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http://madrasah-sunnah.com/Artikel/HTML/Strenge%20Wortgenauigkeit%20in%20der%20Auslegung%20und%20die%20Attribute%20Allahs.htm

 

Strenge Wortgenauigkeit in der Auslegung und der Attribute Allahs

 

Von Nuh Ha Mim Keller 1995

 

 

 

Übersetzt aus dem Englischen von Abdulmelik,

 

Mai 2006. Originaltext

 

Vor nicht geraumer Zeit empfing ich in Jordanien einen Brief, der von einem britischen Muslim stammte. In diesem Brief wurde ich mit Fragen über die heutzutage des Öfteren auftretenden Aufrufe, den traditionellen Islam mit einer angeblichen „Rückkehr zum Weg der Salaf, bzw. ‚der frühen Muslime’“ zu ersetzen, konfrontiert. Während ich ihm eine dieser Fragen beantwortete, überlegte ich, ob vielleicht nicht viele andere Menschen sich über dieselbe Sache Gedanken gemacht haben könnten. So kam mir der Gedanke, dass es mit einem größeren Nutzen für das Britisch-Muslimische Publikum verbunden wäre, diese Angelegenheit heute Nacht in dieser weiterreichenden Diskussionsrunde vorzustellen.

 

Der Brief enthielt folgende Fragen:

 

Werden die hanbalitischen Mujtahid Imame al-Dhahiri und Ibn Hazm zur Ahl al-Sunna gezählt? Und war Imam Ahmad Ibn Hanbal ein Anthropomorphist –in der Bedeutung, dass eine Person Allah menschliche Attribute zuordnet? Können sie mir Beispiele der Aussagen Imam Ahmads liefern, die zeigen, dass er keine anthropomorphe Aqida besaß?

 

 

 

Die Fragen erwiesen sich in verschiedenen Gesichtspunkten untereinander dicht verflechtet, was der Autor wohl bei der Fragestellung nicht vermutet haben wird. Das vereinende Element der Fragen ist das Thema der wortwörtlichen Interpretation[1], welche heute Abend Gegenstand meiner Rede sein wird. Zuallererst wollen wir uns diesem Thema in Anbetracht des Ijtihads[2] nähern. Allerdings möchten wir uns dem Thema aber auch besonders sorgfältig in Betrachtung der ’Aqida[3] durch das Verstehen der Verse des Qur’ans und der prophetischen Überlieferungen, die als mutashabihat[4] bezeichnet werden, widmen – wie beispielsweise in dem Vers in Surat al-Fath:

 

 

 

„Die Hand Allahs ist über ihren Händen.“ (Qur’an 48:10)

 

 

 

- deswegen als mutashabih bezeichnet, da das Wort “Hand” im Sprachgebrauch in mehrfacher Weise interpretiert werden kann. Dem ersten Blick zufolge scheint es so, als ob es einen „Glauben an Allah mit menschlichen Merkmalen“ impliziert. Das ist Anthropomorphismus, ein Verständnis das gemäß dem folgenden Vers in Surat al-Shura abgelehnt wird:

 

“Nichts ist Allah gleich.“ (Qur’an 42:11).

 

Wir werden sehen, dass die Methode der wortwörtlichen Auslegung eine geistige Denkrichtung in der islamischen Rechtswissenschaft war, jedoch wurde ihr von den traditionellen Gelehrten nur eine geringe Beachtung geschenkt. Doch wurde die Methode der wörtlichen Auslegung in den Grundsätzen des Glaubens nicht akzeptiert. Besonders in der Interpretation der mutashabihat bezüglich der Attribute Allahs wurde diese Art der Auslegung noch nie als eine islamische Denkrichtung anerkannt, weder unter den Salaf (den frühen Muslimen), noch unter denen, die später kamen.

 

Nun zur Beantwortung der ersten Frage, ob „die hanbalitischen Mujtahid Imame al-Dhahiri und Ibn Hazm zur Ahl al-Sunna gezählt werden?“. Dawud ibn ‘Ali al-Dhahiri aus Isfahan, welcher 270 Jahre nach der Hidschra starb und Abu Muhammad ibn Hazm, welcher 456 Jahre nach der Hidschra starb, waren keine Anhänger Ahmad Ibn Hanbals, sondern Dhahiris. Sie vertreten die Ansicht der wortwörtlichen Auslegung in der Rechtswissenschaft. Die Ansicht, dass Dawud al-Dhahiri ein Mujtahid[5] war, fand keine Zustimmung unter den muslimischen Gelehrten. Dies nicht nur aus den Gründen, über die wir noch diskutieren werden, sondern auch aufgrund der geringen Anzahl an Texten, die uns von der Gesamtheit seiner verfassten Werke erreicht haben.

 

Was Ibn Hazm anbelangt, so haben die traditionellen islamischen Gelehrten seine Behauptung ein Mujtahid zu sein, nicht akzeptiert. Er konnte die erste Anforderung zum Erreichen dieser Rangstuffe nicht erfüllen. Sie besteht darin, ein umfassendes Wissen in den Bereichen des Qur’an und der Sunna aufzuweisen. Die Gelehrten weisen des Weiteren auf seine grundlegenden Fehler in der Hadithkenntnis hin und führen als ein Demonstrationsbeispiel an, dass jemand, der nicht einmal über die Existenz des Sunan von al-Tirmidhi bescheid weiß, obwohl dieser schon 150 Jahre vor Ibn Hazm starb, nicht als Mujtahid klassifiziert werden kann. Doch abgesehen von ihren Qualifikationen gilt unser Interesse heute Abend den Dhahiris, die die wörtliche Auslegung von Texten als Interpretationsmethode nutzen.

 

Wofür die Dhahiris am meisten bekannt sind, ist das Ablehnen des Qiyas[6]. Es ist beispielsweise dokumentiert, dass Dawud das Verbot im Qur’an, welches besagt, dass man im Zustand der Verärgerung den Eltern gegenüber nicht „Uff“ sagen darf, nicht als Beleg dafür ansah, dass es verboten wäre, sie zu schlagen. Denn der textliche Inhalt bezieht sich nur auf den Ausdruck „Uff“. Darüber hinaus könne kein Analogieschluss auf etwas anderes gezogen werden. In gleicher Weise glaubte Ibn Hazm, dass das Verbot aus einem Hadith ins Wasser zu urinieren nicht belege, dass es falsch wäre, sich mit diesem Wasser zu reinigen. Das sind zwei Beispiele, welche ihre Ablehnung des im arabischen als Qiyas Jaliyy[7] bezeichneten Begriffs darstellen.

