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Achtzehntes Wort - Gottes Schönheit

 

Dieses Wort besteht aus zwei Kapiteln. (Das zweite Kapitel wurde noch nicht geschrieben. Das erste Kapitel besteht aus drei Punkten.)

 

 

Erster Punkt:

 

 

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. Denke nicht, dass diejenigen, die sich über das freuen, was sie getan haben und gelobt werden möchten für das, was sie nicht getan haben, denke nicht, dass sie ihrer Strafe entgehen werden; denn ihrer ist eine schmerzhafte Strafe.« (Sure 3, 188)

Der Selbstsucht, die mich treibt (nefsu l-emmare) ein Schlag ins Gesicht:

Oh du meine, Seele (nefs), die du dich für den Ruhm begeisterst, in dein Ansehen vernarrt, nach Lob süchtig und von deinem Hochmut so beispiellos betäubt bist! Wenn ein winziges Samenkörnchen, Ursprung eines Feigenbaumes, der Tausende von Früchten hervorbringt, und wenn ein schwarzer, vertrockneter Weinstock, an dem hundert Trauben hängen und der diese Beeren, diese Trauben als sein eigenes Kunstwerk betrachtet, nun berechtigter Weise die Forderung erhöbe, dass diejenigen, die aus ihnen ihren Nutzen ziehen, diesen Weinstock, dieses Samenkörnchen loben und verehren sollten, dann hättest auch du vielleicht das Recht, stolz zu sein auf die Geschenke (ni´met), die du zu tragen erhalten hast, und dich ihrer zu rühmen. Denn eigentlich hast du ja nichts als nur Tadel verdient. Denn du gleichst ja nicht diesem Samenkörnchen, diesem Weinstock. Da du einen Bruchteil freien Willens hast, verringerst du die Werte dieser Gnadengeschenke durch deinen Stolz *. Durch deinen Hochmut zerstörst du sie, durch deine Undankbarkeit machst du sie zunichte. Du raubst sie dadurch, dass du sie in Besitz nimmst. Es ist nicht deine Aufgabe, dich zu rühmen, sondern zu danken. Dir gemäß ist nicht Stolz, sondern Bescheidenheit und Demut. Du verdienst nicht Lob sondern Reue und Vergebung. Deine Vollendung liegt nicht darin, dich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, sondern in Gottes Rechtleitung (huda) zu sehen. Du, meine Seele, bist in meinem Körper eigentlich das, was die Natur im Kosmos ist (= die Seele des Weltalls). Ihr seid beide (= die eigene Seele und die des Alls) dazu geschaffen, das Gute (als Gnadengeschenk) anzunehmen und das Schlechte euch selbst zuzuschreiben. Das heißt: ihr seid nicht der Handelnde oder der Ursprung des Geschehens, sondern das Subjekt und der Ort an dem es sich vollzieht. Es hat da lediglich eine Einwirkung stattgefunden. Sogar das Gute, das aus dem vollendeten Guten entspringt, wird zur Ursache des Bösen, wenn ihr es nicht auf eine schöne Weise annehmt. Des Weiteren seid ihr als je ein Schleier (vor dem Antlitz Gottes) erschaffen worden, damit die scheinbaren Unschönheiten, deren (wahre) Schönheit unsichtbar ist, euch zugeschrieben werden und Gott in Seiner Heiligkeit (muqaddes) vor Anklagen bewahrt bleibt. Denn die Form, mit der ihr euch bekleidet habt, befindet sich ganz und gar im Gegensatz zu eurer naturgemäßen Aufgabe. In eurer Unfähigkeit verwandelt ihr nicht nur Gutes in Böses, nein, ihr tut auch noch so, als wolltet ihr euch zum Teilhaber des Schöpfers machen. Das heißt: Wer sich selbst überhebt und wer die Natur anbetet, ist überaus dumm und grenzenlos ungerecht (gegenüber seinem Schöpfer).

Des Weiteren sage nicht: »Ich bin wie eine Darstellung. Wo Schönheit sich darstellt, dort verschönert sie auch.« Denn da du dich nicht verwandeln kannst (z.B. Ton in einen Topf, der seine Gestalt bewahrt), kannst du auch nichts darstellen. Du gleichst einem Kanal (der nur als Mittler dient und nichts behält).

