicherlich eine reine Barmherzigkeit ist, können Mittler sie mit Sicherheit nicht verhüllen, noch werden Gesetz und Eintönigkeit verschleiern, was Gott allein zugehört. In diesem Sinn muss jeder und in jeder Lage zu allen Zeiten Dank und Anbetung, Bitten und Flehen darbringen. Wäre der Regen von einem Gesetz abhängig, würde jeder sich auf dieses Gesetz stützen und das Tor zu Dankbarkeit und Flehen würde geschlossen werden.

Es ist offensichtlich, dass im Aufgang der Sonne zahlreiche Segnungen liegen. Da dieser aber an ein normales Gesetz gebunden ist, werden zum Aufgang der Sonne keine Gebete dargebracht und keine Dankgebete dafür verrichtet. Und weil es menschlichem Wissen auf Grund dieser Gesetze bekannt ist, dass sie morgen wieder aufgehen wird, wird der Sonnenaufgang nicht zu den Ereignissen aus der unsichtbaren Welt gezählt. Weil aber die einzelnen Regenfälle nicht irgendwelchen Gesetzen folgen, sind Menschen dazu verpflichtet, mit Bitten und Flehen am himmlischen Hof (Dergah) Zuflucht zu suchen. Und da menschliches Wissen nicht im Stande ist, die genaue Zeit des kommenden Regenfalls genau voraus zu berechnen, sieht man ihn als eine besondere Gnade Gottes an, die einzig aus der Schatzkammer der göttlichen Barmherzigkeit herniederströmt und bringt seinen aufrichtigen Dank dafür dar.

Es ist aus diesem Grund, dass diese Ayah die Zeit des Regens zu den Fünf Verborgenen Dingen zählt. Das Herannahen der Regenwolken mit Instrumenten in Observatorien schon im Voraus erkennen und den Zeitpunkt für den Beginn des Regens errechnen zu können, heißt nicht, in das Verborgene schauen zu können, sondern nur, durch entsprechende Forschungen einige der Bedingungen zu erkennen, wann (der Regen) die unsichtbare Welt verlassen und sich unserer bezeugten Welt nähern wird.

Wenn sich die geheimsten Dinge aus dem Ungesehenen ereignen, oder doch kurz davor stehen, sich zu ereignen, erkennt man sie bereits an einer Art Vorgefühl. Das heißt nicht, das Unsichtbare zu kennen; es bedeutet nur, etwas zu kennen, was bereits besteht, oder doch kurz davor steht, ins Dasein zu treten. Auch ich spüre durch eine gewisse Sensibilität in meinen Nerven schon vierundzwanzig Stunden zuvor die Ankunft des bevorstehenden Regens. Das heißt, der Regen hat seine Anzeichen, seine Vorboten. Diese Vorboten machen sich durch eine Art Feuchtigkeit in der Luft bemerkbar, die ankündigt, dass Regen im Anzug ist. Wie ein Gesetz gleicht diese Lage einem Mittel für das menschliche Wissen, zu den Dingen zu gelangen, die dem Unsichtbaren bereits entstiegen aber noch nicht zur Zeugenschaft gelangt sind. Doch zu wissen, wann der Regen herniederfallen wird, der seinen Fuß noch nicht in unsere bezeugte Welt gesetzt hat, noch die Schatzkammer der göttlichen Barmherzigkeit gemäß Seiner ganz persönlichen Entscheidung verlassen hat, gehört einzig dem Wissen dessen zu, der das Verborgene kennt.

 

Zweite noch offene Frage: Durch eine Röntgenuntersuchung festzustellen, ob ein Kind im Schoße seiner Mutter männlich oder weiblich ist, widerspricht nicht der tieferen Bedeutung der Ayah

 

 

»...und Er weiß, was im Schoß ist.« (Sure 31, 34)

Denn was mit dieser Ayah gemeint ist, sind die Vorboten der besonderen Fähigkeiten des Kindes und der vorherbestimmte Kurs, dem er in seinem Leben folgen wird, ja sogar der wunderbare Stempel des Einzigartigen (Samad) auf seiner Stirne, der das Kind auf diese Weise kenntlich macht, (Kennzeichen, wie sie) dem Wissen dessen, der das Verborgene sieht, zugehörig sind. Sollten selbst hunderttausend Menschen ihren röntgenstrahlgleichen Geist zusammentun, sie könnten dennoch nicht seine wahren Gesichtszüge entdecken, deren jeder ein Unterscheidungsmerkmal des Kindes gegenüber jedem anderen Mitglied der Menschlichen Rasse ist. Wie also sollten sie denn die Charakterzüge ihrer eigentlichen Fähigkeiten entdecken, die hundertmal wunderbarer sind als ihre pur anatomischen Gesichtszüge.