 

Das Abstreiten der Gültigkeit des Qiyas Jaliyy ist dermaßen widersinnig, dass Imam al-Juwayni, welcher im Jahre 478 nach der Hidschra starb, Folgendes sagte:

 

Die Position, welche von den anspruchsvollsten Gelehrten vertreten wurde, ist die, dass diejenigen, die den Analogieschluss leugnen, nicht zu den Gelehrten der Umma gezählt werden können, noch können sie zu den Übermittlern der Shari’a gezählt werden. Der Grund hierfür ist, dass sie sich bloß aus Hartnäckigkeit dagegenstellen. Sie tauschen Verleumdungen gegenüber etablierten Sachen aus, die durch überwältigende Lasten an Beweisen bestätigt und durch große Gruppen von großen Gruppen, die zurück bis zu ihrem prophetischen (tawatur) Ursprung reichen, überliefert worden sind.

 

Die meisten Angelegenheiten der Schari’a werden durch den Ijtihad abgeleitet. Denn die klaren, eindeutigen Aussagen des Qur’an und des Hadith machen gerade einmal ein Zehntel der Schari’a aus (Bemerkung: der Großteil des islamischen Alltags eines Muslim ist durch allgemeine, von Kultur und Zeit unabhängige Grundsätze, die Allah für die Leitung der Muslime auferlegt hat, gedeckt). Deshalb werden sie [die Literalisten] nicht als gelehrt angesehen.[8]

 

Von der Bemerkung Juwaynis, dass “die klaren, eindeutigen Aussagen des Qur’ans und des Hadith nur ein Zehntel der Schari’a ausmachen“, können wir einen Hauptimpuls für die Denkweise der Dhahiri entnehmen, durch den sie sich von den vier sunnitischen Rechtsschulen unterscheiden; nämlich, dass sie radikal die Bandbreite und die Bedeutung der Scharia zu nichts weiter als den Entscheidungen reduzieren, welche durch die wortgenauen Formulierungen (dhahir) der Ahadith und der Verse herausgebildet wurden. Und das ist heutzutage möglicherweise ein Grund für das wiedererweckte Interesse an der längst erloschenen Schule, nämlich, dass es den Menschen davon befreit, dem großen Teil der Scharia zu folgen, welcher abgeleitet vom allgemeinen und umfassenden Ethos des Quran und der Sunna ist.

 

Und zweitens; denkt man für einen Moment über die Fiqh Angelegenheiten nach, mit denen wir heutzutage gedrungenerweise von vielen jugendlichen Reformern in unseren Moscheen konfrontiert werden, ist es verständlich, dass eine große Anzahl der so genannten „Salafi Ijtihads“ keineswegs von den wahren Salafis (frühen Muslimen) sind, sondern bloß Dhahiri oder wortgetreue Interpretationen der Ahadith. Zu ihren Gunsten muss man jedoch erwähnen, dass die Bewegung über die wir sprechen, generell unter den islamischen Gelehrten das Interesse im Bereich des Hadith wiederbelebt hat. Aber es führte auch zu Bid’a[9], nämlich, dass die Betonung des Hadith und seinen ergänzenden Wissenszweigen zur Ausgrenzung anderer islamischer Wissenschaften führte, welche jedoch genauso wichtig zum Verständnis der Aufdeckung (von Rechtsfällen) sind. Dazu gehört beispielsweise die Methodenlehre des Fiqh, oder die Bedingungen des Hadith durch allgemeine Prinzipien, welche im Qur’an ausgedrückt sind. All dies hat eine falsche Zweiteilung in vielen muslimischen Köpfen geschaffen, welche sich in den Gedanken „entweder Fiqh oder Hadith“ widerspiegelt, wo doch Fiqh (Verständnis) des Hadith benötigt wird.

 

Als ein Fallbeispiel: Nachdem wir das salat al-fajr gebetet hatten, sagte der junge Mann, der uns im Gebet geleitet hatte zu einem Zuspätgekommenen, der sich noch in der ersten Rak’a dem Gebet anschloss (er hat sein Sunna Gebet zu dem Zeitpunkt beendet, während die Iqama ausgerufen wurde), Folgendes: „Wenn das Pflichtgebet beginnt, führst du dein Sunna Gebet nicht zu Ende, sondern du verlässt es und schließt dich der Gemeinschaft an. Höre nicht auf Abu Hanifa, oder Malik oder Schafi’i; der Hadith ist klar: La salata ba‘da al-iqama illa al-maktuba ‚Es gibt kein Gebet nach der Iqama, außer dem Vorgeschriebenen.’“

 

Nun; die dhahir bzw. wörtliche Bedeutung des Hadith war so, wie er es beschrieb. Doch die Imame der Schari’a haben dies aufgrund eines sehr guten Grundes nicht so verstanden, da Allah in Sura Muhammad im Qur’an Folgendes sagt: „und lasst eure guten Werke nicht null und nichtig werden!“ (Qur’an 47:33). Und das einfache Verlassen eines Gottesdienstes –in diesem Fall die Sunna Rak’as vor dem Fajr Gebet- ist eindeutig ein null und nichtig werden lassen von guten Werken.

 

Vielmehr verstehen die Gelehrten unter diesem Hadith, dass man nach dem Aufruf zum Gebetsbeginn (iqama) kein Sunna Gebet (oder andere Nafila Ibada) mehr beginnen sollte. Und dies ist allgemein in der menschlichen Sprache sehr üblich: die Benutzung eines allgemeinen Ausdrucks, in diesem Fall, „Es gibt kein Gebet“ um damit einen besonderen Teil oder Aspekt von seiner Aussage meinen zu wollen, nämlich „Es gibt kein neu angefangenes Gebet“. Betrachten sie die Aussage des Qur’ans: „Frage nur die Stadt, in der wir waren, und die Karawane, mit der wir kamen;“ (Qur’an 12:82) wobei die dhahir (wörtliche) Bedeutung der Begriffe Stadt und Karawane, nämlich die Ansammlung von Steinhütten und die Reihung von lasttragenden Tieren nicht Sachen sind, die gefragt werden können – doch eigentlich ist ein spezieller Aspekt oder ein bestimmter Teil damit gemeint; nämlich die Bewohner der Stadt und die Leute der Karawane, oder eigentlich nur einige davon. Es gibt viele ähnliche Ausdrücke in jeder Sprache, z.B. „Stell den Tee auf den Herd“, womit nicht gemeint ist, einen Haufen von trockener Blättern auf den Herd zu stellen, sondern vielmehr den Tee in eine Kanne zu schütten, Wasser hinzuzufügen und den Herd anzuzünden, und so weiter. Es ist umso verwunderlicher, dass ein Mensch -dhahiri oder nicht- sich hätte jemals vorstellen können, dass man das Arabische mit seinem unvergleichbaren Reichtum an Redewendungen derart einschränkt und diese ausdrucksvolle Eigenschaft der Sprache entbehrt.

