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Stuttgart - Sind sie das Bildungsreservoir des Landes oder die Jugend ohne Lobby? Muslimische Jugendliche standen im Mittelpunkt der ersten landespolitischen Tagung der Landesregierung, der Robert-Bosch-Stiftung und der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Kultusminister Helmut Rau (CDU) sieht die Jugendlichen mit Migrationshintergrund als wichtiges Bildungsreservoir, das in der Schule besser gefördert werden müsse.

 

Doch Schule ist nicht das einzige Problem. Havva Engin, Professorin an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, wartete mit positiven Zahlen auf. So machen fast die Hälfte der ausländischen Mädchen in Deutschland einen Schulabschluss, der mindestens der Mittleren Reife entspricht, auch 40 Prozent der ausländischen Jungen erreichen den Realschulabschluss oder Fachhochschulreife beziehungsweise Abitur. Das spreche dafür, dass in den Elternhäusern die Bildung einen hohen Stellenwert habe.

 

Im Anschluss sieht es aber für die Mädchen schlecht aus, bedauert Engin. Den Einstieg in die Berufsausbildung schaffen nur 24,5 Prozent von ihnen. Engin macht dafür Vorbehalte der Betriebe verantwortlich. Eine zentrale Frage des zweitägigen Kongresses war die Identität. Sie steht häufig in engem Zusammenhang mit der Religiosität, erklärte der Düsseldorfer Islamwissenschaftler Michael Kiefer. Allerdings entwickelten Jugendliche eine "islamische Neo-Identität", die mit islamischen Traditionen und der Lebenswelt der Elterngeneration wenig gemein habe. Die Bandbreite der Jugendgruppen reicht laut Kiefer von religionsfernen Jugendlichen bis zu aktivistischen Organisationen. Entsprechend weit gefächert müssten die Ansätze sein, um die Jugendlichen für die Teilhabe an der Gesellschaft zu gewinnen.

 

Als einen Ansatz werten die Experten islamischen Religionsunterricht. Er vermittle den Schülern in deutscher Sprache religiöse und demokratische Werte. Zugleich zeige er den Jugendlichen, dass sie mit ihrem Glauben gleichberechtigter Teil schulischen Lebens seien. Der Jurist Mathias Rohe sieht den islamischen Religionsunterricht im politischen Aufwind, was auch dringend erforderlich sei. Die Modellversuche sollten flächendeckend ausgewertet werden. Rohe rät den muslimischen Verbänden sich landesweit zu organisieren, um bei der Festlegung von Lehrplänen als Ansprechpartner für den Staat dienen zu können. Verlässliche Strukturen auf muslimischer Seite seien dabei entscheidend.

 

 

Islamischer Religionsunterricht nur in der Grundschule

 

Rohe bedauerte, dass der islamische Religionsunterricht in Baden-Württemberg auf die Grundschule beschränkt ist. Im Südwesten laufen seit Herbst 2006 Modellversuche an zwölf Grundschulen. Der Versuch ist auf vier Jahre angelegt. Kultusminister Rau hat angedeutet, dass der Unterricht fortgesetzt werden solle.

 

Rohe erwartet, dass das Angebot auf die weiterführenden Schulen ausgedehnt wird. Lehrpläne bis zur zehnten Klasse gebe es bereits in Bayern und Niedersachsen. Die Lehrer sollten an Universitäten ausgebildet werden, um auf Augenhöhe mit den anderen Theologen zu sein. Die Erziehungswissenschaftlerin Havva Engin fordert, dass interkulturelle Kompetenz für angehende Sozialpädagogen und Lehrer prüfungsrelevant und in regelmäßigen Weiterbildungen intensiviert wird.

 

Dass es auch einen muslimischen Bildungsauftrag gebe, erklärte Tarek Badawia, Erziehungswissenschaftler von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Er kritisierte, bis jetzt habe sich kaum jemand dafür zuständig gefühlt und forderte mit Blick auf muslimische Verbände, es wäre besser, das Religiöse zugunsten des Sozialen zurückzufahren. Hubert Wicker, der Kirchenbeauftragte der Landesregierung, betonte angesichts von 600.000 Muslimen in Baden-Württemberg, es gebe keine Alternative dazu, miteinander zu reden, und Probleme gemeinsam anzugehen. Die Tagungsreihe ist auf fünf Jahre angelegt.

 

 

Renate Allgöwer, 04.10.2009

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