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Kreist beim ersten Seminartermin die Referateliste, preschen wenige vor, viele ducken sich weg. Am Ende kommt doch jeder dran. Gerade Studienanfänger plagt bei Vorträgen die Stammelangst. In den Griff bekommen kann man die Nervosität mit guter Vorbereitung, Sprechtechnik und Übung.

 

Es ist die wohl unangenehmste Aufgabe für Studenten im ersten Semester: Ein Referat im großen Hörsaal zu halten, vor mehr als 50 Kommilitonen. Der Puls rast, die Hände sind feucht, und im schlimmsten Fall versagt auch noch die Stimme. Dann droht der Auftritt vor den anderen schnell zur Blamage zu werden - und für alle zur Qual. Mit der richtigen Sprech- und Entspannungstechnik lassen sich solche Redehemmungen aber in den Griff kriegen.

 

"Gerade an Massen-Universitäten ist das Phänomen Redeangst weit verbreitet", sagt die Psychologin Edith Püschel. Der Grund sei meist die Angst, sich zu blamieren, erläutert die Expertin von der Zentralen Studienberatung der Freien Universität Berlin. Oft sei sie aber unbegründet, da gerade an Erstsemester ohnehin keine hohen Erwartungen gestellt werden.

 

Viele Erstsemester müssten sich erst an die Umstellung von der Schule zum eher anonymen Uni-Alltag gewöhnen. Daher gilt es, eine gewisse Grundnervosität bei sich selbst zu akzeptieren, ohne sich aber in die Aufregung hineinzusteigern, so Püschel: "Viele betrachten Referate als Gefahr - dabei sind sie eine Chance, wichtige Fertigkeiten einzuüben."

 

Präsentationen und Vorträge seien im späteren Berufsleben an der Tagesordnung, sagt Karriereberater Hans Reiner Vogel aus Wiesbaden. Weil Redeangst gar zum "Karrierekiller" werden könne, gelte es, jede Gelegenheit an der Universität wahrzunehmen, um solche Hemmungen abzubauen. Neben Vorträgen eigneten sich dafür auch Diskussionen mit anderen Studenten. "Da muss man sich einfach auch mal trauen", sagt Vogel. Oft seien die Studenten im Anschluss überrascht, wie unbegründet ihre Angst war, sagt Psychologin Püschel. Und wer im ersten Schritt lieber alleine übt, könne das auch vor dem Spiegel tun.

 

 

Üben, üben, üben - allein oder zusammen

 

Auch Vorträge vor Freunden zu halten kann helfen, Vertrauen aufzubauen, rät Tim Richter, Präsident des Verbands der Debattierclubs an der Uni Bonn. Daneben sei es sinnvoll, sich einige Schlüsselsätze zu notieren: "Im Zweifelsfall kann man sie vorlesen und vermeidet so Unterbrechungen im Vortrag." Wichtig ist, sich gut vorzubereiten - denn über Dinge, mit denen man sich auskennt, redet es sich leichter.

 

Die meisten Unis bieten Kurse an, um Studenten mit Redehemmungen zu unterstützen. "Darin wird der Umgang vor und während eines Referats simuliert und anhand von Entspannungstechniken versucht, die größte Aufregung zu lindern", sagt Waltraud Freese, Leiterin der Psychologisch-Therapeutischen Beratung der Universität Hannover.

 

In kleineren Gruppen mit bis zu 15 Teilnehmern wird dabei zunächst geübt, vor anderen über ganz Alltägliches zu sprechen. "Die Redner erzählen den anderen Teilnehmern von ihrem Lieblingsfilm oder ihrer Familie", sagt Püschel. Angeleitet werden sie von Psychologen oder Sprecherziehern. Später wird es schwieriger, indem mehr Zuhörer, komplexere Inhalte, Mikrofone und auch eine Kamera in die Übungen integriert werden. Den Teilnehmern falle das zwar nicht immer leicht, "viele sind vom Ergebnis aber positiv überrascht".

 

 

Zur Entspannung ruhig mal gähnen

 

Auch die richtige Sprechtechnik hilft, Hemmungen zu überwinden. "Gerade an der Stimme lässt sich arbeiten", so Sprecherzieher Joachim Aich aus Köln. Denn neben guten Formulierungen komme es bei Vorträgen auch auf den Ausdruck an. Entscheidenden Anteil daran habe die Stimme und ihr Klang.

 

Unter Stress verkrampfen sich die Muskeln von Hals und Kehlkopf, sagt Aich. "Die Stimme wird dann hoch und dünn." Bei akutem Lampenfieber empfiehlt er, eine Hand auf den Bauch zu legen und tief in ihn zu atmen. Das aktiviere die Zwerchfell-Flanken-Atmung und beruhige zudem. Daneben helfe Gähnen zur Entspannung und Weitung des Rachenraums, was für die Klangentwicklung wichtig ist.

 

Als Stimm-Übung eigne sich ein Summen, ähnlich wie als Reaktion auf ein leckeres Essen. So gelange ein Redner in die sogenannte Indifferenzlage. "In dieser Sprechstimmlage kann mit wenig Muskelanspannung im Kehlkopf und wenig Atemluft gesprochen werden", erklärt Aich. Der Sprecher werde entspannter und wirke auch so auf seine Zuhörer.

 

Wer sich der Redeangst stellt, hat also gute Chancen, sie zu überwinden. Mit genügend Übung lasse sich Redehemmungen sogar in Redelust verwandeln, sagt Karriereberater Vogel. "Der erste gelungene Vortrag öffnet für viele eine Art Tor und hilft, den Spaß am Reden zu entdecken."

 

Andreas Thieme

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