 

Reformierer des Islam; solch ein buchstabengetreues Verständnis (literalism) zwingt sich demjenigen auf, der ein Selbststudium im Hadith betreibt. Ebenso verhält es sich auch mit den meisten von ihnen, wenn sie ohne die notwendige Beherrschung der Interpretationshilfswissenschaften die Angelegenheiten der Schari’a abzuleiten zu versuchen. Sie sind erforderlich, wenn man auf die Herausforderungen trifft, welchen schon die Mujtahid gegenüberstanden. Als Beispiel ist das Verknüpfen einiger sich anscheinend widersprechender Ahadith bezüglich einer bestimmten Angelegenheit zu nennen, oder andere verstandesmäßige Probleme in die man verwickelt wird, wenn man Ijtihad macht. Die Denkweise der wörtlichen Auslegung hat zeitgenössische Muslime zum Glauben gebracht, dass es ein Unterschied ist, dem „Qur’an und der Sunna“ zu folgen, oder einem mujtahid Imam einer Rechtsschule.

 

Jene Anschauung hat heutzutage nur deshalb an Glaubwürdigkeit gewonnen, da nur sehr wenige Muslime wirklich begreifen, was ijtihad ist oder wie es überhaupt gemacht wird. Meiner Ansicht nach kann man dieses Problem dadurch lösen, in dem man Muslime mit konkreten Beispielen vertraut macht, wie mujtahid Imame eine Angelegenheit der Schari’a aus dem Qur’an und der Sunna abgeleitet haben. Solche Beispiele würden zuerst einmal aufzeigen, in welchen Dimensionen sich ihre Kenntnisse im Bereich des Hadith bewegten –Muhammad ibn ‘Ubayd Allah ibn al-Munadi, welcher im Jahre 272 nach der Hidschra starb, hörte z.B. Ahmad Ibn Hanbal sagen, dass das Auswendiglernen von 300.000 Ahadith nicht ausreiche, um ein mujtahid zu sein. Zum Zweiten würde es die Beherrschung der Prinzipien des Analogieschlusses aufzeigen, welche die mujtahid Imame zum Verknüpfen aller primären Quellen befähigt hat.

 

Bis dieser Schritt jedoch getan ist, werden die Verteidiger dieser Bewegung noch weiterhin unter dem Werbespruch „Qur’an und Sunna“ den Ijtihad der nicht-mujtahid Imame folgen (die Shaykhs, zu welchen sie Vertrauen aufgebaut haben), als ob die eigentlichen mujtahid Imame dem Qur’an und der Sunna fremd gewesen sind. Die Anhänger können eigentlich nicht getadelt werden, da „für jemanden, der noch nie gereist ist, die Mutter die einzige Köchin ist“. Doch tadele ich die Shaykhs, welche Absichten sie auch immer haben, so zu reden und zu schreiben, als ob sie die einzigen „Köche“ wären.

 

Die Mängel der wörtlichen Auslegung ist im Bereich des Fiqh schon schlimm genug, doch in der ‘Aqida (Glaubensfundamente) kann es sogar bis hin zum Kufr führen, wenn z.B. jemand den folgenden Vers aus dem Qur’an liest:

 

"Heute haben Wir euch vergessen, wie ihr das Eintreffen dieses eures Tages vergaßet.“ (Qur’an 45:34)

 

und dann bejaht, dass Allah vergisst, was jedoch eine Unvollkommenheit ist. Und es ist nicht gestattet, dies Allah zuzuschreiben. Dawud al-Dhahiri und Ibn Hazm sind von dieser Art der wörtlichen Auslegung nicht betroffen; dies ist Anthropomorphismus; zu Glauben, dass Allah menschliche Attribute besitzt. Dies gilt im Islam als völlig inakzeptabel.

 

Nun zum Betreff der zweiten Frage, die ich in meinem Brief empfangen habe, ob Imam Ahmad ibn Hanbal ein Anthropomorphist war oder nicht. Dies ist eine Angelegenheit, die schon zu früheren Zeiten gefragt wurde, insbesondere nachdem jemand eine Abhandlung namens Kitab al-sunna (das Buch über die sunna) mit anthropomorphistischem Gedankengut, gefälscht unter dem Namen von Imam Ahmad ibn Hanbals Sohn Abdullah veröffentlichte. Es wurde in Damman, das in Saudi Arabien liegt, durch den Verlag Ibn al-Qayyim Publishing House im Jahre 1986 in zwei Bänden publiziert.

 

Ich sah mir das Buch mit meinem Hadithlehrer, Sheikh Shu‘ayb al-Arna’ut, an, welcher es einen Tag lang prüfte und daraufhin sagte, dass mindestens 50% der darin vorkommenden Ahadith schwach oder vollständig gefälscht waren. Er war bestürzt darüber, wie Muhammad al-Qahtani, der Editor und Kommentator dieses Buches, mit einem Doktortitel in der Islamischen Glaubenslehre (Aqida) von der Umm al-Qura Universität in Mekka ausgezeichnet werden konnte, in dem er eine solch beklagenswerte, an Authentizität mangelnde Veröffentlichung aufbereitete.

 

Angeblich ein “Hadith” Werk, welches einige der härtesten antopomorphistischen Gedanken beinhaltet, die man überhaupt finden kann, wie z.B. der Hadith auf Seite 301 im ersten Band: „als Er, der Hochheilige, der Verherrlichte, sich auf die Kursi setzte, hörte man ein Geknarre, ähnlich bei einem neuen Ledersattel“; oder auf Seite 294 des selben Bandes: „Allah schrieb die Thora für Moses mit Seiner Hand auf eine Tafel von Perlen, während er sich auf einen Felsen zurücklehnte und man das Kreischen der Feder vernehmen konnte. Es gab keinen Schleier zwischen Ihm und ihm“, oder der Hadith auf Seite 510 des zweiten Bandes: „Die Engel wurden durch das Licht Seiner beiden Elenbogen und seiner Brust erschaffen“, und so weiter.

