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18.04.2007 Standardwerke des Islam

„Al-Fiqh Al-Akbar“ von Imam Abu Hanifa

(iz). Abu Hanifa An-Nu’man ibn Thabit (geb. 80 n.H./689 n.Chr., gest. 150/767) ist einer der vier Imame der großen sunnitischen Rechtsschulen. Er war persischer Abstammung und wird zu den Tabi’in, der ersten Generation nach dem Propheten, gezählt, da er noch einigen Prophetengefährten persönlich begegnete. Auf ihn geht die hanafitische Madhhab zurück, die heute zahlenmäßig die größte der vier Rechtsschulen ist. Geografisch ist sie heute in der Türkei, dem Balkan, Zentralasien, Afghanistan, dem indischen Subkontinent und China vorherrschend, daneben auch noch in Syrien, Libanon, Palästina und Ägypten verbreitet. Sie war auch die offizielle Rechtsschule des Osmanischen Reiches. Von denen, die seiner Schule folgen, wird Abu Hanifa auch „Imam Al-A’zam“, der „größte Imam“, genannt.

 

Abu Hanifa wuchs in Kufa im Irak auf und lebte später in Bagdad. Er war dafür bekannt, den Schlaf zu meiden und in der Nacht lange im Gebet zu stehen. In der Regel schlief er nur zwischen dem Dhuhr- und ‘Asr-Gebet. Man berichtet, dass er 40 Jahre lang (oder über einen sehr langen Zeitraum) das Morgengebet mit der Gebetswaschung des Nachtgebets verrichtet, also dazwischen nicht geschlafen hat. Seinen Lebensunterhalt bestritt er durch Handel. Er war stets großzügig gegenüber seinen Schülern und den Armen und Bedürftigen. Der Khalif Al-Mansur wollte, dass er den Posten des Qadi einnimmt, doch Abu Hanifa lehnte ab. Al-Mansur ließ ihn daraufhin gefangen nehmen. In Folge dessen kam Abu Hanifa zu Tode; man sagt auch, er sei umgebracht worden. An seinem Begräbnis nahmen rund 50.000 Menschen teil. Abu Hanifa liegt in Bagdad in der nach ihm benannten berühmten Moschee begraben. Über sein Leben und seine herausragenden Eigenschaften gibt es viele überlieferte Geschichten und auch viele Würdigungen seitens anderer namhafter Gelehrter.

 

Der hanafitische Fiqh

 

Seine Rechtsschule wurde aber nicht von ihm allein, sondern vor allem von seinen beiden großen Schülern Abu Jusuf (Ja’qub ibn Ibrahim Al-Ansari) und Muhammad Asch-Schaibani begründet und geprägt. Abu Jusuf, ein Meister der Hadithwissenschaft und brillianter Jurist, geboren in Kufa, war lange in Bagdad als Qadi tätig, unter anderem unter dem Khalifen Harun Ar-Raschid, der die hanafitische Schule zur offiziellen Madhhab der ‘Abbasiden machte. Er war der erste, der über die ‘Usul, die Rechtsprinzipien, des Hanafi-Fiqh schrieb, und war ein Mudschtahid, konnte also selbstständig rechtliche Urteile fällen. Er starb in Bagdad im Jahre 182/798. Muhammad ibn Hassan Asch-Schaibani, ebenfalls ein Mudschtahid, hatte nicht nur bei Abu Hanifa, sondern auch bei Imam Malik studiert. Er traf Abu Hanifa in Kufa, zog dann ebenfalls nach Bagdad und wurde wie Abu Jusuf von Harun Ar-Raschid zum Qadi ernannt. Imam Muhammad war auch einer der Lehrer von Imam Asch-Schafi’i, auf den die schafi’itische Rechtsschule zurückgeht. Er schrieb viele Bücher und starb im Jahre 189/804.

 

Imam Abu Hanifa hat erstmals eine Systematisierung und Klassifizierung der Schari’a und des Fiqh vorgenommen und ihn in verschiedene Bereiche wie Tahara (rituelle Reinheit), Gebet, Zakat, Erbrecht und so weiter eingeteilt, was von den Gelehrten nach ihm übernommen wurde. Abu Hanifa entwickelte auch erstamls die Kriterien und Voraussetzungen für den Qijas, den Analogieschluss, ein wichtiges grundlegendes Rechtsprinzip. Die hanafitische Schule ist besonders bekannt für das Prinzip des Ra’i, der rechtlichen Meinung, und daher auch als „Schule des Ra’i“ bekannt. Da Abu Hanifa im Irak lebte, wird seine Schule auch als irakische Schule oder Schule von Kufa bezeichnet. Anders als in Medina lebten im Irak nur wenige Prophetengefährten, darunter aber solche hoch angesehenen wie ‘Ali, der Schwiegersohn des Propheten Muhammad, und ‘Abdullah ibn Mas’ud. Die irakischen Gelehrten hatten dadurch nur einen eingeschränkten Zugang zu den prophetischen Überlieferungen und der sich daraus ergebenden Praxis. Da sie im Irak häufig Lösungen für bisher unbekannte Probleme finden mussten, mussten sie eine dem entsprechende Methodik entwickeln – den Ra’i. „Ra’i“ bedeutet in diesem Fall Meinung, aber auch eine rechtliche Entscheidung, die durch Anwendung des Verstandes und der persönlichen Meinung gefällt wird, wenn sich kein direkter Bezug aus dem Qur’an, der Sunna oder der Analogie (Qijas) finden lässt. Aufgrund des begrenzten Zugangs zu den Hadithen waren Qijas und Ra’i in der frühen hanafitischen Schule so wichtig. Im Zuge Abu Jusufs und Asch-Schaibanis erlangten die Hadithe dann stärkeren Eingang in die Schule.

 

Das Al-Fiqh Al-Akbar

 

Von Abu Hanifa gibt es nur wenige Bücher. Die existierenden Werke wurden von Schülern des Imams aufgezeichnet. Bezeichnenderweise ist das bekannteste Werk, das von Abu Hanifa überliefert wird, kein Rechtswerk, sondern beschäftigt sich mit der ‘Aqida, den grundlegenden Glaubensinhalten: Das „Al-Fiqh Al-Akbar“, was „der größere Fiqh“ bedeutet. Es gilt als das erste Buch über die ‘Aqida, da es aus der Zeit der Tabi’in stammt. Es umfasst die Glaubensgrundlagen nach der korrekten Lehre der Ahl As-Sunna wa’l-Dschama’a. Erwähnt werden von den Inhalten des Buches soll hier Abu Hanifas Feststellung, dass Allah nicht an einem bestimmten Ort existiert, also transzendent ist, keinen Körplichkeit hat und keine Begrenzung, und mit nichts in der Schöpfung vergleichbar ist. Das Für-Ungläubig-Erklären anderer Muslime (Takfir) wird scharf zurückgewiesen: „Wir erklären keinen Muslim zum Ungläubigen, wenn dieser eine falsche Tat begangen hat, egal wie groß diese ist, es sei denn dass er seine falsche Handlung als erlaubt betrachtet.“ Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Position Abu Hanifas, dass es weder Zu- noch Abnahme im Iman, der Glaubensüberzeugung, geben könne, da deren Inhalte feststehen. Lediglich die Intensität des Iman kann stärker oder schwächer sein: „Die Gläubigen sind gleich darin, was sie glauben und in ihrer Bezeugung der göttlichen Einheit [Tauhid], haben aber unterschiedliche Grade der Vorzüglichkeit in Bezug auf ihre Taten und Verdienste.“ Das Al-Fiqh Al-Akbar wurde von Abu Hanifas Sohn Hammad überliefert. Die darin wiedergegebenen Grundsätze stimmen mit den späteren anerkannten Kalam-Schulen von Imam Al-Asch’ari und Imam Al-Maturidi überein. Die meisten Hanafiten folgen heute der Schule des Imam Al-Maturidi. Das Werk „Al-Fiqh Al-Absat“ von Abu Hanifa entspricht weitgehend dem „Fiqh Al-Akbar“, verfügt allerdings über eine systematischere Gliederung und mit einer anderen Überliefererkette.

 

Das nächste Mal stellen wir das Buch „Al-Musnad“ von Imam Ahmad ibn Hanbal vor.

 

Quelle :

http://www.islamische-zeitung.de/?id=8628

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Ein Lehrer aus Kufa - Imam Abu Hanifa

Biografische Notizen zu dem Begründer der heute größten Rechtsschule

 

Imam Abu Hanifa ist allgemein bekannt durch seine Kunja Abu Hanifa und wurde als Nu’man ibn Thabit in der Stadt Kufa im Jahre 80 A.H. geboren. Seine Vorfahren waren persische Händler und zu ihnen konnte er auch den Prophetengefährten Salman al-Farsi, möge Allah mit ihm zufrieden sein, zählen. Imam Abu Hanifas Vater, Thabit, traf in Kufa den Khalifen ‘Ali Ibn Abi Talib, möge Allah mit ihm zufrieden sein, der ein Du’a für ihn und seine Nachkommen machte. Einige sind der Meinung, dass Abu Hanifa das Ergebnis dieses Bittgebetes war.