Des Weiteren sage nicht: »Ich bin aus meinem Volk auserwählt. Ich bin es, der diese Früchte den Anderen zeigt. Das heißt: Ich genieße einen Vorzug vor den anderen.« Nein, Gott bewahre! Vielmehr sind sie dir zuerst und vor allen Anderen gegeben worden. Da du mehr als alle Anderen arm, elend und bedürftig warst, sind sie dir zuerst in die Hände gegeben worden. *

Zweiter Punkt:

 

 

»Er hat alles, was Er geschaffen hat, sehr gut (ahsan) gemacht.« (Sure 32, 7)

Dieser Punkt dient zur Erklärung eines der Geheimnisse dieser Ayah. Es ist dies wie folgt:

Alle Dinge, sogar diejenigen Dinge, die besonders hässlich aussehen, haben dennoch einen Aspekt wahrer Schönheit. Alle Dinge, alle Ereignisse in der Welt sind in der Tat entweder an und für sich schön, es ist dies die ihnen eigene Schönheit, oder sie sind in Anbetracht ihres Zweckes gut, was man als äußerliche Schönheit bezeichnet. Es gibt einige Ereignisse, die äußerlich hässlich und verworren erscheinen. Hinter diesem äußerlichen Schleier verbirgt sich jedoch strahlende Schönheit und schönste Ordnung.

Zum Beispiel: Zur Frühlingszeit hält sich das Lächeln unendlich schöner Blumen und all der anderen bestens ausgestatteter Pflanzen unter Sturm und Regen, in Schlamm und Erde verborgen. Und zur Herbstzeit werden die so empfindlichen kleinen Tiere, die Freunde der lieblichen Blumen, um sie vor der Bedrängnis und der Qual durch die Geschehnisse des Winters zu bewahren, welcher ein düsterer Schleier der Trennung ist, hinter dem die Erscheinung der Herrlichkeit des Hochgepriesenen sichtbar wird, von ihrer Lebensaufgabe entbunden, wodurch sich die Strenge der Zerstörung hinter dem Schleier des Winters in die Stätte eines lieblichen und schönen neuen Frühlings umgestaltet. Hinter dem Schleier derartiger Ereignisse wie Sturm, Erdbeben und Seuchen verborgen, öffnen sich sehr viele Blumen eines geistlichen Lebens. Viele Begabungen, die bisher noch nicht zum Durchbruch gelangt waren, die wie Saatkörner noch ohne Wachstum und Gedeihen geblieben waren, setzen nun, angesichts solcher nach außen hin fürchterlich erscheinender Ereignisse, Ähren an und bringen ihre Frucht. Es ist, als wären alle diese Umwälzungen und allgemeinen Veränderungen im geistlichen Leben dem Regen vergleichbar. Der Mensch jedoch, der in die Äußerlichkeiten (dieser Welt) vernarrt ist und sich selbst (als deren Mittelpunkt) betrachtet, sieht allein das Äußere und beurteilt es als hässlich. In seinem Egoismus beurteilt er ein Ergebnis nur insoweit es ihn selbst betrifft und hält es für schlecht. Bezieht sich aber eine Sache in einem einzigen ihrer Resultate auf den Menschen, so sind es deren tausend, die mit dem Namen des Meisters verbunden sind. Zum Beispiel: Der Mensch hält Dornsträucher und mit Stacheln bewehrte Bäume, die doch zu den großen Wundern der Allmacht des Schöpfers gehören, für schädlich, ja für sinnlos. Dabei sind sie doch die wohl-ausgerüsteten Ritter unter den Bäumen und all den anderen Pflanzen. Oder ein anderes Beispiel: Der Sperber, der einen Sperling angreift, scheint nicht in das Bild der göttlichen Barmherzigkeit hineinzupassen. Er bringt jedoch durch diesen Angriff die natürlichen Fähigkeiten des Sperlings zur Entfaltung. Oder: Ein Mensch hält den Schnee für eiskalt und ohne jeden Geschmack. Hinter dem Schleier einer solchen Kälte verbirgt sich jedoch eine Absicht von solcher Wärme (die Schneedecke ist ein Kälteschutz! - A.d.Ü.) und von solchem Wohlgeschmack, dass sie sich gar nicht beschreiben lässt. Der Mensch in seinem Egoismus und seiner Verhaftung an das Äußerliche und in seiner Betrachtung aller Dinge als seien sie einzig auf ihn selbst bezogen, hält darüber hinaus auch noch alle die vielen Dinge, die ihm doch durchaus wohl anstehen, für unanständig. Zum Beispiel: In den Augen der Menschen gilt es als eine Verletzung des Schamgefühls, wenn man über die Zeugungsorgane des Menschen spricht. Solch ein Vorhang der Schamhaftigkeit (ein derartiger Schleier der Beschreibung) besteht jedoch lediglich auf Seiten menschlicher Betrachtungsweise. Von Seiten der Schöpfung, also der Kunst und der Absicht in der Natur betrachtet, sind solche Vorhänge (derartige Beschreibungen) jedoch, betrachtet man sie mit den Augen der Weisheit, durchaus in Einklang mit dem Schamgefühl. Anstand und Würde bleiben davon unberührt.