 

Das Werk legt außerdem Lügen in die Münder einiger bedeutender Gelehrte der Rechtsschule des Imam Ahmad Ibn Hanbal, wie z.B. über Kharija (ibn Mus’ab al-Sarakhsi), welcher im Jahre 168 nach der Hidschra starb. Auf Seite 106 im ersten Band wird er über istiwa’ folgendermaßen zitiert: „Bedeutet istiwa’ denn überhaupt etwas anderes als sitzen?“ –mit einer Überliefererkette, welche einen Lügner (kadhdhab), einen nicht identifizierbaren (majhul), plus dem Text, welcher im Widerspruch zur islamischen Glaubenslehre (‘Aqida) ist, beinhaltet. Oder betrachten wir die nicht weniger als 49 Seiten umfassenden Verunglimpfungen über Abu Hanifa und seiner Rechtsschule, welche verlogenerweise den bedeutenden Imamen zugeschrieben werden, wie z.B. auf Seite 180 im ersten Band von Ishaq ibn Mansur al-Kusaj, welcher im Jahre 251 nach der Hidschra starb, berichtet wird, dass er sagte: „Ich fragte Ahmad Ibn Hanbal, ‚Wird ein Mensch von Allah dafür belohnt, dass er Imam Abu Hanifa und seine Gefährten verabscheut?’ und er sagte, ‚Ja, bei Allah.’“ Solch alberne Sachen einem gottesfürchtigen (Taqwa) Menschen wie Ahmad zuzuschreiben, wessen Achtung gegenüber den anderen Gelehrten sehr gut durch gesunde (Sahih) Überliefererketten belegt ist, ist eine der Angelegenheiten, in welchem dies gefälschte Werk sich selbst übertrifft und in einer Annullierung der Glaubwürdigkeit endet, obwohl gerade die Glaubwürdigkeit durch den Namen des Werkes beabsichtig wurde.

 

Die Zurückführung dieses Buches auf Ahmad ibn Hanbals Sohn Abdullah scheitert aus Sicht der Überlieferung, da sich zwei unidentifizierbare (Mahjul) Überlieferer in der Überliefererkette über die Zuschreibung dieses Buches auf Abdullah befinden, welche die Namen Muhammad ibn al-Hasan al-Simar und Muhammad ibn Ibrahim al-Harawi tragen. Von diesen beiden existiert sonst nirgends eine Spur, eine Tatsache, die der Editor und Kommentator Muhammad al-Qahtani auf Seite 105 des ersten Bandes dadurch zu vertuschen sucht, in dem er sagt, dass das Werk von Ibn Taymiya und Ibn Qayyim al-Jawziyya zitiert wurde.

 

Doch die Tatsache, dass solch ein Werk überhaupt existiert, mag einem eine Vorstellung darüber geben, welch verschiedene Sachen über Ahmad nach seinem Tod kursierten, und was für ein großer Mangel an Gewissenhaftigkeit unter einer Handvoll von Anthopomorphisten herrschte, welche im wörtlichen Sinne alles versuchten, ihre Erneuerungen zu verbreiten.

 

Ein anderes Werk mit seinem Anteil an Antropomorphismus und Fälschungen ist das Ijtima‘ al-juyush al-Islamiyya (Das Zusammentreffen der islamischen Armeen) von Ibn al-Qayyim al-Jawziyya, welches im Jahre 1988 in Riyad in Saudi Arabien von ‘Awwad al-Mu’tiq veröffentlicht wurde. Auf Seite 330 wird folgender Hadith des Propheten (Allahs Segen und Frieden auf ihm) erwähnt: „Ehrt die Kuh, denn sie hat ihren Kopf nach der Anbetung des (goldenen) Kalbs aus Scham vor dem Allmächtigem, dem Majestätischem, nicht mehr in den Himmel gehoben“, ein mawdu’ Hadith. Diese Fälschung beabsichtigt die Muslime denken zu lassen, dass Allah physisch über der Kuh im Himmel ist.

 

Auf Seite 97 desselben Werkes erwähnt Ibn al-Qayyim den Hadith von Buhari, in welchem vor dem zu Tage treten des Antichristen in der Endzeit gewarnt wird (al-Masih al-Dajjal), welcher außerdem behauptet, dass er Gott wäre; und über den der Prophet (Allahs Segen und Frieden auf ihm) sagte: „Allah sandte keinen Propheten, der nicht sein Volk vor dem einäugigen Lügner warnte, er ist einäugig -und euer Herr ist nicht einäugig- und zwischen seinen beiden Augen wird Ungläubiger (Kafir) stehen“ (Sahih al-Bukhari, 8.172). Ibn al-Qayyim kommentiert, „Der Prophet (Allahs Segen und Frieden auf ihm) verneinte das Attribut der Einäugigkeit (Allahs), welches ein Beweis dafür ist, dass Allah, der Erhabene, im wörtlichen Sinne zwei Augen hat.“ Nun, jedes Anfangslehrbuch über logische Täuschungen könnte Ibn al-Qayyim verständlich machen, dass die Verneinung einer Eigenschaft nicht die Bestätigung des Gegenteils mit sich bringt. Dies ist ein Beispiel des „schwarz und weiß Irrtums“ (z.B. „Wenn es nicht weiß ist, dann ist es also schwarz“, „Wenn du nicht mein Freund bist, dann musst du mein Feind sein“, und so weiter). Das, um was er hier zu zeigen bemüht ist, ist eine Art des Antropomorphismus. Gefälschte Überliefererketten in dem Werk Ijtima‘ al-juyush al-Islamiyya von Ibn al-Qayyim sind das Thema eines bevorstehenden Werkes von einem jordanischen Gelehrten, so Allah will (In Scha’Allah), welches diejenigen lesen können, die sich dafür interessieren.

 

Aufgrund all dieser Gründe muss größte Vorsicht beim Zuschreiben von Grundsätzen des Glaubens auf Ahmad Ibn Hanbal oder andere Imame geboten werden, ganz besonders dann, wenn sie durch Anthropomorphisten gemacht werden, um dadurch Glaubwürdigkeit für ihre eigenen Ideen zu erwecken. Viele Möchtegernwiederbeleber dieser Ansichten wurden heutzutage durch ihre unkritische Akzeptanz von Aussagen und Überliefererketten bei der Zuschreibung von Werken, welche in den Büchern von Ibn Taymiya und Ibn al-Qayyim gefunden werden können, irregeführt. Diese Werke zitieren sie in ihren Veröffentlichungen und stützen sich darauf; auch bekommen sie daraus die Ideen, dass dies die Ansichten der frühen Muslime und der Gefährten des Propheten (Sahaba) gewesen seien.