 

Abu Hanifa An-Nu’man ibn Thabit at-Taima wurde von Abu Dawud als „Imam“ bezeichnet und von Ibn Hadschar als „Imam derjenigen, die den Himmel erreicht haben“. Seine Schule hat sehr viele Anhänger unter den vier Schulen der Ahl as-Sunna. Er war zeitlich betrachtet einer ersten unter den großen Imamen und unter ihnen der einzige Nachfolger (Tabi’i), da er mit eigenen Augen die Gefährten des Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, Anas ibn Malik, ‘Abdallah ibn Abi Aufa, Sahl ibn Sa’d as-Sa’idi, Abu at-Tufail und ‘Amir ibn Wathila, möge Allah mit ihnen allen zufrieden sein, gesehen hatte. Ein Hadith von al-Bukhari und Muslim besagt, dass Abu Huraira vom Propheten überlieferte: „Sollte sich der Din in den Plejaden [ein Sternbild] befinden, selbst dann würde ihn jemand aus Persien ergreifen oder einer seiner persischen Nachkommen würde ihn finden.“ Imam as-Sujuti, ein Gelehrter aus der Schule von asch-Schafi’i bemerkte: „Es wurde einheitlich überliefert, dass sich dieses Hadith auf Abu Hanifa bezieht.“ Kufa war zur Zeit der Geburt von Abu Hanifa ein Zentrum des Wissens und der Gelehrsamkeit, da viele Gefährten des Propheten dort ihren Wohnsitz genommen hatten. Wegen der Anwesenheit dieser geehrten und respektierten Leute wurde praktisch jedes Haus in Kufa zu einem Zentrum ihrer Schüler und deren Wissenschaften. Außerdem war Kufa die Stadt, die der vierte Khalif im Islam, ‘Ali ibn Abi Talib, möge Allah mit ihm zufrieden sein, zu seiner Hauptstadt erwählt hat.

 

Zuerst war Abu Hanifa kein Schüler der Wissenschaften. Während er unbeabsichtigt eines Tages vor dem Haus von Scha’bi (einem der bekannten, großen Gelehrten aus der Generation der Nachfolger) vorbei ging, wurde er von dem Gelehrten angesprochen, der ihn mit einem seiner Schüler verwechselt hatte. Scha’bi sprach ihn mit den Worten an: „Wo geht du hin, junger Mann?“ Abu Hanifa nannte ihm den Namen eines Händlers, den er besuchen wollte. „Was ich wissen wollte, war der Name des Lehrers, dessen Klasse du besuchst?“, fragte der bekannte Lehrer „Keine“, antwortete Abu Hanifa bedauernd. „Ich sehe Zeichen von Intelligenz in dir, du solltest in der Gemeinschaft von gelehrten Männern sitzen“, riet ihm Scha’bi. Nach dieser Begegnung begann der junge Imam seine Suche nach Wissen, die ihn zu vielen Leuten führen sollte. Zu den Schujukh von Abu Hanifa gehörte auch Hammad ibn Sulaiman, dessen Kreis er sich im Alter von 22 Jahren anschloss, nachdem er bereits ein bekannter Redner geworden war. Er studierte unter diesem Schaikh und übernahm dessen Studienkreis [Madschlis] im Alter von vierzig Jahren. Das Verlangen nach Wissen brachte den Imam unausweichlich nach Mekka, als dies ein umtriebiges Zentrum des Lernens war. Dort hatte eine Anzahl von anerkannten Meistern der Überlieferungen, die selber bei Gefährten des Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, gelernt hatten, eigene Schulen eingerichtet. Zu diesen gehörte ‘Ata ibn Rabah. ‘Ata war ein bekannter Nachfolger (Tabi’i), der mit vielen Gefährten zusammensaß und dadurch eine Autorität in Mekka war. Er selbst hatte gesagt, dass er mit zweihundert der Gefährten des Gesandten Allahs zusammen gesessen hatte und von ihrem Wissen nahm. Ein anderer Gelehrter, dessen Klassen Imam Abu Hanifa besuchte, war ‘Ikrimah. Dieser war Sklave und Schüler von ‘Abdallah ibn ‘Abbas, der ihn mit großer Vorsicht und Aufmerksamkeit ausbildete, was ‘Ikrimah so kompetent machte, dass er während seiner eigener Lebenszeit Abu Hanifa die Autorität gab, um persönliche Urteile zu fällen. Ibn ‘Abd al-Barr überlieferte in seinem Buch „Al-Intiqa’“: „‘Abdallah ibn Ahmad ad-Dauraqi berichtete: ‚Ibn Ma’inn wurde in meiner Gegenwart nach Abu Hanifa befragt und antwortete darauf: „Er ist vertrauenswürdig (Thiqatun). Ich habe von niemandem gehört, der stärker war als er.“‘ Außerdem fragte ihn Shu’ba (um Überlieferungen) und wies ihn an, Hadithe zu übermitteln.“ Abu Hanifa war einer der ersten im Islam, der die Schriften des Fiqh [islamisches Recht] im Ganzen mit Kapiteln versehen und geordnet hat; angefangen mit der rituellen Reinheit [Tahara] und Gebet [as-Salah].

 

Alle nachfolgenden Imame - Imam Malik, Imam asch-Schafi’i, Abu Dawud, Bukhari, Muslim, Tirmidhi und andere - folgten ihm darin. Sie alle stehen in gewissem Sinne auch in seiner Schuld und ihm wird ein Anteil an ihrer Belohnung zuteil, da er den Weg für sie geebnet hatte. Dies entspricht dem Hadith des Gesandten Allahs: „Derjenige, der im Islam mit etwas Gutem als Erster beginnt, hat seine Belohnung und die Belohnung derjenigen, die dies bis zum Jüngsten Gericht praktizieren, ohne das deren Belohnung nur im Geringsten verringert werden würde. Derjenige, der etwas Schlechtes im Islam beginnt, wird seine Strafe erhalten und die Strafe all derer, die damit bis zum Tage des Jüngsten Gerichts fortfahren, ohne dass am Tage des Jüngsten Gerichts ihre Strafe nur um das Geringste verkürzt werden wird.“ Asch-Schafi’i sagte über seinen zweiten Lehrer Imam Abu Hanifa: „Die Leute sind alle Kinder von Abu Hanifa im Fiqh, von Ibn Ishaq in Geschichte, von Malik in den Ahadith und von Muqatil im Tafsir.“ Al-Hafiz al-Kabir Abu Bakr Ahmad al-Harizmi schrieb in seinem Buch „Musnad“: „Saif al-Aimma berichtete, dass Imam Abu Hanifa, wenn er eine Angelegenheit aus dem Qur’an und den Hadith ableitete, er seine Antwort so lange nicht gab, bis er sie [seine Schüler] nicht alle zu der Sache befragt hatte. Wenn er in der Moschee von Kufa unterrichtete, nahmen bis zu tausend seiner Schüler daran teil. Wenn er eine Antwort fand, pflegte er sie seinen Studenten zu geben, damit sie diese studieren konnten. Wenn sie diese in Übereinstimmung mit dem Qur’an, den Hadithen und den Worten der Gefährten (des Propheten) fanden, dann sagte er: ‚Al-Hamdu li’Llah wa’Llahu akbar’ (Gelobt sein Allah und Allah ist größer) und die Anwesenden wiederholten seine Worte. Dann wies er sie an, diese Entscheidung aufzuschreiben.“ Al-Khatib überlieferte von Abu Hanifas Schüler Abu Nu’aim, dass dieser gesagte habe: „Muslime sollten Allah für Abu Hanifa in ihren Gebeten anflehen, denn die Sunnan und das Recht wurde für sie durch ihn bewahrt.“ Adh-Dhahabi, der über das Leben der anderen drei großen Imame jeweils ein Kapitel schrieb, sagte: „Die Begebenheiten aus den Leben von Abu Hanifa benötigen zwei Kapitel.“ Dessen Sohn Hammad rief anläßlich der Vorbereitungen für die Beerdigung seines Vaters aus: „Möge Allah dir gnädig sein! Du hast alle, die dir nachfolgen wollten, erschöpft.“ Ibrahim ibn Rustum al-Marwazi sagte: „Vier Imame rezitierten den Qur’an in einem einzelnen Rak’a: ‘Uthman ibn ‘Affan, Tamim ad-Dari, Sa’id ibn Dschubair und Abu Hanifa.“ Ibn al-Mubarakt sagte: „Abu Hanifa betete für eine lange Zeit alle fünf Gebete mit einer einzigen Waschung.“ Über vierzig Jahre lang betete er, da er die gesamte Nacht im Gebet verbrachte, das Morgengebet mit der Gebetswaschung des Nachtgebets [da er in dieser Zeit nicht schlief, musste er deshalb auch keine neue Gebetswaschung vollziehen, die für tiefen Schlaf notwendig wird]. Es wird berichtet, dass er an dem Ort, an dem er schließlich sterben sollte, den Qur’an siebentausend mal rezitiert haben soll. As-Sujuti überlieferte in seinem „Tabjid asch-Schifa“, dass ein bestimmter Besucher Abu Hanifa einen ganzen Tag in der Moschee beobachtete, wie er unermüdlich lehrte, alle Fragen, sowohl von den Einfachen wie von den Gelehrten, beantwortete und niemals damit aufhörte, es sei denn, es kam die Zeit für das Gebet. Während die Leute schliefen, verbrachte er zu Hause die Nacht im Gebet. Obwohl er selten aß, zählte er zu den ansehnlichsten und edelsten Leuten. Er war immer aufmerkasam und niemals müde, Tag für Tag, so dass der Besucher erklärte: „Ich bin überzeugt, dass dies keine alltägliche Angelegenheit ist, sondern Wilaja (Freundschaft mit Allah).“ Asch-Schafi’i sagte: „Wissen dreht sich um drei Männer: Malik, al-Laith und Ibn ‘Ujaina.“ Adh-Dhahabi kommentierte dazu: „Außerdem dreht es sich um al-Auza’i, ath-Thauri, Ma’mar, Abu Hanifa, Schu’ba und die beiden Hammads [ibn Zaid und Ibn Salama].“ Sufjan ath-Thauri lobte Abu Hanifa mit den Worten: „Wir waren vor Abu Hanifa wie kleine Vögel vor einem Falken“ und er stand für ihn auf, als dieser ihm nach dem Tod seines Bruders kondolierte. Er sagte: „Dieser Mann hält einen hohen Rang im Wissen, und wenn ich nicht für seine Wissenschaft aufstehen würde, dann für sein Alter, und wenn nicht für sein Alter dann für sein Bewusstsein um die Anwesenheit Allahs (Wara’) und wenn nicht dafür, dann für sein Recht [Fiqh].“ Ibn al-Mubarak pries Abu Hanifa und nannte ihn ein Zeichen Allahs. Ibn Hadschar überlieferte folgende Worte von Ibn al-Mubarak: „Hätte Allah mich nicht durch Abu Hanifa und Sufjan gerettet, dann wäre ich wie die anderen Leute.“ Wie jeder Freund Allahs, so hatte auch Abu Hanifa seine Feinde. ‘Abdan sagte, dass er von Ibn al-Mubarak hörte: „Wenn ihr hört, wie sie Abu Hanifa respektlos erwähnen, dann erwähnen sie mich respektlos. Ich sorge mich um sie wegen Allahs Missgefallen.“ Von Bischr al-Hafi stammt die Aussage: „Niemand kritisiert Abu Hanifa, es sei denn er ist ein Neider oder unwissend.“ Hamid ibn Adam al-Marwazi sagte: „Ich hörte wie Ibn al-Mubarak erklärte: ‚Ich sah niemanden, der Allah mehr fürchtete als Abu Hanifa, selbst unter dem Peitsche und der Herausforderung durch Geld und Besitz.’“ Abu Mu’awija ad-Darir sagte: „Liebe zu Abu Hanifa ist Teil der Sunna.“ Die Rechtsschule (Madhhab), die nach diesem Imam benannt wurde, breitete sich während des Osmanischen Reiches in viele Teile der Welt aus. Heute vollziehen mehr als die Hälfte aller Muslime weltweit ihre ‘Ibada nach der Rechtsschule von Abu Hanifa. In der Mehrheit der muslimischen Welt urteilten viele muslimische Richter nach ihren Grundlagen. Dazu zählen die Perioden der ‘Abbasiden, der Moghulsultane in Indien, der Turkreiche in Zentralasien und der Osmanen. Imam Abu Hanifa verdiente seinen Lebensunterhalt durch Handel. Mit den Einnahmen aus seinem Gewerbe deckte er die Bedürfnisse seiner Schüler ab. Er gab viele Almosen und jeden Freitag spendete er zwanzig Goldmünzen an die Armen zugunsten der Seelen seiner Eltern.

