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Bundeswehr: Neuer Missbrauchskandal

Soldaten mussten rohe Leber essen

Von P. Blechschmidt

Missbrauchsfall in der Bundeswehr: Soldaten wurden offenbar gezwungen, bis zum Erbrechen Alkohol zu trinken und rohe Schweineleber zu verzehren.

 

Die Bundeswehr ist mit einem neuen Fall von Missbrauch von Untergebenen konfrontiert. Ein betroffener Soldat hat sich beim Wehrbeauftragten des Bundestags Reinhold Robbe über entwürdigende Mutproben und Aufnahmerituale bei den Gebirgsjägern in Mittenwald beschwert.

 

Soldaten müssten bis zum Erbrechen Alkohl trinken und rohe Schweineleber essen, um in einer internen Hierarchie aufsteigen zu können.

 

Robbe bestätigte der Süddeutschen Zeitung am Dienstag die Beschwerde. Nach seinen Erkenntnissen handelt es sich um eine "Angelegenheit von offenbar größerer Dimension". Deshalb müsse den Vorwürfen mit Nachdruck und Priorität nachgegangen werden. Das Verteidigungsministerium sah sich zunächst zu einer Stellungnahme nicht in der Lage.

 

Laut der Eingabe gibt es bei den Gebirgsjägern unter den Mannschaftsdienstgraden einen sogenannten "Hochzugkult". In diesen könne man erst nach drei Monaten als "Fux" und nach Absolvieren verschiedener Aufnahmerituale aufsteigen.

 

Dabei würden Soldaten gezwungen, erhebliche Mengen Alkohol zu trinken sowie rohe Schweineleber und Rollmöpse mit Frischhefe zu essen. Die Frischhefe bewirke, dass sich die Betroffenen innerhalb kürzester Zeit heftig übergeben müssten. Auch würden Soldaten gezwungen, sich vor Kletterübungen vor den versammelten Kameraden zu entkleiden.

 

In einer Mitteilung an den Verteidigungsausschuss des Bundestags spricht Robbe von Aufgaben, die zum Teil "als erniedrigend und herabwürdigend" anzusehen seien. Offensichtlich würden diese Rituale schon seit Ende der achtziger Jahre praktiziert. Vorgesetzte hätten davon Kenntnis gehabt, seien aber nicht eingeschritten. Erste ihm vorliegende Informationen hätten die Eingabe des Soldaten bestätigt, schreibt Robbe an den Ausschuss.

(SZ vom 10.02.2010/aho)

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mir kamen gewisse Personenkreise in den Sinn als ich den o.g. Artikel las und gewisse schwache Informationen kamen mir in den Sinn, so dass ich sofort folgendes recherchierte.

hier kommen zusätzliche Informationen zu Bundeswehreinsätzen in Krisenregionen und die notwendige "interkulturelle Kompetenz"...

 

Interkulturelle Kompetenz bei der Bundeswehr

Der richtige Umgang

 

Bei der Ausbildung geeigneter Führungskräfte setzt die deutsche Bundeswehr vermehrt auf die Vermittlung von interkultureller Kompetenz. Dies bestimmt über Erfolg und Misserfolg von Auslandseinsätzen wie in Afghanistan. Das Thema spielt auch eine Rolle innerhalb der Bundeswehr – denn hier dienen mittlerweile etwa 1000 Soldaten muslimischen und 200 Soldaten jüdischen Glaubens. Ute Hempelmann berichtet.

 

Das einzig "typisch Türkische" an Erkan Kahraman ist die Art, wie er seinen Tee umrührt: geräuschvoll. Aber natürlich ist das ein Klischee. Sein Kollege Nadir Attar ist blond und blauäugig und zur Hälfte Syrer. Beide sind Anfang 20 und Berufssoldaten.

 

Neben der militärischen Ausbildung bekommt der angehende Führungsnachwuchs der Bundeswehr auch eine akademische. An der Bundeswehr-Universität in Hamburg studieren Kahraman und Attar Politikwissenschaften. Ein Auslandseinsatz rückt für sie in greifbare Nähe. Darum haben beide die Frage, ob sie als deutsche Soldaten muslimischen Glaubens in einem Kampfeinsatz notfalls auf Muslime schießen würden, für sich mit "Ja" beantwortet.

 

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Struktur der Bundeswehr verändert. Waren in den 1960er-Jahren rund 90 Prozent aller Soldaten Christen, sind es heute nur noch die Hälfte. Nach Schätzungen dienen in der Bundeswehr mittlerweile rund 1.000 Soldaten muslimischen Glaubens und circa 200 Juden.

Wenn Generäle versichern, dass die Bundeswehr über mehr interkulturelle Kompetenz verfüge als manch global arbeitender Konzern, dann ist das keine Koketterie. Die Bundeswehr arbeitet ebenso weltweit und braucht geeigneten Nachwuchs für ihre Einsätze.