 

Den Anstoß bekam ich bedauerlicherweise durch die Biographien über Ibn Taymiya und Ibn al-Qayyim, die ich meiner Übersetzung des „Reliance of the Traveller“ („Stütze des Reisenden“) anfügte. Sie beschreibt ausführlich die Kluft zwischen Ibn Taymiyas Erneuerungen und der ‘Aqida der frühen Muslime. Diejenigen, die sich dafür interessieren, können auch in einer Vielzahl anderer Bücher darüber lesen. Eine der besten Veröffentlichungen über dieses Thema namens Ibn Taymiya laysa salafiyyan (Ibn Taymiya ist kein früher Muslim), verfasst von dem Professor in Aqida Mansur Muhammad ‘Uways, wurde im Jahre 1970 in Kairo von der Dar al-Nahda al-‘Arabiyya publiziert. Es konzentriert sich hauptsächlich auf die Lehren der Glaubensinhalte. Ein anderes Werk wurde von einem Gelehrten namens Taqi al-Din Abu Bakr al-Hisni geschrieben, dem Verfasser des berühmten Schafi’i Fiqh Handbuchs mit dem Titel Kifaya al-akhyar (Die Zulänglichkeiten der Frommen). Taqi al-Din Abu Bakr al-Hisni lebte kurz nach Ibn al-Qayyim in der gleichen Stadt. Das Buch trägt den Namen Daf‘ shubah man shabbaha wa tamarrada wa nasaba dhalika ila al-sayyid al-jalil al-Imam Ahmad (Widerlegung der Anspielungen desjenigen, der Anthopomorphismus betreibt und rebelliert; und die Widerlegung dies dem noblen Hadithgelehrten Imam Ahmad zuzuschreiben), welches im Jahre 1931 in Kairo von der Dar Ihya’ al-Kutub al-‘Arabiyya veröffentlicht wurde. Jeder, der diese und ähnliche Werke mit einer unvoreingenommenen Absicht liest, kann nicht den Schwindel übersehen, wie die Gleichsetzung der geringen Bandbreite von Anthropomorphisten mit Imam Ahmad und anderer Gelehrten der frühen Muslime (al-Salaf) durch die finanzielle Unterstützung einiger Gruppen verübt wird.

 

Die wahre ‘Aqida Imam Ahmads war sehr simpel und bestand hauptsächlich aus Tafwid. Dies bedeutet das Akzeptieren der Wörter, die uns erreicht haben, durch das Überlassen der Deutung der mutashabihat im Qur’an und des Hadith an Allah, ohne zu sagen oder zu deuten wie sie gemeint sind. Seine Ansicht ist ähnlich einer Anzahl an früheren Gelehrten, welche es nicht einmal tolerieren würden, die Stellung der Wörter im Qur’an zu verändern, geschweige denn die Wörter durch Synonyme zu ersetzen (d.h. beim Interpretieren). Für sie befähigt der Vers in Sura Taha,

 

„Der Allerbarmer, Der Sich auf den Thron ‚niederließ.’“ (Qur’an 20:5)

 

jemanden nicht zu sagen, dass “Allah sich auf den Thron ‚niederließ’“ oder dass „Der Barmherzige über dem Thron ist“ oder etwas anderes. „Der Allerbarmer, Der Sich auf den Thron ‚niederließ.’“ PUNKT. Ihre Position wurde durch Sufyan ibn ‘Uyayna erläutert, welcher 98 Jahre nach der Hidschra starb: „Die Interpretation (Tafsir) von allem, mit dem sich Allah Selbst in Seinem Buch beschreibt, wird dadurch gemacht, in dem man es rezitiert und schweigt.“ Es gleicht auch der Position Imam Schafi’is, welcher einfach sagte: „Ich glaube an das, was von Allah kommt, wie es von Ihm beabsichtig ist; und ich glaube an das, was vom Gesandten Allahs (Allahs Segen und Frieden auf ihm) kommt, so wie es der Gesandte Allahs meint.“

 

Man sollte aber ganz klar verstehen, dass diese Schule des Tafwid weit vom Verständnis der wörtlichen Auslegung (‘ala al-dhahir) der mutashabihat Ausdrücke über Allah entfernt ist. Der Hanbali Imam Ahmad ibn Muhammad al-Khallal, welcher im Jahre 311 nach der Hidschra starb, und welcher Fiqh von den Studenten Imam Ahmads erwarb, berichtet in seinem Buch al-Sunna durch die Überliefererkette von Hanbal ibn Ishaq al-Shaybani, dem Sohn des Bruders von Ahmad Ibn Hanbals Vater, dass Imam Ahmad über die Ahadith gefragt wurde, welche „Allahs Absteigen“, „das Sehen Allahs“ und „Platzieren Seines Fußes auf die Hölle“ und ähnliches erwähnen. Ahmad erwiderte: „Wir glauben daran und halten sie für wahr, ohne zu sagen ‚wie’ und ohne eine ‚Deutung’ (bi la kayfa wa la ma‘na)."

 

Wenn man ihn über Allahs istiwa’ fragte, sagte er (oben als ‘niederlassen’ übersetzt): „Er hat sich über den Thron ‚niedergelassen’ (istawa ‘ala al-‘Arsh) in welcher Art Er will und wie Er will (however He wills and as He wills), ohne eine Begrenzung oder Beschreibung, die durch irgendeinen Beschreiber gemacht wird. (Daf‘ shubah al-tashbih, 28)

 

Dies demonstriert, wie weit Imam Ahmad vom Anthropomorphismus entfernt war, wenngleich jedoch ein drittes Beispiel noch deutlicher ist. Der Imam und Hadithgelehrte (hafiz) al-Bayhaqi berichtet in seinem Manaqib al-Imam Ahmad (Die unvergesslichen Handlungen Imam Ahmads) durch seine Überliefererkette:

 

Ahmad verurteilte durch folgende Aussage diejenigen, die sagten, dass Allah ein Körper ist: „Die Benennung von Dingen wurde von der Schari’a und der arabischen Sprache entnommen. Die Besitzer (Experten) der Sprache haben dieses Wort (Körper) dafür benutzt, um auszusagen, dass ein Ding eine Größe, einen Umfang, eine Dichte, eine Struktur, eine Form und eine Zusammensetzung besitzt, während Allah, der Erhabene, erhaben darüber ist und nicht als „Körper“ bezeichnet werden kann. Denn Er ist jenseits einer Zuschreibung von Verkörperung. Dies wurde nicht durch die Schari’a übermittelt und ist deshalb zurückzuweisen“. (al-Barahin al-sati‘a, 164)

 

Diese Beispiele verschaffen uns eine exakte Ansicht der ‘Aqida von Ahmad Ibn Hanbal, übermittelt durch die Hadithgelehrten (Huffaz) unserer Umma, welche in früheren Zeiten, wie in jetzigen die wahren Überlieferungen von den heuchlerischen Zuschreibungen der anthropomorphistischen Ideen an ihre Imame unterschieden haben. Es ist vielleicht sogar angesichts des Wiederauflebens dieser Ideen in unserer heutigen Zeit aufschlussreicher, auf ein früheres Werk wider der Bid’a dieser Hanbali Anthropomorphisten zu schauen. Dies aufgrund des Lichts, das diese Literatur auf die Wissenschaft der wörtlichen Interpretation wirft. Und damit möchte ich auch meine Rede heute Abend abschließen.