 

Im Jahre 146 A.H. wurde Abu Hanifa von Mansur, dem damaligen Khalifen, ins Gefängnis gesteckt, nachdem er die Position von Mansur als rechtmäßigem Khalifen nicht anerkannte. Ebenso weigerte er sich die Position des Richters am obersten Gerichtshof anzunehmen. Während seiner Zeit im Gefängnis wurde er mit dem Stock geprügelt. Mansur bereute dies und sandte Imam Abu Hanifa Geld, was dieser zurückwies. Aber jetzt war Imam Abu Hanifa gut bekannt und wo immer er hinging, kamen Tausende, um ihn zu sehen und um seine Meinung zu suchen. Seine Inhaftierung konnte seiner Beliebtheit keinen Abbruch leisten und daher wurde ihm erlaubt, trotz der Gefängnisstrafe zu unterrichten. Schließlich wurde entschieden, dass der große Imam entfernt werden musste und er wurde vergiftet. Abu Hanifa, der die Folgen des Giftes zu spüren begann, warf sich nieder im Gebet und starb im Monat Radschab. Die Nachricht vom Tode des Imams gelangte auch in die entfernten Gebiete und Tausende versammelten sich an seinem Grab. Der Qadi der Stadt wusch seinen Körper und wiederholte immer wieder: „Bei Allah, du warst der größte Faqih und der Mann mit der meisten Taqwa in unserer Zeit ...“ Als die Waschung vollendet war, hatten sich so viele Leute versammelt, dass an seinem Totengebet 50.000 Menschen teilnahmen. Imam Abu Hanifa starb in Bagdad im Jahre 150 A.H.

 

Namens- und Begriffsregister:

 

‘Abbasiden - Muslimische Khalifenfamilie, die das Zentrum des Islams in den Osten nach Bagdad verlegte und dadurch zur Verbreitung des Islams in der persischen und zentralasiatischen Welt ihren Beitrag leistete; ihre Hauptstadt Bagdad war über Jahrhunderte hindurch eine Quelle des Wissens und der Weisheit

 

‘Abdallah ibn ‘Abbas - Sohn von ‘Abbas, einem der Onkel des Propheten. Er gehörte zu den kenntnisreichsten Männern seiner Zeit und galt als führend in der Auslegung des Qur’ans

 

Ahl as-Sunna - Wörtl. „Leute der Sunna“; Anhänger der heute existierenden Rechtsschulen von Abu Hanifa, Malik, Asch-Schafi’i und Ibn Hanbal

 

‘Ali ibn Abi Talib - Schwiegersohn des Propheten Muhammad und vierter Khalif des Islam Al-Bukhari - Autor einer der bekanntesten Sammlungen prophetischer Überlieferungen; benannt nach seinem Herkunftsort Bukhara Din - Wörtl. „die zu erbringende Schuld“; gemeint ist damit die umfassende Lebensweise, die der Mensch seinem Schöpfer schuldet; häufig verkürzt übersetzt mit „Religion“

 

Du’a - Bittgebet; berühmte Du’as finden sich im Qur’an, in den Überlieferungen des Propheten und der berühmten Muslime

 

Faqih - Jemand, der das Fiqh praktiziert Fiqh - Wörtl. „Verständnis“, Korpus des islamischen Rechts; Wissenschaft vom islamischen Recht

 

Hadith (pl. Ahadith) - Überlieferte und geprüfte Äußerungen oder Handlungen des Propheten Muhammad (was)

 

‘Ibada - Die verpflichtenden fünf Handlungen des Islams: Bezeugung der Einheit Allahs und der Prophetenschaft Muhammads, Gebet, Zakat, Ramadan und Hadsch

 

Kufa - Neugründung der ersten Muslime, nachdem der Islam im Irak Fuß gefasst hatte. Kufa kam in der Regierungszeit des vierten Khalifen ‘Ali ibn Abi Talib zu Bedeutung, da dieser seinen Regierungssitz von Medina hierhin verlegte

 

Kunja - Ehrenvoller Beiname; häufig gebildet durch die Formel („Abu .../Vater von ...“, „Ibn .../ Sohn von ...“ oder auch durch eine besondere Eigenschaft „Abu Huraira/ Vater der Kätzchen)

 

Muslim - Hier ein Autor einer der anerkanntesten Sammlungen prophetischer

 

Überlieferungen Qadi - Richter; jemand, der anhand des islamischen Rechts Urteile fällt

 

Salman al-Farsi - berühmter Gefährte des Gesandten Allahs, der persischer Abstammung war As-Sujuti, Dschalal ad-Din - Bekannter islamischer Universalgelehrter aus dem Ägypten der Mamelukenzeit; Koautor des berühmten Qur’ankommentars „Dschalalain“

 

Sunnan (Sing. Sunna) - Überlieferte Handlung, Äußerung bzw. Unterlassung des Propheten und - in Erweiterung - seiner Gefährten Tabi’in - Wörtl. „die Nachfolger“, jene Generation, die auf die Gefährten des Propheten folgte und sehr wichtig war für die Formulierung des islamischen Rechts

 

Taqwa - Haltung und Handlung, die aus der Furcht und dem Respekt vor Allah erwächst Wara’ - Gewissenhaftigkeit

 

 

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Imam Abu Hanifa im Bereich des Hadith

 

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Imam Abu Hanifa

 

im Bereich des Hadith

 

 

 

Von Ebubekir Sifil

Übersetzt von der Ahlu Sunnah Schura

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Sich den Ansichten Abu Hanifas entgegenzustellen ist eine Angelegenheit, die bei den Gelehrten auf Einstimmigkeit stieß. Denn der Gelehrte Basras ist Imam Ayyub as-Sahtiyani und dieser sprach sich gegen Abu Hanifa aus. Der Gelehrte des Hidschaz ist Imam Malik und dieser sprach sich gegen Abu Hanifa aus; der Gelehrte Ägyptens ist Imam al-Lays b. Sa’d und dieser sprach sich gegen Abu Hanifa aus; der Gelehrte Schams ist Imam al-Awzai und dieser sprach sich gegen Abu Hanifa aus, der Gelehrte Horasans ist Imam Abdullah b. al-Mubarak und dieser sprach sich gegenüber Abu Hanifa aus…“[1]

 

Mit Ausnahme Abu Hanifas befindet sich unter den Mujtahid Imamen niemand, der unter so vielen Glaubwürdigkeiten Persönlichkeiten auf Kritik stieß. Das oben genannte Zitat ist eine der auserlesensten Aussagen, auf die man in diesem Bereich stoßen kann. Diese Einseitigkeit wurde die Geschichte hinweg durch Vorurteile, Parteizugehörigkeit und Engstirnigkeit gefördert. Durch Slogans wie „das Festhalten an der Sunnah“, „die Achtung der Salaf“, „Eifer in der Religion“ wurden diese unausgewogenen Überlieferungen am Leben erhalten. Leider existiert dieses Gedankengut auch heute noch in einigen Kreisen.