 

Verhaltenssicherheit und Akzeptanz von Minderheiten

 

Speziell jenseits deutscher Grenzen ist interkulturelles Wissen mehr als eine nette Zugabe. Diese Erkenntnis gibt es seit einiger Zeit auf höchster Ebene. Sie schlägt sich in der "Zentralen Dienstvorschrift 10/1" nieder:

 

"Der richtige Umgang mit Menschen, die einen anderen kulturellen Hintergrund haben, die interkulturelle Kompetenz, erhöht die Handlungs- und Verhaltenssicherheit der Soldatinnen und Soldaten und sichert die Akzeptanz von Minderheiten in der Bundeswehr. Im Auslandseinsatz ist die interkulturelle Kompetenz zudem eine wesentliche Voraussetzung für die Auftragserfüllung und den Eigenschutz."

 

Die Bundeswehr ist einer der größten Ausbilder in Deutschland. Sie braucht die Migranten – in Zukunft mehr denn je, wie ein Blick auf die Bevölkerungsentwicklung zeigt. Was sie als Arbeitgeber bietet, ist außergewöhnlich. Wo sonst ist Sozialverhalten dienstlich verordnet? Siehe Paragraf 12 des Soldatengesetzes:

 

"Der Zusammenhalt der Bundeswehr beruht wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Das schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein."

 

Nadit Attar sagt zum Thema Ausländerfeindlichkeit: "Wenn's mal blöde Sprüche gibt, steht man am besten drüber." Will heißen: Wird in der Truppe unkameradschaftlich gegen Paragraf 12 verstoßen, antwortet man darauf mit einem Verhalten gemäß Paragraf 12.

 

Unterricht über Wertkonflikte und kulturelle Fettnäpfchen

 

Für Wehrdienstleistende gehört interkulturelle Kompetenz als Lehrstoff seit 2006 zur Grundausbildung, füllt bislang allerdings im besten Fall ein paar Stunden. Mehr erfahren Berufssoldaten. Deren Ausbildung muss gründlicher sein, denn sie sind potenzielle Botschafter im Ausland. Erwartet wird nicht takt- sondern tadelloses Verhalten.

 

Der "lebenskundliche Unterricht" veranschaulicht das. In einem Modul geht es um Wertkonflikte. Die Lektionen haben zum Ziel, Werte bewusst zu machen und Verhaltenssicherheit zu trainieren:

 

Wie verhalte ich mich, wenn mein Kamerad in Afghanistan auf offener Straße mit einer verschleierten Frau flirtet? Wo endet Freundlichkeit, wo beginnt Fehlverhalten? Im Unterricht wird nur erklärt, dass man mit einer verschleierten Frau nicht flirten soll. Aber auch diese Information ist für manche schon sehr hilfreich. Von der Einhaltung religiöser Vorschriften sind Andersgläubige nicht ausgenommen. Vergleichbare kulturelle Fettnäpfchen gibt es überall.

 

"Sinnliche" Einführung in den Islam

 

Je näher der Einsatz rückt, desto detaillierter wird die Wissensvermittlung. Spezifisch landeskundliche Informationen bekommen Soldaten in Einsatz vorbereitenden Kursen. Weitere Angebote macht die Hochschule der Bundeswehr in Hamburg.

 

Studenten und angehende Offiziere können "interkulturelle Kommunikation" bei Latifa Kühn, einer deutschen Muslimin afghanischer Herkunft, belegen. Die Kursinhalte sind vielfältig: Basiswissen der Soziologie und Psychologie ("Ist Angst ein universelles Gefühl?"), Grundkenntnisse über den Islam, Mentalität und Sozialstruktur der Bevölkerung.

 

Die Wissensvermittlung erfolgt auch praktisch: Bei einer Exkursion ins afghanische Museum können Studenten unter anderem einen muslimischen Gebetsteppich begutachten und werden mit der religiösen Praxis des Islam vertraut gemacht. Solche "sinnlichen Lektionen" finden besonders Seminarteilnehmer deutscher Herkunft erhellend. Beweisen sie doch, dass "Muslime vielfältiger sind, als manche Politiker oder Medien vermuten lassen", sagt einer.

 

Psychischer Spagat

 

An alldem lässt sich das Ausmaß des psychischen Spagats erahnen, den Soldaten in ihrer Ausbildung und im Auslandseinsatz machen. Einerseits wird ihre kulturelle Sensibilität trainiert, andererseits ihre Fertigkeit im Umgang mit der Waffe.

 

"Das ist die Herausforderung heutiger Einsätze", sagt Elmar Wiesendahl, Professor und Leiter des Fachbereichs für Sozialwissenschaften an der Führungsakademie, der höchsten Ausbildungseinrichtung der Bundeswehr, an der Staatsoffiziere, also auch zukünftige Generäle, ausgebildet werden. Soldaten müssten sich kontrollieren und eine "gewisse Robustheit zeigen", erläutert Wiesendahl. "Mit reinem Hegemonialverhalten kann der Einsatz nur scheitern."