 

Wie sie vielleicht wissen, war der Gründer der Hanbali Madhhab eigentlich nicht Imam Ahmad, welcher es nicht einmal mochte, wenn seine Ansichten aufgeschrieben wurden. Vielmehr wurden diese mündlich von verschiedenen Studenten zu unterschiedlichen Zeiten vermittelt. Das ist ein Grund, weshalb des Öfteren von ihm eine Anzahl an unterschiedlichen Berichten auf juristische Fragen zu finden ist. Es ist wahrscheinlich nicht übertrieben, wenn man sagt, dass der eigentliche Gründer der Hanbali Madhhab der Imam und Hadithgelehrte (Hafiz) ‘Abd al-Rahman ibn al-Jawzi, welcher im Jahre 597 nach der Hidschra starb, war. Dieser schrieb alle Überlieferungen von Imam Ahmad auf, unterschied die gesunden von weniger authentischen Berichten und ordnete sie zu einem zusammenhängenden Werk der Fiqh Rechtswissenschaft.

 

Ibn al-Jawzi –welcher nicht mit Ibn al-Qayyim al-Jawziyya verwechselt werden darf- nahm die Fragen der Menschen bezüglich der Verbindung des Anthropomorphismus mit der Rechtsschule des Imam Ahmad Ibn Hanbal so ernst, dass er ein Buch namens Daf‘ shubah al-tashbih bi akaff al-tanzih (Widerlegung des angedeuteten Anthropomorphismus durch Überlegenheit) schrieb, in dem er diese Häresie widerlegt und seinen Imam von ihren Assoziationen entlastet.

 

Einer der bedeutendsten Punkte, die er in diesem Werk anführt, ist das Prinzip des al-Idafatu la tufidu al-sifa. Das heißt, dass eine zurückführende Deutung, welche im Arabischen Idafa genannt wird, bei dem Beispiel „x ist Eigentum von y“ oder in anderen Worten, „y besitzt x“ nicht begründet, dass „x ein Attribut von y ist“. Dies ist wichtig, da die Anthropomorphisten heutzutage, genauso wie Ibn Taymiyya im siebten Jahrhundert nach der Hidschra, viele zurückführende Deutungen (idafa) im Bezug auf die Ahadith und den Qur’an als ein Beweis dafür benutzen, dass Allah diejenigen „Attribute“ hatte, die ihre Ideen von Ihm untermauerten.

 

Um es mit Beispielen zu verdeutlichen: Sie sind ohne Zweifel mit dem Vers in Surat al-Fath vertraut, in welchem die Sahaba dem Propheten (Allahs Segen und Frieden auf ihm) einen Treueid (Bay’a) schwören, der besagt:

 

“die Hand Allahs ist über ihren Händen“ (Qur’an 48:10)

 

Mit den Worten yad Allahi (die Hand Allahs) sind wir, allein auf der Grundlage der arabischen Formulierung, nach den Prinzipien Ibn al-Jawzi’s nicht berechtigt zu behaupten, dass „Allah eine Hand hat“ und dies als ein Attribut (Sifa) Seiner Einheit anzusehen. Es könnte sein, dass dieser arabische Ausdruck einfach die Ungeheuerlichkeit im Vergehen durch den Bruch dieses Paktes hervorzuheben beabsichtigt, wie einige Gelehrte erklären. Der Prophet (Allahs Segen und Frieden auf ihm) platzierte seine Hand über die der Sahabas, so könnte die Formulierung eine Redewendung darstellen, um die Befürwortung Allahs dafür hervorzuheben; und die arabische Altsprache strotzt nur so von Redewendungen. Der Prophet (Allahs Segen und Frieden auf ihm) selbst benutzte das Wort Hand als eine Redensart in dem authentischen (sahih) Hadith, Al-Muslimu man salima l-Muslimuna min lisanihi wa yadih „Der Muslim ist derjenige, vor dessen Zunge und dessen Hand die Muslime sicher sind“, in welchem die Hand als „alles in seiner Macht stehende“ zu machen bedeutet, egal ob dies durch seine Hand, seine Füße, oder durch andere Bedeutungen geschieht. Imam al-Ghazali sagt über das Wort Hand:

 

Man sollte begreifen, dass Hand zwei verschiedene Bedeutungen haben kann. Die erste ist die primäre lexikalische Bedeutung, nämlich die körperliche, aus Fleisch, Knochen und Nervengeweben bestehende Extremität. Fleisch, Knochen und Nervengewebe bilden jedoch einen Körper, der charakteristische Eigenschaften besitzt; ein Körper bedeutet etwas mit einem Umfang (mit Größe, Breite, Tiefe) das alles daran hindert, seinen Platz zu besetzen, bis er sich von diesem Platz fortbewegt.

 

Die Zweite Bedeutung ist, dass das Wort im übertragenden Sinn gemeint ist; in einer anderen Bedeutung, die keinen Zusammenhang zu einem Körper hat: wenn jemand sagt, „Die Stadt ist in den Händen der Führer“, ist die Bedeutung wohlverständlich, sogar wenn der Führer z.B. keine Hände hat. (al-Ghazali, Iljam al-‘awam ‘an ‘ilm al-kalam [beirut: Dar al-Kitab al-‘Arabi, 1406/1985], 55)

 

Wir haben bereits die Denkrichtungen Ahmad Ibn Hanbals, Imam Schafi’is und anderer früher Muslime im Verstehen der mutashabihat Ausdrücke über Allah durch Tafwid erwähnt. Doch haben wir auch anhand des Beispiels mit der Hand gesehen, dass trotz des symbolischen Reichtums der arabischen Sprache, und um auch vor der Anthropomorphismusgefahr zu schützen, viele muslimische Gelehrte imstande waren, gewisse mutashabihat Ausdrücke in den Versen oder in den Ahadith durch Ta’wil (im übertragenden Sinn) zu erklären.