 

Hier ist noch ein gleichartiger „Beweis“: Abu Bakr b. Abi Dawud, der Sohn Imam Abu Dawuds frägt:

 

„Was haltet ihr von einer Sache, über die Malik und seine Gefährten, as-Schafi’i und seine Gefährten, al-Awzai und seine Gefährten, al-Hasan b. Salih und seine Gefährten, Sufyan as-Sawri und seine Gefährten und Ahmad b. Hanbal und seine Gefährten übereinstimmen?“ Die Angesprochenen erwiderten: „Oh Abu Bakr! Es gibt keine Sache, die authentischer (Sahih) wäre.“ Nachdem er nun das Erhoffte hörte, schlug er zu: „All diese waren sich einig, dass Abu Hanifa abgeirrt war.“[2]

 

Und ein ähnlicher „Beweis“ wird von Ibn Hibban geliefert: „Die Gelehrten und die Leute des Wara[3] aller islamischen Zentren und auch anderen Gebieten haben ihn abgelehnt und bemängelt. Nur einige wenige sind davon ausgenommen…“[4]

 

Die gegenwärtige Situation

 

Die „Abu Hanifa Kritik“, aus welchen Gründen nun auch immer sie Fuß gefasst hat, ist eine Angelegenheit, die in gegenwärtiger Zeit noch mit Beharren und Eigensinn weitergeführt wird. Dies ist ein ernsthafter Grund, der eine Betrachtung dieses „Defektes“ erfordert. Denn in der Geschichte wurde diese Kritik nicht nur durch die Gelehrten der Hanefitischen Rechtsschule in erforderlicher Weise beantwortet, sondern auch durch die Angehörigen der anderen Rechtsschulen und den Leuten der Untersuchung (Ahlu Tahqiq). Die ersten, die sich dagegen aussprachen waren der Maliki Ibn Abdulbarr in seinem al-Intika, der Schafi’i adh-Dhahabi in seinem Manakib, Muhammad b. Yusuf as-Salihi in seinem Ukudul Dschumani, as-Suyuti in seinem Tabyidus Sahifa, Ibn Hajar al-Makki in seinem al-Hayratul Hisan, der Hanbali Dschamaluddin Yusuf b. Abdulhadi in seinem Tanvirus Sahife…

 

Ungeachtet dessen, dass M. Nasiruddin al-Albani, als eine unter den Kritikern Abu Hanifas Platz einnehmende Persönlichkeit, eine recht gemäßigte Ansicht über Abu Hanifa abgibt, so lässt er jedoch die Gelegenheit in seinem Werk Nasbur Raya nicht unausgenutzt, in einer Fußnote diese Angelegenheit „wissenschaftlich objektiv“ zu begründen und führt folgende Personen an, die Abu Hanifa kritisiert haben:

 

„Daraqutni ist nicht einer der ersten, die Abu Hanifa als schwach ansahen. Im Gegenteil, in dieser Angelegenheit haben sich schon große Imame vor ihm geäußert, sodass sogar ein Fanatiker bei diesen Äußerungen keinen Fehler finden kann. Einer von ihnen ist Abdullah b. al-Mubarak. Ibn Abi Hatim überliefert mit einer gesunden Überliefererkette von ihm folgendes: „Abu Hanifa war schwach im Hadith.“ Auch sagt Ibn Abi Hatim: „Ibnul Mubarak hat von Abu Hanifa überliefert, doch in seinen späteren Jahren hat er ihn gemieden. Das habe ich von meinem Vater vernommen.“

 

„Auch Imam Ahmad ist einer von ihnen. Al-Ukayli ad-Du’afa überliefert durch eine gesunde Überliefererkette folgendes von ihm: „Abu Hanifa ist schwach im Hadith.“

 

„Und Imam Muslim, Verfasser des as-Sahih, ist ebenfalls einer von ihnen. Er sagte in seinem Werk al-Kuna: „Seine Ahadith sind leidend. Er hat nicht viele gesunde Ahadith.“

 

„Und Imam an-Nasai ist ebenfalls einer von ihnen. In seinem ad-Du’afa wal Matrukin sagt er: „Er ist nicht stark im Hadith.“

 

(..)

 

„Dass Abu Hanifa im Bereich des Hadith als schwach angesehen wird, bedeutet nicht, dass dies seine ruhmvolle Position im Fiqh erniedrigt. Seine Überlegenheit in den Wissenschaften des Fiqh und seine Aufopferung für diese muss dazu geführt haben, dass er im Feld des Hadith schwach gewesen ist. Es ist bekannt, dass, wenn ein Gelehrter sich einer Wissenschaft zuwendet und in ihr Sachkenntnis erlangt, dies im Normalfall dazu führt, dass er in anderen Wissenszweigen schwach ist. Und Allahu Teala weiß es am besten.“[5]

 

Diese Beschuldigungen Abu Hanifa gegenüber blieben jedoch leider nicht nur auf den Bereich des Hadith begrenzt, sondern verbreiteten sich auf die Bereiche der Glaubensgrundsätze, sodass er sogar des Kufrs beschuldigt wurde. Doch da sich diese Abhandlung nur auf die Kritik im Bereich des Hadith bezieht, werden wir nicht näher auf die anderen Themen eingehen.[6]

 

Die Kritik an Abu Hanifa im Bereich des Hadith kann man in zwei Punkte untergliedern:

 

1. Dass er ungenügend Wissen in diesem Wissenschaftszweig besitzt; dass seine Überlieferungen schwach sind und dass seine Einprägungskraft nicht besonders stark ist.

 

2. Dass er nicht die nötige Sorgfalt im Handeln nach den Ahadith zeigte; dass er des Öfteren den Ra’y benutzte und sich damit gegen die Ahadith stellte.

 

Die oben angeführten Punkte kann man unter dem Stichwort „Die Widerlegung Abu Hanifas“ zusammenfassen. Unter diesem Leitspruch haben viele Gelehrte Aussagen, welche gegen den Imam gerichtet sind, gesammelt und in ihren Werken eingefügt. Dieser Karawane beteiligten sich unter anderem Ibn Adiyy[7], al-Ukayli[8], Ibn Qutayba[9], Ibn Abi Hatim[10], al-Hatibul Bagdadi[11], Ibnul Dschawzi[12] und viele andere Autoren, wobei man jedoch betonen muss, dass sich diese Kritik im Bereich des Hadith hält. Darüber hinaus wurde der Imam in bestimmten Themenbereichen, wie der Erschaffenheit des Qur’ans, dem Enden des Paradieses und der Hölle, der Annahme der Ansichten der Murdschia und ähnlichen des Unglaubens beschuldigt und zur Reue eingeladen… Muhammad Zahid al-Kawsari hat in seinem Werk Ta’nibul Hatib die ganze Palette dieser Beschuldigungen mit einem tiefgründigem Wissen und einer großen Begabung widerlegt und mit aussagekräftigen Beweisen gezeigt, dass der Imam von all diesen Anklagen weit entfernt ist.

 

Der wissenschaftliche Wert dieser Beschuldigungen

 

Für den wissenschaftlichen Wert der oben als Beispiel angeführten Kritiken, welche alle zusammen ganze Bände füllen würden, können wir folgendes sagen:

 

Die sich damals immer stärker vermehrenden Kritiken gegenüber Abu Hanifa zeigen uns einen kleinen wichtigen Einblick in die damalige Zeit. Die Bewegung der Mu’taziliten, die ihre Anfänge im Irak (Bagdat und Basra) hat, hat im Bereich der Glaubensgrundsätze große Erschütterungen zum Vorschein gebracht. Durch das Betonen des Verstandes und durch ihr Wissen in der Kunst der Disputation konnten sie sehr leicht großen Einfluss auf die Bevölkerung nehmen. Sie haben das Volk mit größter Sorgfalt vor den Reden und dem Treffen derjenigen Leute, die sich aufgrund dieser gefährlichen Strömung für das gesellschaftliche Gefüge gekümmert haben, gewarnt und alles versucht, sie von ihnen abzubringen. Die Aussagen der großen Gelehrten über die Leute des Kalam und ihre Warnungen diesbezüglich müssen in diesem Zusammenhang verstanden werden.