So sind also manche Darstellungen im Weisen Qur´an, aus deren Boden der wahre Anstand erwächst, hinsichtlich dieser Betrachtungsweise einem Einwegspiegel vergleichbar. Unter der äußerlichen Betrachtungsweise gibt es Aspekte, die uns hässliche Geschöpfe und abscheuliche Ereignisse vor Augen stellen und doch schöne Aspekte der Betrachtung sehr schöner und weisheitsvoller Schöpfungen und Kunstwerke sind, die auf ihren Meister ausgerichtet sind, und es gibt sehr schöne Schleier, unter denen Weisheiten verborgen sind, und es gibt sehr viele Dinge, die ohne jede Ordnung und ein völliger Wirrwarr zu sein scheinen und dennoch eine durchaus wohlgeordnete heilige Schrift sind.

 

Dritter Punkt:

 

 

»Wenn ihr Gott liebt, so folgt mir, damit Gott euch liebt!« (Sure 3, 31)

Da es nun einmal im All ganz offensichtlich schöne Kunstwerke gibt und dies auch gewiss ist, so ist es auch erforderlich, dass das Prophetentum Ahmeds, mit dem Friede und Segen sei, mit einer Gewissheit feststeht, als habe man es bezeugt. Denn die Schönheit der Kunst und die schön geschmückten Formen aller Kunstwerke zeigen, dass ihr Meister den energischen Willen hat, den Dingen eine schöne Form zu geben und den nachdrücklichen Wunsch, sie zu verzieren. Und dieser Wunsch und Wille zeigt, dass diesen Meister eine hohe Liebe und eine heilige Begeisterung zur Vollendung Seiner Kunst beseelt, die in Seinen Kunstwerken sichtbar wird. Diese Liebe und Begeisterung verlangt aber danach, sich dem Menschen, welcher in Seiner Schöpfung als einziger die Fülle der Erleuchtung und Vollendung empfangen hat, mehr als allen Anderen zuzuwenden und sich in (seinem Herzen) zu konzentrieren. Jener Mensch aber ist die Frucht des Schöpfungsbaumes, welche mit Bewusstsein begabt ist. Und jene Frucht aber ist als dessen Teil derjenige, in dem sich (als dem Herzen die ganze Schöpfung) konzentriert, der am weitesten (vom Ursprung der Schöpfung) entfernt ist, dessen Blick (die ganze Schöpfung) umfasst und dessen Bewusstsein (mit der ganzen Schöpfung) verbunden ist. Jene Persönlichkeit aber, deren Blick allumfassend und deren Bewusstsein mit allen verbunden ist, kann nur jene eine hohe, erhabene, überaus strahlende, sein, welche von dem Meister jeglicher Kunst und Schönheit angesprochen wurde und mit Ihm geredet hat, die sich im Bewusstsein ihrer Allverbundenheit und mit ihrem Blick für die Gesamtheit in der vollkommenen Anbetung ihres Meisters, in der Begeisterung für Seine Kunstwerke und in der Dankbarkeit für Seine Gnadengaben gewidmet hat.

