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Ein kurzer Abriss von Imam Al-Ghazalis Sicht auf die Kindererziehung

 

Von Sulaiman Wilms, Berlin

 

Die Kinder sind ein anvertrautes Gut

 

(iz). Zu den vielen muslimischen Gelehrten, die über die Erziehung von Kindern schrieben, zählen so illustre Namen wie Imam Al-Ghazali, Ibn Khaldun und Ibn Sina. Dieser kurze Abriss möchte sich den grundlegendsten Ideen des ersteren widmen.

 

Imam Al-Ghazali, in Europa bekannt als Algazel, einer der leuchtendsten muslimischen Gelehrten, der viele bedeutende Werke verfasst hat, wurde bekannt für seine Gelehrsamkeit. In seinem dreißigsten Lebensjahrzehnt wurde er oberster Lehrer der Nizamija-Madrassa in Bagdad, der bekanntesten damaligen Bildungseinrichtung im islamischen Osten, während im islamischen Westen jener Zeit das andalusische Cordoba diese Rolle inne hatte.

 

Seine Vorstellungen über Erziehung dominierten das islamische pädagogische Denken Jahrhunderte über seinen Tod hinaus. Er konzentrierte sich dabei vor allem auf die Erziehung und die Rolle des Lehrers.

 

Nach Imam Al-Ghazali „existiert Wissen, analog dem Samen in der Erde, in der menschlichen Seele als Möglichkeit. Durch den Vorgang des Lernens wird sie Wirklichkeit.“

 

Das Kind, so schrieb der Gelehrte, „ist ein anvertrautes Gut (gegeben von Allah) in die Hände der Eltern. Sein unschuldiges Herz ist ein wertvolles Element, welches in der Lage ist, Eindrücke aufzunehmen.“

 

Wenn die Eltern, und später die Lehrer, es in mit Rechtleitung aufziehen, dann wird es glücklich in dieser und in der nächsten Welt leben und sie erhalten von Allah die Belohnung für ihre gute Tat, so Al-Ghazali. Wenn sie jedoch das Heranwachsen des Kindes vernachlässigen und diese Erziehung zu einem unglücklichen Leben in dieser und in der nächsten Welt führt, dann tragen Eltern wie Lehrer die Last ihrer Unterlassung.

 

Eines der Elemente, die der Gelehrte als unverzichtbar erkannte, ist, dass dem Kind die islamischen Glaubensgrundlagen in den frühesten Tagen nahegebracht werden müssen und es, wenn es heranwächst, entsprechend der drei Stufen - Erinnerung, Verstehen und Überzeugung - behutsam darin unterrichtet werden sollte.

 

Zu einem großen Teil beschäftigen sich die Überlegungen dieses großen bekannten Gelehrten mit der Frage, wie das Kind mit seiner Welt in Beziehung tritt. In Übereinstimmung mit Ibn Al-Hadsch betonte er unter anderem, dass ein Kind nicht mit dem Reichtum seines Vaters angeben sollte und sich jedem und allen gegenüber höflich und aufmerksam verhalten sollte. Es sollte erfahren, das Geld nicht zu lieben, da dies ein tödliches Gift ist. Auch sollte es weder in der Öffentlichkeit spucken, noch sich ausschnäuben.

 

Mit dem Älterwerden ist es wichtig, so Imam Al-Ghazali, dass die Kinder die Grundlagen der Sauberkeit nahegebracht bekommen, einige Tage im Monat Ramadan mit den Erwachsenen fasten und es zu vermeiden lernen, Gold und Silber zu tragen.

 

Des Weiteren umfasst dieser Kanon der zu erlernenden Verhaltensweise nach Al-Ghazali, dass das Kind die grundlegenden Vorschriften des islamischen Rechts erlernt, sich vor Diebstahl in Acht nimmt, Besitz unsicherer Herkunft meidet, ebenso wie die Lüge, den Betrug, schlechte Angewohnheiten und eine gewaltätige Sprache. Im Schulalter sollten die Kinder lernen, nicht übermäßig stolz oder auch eifersüchtig zu sein. Ebensowenig sollten sie ihre Altersgenossen verraten. Wichtig ist, so Imam Al-Ghazali, dass sie Nähe zu den Großen dieser Welt meiden, wie auch ihre Geschenke. Der Heranwachsende sollte sich gegenüber Allah so verhalten, wie er es von seinen Altergenossen ihm gegenüber wünscht. das Kind sollte jeden Menschen so behandeln, wie es selbst behandelt zu werden wünscht.

 

Al-Ghazalis Denken kreist bei der Erziehung auch um die persönliche Mühe bei der Suche nach der Wahrheit und dies, darauf besteht Al-Ghazali, setzt Erziehung und die Leitung durch einen Meister voraus. Erziehung (Tarbija) ist, wie er in seinem Buch „O Kind!“ (Ajjuha'l-Walad) feststellt: „Die Arbeit des Bauern, der das Unkraut jätet, pflegt den Weizen, sodass er besser wächst und reichere Ernte gibt. Jeder Mensch braucht einen Lehrer, um ihm die richtige Richtung zu weisen. Es ohne einen solchen zu versuchen, führt zu den schlimmsten Illusionen. In „Ajjuha'l-Walad“ wird der äußerliche Respekt des Schülers zu seinem Lehrer mit dessen Herzen in Verbindung gesetzt.

 

Wer immer an der Unterweisung der Jugend beteiligt ist, so Imam Al-Ghazali, „nimmt eine große Verantwortung auf sich.“ Er oder sie muss daher so zärtlich mit ihr umgehen, als ob sie seine eigenen Kinder wären. Er muss falsches Verhalten durch Hinweise zu korrigieren suchen, und vor allem anderen muss er durch seine Handlungen ein Beispiel setzen, sodass sein Verhalten in Zusammenhang mit seinen Anweisungen steht. Nach Ansicht von Imam Al-Ghazali muss der Lehrer den Unterricht den Fähigkeiten des Schülers anpassen und darf ihn nicht durch die Schwere eines Themas ängstigen. Gleichermaßen ist es eine der vorrangigen Aufgaben des Erziehers im Unterricht, dass er die weniger begabten Schüler respektiert, die, so sie vom Weg abkommen, kein sicheres Fundament aufbauen können.

 

Und nach der Schule, darauf besteht Al-Ghazali, muss den Kindern Zeit gewährt werden, sich zu erholen. Der Verbot von Spiel und dafür anhaltendes Lernen führen bei ihnen zu einer Trägheit des Herzens, Verringerung des Verstandes und Traurigkeit. Darüber hinaus hat der Lehrer, wie auch in dem Werk „Ihja 'Ulum Ad-Din“ (Wiederbelebung der Wissenschaften der Religion) beschrieben, weitere acht Pflichten seinen Schützlingen gegenüber. Zuerst und vor allem anderen ist er ein Vater für seine Schüler. Er muss um Allahs wegen unterrichten wollen. Er muss den Schüler mit Vorsicht anweisen und den übermäßigen Drang im Kind begrenzen, zu schnell zu lernen und seine Schulkameraden überflügeln zu wollen. Zurechtweisen soll er einen Schüler immer vertraulich, nie in der Öffentlichkeit und auch dies nur sehr vorsichtig. Ein Kind zu häufig zu kritisieren, wird es mit Sicherheit stur werden lassen.

 

Schließlich, und dies ist die Grundlage jedes Lehrens, muss der der Lehrer sicherstellen, dass das, was er unterrichtet, eine Fortsetzung in seinem Leben findet und dass seine eigenen Handlungen nicht dem widersprechen, was er zu vermitteln sucht.

 

 

 

IZ, 21.07.2009

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