 

Auf der anderen Seite stehen die Gelehrten des Hadith, deren primäres Ziel es war, sich von diesen Ansichten abzusetzen. Diese legten ihren Schwerpunkt weniger auf die Bedeutungen und das Verständnis der Überlieferungen und kümmerten sich weniger um den Fiqhul Hadith. Ihre ganzen Bemühungen bestanden darin, so viele Überlieferungen wie möglich zu sammeln. Bekannt sind sie unter den Bezeichnungen „Naqale-i Ahbar“ und „Zawamil-i Asfar“, zu denen auch die Leute des Hadith (Ahlul Hadith) gehören. Den Begriffen Ra’y, Qiyas und ähnlichen waren sie abgeneigt und sahen diese Ansichten als Unheil bringend an.

 

Es ist ein Fakt, dass es nichts desto trotz auch unter einigen Anhängern dieser beiden Parteien abweichende Meinungen im Bereich der Glaubensgrundlagen gab, die nicht weniger gefährlich waren, als die Lehren der Mu’tazila. Unter den Leuten des Hadith gab es einige, die in den Glaubengrundsätzen zum Vergleich Allahs mit Dingen und dem Anthropomorphismus neigten. Noch mehr; sie konnten sogar die Überlieferungen derjenigen, welche diese Glaubenslehren annahmen nicht durchdringen (inhaltlich) und überlieferten trotzdem von ihnen, obwohl vieles nur bedeutungsgemäß berichtet wurde.

Insbesondere im Bereich der Glaubenslehren haben die sunnitischen Leute des Kalam die mehrdeutigen (Mutaschabihat) Überlieferungen nach einem festen Prinzip gefiltert und ausgewertet. Die Kriterien bestanden aus der Verträglichkeit und Widerspruchslosigkeit mit der Schari’a, einer Betrachtung durch allgemeine islamische Denkweisen und dem Festhalten an den allgemein anerkannten Aussagen der Überlieferungen. Durch das Unverständnis anderer stießen sie auf große Beschuldigungen, doch nicht umsonst nimmt die Hälfte der islamischen Gemeinschaft, nach einigen Quellen sogar 2/3[13] der Ummah, die Ansichten Abu Hanifas an und folgt seinem Weg.

 

Das interessante an dieser Sache ist, dass die Beschuldigungen und Kritiken im Bereich des Hadith seitens der von der Gemeinschaft geachteten und hoch angesehenen Persönlichkeiten über den Imam zum allergrößten Teil auf unzuverlässigen Überliefererketten basieren. Trotz dieser Wahrheit, die al-Kawsari in seinem Ta’nibul Hatib, davor sogar schon al-Malikul Muazzam Isa b. Abi Bakr in seinem as-Schamul Musib leuchten lies, lebt das sehr kritische Bild gegenüber Abu Hanifa weiter. Treffender gesagt: „wird es von einigen Menschen am Leben erhalten.“ Darüber sollte man sich ernsthaft Gedanken machen.

 

Es ist auch Schade, erwähnen zu müssen, dass Nu’aym b. Hammad, Ibn Abi Hatim, Abdullah b. Ahmad… und ihresgleichen aufgrund ihrer „Ra’yphobie“ den weiter unten aufgezählten Berichtigungen und dem vielen Lob dem Imam gegenüber ihre Augen verschließen und weiter auf ihren Vorurteilen beharren und ihn weiterhin, wie oben angeführt, kritisieren und beschuldigen.

 

Die Neutralität der Widerlegungen/Berichtigungen

 

Gibt es denn bei den Kritikern keine Überlieferungen, die bezüglich der Überliefererkette fehlerfrei sind? Ohne Zweifel gibt es sie, doch diese gehören nicht zu denen, die „Widerlegungen/Beschuldigungen“ oder „Kritik“ beinhalten, vielmehr sind sie fanatischen/mit vorurteilen behafteten Ursprungs, oder die Personen, die diese Ansichten äußerten, haben nach dem sie die Wahrheit erkannt haben, sich von ihren Äußerungen zurückgezogen. Auch wenn es Überlieferungen gibt, die in keine dieser Kategorien passen, sind sie an Quantität und Qualität gleich null.

 

Ibn Dscharir at-Taberi bestätigt dies mit folgenden Worten: „Wenn es so wäre, dass man die Vertrauenswürdigkeit von denjenigen, die beschuldigt werden, zu den abgeirrten Gruppen zu gehören, als gebrochen und ihr Zeugnis als Ungültig ansehen würde, so müsste man in den islamischen Zentren den Großteil der Hadithgelehrten verlassen. Denn eine Gruppe von ihnen beschuldigt die anderen mit Sachen, die ihnen nicht gefallen…“[14]

 

Als Beispiel: der damit, dass er eine Gegenposition Abu Hanifas einnimmt, offenkundig bekannt gewordene Ibn Abi Hatim sagt bezüglich Imam Buhari folgendes: „…mein Vater (Abu Hatim) und Abu Zur’a haben von ihm selbst Ahadith gehört. Nachdem später Muhammad b. Yahya an-Nisapuri von al-Buhari folgendes aufschrieb: „Meine Qur’anrezitation ist erschaffen“, haben beide seine Ahadith verlassen.[15]

 

Was man sich ständig vergegenwärtigen sollte ist folgendes: Die Gelehrten der Widerlegung/Berichtigung sind auch nur Menschen. Jeder von ihnen ist in bestimmter Weise an gewisse Personen gebunden. Manche können sich davon befreien, doch bei anderen existiert diese Zuneigung weiter. Über den Lehrer Imam Schafi’is namens Ibrahim b. Muhammad b. Abi Yahya al-Aslami, von dem auch er selbst sehr viel überliefert hat, sagt Ibn Adiy: „Ich habe seine Überlieferungen oft geprüft. Ich bin auf nichts Verwerfliches gestoßen…“[16]

 

Die Kritik al-Kawsaris bezüglich dieser Aussagen ist sehr interessant: „Du kennst die Aussagen Ahmads (b. Hanbal) und Ibn Hibbans und anderer Hadithkritiker über diese Person. Al-Idschli sagt über ihn: ‚Man schreibt keinen Medina, Rafidhi, Dschahmi, Kadari Hadith auf.’ Es haben ihn sogar viele Hadithgelehrte als Lügner bezeichnet. Wenn as-Schafi’i von dieser Person nicht genauso viele Ahadith wie von Imam Malik überliefert hätte, so hätte Ibn Adiy nicht versucht, seine Position so zu verstärken…“[17]

 

Diejenigen, welche die Wahrheit sahen

 

Der Gelehrte aus Scham, Imam al-Awzai, fragte bei einer Begegnung Abdullah b. al-Mubarak: „Wer ist dieser Erneuerer, der aus Kufa kommt?“ (Er meinte damit Abu Hanifa) Ibnul Mubarak schwieg. Er ging zurück zu seiner Wohnstätte und stellte innerhalb von drei Tagen ein Büchlein zusammen, in dem wundervoll abgeleitete Urteile Abu Hanifas verzeichnet waren. Den Rest hören wir von ihm selbst:

 

„Al-Awzai leitete in dieser Zeit in der örtlichen Moschee das Gebet und war auch Gebetsrufer (Muazzin). Er fragte mich, was das in meiner Hand soll. Ich gab ihm das Buch. Er öffnete es und untersuchte eine der Angelegenheiten. Über die Themen schrieb ich „Dies ist die Ansicht an-Nu’mans“. Noch bis nach dem Gebetsruf –während er dabei auf den Beinen war- las er ein Stück vom Anfang des Buches. Danach steckte er es in die Tasche seines Gewands, rief die Iqama aus und leitete das Gebet. Nachdem Gebet nahm er es erneut heraus und studierte es weiter. Einige Zeit später wandte er sich zu mir und sagte: „Oh du aus Horasan stammender! Wer ist dieser an-Nu’man b. Sabit?“ Ich antwortete: „Ein Meister, dem ich im Irak begegnet bin.“ Er sagte: „Es ist eindeutig, dass diese Person unter den Meistern eine ausgewählte Position besitzt. Geh und sieh zu, dass du mehr Wissen von ihm erwirbst.“ Dann sagte ich: „Das ist Abu Hanifa, vor dem du mich gewarnt hast.“ Nach einiger Zeit traf ich al-Awzai in Mekka wieder. Ich habe gesehen, dass er bei den Diskussionen die Ansichten Abu Hanifas vertrat. Als wir uns wieder trennten, fragte ich ihn: „Wie hast du Abu Hanifa gefunden?“ Er sagte: „Aufgrund der Fülle seines Wissens und der Vorzüglichkeit seines Denkens bewundere ich ihn. Ich bitte Allah um Vergebung über meine vorherige Ansicht über ihn. Denn ich war über ihn eindeutig im Irrtum. Lerne weiter bei ihm. Denn er ist von dem, was mir über ihn zu hören gekommen ist, weit entfernt.“[18]

 