 

Dies verursachte natürlicherweise Kritik seitens der Neo-Hanbaliten, in ihrer vordersten Front Ibn Taymiya und Ibn al-Qayyim, genauso wie es auch heute bei den „Reformierern“ des Islams immer noch der Fall ist. Sie wiederholen ständig, dass die Argumente bezüglich der im übertragenden Sinne getätigten Interpretation (Ta’wil) eine tadelnswerte Abweichung (Bid’a) von dem eigentlichen Weg der frühen Muslime ist (salaf). Diese Bid’a gehöre zu den Asch’aris und anderen. Sie mögen wohl denken, dass sie zu einer „Rückkehr zur Sunna“ aufrufen, doch eigentlich ist es ein Aufruf zur anthropomorphen wörtlichen Interpretation. Die offensichtliche Frage angesichts solcher „Reformen“ ist, ob die wortgebundene Auslegung wirklich identisch mit dem ursprünglichen islamischen Glauben (‘aqida) ist. Oder vielmehr, ob nicht Ta’wil unter den Salafs existierte? Wir werden diese Frage mit gegenwärtigen aktuellen Beispielen der mutashabihat Verse und Ahadith beantworten und darüber hinaus begutachten, wie die frühesten Gelehrten sie interpretierten:

 

1. Die Vergesslichkeit. Wir haben den folgenden Qur’anvers erwähnt:

 

"Heute haben Wir euch vergessen, wie ihr das Eintreffen dieses eures Tages vergaßet.“ (Qur’an 45:34)

 

welchen die frühen Muslime im übertragenden Sinn zu interpretieren gewohnt waren. Dies wurde durch einen Gelehrten berichtet, welcher selbst zu den frühen Muslimen (Salafi) gehörte und in der Tat der Sheikh der frühen Muslime in der Qur’anexegese war, der Hadithgelehrte (Hafiz) Ibn Jarir al-Tabari, welcher im Jahre 310 nach der Hidschra starb. Er erklärt den obigen Vers durch folgende Bedeutungsgebung: „’An diesem Tag, dem Tag der Auferstehung, werden Wir euch vergessen’ damit wird folgendes ausgedrückt: ‚Wir werden sie ihrer Strafe überlassen.’“ Genau dies ist Ta’wil -den Vers im übertragenden Sinn auszulegen. Al-Tabari schreibt diese Interpretation durch seine Überliefererkette dem Gefährten (Sahabi) Ibn ‘Abbas (Allahs Wohlgefallen auf ihm) zu, ebenso wie auf Mujahid, Ibn ‘Abbas’ wichtigster Student in der Qur’anexegese. (Jami‘ al-bayan, 8.202)

 

2. Die Hände. In dem Vers,

 

„Und den Himmel haben Wir erbaut mit (Unseren) Händen und siehe, wie Wir ihn reichlich geweitet haben.“ (Qur'an 51:47),

 

al-Tabari interpretiert “mit (Unseren) Händen” durch Ta’wil, nämlich “mit (Unserer) Macht”. Dabei stützt er sich durch eine Kette von 5 Überlieferern auf Ibn ‘Abbas, welcher im Jahre 68 nach der Hidschra starb, Mujahid, welcher 104 Jahre nach der Hidschra starb, Qatada (ibn Da’ama), welcher 118 Jahre nach der Hidschra starb, Mansur (ibn Zadhan al-Thaqafi), welcher 131 Jahre nach der Hidschra starb und Sufyan al-Thawri, welcher 161 Jahre nach der Hidschra starb. (Jami‘ al-bayan, 27.7–8) Ich erwähne diese Daten nur deshalb, damit deutlich wird, wie früh sie gelebt haben.

 

3. Das Schienbein. Aus dem Qur’anvers:

 

“Am Tage, wenn die Schienbeine entblößt werden und sie aufgefordert werden, sich anbetend niederzuwerfen, werden sie es nicht können.“ (Qur'an 68:42),

 

folgendes bedeutet: ,An dem Tag, wenn etwas Entsetzliches (amrun shadid) aufgedeckt wird’ (Jami‘ al-bayan, 29.38) –Die Assoziation mit dem Begriff „etwas Entsetzliches“ kam folgendermaßen zustande: die arabischen Krieger kämpften in der Wüste. Um sich auf schnelles Bewegen und den schweren Durchmarsch durch den Sand im Schlachtgetümmel vorzubereiten, hoben sie die Säume ihrer Gewänder über ihre Schienbeine. Diese Information ging bei späteren Anthropomorphisten verloren, welche sagten, dass der Vers beweise, dass ‚Allah Oberschenkel hat’, bzw. ‚zwei Oberschenkel, da einer unbekleidsam wäre.’ Al-Tabari berichtet von Muhammad ibn ‘Ubayd al-Muharibi, welcher von Ibn al-Mubarak, welcher von Usama ibn Zayd, welcher von ‘Ikrima, welcher von Ibn ‘Abbas berichtet, dass das Schienbein in dem obigen Vers ‚An dem Tag, wenn etwas Entsetzliches aufgedeckt wird (amrun shadid)’ bedeutet. (ibid., 29.38) Alle diese Überlieferer sind sahih, bis auf Usama ibn Zayd, wessen Ahadith als hasan klassifiziert werden.

 

4. Das Lachen. Abu Hurayra, Allahs Wohlgefallen auf ihm, überliefert einen Hadith im Sahih al-Bukhari, in dem der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sagte:

 

Allah, der Erhabene, lacht über zwei Menschen, wobei einer den anderen tötet, doch beide das Paradies betreten: der eine kämpft auf dem Wege Allahs und wird getötet, und im Nachhinein vergibt Allah dem Mörder, und dieser kämpft dann auf dem Wege Allahs und wird zum Märtyrer,

 

Der Hadithgelehrte al-Bayhaqi vermerkt, dass der Schreiber von Bukhari (Muhammad ibn Yusuf) al-Farabri berichtet, dass Imam al-Bukhari sagte: „Die Bedeutung des Lachens darin ist Barmherzigkeit“ (Kitab al-asma’ wa al-sifat, 298).

 

5. Das Kommen. Der Hadithgelehrte (Hafiz) Ibn Kathir berichtet, dass Imam al-Bayhaqi von al-Hakim, dieser von Abu ‘Amr ibn al-Sammak, dieser von Hanbal, dem Sohn es Bruders von Ahmad ibn Hanbals Vater überliefert, dass

 

Ahmad ibn Hanbal das Wort Allahs

 

“Und dein Herr kommt…“ (Qur'an 89:22),

 

symbolisch interpretierte, in der Bedeutung von „Und Seine Vergeltung kommt“.

 

Al-Bayhaqi sagte, “Diese Überliefererkette hat absolut keine Mängel“ (al-Bidaya wa al-nihaya,10.342). In anderen Worten, Ahmad Ibn Hanbal hat wie die Gefährten (Sahaba) und anderen frühen Muslimen wie oben erwähnt, manchmal Ausdrücke im übertragenden Sinn (Ta’wil) interpretiert, die anderenfalls möglicherweise durch Anthropomorphismus missgedeutet werden könnten. Dies war auch der Weg Abul Hasan al-Asch’aris, dem Gründer der theologischen Schule der Asch’ariyya, welcher 2 Ansichten über die mutashabihat hatte. Die erste war Tafwid (die Überlassung der Bedeutung an Allah). Die zweite Ansicht bestand darin, Ta’wil in den Fällen, in denen es nötig war, um Andeutungen an Anthropomorphismus zu meiden, welcher ja explizit vom Qur’an zurückgewiesen wird, anzuwenden.

