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250 Gäste beim Iftar-Empfang der Islamischen Religionsgemeinschaft

 

Gießen (fd). Für vier Millionen Muslime in Deutschland ging am Wochenende der Ramadan zu Ende. Während des Fastenmonats untersagt das religiöse Gebot von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Essen und Trinken.

 

Zum Iftar-Empfang versammelten am sich am Freitagabend noch einmal rund 250 Gäste der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen (IRH) im Audimax zum gemeinsamen Fastenbrechen. Im Zentrum der Reden stand zuvor die Forderung nach einem bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht in deutscher Sprache.

 

»Die Iftar-Empfänge bieten uns allen die Möglichkeit, ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis zu schaffen, und befördern den interkulturellen, interreligiösen und gesellschaftspolitischen Austausch«, freute sich Ramazan Kuruyüz, Vorsitzender der IRH, auch über die Anwesenheit der nicht-muslimischen Gäste. Deutschlandweit haben die Empfänge zur Feier des Ramadan der islamischen Gemeinden mittlerweile eine lange Tradition. Für das nächste Jahr planen die Gießener Organisatoren, das Fest im Rahmen eines Ramadanzeltes in der Stadtmitte gemeinsam mit allen ansässigen islamischen Gemeinden und unter der Schirmherrschaft des Magistrats zu veranstalten, so Kuruyüz. Man müsse sich einfach näher kommen, um Ängste abzubauen. Sowohl Islam als auch Christen- und Judentum basierten schließlich auf den selben Grundwerten. »Auf diese Gemeinsamkeiten kann eine plurale Gesellschaft aufbauen«, zeigte er sich optimistisch. Eine Hoffnung, die auch Pfarrer Frank-Tilo Becher, evangelischer Dekan Gießen, in seiner Gastrede untermauerte.

 

»Wie sähe eine Welt ohne Religionen aus? Bestimmt grausamer«, vermutete Kuruyüz weiter. Dennoch verwies er auf Minderheiten, »die Religionen nicht selten zur Grausamkeit, zur Gewalt, zum Terror, zum Krieg, zur Macht und zur Durchsetzung von Eigeninteressen missbrauchen«. Die überwiegende Mehrheit der Anhänger der Religionen seien friedfertige Menschen: »In Synagogen, Kirchen, Moscheen und sozialen und karitativen Einrichtungen sehen wir das«, erklärte er. Und dennoch müssten alle Verantwortung übernehmen, damit Gläubige nicht in den Verführungen des Fanatismus verfallen.

 

Ein bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht - erteilt in deutscher Sprache, von an deutschen Universitäten ausgebildeten muslimischen Lehrkräften und unter staatlicher Aufsicht - könne da Abhilfe schaffen: »Die Kinder lernen, wie man als Muslim in Deutschland Bittgebete auf Deutsch formuliert oder wie man mit seinem Schöpfer auf Deutsch sprechen kann. Diese positive Erfahrung mit der deutschen Sprache wird das Zugehörigkeitsgefühl muslimischer Kinder und Jugendlicher zum deutschen Kultur- und Sprachraum verfestigen und somit die Integration in die gewünschte Richtung lenken.«

 

Ali Kizilkaya, Vorsitzender des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland und Mitglied im Koordinationsrat der Muslime in Deutschland, stimmte Kuruyüz in dessen Forderung zu, doch sehe er kaum Fortschritte in der Debatte: Als Teilnehmer aller drei bisherigen Deutschen Islamkonferenzen habe er vieles erlebt, was ihn missmutig stimme. »Und in Hessen herrscht dazu noch eine besonders traurige Situation. Die Landesregierung spielt bei der Suche nach geeigneten Gesprächspartnern für die Konzeption des Unterrichts die verschiedenen muslimischen Verbände gegeneinander aus und blockiert damit die ganze Sache«, erklärte er. Bundesweit werde so 800 000 Kindern und Jugendlichen muslimischen Glaubens das Recht auf Unterricht genommen. In Hessen seien es rund 60 000 Schüler. Da sich die Landesregierung bei der Suche nach Partnern der islamischen Religionsgemeinde schwer tue, merkte Kizilkaya an: »Der Staat verliert seine neutrale Position, wenn er sich seine Lieblingspartner aussucht.«

 

Der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht sei die einzige Möglichkeit, die verfassungsgemäße Gleichstellung der Religionen durch den Staat zu gewährleisten, stimmten auch Stadtrat Prof. Heinrich Brinkmann und Gerhard Merz, integrationspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, den Forderungen zu. Positiver als Kizilkaya interpretierte Merz jedoch den momentanen Stand der Dinge: Schon allein die Tatsache, dass überhaupt eine entsprechende Debatte geführt werde, sehe er schon als Fortschritt: »Es gibt auf breiter Front den Willen, zu Verständnis zu kommen.« Die SPD-Fraktion werde »die Landesregierung in dem Bemühen, einen entsprechenden Unterricht umzusetzen, unterstützen«, erklärte Merz. Eine Verpflichtung zur Assimilation dürfe es nicht geben. In Bezug auf die Suche nach Ansprechpartnern pflichtete Merz seinem Vorredner bei: »Es ist nicht klug, bei der Konzipierung eines solchen Unterrichts auf kenntnisreiche Gesprächspartner wie die IRH zu verzichten.«

 

Nach Einbruch der Dunkelheit - pünktlich ab 19.42 Uhr - nutzten Muslime und Nicht-Muslime das abschließende Fastenbrechen/Abendessen, um die interkulturelle und interreligiöse Debatte zu vertiefen. Das Bittgebet sprach Diaa Rashid von der Islamischen Gemeinde Gießen.

 

Giessener-Allgemeine, 20.09.2009

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