Ein anderes Beispiel ist Imam Muhammad al-Bakir. Dieser hörte von seinem Opa, dass Abu Hanifa die Religion (Din) und die Sunna des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu verändern suche. Um die Wahrheit diesbezüglich zu erfahren, machte er sich zur Zeit des Hadsch auf nach Mekka und traf Imam Abu Hanifa und erzählte ihm die Gerüchte. Abu Hanifa erklärte ihm seine Ansichten und belegte sie mit Beispielen. Daraufhin umarmte Imam Muhammad al-Bakir Abu Hanifa, küsste seine Stirn und machte ein Bittgebet (Dua) für ihn.[19]

 

Und nicht zuletzt ist das Beispiel Ibn Adiys eine Lehre für uns, das in dieser Angelegenheit einen wichtigen Beweis darstellt. Ibn Adiy sammelte in seinem Werk namens al-Kamil alle verfügbaren Aussagen gegen Abu Hanifa, die er ausfindig machen konnte. Nachdem er at-Tahawi begegnete und die wahre Sachlage verstand, änderte er seine Meinung und verfasste sogar eine Sammlung der Überlieferungen Abu Hanifas.[20]

 

Die Ursachen der Kritik

 

Der große Malikitsche Hadith- und Fiqhgelehrte Ibn Abdilbarr sagt: „Die Hadithgelehrten haben die Grenzen in der Ablehnung Abu Hanifas überschritten. Sie begründen dies dadurch, dass er die Überlieferungen mit dem Ra’y und dem Qiyas betrachtet und diesen auch noch eine hohe Stellung gewährt. (…) Dass er manche Ahad-Überlieferungen ablehnte, basierte auf einer vernünftigen Interpretation. Und genauso verfuhren viele der früheren Gelehrten. Die Gelehrten, die wie Abu Hanifa Urteile durch den Ra’y fällen, laufen in den Fußstapfen der früheren Gelehrten. (…)

 

„Ich kenne keine einzige Wissensgemeinschaft (Ahlul Ilm), die im Bezug auf die Qur’anverse nicht interpretiert (Ta’wil) hat oder im Verstehen der Sunna nicht einen Auslegungsweg (Madhab) bevorzugt hat und durch die Annahme dieses Weges eine Sunna ablehnte. Und ihr Ablehnen dieser Sunna basiert auf einer vernunftorientierten Interpretation oder einer Abrogation. Nach der Ansicht mancher ist diese Methodik bei Abu Hanifa etwas ausgeprägter gewesen.“

 

„Yahya b. Salam sagte: ‚(…) Al-Lays b. Sa’d sagte: Ich habe bei Malik b. Anas 70 Angelegenheiten gefunden, die gegen die Sunna des Propheten stoßen. Malik hat bei diesen Angelegenheiten den Ra’y für seine Urteilsfindung benutzt. Ich habe ihm diese Angelegenheiten als Ratschlag (Nasiha) gesendet.’“

 

Kein Gelehrter dieser Gemeinschaft (Umma) hat jemals eine Überlieferung, nachdem er sie als erwiesen akzeptiert hat, abgelehnt, solange er keine eigene widersprechende Überlieferung, einen widersprechenden Konsens (Idschma) kannte, oder das diese Überlieferung aufgehoben wurde bzw. Fehler in der Überliefererkette gefunden worden sind. Wenn dies aber jemand tut, so verliert er -abgesehen von seinem Anspruch als Imam- seine Eigenschaft der Gerechtigkeit und wird somit in die Kategorie der Frevler (Fasiq) eingestuft.

 

„Diejenigen, die von Abu Hanifa überliefern, ihn als authentisch verifizieren und ihn loben sind denen mengenmäßig überlegen, die sich gegen ihn aussprechen. Die größte Kritik, die er seitens der Ahlul Hadith bekommen hat ist, dass er sich zuviel mit Ra’y und Qiyas beschäftigt habe und dass er die Ansicht angenommen hat, dass die Taten nicht zum Glauben gehören…“[21]

 

Nach dem wir diese Zeilen gelesen haben, können wir uns nicht zurückhalten, folgendes zu sagen: „Wäre doch die Angelegenheit so gewesen, wie sie von Ibn Abdilbarr in sehr vorsichtig ausgewählten Ausdrücken erklärt wurde.“ Wenn man die Angelegenheiten überprüft, welche von den Leuten des Hadith bemängelt werden, so kann man sie in drei Punkte zusammenfassen:

 

1. Aqida. In diesem Bereich sind viele verschiedene Überlieferungen zu finden, z.B. dass der Imam die Aqida der Murdschia angenommen haben soll oder dass er behauptet haben soll, dass das Paradies und die Hölle eines Tages ein Ende haben werden.

 

2. Die geringe Anzahl an überlieferten Ahadith und die Schwäche seiner Einprägungskraft. In dieser Angelegenheit hat der Hadithgelehrte Abdullah b. al-Mubarak von Imam as-Schafi’i, Ahmad b. Hanbal, Sufyan as-Sawri, Ibn Uyayna und vielen anderen schwere Vorwürfe überliefert.

 

3. Seine Ablehnung gegenüber einigen gesunden Überlieferungen. Trotz mancher Einwände anderer lehnte er es manchmal ab, nach den Überlieferungen Urteile zu fällen und zog den Ra’y vor.[22]

 

Die wahre Begebenheit (Haqiqat-i Hal)

 

Wenn die Angelegenheit sich so verhalten würde, dass viele Hadithgelehrte Imam Abu Hanifa kritisieren und die Hanafis die Rolle der Verteidigung annehmen würden, so würde am Ende derjenige gewinnen, der den größeren Eifer in dieser Sache zeigen würde. Doch aufgrund dessen, dass die am Anfang in dieser Schrift aufgezählten Namen –verschiedenerer Rechtsschulen- die Arbeiten, welche durch die Leute der Mäßigung und Forschung zur Verteidigung des Imams geleistet wurden, unterschrieben haben, lässt die Angelegenheit in einem anderen Licht erscheinen.

 

Die Sachlage ist nicht nur aus den noch unten folgenden Verifizierungen und Lobpreisungen bestehend. Viele gemäßigte Hadithgelehrte, welche sich im Bezug zu Abu Hanifa nicht von der Gerechtigkeit und Wahrheit getrennt haben, sich nicht durch die Worte der anderen beeinflusst lassen haben, haben zu seiner Zeit und zu späteren Zeiten die Wahrheit zur Sprache gebracht.

 

Unter denjenigen, die Abu Hanifa gelobt haben, können wir folgende Namen nennen:

 

1. Einer der großen Lehrer Imam Buharis namens Makki b. Ibrahim: „Abu Hanifa war der Wissendste seiner Zeit.“[23]

 

2. Yazid b. Harun, von dem Ahmad b. Hanbal und andere große Gelehrte überlieferten: „Ich erreichte tausend Leute; von vielen habe ich Ahadith aufgeschrieben. Unter ihnen waren fünf Stück; und ich sah niemanden wissender im Fiqh, niemanden mit größerer Wara und niemanden Wissenderes als diese fünf. Das Oberhaupt dieser fünf Leute ist Abu Hanifa.“[24]

 

3. Abdullah b. al-Mubarak: „Ich kam nach Kufa und fragte: ‚Wer ist in eurer Heimat der Gelehrteste?’ und alle antworteten ‚Abu Hanifa.’“[25]

 

4. Sufyan as-Sawri: „Imam Abu Hanifa sagte folgendes: ‚Sufyan as-Sawri ist in der Anhängerschaft zu Abu Hanifa weiter als ich.’“[26]

 

5. Sufyan b. Uyayna: „In Kufa hat mich als erster Abu Hanifa niedersitzen lassen (um Ahadith zu überliefern). Er ließ mich in der Moschee hinsitzen und sagte zu seinen Schülern: ‚Dies ist derjenige, der den Hadith von Amr b. Dinar am gesündesten kennt.’ Daraufhin habe ich ihnen Ahadith überliefert.“[27]

 

6. Ibn Dschuraydsch: „Rawh b. Ubada erzählt: ‚Im Jahre 150 war ich bei Ibn Dschuraydsch. Ich sagte zu ihm: ‚Abu Hanifa ist gestorben.’ Daraufhin erwiderte er: ‚Möge Allah mit ihm barmherzig sein. Viel Wissen ist mit ihm gegangen.’“[28]

 

7. Imam as-Schafi’i: „Das Wort Abu Hanifas im Fiqh war eines derjenigen, das auf Annahme stieß und dessen man sich auslieferte.“ Von ihm ist auch dieses Zitat sehr bekannt: „Wer Fiqh lernen will, ist auf Abu Hanifa angewiesen.“[29]

 

8. Eine der führenden Autoritäten im Bereich der Widerlegung/Berichtigung Waki b. Dscharrah: „Yahya b. Ma’in sagte: ‚Ich habe niemanden gesehen, der so wäre wie Waki. Er gab Urteile (Fatwa) mit dem Ra’y Abu Hanifas.’“[30]

 

9. Yahya b. Sa’id al-Kattan: „Yahya b. Ma’in sagte: ‚Ich hörte Yahya al-Kattani folgendes sagen: Sprecht keine Lüge gegen Allah aus.Wir haben keinen schöneren Ra’y als den Ra’y von Abu Hanifa gehört. Und den Großteil seiner Ansichten haben wir angenommen.’“[31]

 

