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Bundespräsidentenwahl

Jochimsen zieht Kandidatur im dritten Wahlgang zurück

Denkzettel für Kanzlerin Merkel: Bei der Wahl des Bundespräsidenten hat sich der Koalitionskandidat Wulff auch im zweiten Wahlgang nicht durchsetzen können. Im dritten Wahlgang kommt es nun auf die Linkspartei an: Ihre Kandidatin Jochimsen tritt nicht mehr an.

30. Juni 2010

 

Vor dem dritten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl hat die Kandidatin der Linkspartei, Lukrezia Jochimsen, ihre Kandidatur zurückgezogen. Zuvor war der Kandidat von Union und FDP, Christian Wulff (CDU), auch im zweiten Wahlgang gescheitert.

 

Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Gregor Gysi, sagte: „Selbstverständlich gehe ich davon aus, dass beide konservative Kandidaten für uns nicht wählbar sind. Deshalb gehe ich davon aus, dass die meisten unserer Wahlmänner und -frauen sich der Stimme enthalten werden.“ „Aber es ist eine geheime Wahl, und wir werden hinterher sehen, wie viele sich enthalten.“

 

Der niedersächsische Ministerpräsident Wulff erhielt am Mittwoch in der Bundesversammlung im zweiten Wahlgang 615 Stimmen. Das sind 8 Stimmen weniger als für die absolute Mehrheit von 623 Stimmen der insgesamt 1244 Wahlleute notwendig gewesen wäre. Nun ist ein dritter Wahlgang notwendig, in dem die einfache Mehrheit ausreicht.

 

Der Kandidat von SPD und Grünen, der früheren DDR- Bürgerrechtler und spätere Beauftragte für die Stasi-Unterlagenbehörde Joachim Gauck, erhielt im ersten Wahlgang 499 und dann im zweiten Wahlgang 490 Stimmen. Das sind 18 Stimmen mehr, als SPD und Grüne Stimmen haben. Die Linkspartei signalisierte nach dem zweiten Wahlgang, ihre Kandidatin für den dritten Wahlgang zurückziehen zu wollen.

 

 

Gauck hat weiter nur Außenseiterchancen

Damit hätte Gauck im dritten Wahlgang allerdings weiter nur Außenseiterchancen. Auch mit den Stimmen von SPD, Grünen und einer sich enthaltenden Linkspartei wäre Gauck auf Stimmen aus dem schwarz-gelben Lager angewiesen.

 

Die Kandidatin der Linkspartei Jochimsen hatte im zweiten Wahlgang 123 Stimmen erhalten, im ersten 126. Auf den Kandidaten der rechtsextremen NPD, Frank Rennicke, entfielen in beiden Wahlgängen 3 Stimmen. Es wurden 1238 stimmen abgegeben, eine Stimme war ungültig.

 

Dass bei den geheimen Abstimmungen im ersten Wahlgang rechnerisch mindestens 44 Delegierte und im zweiten Wahlgang immer noch mindestens 29 Delegierte von CDU, CSU und FDP nicht für Wulff gestimmt hatten, wurde von SPD, Grünen und Linkspartei als Niederlage für Bundeskanzlerin Merkel und Zeichen des Niedergangs von Schwarz-Gelb bewertet. In der Koalition machte FDP-Generalsekretär Lindner die fehlenden Stimmen als „eher ein Problem der Union“ aus, während die Vorsitzenden von CDU und CSU, Frau Merkel und Seehofer, vor „vorschnellen Verdächtigungen“ warnten. Lindner sprach gar von „chaotisierenden Elementen“ in der Koalition, die den ersten Wahlgang beeinflusst hätten. Der FDP-Vorsitzende Westerwelle sagte: „Wir sind geschlossen und klar aufgestellt.“

 

Merkel: „Gemeinsame Verantwortung“

Bundeskanzlerin Merkel und der CSU-Vorsitzende Seehofer schworen nach Teilnehmerberichten die Wahlleute von CDU und CSU in einer kurzfristig anberaumten Fraktionssitzung nach dem ersten Wahlgang noch einmal auf ein geschlossenes Wahlverhalten ein. Zwar wies Frau Merkel darauf hin, dass die Wahl frei sei und jeder seinem Gewissen folgen müsse. Sie erinnerte aber daran, dass Wulff ein gemeinsamer Kandidat sei.

 

Die FDP wies die Unterstellung zurück, dass die Liberalen Schuld seien. „Die Freien Demokraten werden Wulff erneut geschlossen unterstützen, wie sie dies im ersten Wahlgang getan haben“, sagte FDP-Vorsitzende Westerwelle. „Wir sind geschlossen und klar aufgestellt.“ FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte mit Blick auf die zahlreichen Abweichler, „das könnte eher ein Problem der Union sein“. Bei den Liberalen sei „der Grad der Abweichung transparent gewesen“. Im Vorfeld hatte es geheißen, dass zwischen drei und fünf FDP-Delegierte für Gauck votieren könnten.

 

Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Volker Bosbach (CDU), äußerte sich zwar zuversichtlich, dass Wulff auf jeden Fall gewählt wird, sagte er in der ARD. „Wir müssen wieder zeigen, wie groß der Korpsgeist der schwarz-gelben Koalition in Berlin ist.“ Vor „politischer Verwirrung“ warnte der frühere Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), falls die Abweichler in den schwarz-gelben Reihen weiter nicht für Wulff stimmen sollten.

 

 

Steinmeier: „Eine Klatsche“

 

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, das Ergebnis für Gauck zeige, dass er ein überzeugender Kandidat sei. „Es ist für die, die Christian Wulff nominiert haben, eine Klatsche.“ Zu Überlegungen, dass die Linkspartei ihre Kandidatin spätestens im dritten Wahlgang zurückziehen könnte, sagte Steinmeier: „Die Linken tun sich erkennbar schwer, bisher gibt es keinerlei Signale der Partei.“

 

Vor dem ersten Wahlgang hatte Bundestagspräsident Lammert die Bundesversammlung mit einer Rede eröffnet und sich dabei auch zum überraschenden Rücktritt Horst Köhlers vom Amt des Bundespräsidenten geäußert. Dieser sei „alles andere als ein normaler Vorgang“ gewesen und habe manche Enttäuschung und Turbulenz ausgelöst, sagte Lammert. Dadurch sei aber keine Staatskrise ausgelöst worden.

 

Das parlamentarische System habe sich auch im 61. Jahr seines Bestehens bewährt und sich auch bei unvorhersehbaren Herausforderungen als handlungsfähig erwiesen. Zugleich habe dieser bislang einmalige Vorgang für Nachdenklichkeit gesorgt.

 

„Die (Rücktritts-) Entscheidung und ihre Gründe haben wir zu respektieren, auch wenn viele von uns sie noch immer nicht wirklich verstehen können“, sagte Lammert, der auch Präsident der Bundesversammlung ist. (Siehe auch: Norbert Lammerts Eröffnungsrede im Wortlaut)

 

Text: FAZ.NET

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