 

Die Gratwanderung zwischen Empathie auf der einen sowie Kampfbereitschaft auf der anderen Seite manifestiert sich auch in der Wahl der Mittel in Krisenregionen. Wenn Fronten nicht mehr aus Nationalität, Kultur oder Religion bestehen, sondern aus Extremismus und Radikalismus, kann niemand mehr Freund und Feind auf den ersten Blick ausmachen.

 

Lernen aus Auslandseinsätzen

 

An der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg diskutieren Seminarteilnehmer militärische und sicherheitspolitische Fragen. Im Schnitt werden täglich 500 Stabsoffiziere aus- und fortgebildet, davon 100 ausländische Militärvertreter, auch aus islamischen Ländern.

 

Vor einigen Jahren hätte das niemand mit "interkulturellem Dialog" betitelt, ohne Heiterkeitsausbrüche zu ernten. Heute löst es nicht mal ein Schmunzeln aus. Das Umdenken ist Bestandteil des Transformationsprozesses von der Übungs- zur Einsatzarmee. Diese sammelt im Ausland plötzlich ganz konkrete, praktische Erfahrungen, aus denen die Bundeswehr ihre Schlüsse gezogen hat. Dementsprechend wird an der Führungsakademie ein Curriculum für interkulturelle Kompetenz entwickelt.

 

Die Generalstabslehrgänge sind zum Teil international besetzt. Der interkulturelle Lehrstoff fließt ein in Seminare für Führungskräfte oder steht im Zentrum eines Lehrgangs, der Gewalt und ihre spezifischen Ausprägungen in Kulturen dieser Welt beleuchtet: von den Maoris bis zur deutschen Kriegsheldenverehrung samt Folgen.

 

 

Militärbündnis auf Basis des interkulturellen Dialogs

Faktisch basiert auch jedes Militärbündnis auf interkulturellem Dialog. Im ISAF*-Einsatz in Afghanistan sind 37 Nationen mit mehr als 40.000 Soldaten aktiv. Wer weiß schon, wie viele Missverständnisse es gibt? Wie viel Verwunderung der Anblick einer deutschen Soldatin bei Bündnispartnern auslöst, einem Aserbaidschaner zum Beispiel?

 

Es ist zu vermuten, dass auch in der NATO über Mentalitäten debattiert wird. Warum das Führungsverhalten deutscher Militärs anders ist, als das der Engländer oder Franzosen. Bei den Deutschen müsse man wegen jeder Kleinigkeit Rückmeldung geben, heißt es. Oder: Ein Deutscher gebe das Ziel vor, lasse den Weg aber offen. Es ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis auch die NATO Kurse zum "Diversity Management" einführt.

 

Ute Hempelmann

 

© Qantara.de

 

Ute Hempelmann, geboren 1963, lebt als Autorin in Hamburg. Sie arbeitet für ARD-Hörfunksender und schreibt für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften.

 

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* ISAF - International Security Assistance Force

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Soldaten müssten bis zum Erbrechen Alkohl trinken und rohe Schweineleber essen, um in einer internen Hierarchie aufsteigen zu können.

 

Der Religiöse Moslem ist wohl in dieser Hieararchie nicht willkommen !?

Ich frage mich was hat die Bundeswehr vor, was haben sie geplant ?

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Der Religiöse Moslem ist wohl in dieser Hieararchie nicht willkommen !?
Darum geht es nicht. Wahrscheinlich hat sich die Frage, wie man diese Rituale an fromme Muslime anpassen könnte, noch nie gestellt. (Keine Ahnung, ob es bei den Gebirgsjägern überhaupt fromme Muslime gibt.)

Ich frage mich was hat die Bundeswehr vor, was haben sie geplant ?

Das hat nicht speziell etwas mit der Bundeswehr zu tun. (Und schon gar nicht mit Afghanistan.) Diese Mut- und Ekelproben sind ja nicht institutionell in der Bundeswehr verankert.

Es geht hier um Gruppen, die sich als eingeschworene Gemeinschaft sehen. (In dem Fall eine Eliteeinheit der Bundeswehr. Das könnten aber zum Beispiel auch Studentenverbindungen oder ein Mafia-Clan sein.) Durch Mut- und Ekelproben stellen Bewerber, die ein anerkanntes Mitglied der Gruppe sein wollen, unter Beweis, wie sehr sie zur Gruppe gehören wollen und dass sie bereit sind, sich den Regeln der Gruppe zu unterwerfen und dass sie hart genug sind, um der Mitgliedschaft würdig zu sein. Es geht darum, die Zugehörigkeit zu dieser eingeschworenen Gemeinschaft zu etwas Besonderem zu machen, das man nicht geschenkt bekommt, sondern das man sich verdienen muss, indem man Schmerz oder Ekel oder Erniedrigung auf sich nimmt.

(Die psychologischen Aspekte lasse ich einmal beiseite.)

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