10. Yahya b. Ma’in: „Abu Hanifa war vertrauenswürdig. Er überlieferte nur das, was er auswendig wusste, den Rest überlieferte er nicht.“[32]

 

Die Geschichte ist der gesündeste Beweis

 

Die oben ausgewählten Aussagen wurden von den unabstreitbaren autoritären Gelehrten des Hadith und der Widerlegung/Berichtigung abgegeben. Wie die Widerleger und Kritiker Abu Hanifas diese Aussagen auswerten, ist ihnen überlassen: doch es gibt noch eine Wahrheit, die an die oben angeführten Punkte hinzuzufügen ist:

 

Wir sind im Besitz des Kitabul Asar, dem Werk der beiden berühmten Schüler Abu Hanifas. Beide sind gedruckt und im Umlauf und sind der deutliche Beweis dafür, dass die Ansicht, dass Abu Hanifa nur wenige Ahadith wusste, nicht mit den Tatsachen vereinbar ist. Dieses Buch gehört zu den Quellbüchern im Bereich des Fiqh und beinhaltet Überlieferungen, die direkt vom Imam mit seiner Überliefererkette stammen. Desto verwunderlicher ist es, dass manche Kreise immer noch Aussagen wie: „Abu Hanifa war schwach (Dhayif) im Hadith, er wusste nur wenige Ahadith, er achtete die Ahadith nicht.“ tätigen, die keine Fundamente besitzen. Dieses ständige Wiederholen verursacht bei einigen Vorurteile und die Krankheit des Fanatismus.

 

Die oben erwähnte Sammlung Dschami’u Masanidil Imam Abi Hanifa von Abu’l Muayyad al-Hawarizmi sollte hier angesprochen werden. Das in zwei Bänden gedruckte Werk kommt an zweiter Stelle nach dem Asar von Imam Abu Yusuf und Imam Muhammad. Denn die Zuschreibung der in diesem Buch erwähnten Überlieferungen auf den Imam wecken auf Grund der nach ihm folgenden Überlieferer mehr oder weniger Zweifel. Doch dies zählt nicht für das Asar. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Überlieferungen in diesem Buch dem Imam zugeschrieben werden können.

 

Zu alle dem muss man auch die Hadithgelehrten der Hanafiyya hinzufügen. Ihre Namen nehmen in den Büchern der großen Autoritäten im Bereich des Hadith platz. Al-Kawsari schrieb an den Hadithgelehrten Dschamaluddin az-Zayla, bezugnehmend auf sein Nasb’r Raya[33], eine Vorstellungsschrift, in der er die Hadithgelehrten der Hanafitischen Rechtsschule auflistet. Muhammad Yusuf al-Bannur fügte den 110 Namen schließlich 40 hinzu.

 

Gegenüber den ungerechtfertigten Beschuldigungen über den Imam wurde seine Position im Bereich des Hadith durch die Gelehrten der anderen Rechtsschulen anerkannt. Als Beleg hierfür ist zu nennen, dass sein Name in den Büchern der Hadithgelehrten Platz nimmt. An erster Stelle ist unter diesen der Hafidh adh-Dhahabi, Anhänger der Schafi’itischen Rechtsschule.[34] Ihm folgt der Hadithgelehrte der Hanbalitischen Rechtsschule Schamsuddin Muhammad b. Ahmad ibn Abdilhadi al-Makdisi in seinem Werk al-Muhatasr fi Tabakati Ulamail Hadith, nach ihm –der gleichen Rechtsschule angehörig- mit dem Namen „Ibnul Mibrad“ bekannte Hafidh Dschamaluddin Yusuf b. Hasan ibn Abdilhadi in seinem Werk Tabakatul Huffadh[35] und nicht zuletzt der Schafi’itische Hafidh Dschamaluddin as-Suyuti in seinem Werk Tabakatul Huffadh.[36]

 

Die Widerlegungen

 

Die Behauptungen, dass Abu Hanifa sich den Ahadith widersetze, blieben nicht nur auf dieser trockenen Beschuldigungsebene, sondern wurden durch Fakten zu belegen versucht.

 

1. Abu Bakr b. Abi Schayba, einer der Lehrer Imam Muslims und al-Buharis, gehört zu denjenigen, die es faktisch zu belegen versuchten. Er sagt in seinem berühmten Werk al-Musannaf in einem Band namens „Kitabur Rad ala Abi Hanifa“ folgendes: „Dies ist der Abschnitt über das sich Widersetzen Abu Hanifas gegenüber den vom Propheten berichteten Überlieferungen“ und erwähnt 125 Unterpunkte. In jedem Unterpunkt überliefert er einige Ahadith und sagt, dass Abu Hanifa ein gegenteiliges Urteil darüber fällte.[37]

 

Über diese 125 Angelegenheiten wurden in der Geschichte schon mehrere verschiedene Antworten verfasst. Eine der umfassendsten uns vorliegenden Antworten gegenüber den Beschuldigungen Abu Hanifas wurde durch Muhammad Zahid al-Kawsari in seinem Werk an-Nukatut Tarifa[38] verfasst. Seine Schlussfolgerung drückt er folgendermaßen aus:

 

„Die kleinste erwähnte Zahl im Bezug auf die von Abu Hanifa gefällten Urteile beträgt 83.000. Wenn wir annehmen würden, dass Ibn Abi Schayba in diesen 125 Angelegenheiten überhaupt recht hat, so läge der Fehlerquotient des Imams bei 664:1. (…)

 

In 50% der von Ibn Abi Schayba erwähnten 125 Angelegenheiten gibt es gegensätzliche Ahadith. D.h. Imam Abu Hanifa hat eine Version als Grundlage genutzt und Ibn Abi Schayba hat die andere Version als Grundlage benutzt. Wenn wir die restliche Hälfte in fünf Segmente teilen, so besteht einer dieser Teile aus Ahad-Überlieferungen, die in Anbetracht des Qur’ans zu Widersprüchen führen und somit durch Interpretationen ausgelegt wurden. Im zweiten Teil erklärt er, dass Ahad-Überlieferungen aufgrund von stärkeren Überlieferungen verlassen werden sollten. Im dritten Teil geht es darum, dass aus gleichen Überlieferungen verschiedene Urteile gefällt wurden. D.h. Imam Abu Hanifa und Ibn Abi Schayba berufen sich auf ein und denselben Hadith. Doch aufgrund der Auslegungsmethodik und des Verständnisses resultieren am Ende zwei unterschiedliche Ergebnisse. Im vierten Teil erwähnt Ibn Abi Schayba Überlieferungen, die gegen die Ansichten Abu Hanifas sprechen. Doch Ibn Abi Schayba macht hier Fehler in der Zuschreibung der Ansichten auf Abu Hanifa. Wenn wir die Quellbücher der Rechtsschule betrachten, wird klar, dass diese Zuschreibungen nicht den Tatsachen entsprechen. Schlussendlich kann gesagt werden, dass die konstruktivste Kritik sich im fünften Teil befindet. Das heißt, dass die Anzahl seiner Urteilsfindungen durch den Verstand (Idschtihat), welche im Konflikt mit den Überlieferungen sind, 12 beträgt.

 

2. Ein weiteres Werk, das durch Beispiele belegen soll, dass der Imam sich gegen die Überlieferungen widersetzt hat, ist das Mugisul Halk von Imamul Haramayn al-Dschuwayni. Al-Kawsari beantwortete dieses Werk durch sein Ihkakul Hak bi Ibtalil Batil. Die dort angeführten Aussagen sind genauso wie bei Ibn Abi Schayba nicht immer durch Ahadith gestützt. Neben ihnen wurden auch die Urteile der Rechtsschule zum Streitpunkt gemacht.

 

3. Imam al-Buhari erwähnt in seinem Sahih an vielen Stellen[39] folgenden Term: „Von den Menschen sagte einer, dass…“ wobei er damit jemanden meint, der sich gegen diesen Hadith widersetzt. Auch wenn er nicht an allen Stellen damit Abu Hanifa meint[40], so ist dies aber zweifellos an einigen Stellen an ihn gerichtet.

 

Es wurden allerhand verschiedene Nachforschungen über die Stellen geführt, an denen al-Buhari mit dem oben genanntem Term auf Abu Hanifa verweist. Einige der ersten Antworten bezüglich dieser Stellen wurden von Badruddin al-Ayni in seinem Umdatul Kari Scharch und Muhammad Anwarschah al-Kaschmiri in seinem Faydul Bari (Kommentare über das Sahih al-Buhari) verfasst.

 

Eine der unabhängigsten Arbeiten in diesem Feld neben den oben genannten Werken ist das Kaschful Iltibas Amma Awradahul Imamul Buhari von Abdulgani al-Gunaymi al-Maydani.

 

Des Weiteren wurden in der Geschichte viele weitere Werke über die Kritiken der Rechtsschule das Imam Abu Hanifa verfasst. Unter diesen können als Beispiel folgende Werke angeführt werden: das Ar Radd ala Siyaril Awzai von Imam Abu Yusuf, das Kitabul Hudscha ala Ahlil Medina von Imam Muhammad, das al-Gurratul Munifa von Siradschuddin al-Gaznawi, das al-Intisar li Imami Aimmatil Amsar von sibtu Ibnil Dschawzi und das Ukudul Dschawahiril Munifa von Muhammad Murtaza az-Dhabidi.