Nun sehen wir zwei Tafeln, zwei Bereiche. Die eine ist der überaus prächtige, wohlgeordnete Bereich der Herrschaft und die überaus kunstvoll gestaltete und ausgeschmückte Tafel der Kunst. Die andere ist der überaus glänzende, blumengeschmückte Bereich des Dienstes und der Anbetung und die so weit ausgedehnte, umfassende Tafel des Nachdenkens, der Begeisterung, der Dankbarkeit und des Glaubens. Der zweite Bereich bewegt sich mit ganzer Kraft im Namen des ersten Bereiches.

So wird es denn ganz offensichtlich klar, in welchem Grade der Fürst dieses Bereiches, der bei allen künstlerischen Absichten seinem Meister dient, mit diesem Meister verbunden ist und wie sehr er in dessen Augen geliebt und geschätzt ist.

Ja wäre es denn etwa in irgend einer Weise zu verstehen, dass der Künstler dieser schönen Schöpfungen, der in einem solchen Grade ein Kunstliebhaber ist und der es liebt, zu schenken, ja der sogar auf all die verschiedenen Geschmacksempfindungen des Gaumens achtet, gegenüber Seinem schönsten Werk, dessen Rufe der Begeisterung und Bewunderung, von denen Himmel und Erde widerhallen, dessen Bekundungen der Dankbarkeit und des Lobpreises (tekbir) Land und Meer in einen Taumel der Begeisterung versetzen, und das Ihm sein Antlitz verehrend zuwendet, gleichgültig bleiben sollte, sich etwa nicht mit ihm unterreden wollte, ihn nicht voll Interesse zu Seinem Botschafter machen wollte und nicht wollte, dass dessen schöne Haltung auch von allen Anderen reflektiert werde? Nein! Das wäre es in gar keiner Weise! Es wäre unmöglich, dass Er sich etwa nicht mit ihm unterreden und ihn etwa nicht zu Seinem Gesandten machen sollte...

 

 

»Denn Glaube (din) ist bei Gott (Allah) die Ergebung (islam).« (Sure 3, 19) »Mohammed ist der Gesandte Gottes (rasulullah). Diejenigen aber, die mit ihm sind...« (Sure 48, 29)

 

 

(Es sind die Tränen eines Herzens, das in der Gefangenschaft voll von Heimweh während der Morgendämmerung über die Trennung weint.)

 

In Morgenfrühen weht Wind der Erscheinung (Gottes).

Wacht auf meine Augen in dieser Zeit der Morgenfrühe!

Bitte an der Schwelle Gottes um Seine Gnade.

Die Morgenfrühe ist die Zeit, die den Leuten der Sünde bestimmt ist, um Vergebung zu bitten.

Wach auf, mein Herz, zur Zeit der Morgendämmerung.

Flehe um Vergebung, bitte an der Schwelle Gottes um Seine Verzeihung!

 

 

»Die Morgenfrühe ist der Auferstehung, (wenn) alle Dinge erwachen und ihren Lobpreis rezitieren. Wie lange willst du noch in diesem Schlaf der Gottvergessenheit verweilen, oh du meine umherschweifende Seele? Der Nachmittag (deines Lebens) ist gekommen und die Reise zu deinem Grab beginnt, wo du dich von allem trennen musst, was lebt. Strenge dich an in Flehen und Gebet, dem Ruf der Ney gleich. Sage nun: ‚Oh Herr, ich bereue, fühle mich schuldig, schäme mich. Meine zahllosen Sünden haben mich in Verwirrung gebracht. Im lebe in Chaos und im Elend. Meine Augen füllen sich mit Tränen. Mein Leben verläuft ohne einen festen Halt in der Fremde. Ich habe niemanden. Schwach bin ich, ohnmächtig, krank, hilflos, alt und schon nicht mehr frei in meinen Entscheidungen. Oh hilf mir doch, sage ich. Ich suche Vergebung, Ich flehe um Hilfe an deiner Schwelle, oh Gott!´«

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