 

Angesichts der Beispiele, die wir oben über das Vergessen Allahs, die Hand Allahs, das Schienbein Allahs, das Lachen Allahs, das Kommen Allahs und so weiter, erwähnt haben, ist eindeutig erkennbar, dass die muslimischen Gelehrten der ‘Aqida wie Imam Asch’ari nicht die Methode des Ta’wil eingeführt haben, sondern dass es schon bei den ersten Muslimen gewöhnlich war, weil dies zur Eigenart der arabischen Sprache gehört. Und wenn die oben genannten Personen nicht zu den Salaf gezählt werden, wer dann? Ibn Taymiya und Ibn al-Qayyim, welche mehr als sieben Jahrhunderte nach der Hidschra starben?

 

Hinsichtlich der vorangegangenen Beispiele der symbolischen Interpretation durch die frühen Muslime, sollten wir uns fragen, zu welchem „frühen Islam“ uns die Reformierer der ‘Aqida zurückrufen wollen? Imam Abu Hanifa notierte einst Folgendes: „Zwei verdorbene Ansichten aus dem Osten haben uns erreicht, die von Jahm (ibn Safwan), dem Annullierer der göttlichen Attribute und die des Muqatil (ibn Sulayman al-Balkhi), dem Vergleicher Allahs mit Seiner Schöpfung“. (Siyar a‘lam al-nubala,’ 7.202)

 

Jahms Sorte des Mu’tazilismus war für über Tausend Jahre in Vergessenheit geraten, während die Häresie der anthropomorphischen wörtlichen Auslegung in den vergangenen Jahrhunderten auf eine Handvoll von Sekten, wie die in der von Imam Ibn al-Jawzi in seinem Daf‘ shubah al-tashbih angesprochenen Hanbalis begrenzt ist. Oder die Fälscher des Kitab al-sunna, welche es Imam Ahmads Sohn Abdullah zugeschrieben haben; oder wie die Karramiyya, eine frühe Sekte, welche daran glaubte, dass Allahs ein körperliches Wesen ist, dass „als Person auf Seinem Thron sitzt.“

 

Was den orthodoxen Islam betrifft: der Imam der Ahl al-Sunna in den Lehren der Glaubensinhalte ‘Abd al-Qahir al-Baghdadi sagt in seinem ‘Aqida Handbuch Usul al-din (Die Grundlagen der Religion):

 

Jemand, der meint, dass sein Herr der Gestalt einer Person gleicht (…) dient nur einer Person, wie sich selber. Was die Erlaubnis betrifft, das von ihm Geschlachtete zu essen oder ihn zu heiraten, so verhält sich dies wie mit den Vorschriften bei einem Götzendiener.

 

…im Bezug auf die Anthropomorphisten von den Karramiyya aus Khurasan, ist es obligatorisch, sie als Ungläubige anzusehen, da sie behaupten, dass Allah eine physikalische Grenze und eine Begrenzung nach unten hat, von wo aus Er im Kontakt mit Seinem Thron ist. (al-Baghdadi, Usul al-din [istanbul: Matba‘a al-Dawla, 1346/1929], 337)

 

In früheren Jahrhunderten Islamischer Zeit wurde jemand, der einem sitzenden, sich bewegenden (und so weiter) Gott diente, in einer ernsthaften Lage bezüglich seines Glaubens (‘Aqida) angesehen. Unsere Frage ist: Wenn die Methode der anthropomorphen wörtlichen Auslegung eine akzeptierte Denkrichtung war, warum wurde sie dann in den ersten siebenhundert Jahren des Islam vor Ibn Taymiya und seinem Schüler Ibn al-Qayyim zur Häresie gezählt und abgelehnt, und nach ihnen von den Gelehrten der Ahl al-Sunna verdammt?

 

Fassen wir nun alles heute Nacht Gesagte zusammen. Wir haben drei Wege gesehen, um die mutashabihat Verse und Ahadith zu verstehen: Tafwid (Überlassung der Deutung an Allah), Ta’wil (symbolische Interpretation innerhalb den Rahmenbedingungen des Gebrauchs der arabischen Altsprache) und zuletzt Tashbih (anthropomorphe wörtliche Auslegung).

 

Wir sahen, dass der Weg des Tafwid die Methode des Imam Schafi’i, Imam Ahmad und anderen frühen Muslimen war. Eine zweite Möglichkeit der Interpretation, die Methode des Ta’wil wurde auch von Gefährten (Sahaba) und vielen anderen frühen Muslimen, wie oben erwähnt, gemacht. In der klassischen Wissenschaft wurden beide Prozeduren als islamisch angesehen, und beide sind in Übereinstimmung mit dem folgenden Qur’anvers:

 

“Nichts ist Allah gleich.“ (Qur’an 42:11).

 

Doch Tafwid ist höher stehender, da es dadurch nicht zur Verwirrung über die Erhabenheit Allahs führt, die Jenseits der Merkmale der erschaffenen Dinge ist. Hinsichtlich des Anthropomorphismus ist es aufgrund dieses Verses und der kompletten Geschichte der Umma klar, dass es keine islamische Denkrichtung ist und niemals war. Zu allen Zeiten und Orten hat der Islam die Nichtmuslime zur unvergleichlichen Wahrheit namens Allah eingeladen, und nicht um den Mensch zum Gott zu machen, und auch nicht um Gott zum Menschen zu machen.

 

Wa jazakum Allah khayran, wa l-hamdu li Llahi Rabbil ‘Alamin.

 

 

 

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[1] Englisch: Literalism

 

[2] Ijtihad: qualifizierte Ableitung islamischer Gesetzesregeln aus den Quellen des Qur’an und des Hadith

 

[3] Aqida: Islamische Glaubenslehre

 

[4] Mutashabihat: Unklar in der Bedeutung

 

[5]Mujtahid: hochqualifizierter Gelehrter, der ein fachgemäßes gesetzliches Gutachten im Islam erlassen darf

 

[6] Qiyas: Analogieschluss

 

[7] Qiyas Jaliyy: weiterreichende Analogieschlüsse ziehen

 

[8] Al-Dhahabi, Siyar a’lam al-nubula’ (Beirut: Mu’assasa al-Risala, 1401/1984) 13.105

 

[9] Bid’a: verwerfliche Erneuerung

 

 

Kommentar : Diese Angelegenheiten wie diese Übersetzung sollten als Handreichung gelten , um die Muslime vor den schaitanischen Irrlehren zu bewahren !

 

ws

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