 

Fazit

 

Imam Abu Hanifa hat sein Wissen von den sich in Kufa niedergelassenen großen Gefährten des Propheten (Sahaba) wie Abdullah b. Mas’ud, Sa’d Abi Wakkas, Hudhayfa b. al-Yaman, Abu Musa al-Asch’ari, Ammar b. Yasir, Salman al-Farsi… geerbt. Die Geschichte verzeichnet, dass die Anzahl der nur von Ibn Mas’ud und seinen Schülern hervorgebrachten Gelehrten an die 4.000 beträgt.[41] Al-Idschli zählt 1500 Gefährten des Propheten (Sahaba), die sich in Kufa niederließen. Al-Kawsari verfasste eine Liste über einige der von Ali und Abdullah b. Mas’ud, Allahs Wohlgefallen auf beiden, ausgebildeten Gelehrten der Tabiin[42]. Wer sich ein Bild über das von Abu Hanifa erworbene Wissen machen möchte und sehen will, auf welch großem Reichtum es fußt, dem sollte diese Liste genügen.

 

Ar Rahamurmuzi überliefert, dass Ibn Sirin folgendes sagte: „Ich bin nach Kufa gekommen und habe 4.000 Leute den Hadith studieren sehen.“[43] Imam al-Buhari sagte, dass er in der Zeit, in der er Ahadith sammelte (ar-Rihla fi Talabil Hadith), nicht mehr zählte, wie oft er in Kufa war.[44] All dies zeigt uns die Stellung, welche Kufa im Bereich des Hadith einnahm.

 

Wer dennoch immer noch behauptet, dass Abu Hanifa, welcher seinen Idschtihad gemeinsam mit seinen 40 ausgebildeten Schülern machte, dem Hadith keine Achtung schenkt und sich ihm widersetzt, der muss entweder kein Wissen über dieses Umfeld besitzen oder es nicht beachten wollen.

 

Der Hauptpunkt ist folgender; obwohl die Arbeiten der Anhänger der Rechtsschule Imam Abu Hanifas, seiner Schüler und der Gelehrten einsehbar sind, ist es wirklich traumatisch, dass wir ihn vor irgendwelchen Beschuldigungen verteidigen müssen. Was kann man jemandem zeigen, der darin beharrt, seine Augen fest verschlossen zu halten?!

 

 

 

 

 

[1] Ibn Adiy, al-Kâmil, VII, 10.

 

[2] al-Hatîbu'l-Baðdâdî, Târîhu Baðdâd, XIII, 382-3.

 

[3] Wara: eine Eigenschaft eines tiefreligiösen Menschen. Sie resultiert aus der Gottesfurcht (Taqwa) und ist dadurch gekennzeichnet, dass der Mensch sich selbst von allen auch noch so kleinen Zweifeln fernhält.

 

[4] Ibn Hibbân, Kitâbu'l-Medschrûhîn, III, 64.

 

[5]al-Albânî, Ýrwâu'l-Ðalîl, II, 277-9.

 

[6]Ibnul Dschawzi äüßert in seinem al-Muntazam (V, 188), dass die Kritik über den Imam sich in drei Hauptpunkte zusammenfassen lässt: 1. Aqaid/Usuluddin, 2. Die geringe Anzahl an Hadithüberlieferungen, seine Schwäche in der Einprägung, 3. Dass er sich gegenüber gesunden (Sahih) Überlieferungen widersetzt und des Öfteren den Ra’y benutzt. Diese Abhandlung ist beschränkt auf die Kritik im Bereich des Hadith.

 

[7] siehe al-Kâmil fî Du'afâi'r-Ridschâl, VII, 5 vd.

 

[8] s. ad-Du'afâu'l-Kabîr, IV, 268 vd.

 

[9] s. Ta'wîlu Muhtelifi'l-Hadîth, 54 vd.

 

[10] s. Kitâbu'l-Dscharh wa't-Ta'dîl, VIII, 449-50.

 

[11] s. Târîhu Baðdâd, XIII, 365 vd.

 

[12] s. Kitâbu'd-Du'afâ wa'l-Matrûkîn, III, 163-4.

 

 

[13] al-Kawsarî, Ta'nîbu'l-Hatîb, 31.

 

[14] Ibn Hadschar, Hadyu's-Sârî (Mukaddimatu Fathi'l-Bârî), 428.

 

[15] Ibn Abî Hâtim, Kitâbu'l-Dscharh wa't-Ta'dîl, VII, 191.

 

[16]Ibn Adiy, al-Kâmil, I, 220.

 

[17] al-Kawsarî, Fýkhu Ahli'l-Irâk ve Hadîsuhum, 83.

 

[18] al-Hatîbu'l-Baðdâdî, Târîhu Baðdâd, XIII, 338; as-Saymarî, Ahbâru Abî Hanîfa, 78. Für die kürzere Version siehe Ibn Hacer al-Makkî, al-Hayrâtu'l-Hýsân, 46.

 

[19] al-Muwaffak al-Makkî, Manâkýbu'l-Ýmâm Abî Hanîfa, 143.

 

[20] al-Kawsarî, Ta'nîbu'l-Hatîb, 329.

 

[21] Ibn Abdilbar, Dschâmi'u Bayâni'l-Ýlm, 497 vd.

 

[22] s. Ibnu'l-Dschawzî, al-Muntazam, V, 188.

 

[23] Ibn Hadschar, Tahzîbu't-Tahzîb, X, 451.

 

[24] Ibn Abdilbar, Dschâmi'u Bayâni'l-Ýlm, 502.

 

[25] Ibn Abdilbar, al-Ýntikâ, 206.

 

[26] Ýbn Abdilbar, a.g.e., 198.

 

[27] as-Saymarî, Ahbâru Abî Hanîfa, 75; Ibn Abdilbar, a.g.e., 199.

 

[28] as-Saymarî, a.g.e.,, 74-5.

 

[29] Ýbn Abdilbar, a.g.e., 210.

 

[30] Ýbn Abdilbar , a.g.e., 211.

 

[31] at-Tahânavî (Tanvî), Kavâ'id fî Ulûmi'l-Hadîth, 311-2.

 

[32] Ibn Hadschar, Tahzîbu't-Tahzîb, X, 450.

 

[33] Fýkhu Ahli'l-Irâk ve Hadîsuhum.

 

[34] s. adh-Dhahabi, Tazkiretu'l-Huffâz, I, 168.

 

[35] S. Muhammad Abdurraschîd en-Nu'mânî, Makânatu'l-Ýmâm Abî Hanîfe fi'l-Hadîth, 60-1.

 

[36] s. as-Süyûtî, Tabakâtu'l-Huffâz, 80-1.

 

[37] Bkz. Ýbn Ebî Þeybe, el-Musannef, VIII, 363 vd.

 

[38] el-Kevserî, en-Nüketu't-Tarîfe fi't-Tahaddüs an Rudûdi Ýbn Ebî Þeybe alâ Ebî Hanîfe, Kahire-1365/1945.

 

[39] Deðiþik itibarlara göre 22, 24 veya 25 yerde.

 

[40] Al-Kaschmiri sagt in seinem Faydul Bari (III, 54): „Wisse, dass der Autor (Imam al-Buhari) diesen Term zum ersten Mal an dieser Stelle benutzt. Auch wenn es nun so ist, dass er hier Abu Hanifa damit meint, so ist die Behauptung aber, dass es an jeder anderen Stelle auch auf ihn deuten solle, falsch. An manchen Stellen ist damit Isa b. Aban, as-Schafi’i und Muhammad (b. al-Hasan) gemeint. Desweiteren benutzt der Autor diesen Term nicht immer in Verbindung einer Ablehnung (Rad). Ich habe auch gesehen, dass er durch die Benutzung dieses Terms seine Zustimmung äußerte. Und manches Mal schließt dieser Term auf Unschlüssigkeit in der erwähnten Angelegeneheit. Al-Kaschmiri gibt in seinem Kommentar über den Sunanut Tirmidhi namens al-Arfusch Schazide (II, 118) detailliertere Informationen und sagt: „Die Schafi’is behaupten, dass wenn al-Buhari den Term ‚Ba’du’n Nas’ verwendete, er damit immer Abu Hanifa meinte und mit diesem Ausdruck immer seine Ablehnung zeigte. Ich sage, dass dies nicht richtig so ist. Denn es ist auch so, dass al-Buhari damit seine Akzeptanz darstellt. Seine Haltung bezüglich der Sura ar-Rahman verhält sich nämlich so. Seine dort getätigte Aussage lässt nur auf dies schließen. Auch deutete er manches Mal mit der Aussage ‚Ba’du’n Nas’ auf Muhammad b. al-Hasan, manchmal auf seinen Schüler Isa. b. Aban, manchmal auf Zufar b. al-Hudhayli, manchmal auf as-Schafi’i…“

 

[41] s. al-Kawsarî, Fýkhu Ehli'l-Irâk, 41-2.

 

[42] al-Kawsarî, a.g.e., 43 vd.

 

[43] ar-Râmahurmuzî, al-Muhaddisu'l-Fâsýl, 408.

 

[44] al-Kawsarî, FýkhuEhli'l-Irâk ve Hadîsuhum, 52.

 

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