Wir sagten zu Anfang, dass Dasein, Leben und Barmherzigkeit die bedeutendsten Wahrheiten im Kosmos sind und ihnen die höchste Stufe (makam) zukommt. So ist denn das Geheimnis dieser vielseitigen Wahrheit des Lebens, die sich in all ihren Einzelheiten und subtilen Aspekten auf den Willen und Beschluss Gottes und Seine Barmherzigkeit bezieht, das folgende:

Es ist um des Lebens und all seiner Möglichkeiten willen, das eine Quelle des Dankes, des Lobes und der Anbetung ist, dass alle Gesetze und alle Eintönigkeit, die ein Schleier über einem Willen (irade) sind, der Gott allein zu Eigen ist, und offensichtliche Vermittler, welche die Barmherzigkeit Gottes verschleiern, ihm nicht auferlegt worden sind. Gott der Gerechte wird auf den innerlichen wie äußerlichen Gesichtern der Kinder im Mutterschoß in zweierlei Weise erkennbar.

Das erste zeigt die göttliche Einheit (Vahdet), Einzigartigkeit (Samad) und Allgegenwart (Ahadiyet), wobei das Kind in Übereinstimmung mit anderen Menschen entsprechend seinen Gliedern und Organsystemen Zeugnis für die Allgegenwart (Ahadiyet) seines Schöpfers und Meisters ablegt. In diesem Sinne ist das Kind (ein Ausdruck, also gleichsam) die Zunge, die ausruft: »Wer immer mir diese Gesichtszüge gegeben und meine Organe gemacht hat, ist auch der Meister aller menschlichen Wesen, die mir in diesen Organen ähnlich sind. Und Er ist auch der Meister (und der Schöpfer) aller Lebewesen.«

So ist denn dies (ein Ausdruck) des Kindes im Mutterleib, eine Zunge, die nicht der unsichtbaren (Welt) angehört. Da sie den Gesetzen und allgemeinen Regeln (der Lebewesen im allgemeinen und) der menschlichen Rasse (im besonderen) folgen, ist es möglich, sie zu kennen. (Als Ausdruck des Kindes) ist sie ein Zweig und Zunge der von uns bezeugten Welt, obgleich sie uns wie eine Offenbarung aus der unsichtbaren Welt erscheinen mag.

 

Zweiter Aspekt: Im Ausdruck der Charakterzüge seiner besonderen Fähigkeiten und der (nur ihm eigenen) Gesichtszüge verkündet es mit lauter Stimme Wahl, Wunsch, Wille und Barmherzigkeit einer Majestät, die keinerlei Beschränkungen unterworfen ist. Doch diese Stimme erhebt sich aus der tiefsten Verborgenheit. Niemand außer dem urewigen Wissen kann sie vernehmen und erfassen, bevor sie nicht in Erscheinung (vucud) tritt. Von diesen (inneren) Charakterzügen kann man noch nicht einmal ein Tausendstel erkennen und erfassen, solange sie noch im Schoß der Mutter verborgen sind!

 

Kurzum: In den inneren Charakterzügen des ungeborenen Kindes und in seiner äußeren Erscheinung lassen sich sowohl Beweise für die göttliche Allgegenwart (Vahdaniyet) und Zeugnisse als auch die Entscheidungs- und Willensfreiheit Gottes erkennen. Insoweit mir Gott der Gerechte noch Gelingen schenken möge, sollen noch weitere Anmerkungen über diese Fünf Verborgenen Dinge dargestellt werden. Doch im Augenblick erlauben mir meine Zeit und mein Zustand nicht mehr als dies. Daher möchte ich hier schließen.

 

 

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

 

 

»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen außer dem, das Du uns gelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.«(Sure 2, 32)

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